Studien zur Wissenschafts- und Technikforschung
Herausgeber: Prof. Dr. Wolfgang Krohn, Prof. Dr. Peter Weingart
Martin Wind
Technisierte Behörden
Verwaltungsinformatisierung und
-forsritung int Zeitalter der
Computernetze
~^ sr [nV7 DeutscherUniversitätsVerlag
GABLER VIEWEG WESTDEUTSCHER VERLAG
Martin Wind
Technisierte Behörden
Studien zur Wissenschafts- und Technikforschung
Herausgegeben von Prof. Dr. Wolfgang Krohn
und Prof. Dr. Peter Weingart
Die
Studien zur Wissenschafts- und Technikforschung
richten den Blick auf die Funktionen von Forschung und
technologischer Entwicklung in der entstehenden Wis-
sensgesellschaft. Wissenschaft und Technik sind einer-
seits die wichtigsten Garanten der Innovationsfähigkeit
der Gesellschaft, andererseits aber auch Quellen neuer
Unsicherheiten und Befürchtungen.
In den Bänden der Schriftenreihe werden neue Formen
der Wissenserzeugung, die Bewältigung von Risiken
sowie die Konflikte zwischen unterschiedlichen Interes-
sen und Wissenskulturen analysiert.
Martin Wind
Technisierte Behörden
Verwaltungsinformatisierung und -forschung
im Zeitalter der Computernetze
Mit einem Geleitwort
von Prof. Dr. Hans Brindcmann
"p s_ [JTV7 DeutscherUniversitätsVerlag
GABLER • VIEWEG - WESTDEUTSCHER VERLAG
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Wind, Martin:
Technisierte Behörden : Verwaltungsinformatisierung und -forschung im Zeitalter der
Computernetze / Martin Wind. Mit einem Geleit, von Hans Brinckmann. -
Wiesbaden : DUV, Dt. Univ.-Verl., 1999
(DUV : Sozialwissenschaft) (Studien zur Wissenschafts- und Technikforschung)
Zugl.: Kassel, Univ., Diss., 1998
ISBN 978-3-8244-4319-2 ISBN 978-3-322-95430-5 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-95430-5
Alle Rechte Vorbehalten
© Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden, 1999
Lektorat: Claudia Splittgerber / Cornelia Reichenbach
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Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen
usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der
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setzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden
dürften .
ISBN 978-3-8244-4319-2
Geleitwort
Seit über 20 Jahren setzen wir uns in der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation an
der Universität Gesamthochschule Kassel mit dem Computereinsatz in öffentlichen
Verwaltungen auseinander. Dabei haben wir mit der Zeit gelernt, den immer wieder
neuen Prognosen über Qualitäts- oder Produktivitätssprünge in der Verwaltungsarbeit,
die mit der nächsten Generation von Hard- und/oder Software kommen sollen, mit ei-
ner gewissen Zurückhaltung zu begegnen. Zu viel ist in der Vergangenheit von Her-
stellern, von Wissenschaft und Rechenzentren, von Politikern wie Beratern angekün-
digt und versprochen worden, zu wenig wurde davon im Verwaltungsalltag Realität
oder auch sichtbar für den Bürger.
Aus dieser zurückhaltenden Bewertung ist aber keinesfalls der Schluß zu ziehen, mit
der Informatisierung von Staat und Verwaltung gingen keine nennenswerten Verände-
rungen einher. Es gilt vielmehr auch hier, was für die gesellschaftlichen Wirkungen
technischer Systeme generell gilt: die kurzfristigen Wirkungen werden überschätzt, die
langfristigen dagegen unterschätzt. Zudem sind die Wirkungen indirekter, machen
Umwege über Prozesse der Ausbildung und Qualifizierung, die ihre Zeit brauchen,
oder über Techniknutzung in anderen Bereichen, die interne wie externe Erwartungen
an Staat und Verwaltung verändern.
Daher ist es überaus sinnvoll, wenn Martin Wind in seiner Arbeit nicht nur der aktuel-
len Phase der Verwaltungsinformatisierung nachspürt, sondern zugleich danach fragt,
wie sich sozial wissenschaftliche Technikforschung generell mit dem technischen Wan-
del auseinandersetzt. Diese interdisziplinäre Ankopplung der sich um Informatisierung
kümmernden Verwaltungsforschung an die Argumentationen der generellen Technik-
forschung und zugleich deren Überprüfung im speziellen Feld ist der besonders inte-
ressante Aspekt dieser Arbeit.
Für den Verwaltungsforscher ist ebenso wie für die Verwaltungspraxis die Lage
schwieriger geworden, jagen sich doch die Innovationszyklen in Sachen Informations-
und Kommunikationstechnik über die Jahre in immer kürzeren Abständen. Verwaltun-
gen wie Verwaltungsforscher müssen sich mit einer immer turbulenteren Technikwelt
auseinandersetzen. Dies bringt unweigerlich das Problem mit sich, daß zuverlässige
Aussagen oder Prognosen allein aus der empirischen Arbeit heraus noch schwerer zu
machen sind.
Martin Wind beschreitet den Weg, einzelne Fallbeispiele als bewußt selektiven Aus-
schnitt aus der Verwaltungspraxis zu präsentieren. Dabei verknüpft er seine Beobach-
tungen mit der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion über die „Online- Verwaltung“
und benennt daran anknüpfend Merkmale der „Zeit beginnender Virtualität“ in Staat
V
und Verwaltung. Er stellt gleichzeitig einen systematischen Bezug zu vergangenen
Phasen der Verwaltungsinformatisierung her, um zu verdeutlichen, daß diese nicht fol-
genlos für die Struktur der Verwaltung geblieben sind, sondern ihre Spuren nicht nur in
den Erfahrungen der Beteiligten, sondern ebenso in erheblichen Investitionen wie in
spezifischen Organisationen und Verfahren hinterlassen haben. Über die vorgelegten
Befunde läßt sich dabei ebenso angeregt diskutieren wie über die in dieser Arbeit auf-
geworfene Frage, wie es eigentlich um die Prognosefähigkeit der Sozialwissenschaften
bestellt ist.
Gerade in einer Zeit, in der die Informations- und Kommunikationstechnik die Gesell-
schaft mit ungeahnter Geschwindigkeit durchdringt - bisher hat keine Technologie
eine so hohe Steigerungsrate der Nutzung vorgelegt wie das Internet -, sollte die In-
formatisierung von Staat und Verwaltung ein wichtiges Forschungsthema sein: Zum
einen fungieren auch heute öffentliche Verwaltungen auf vielfältige Weise als Wegbe-
reiter für neue multimediale Angebote - sei es dadurch, daß sie mit ihrer Nachfrage-
macht die Entwicklung neuer Produkte anstoßen, daß sie als Vorreiter bei der Realisie-
rung rechtsverbindlicher Geschäftsprozesse über Computemetze fungieren oder daß sie
in Kooperation mit privaten Partnern den Weg in die „digitale Stadt“ beschreiten. Zum
anderen bringt die technische Entwicklung neue öffentliche Aufgaben mit sich (z.B. im
Zusammenhang mit der Vergabe digitaler Signaturen oder im Bereich der Sicherheit
der Kommunikationssysteme), eröffnet neue Optionen für die Verwaltungsorganisation
und beeinflußt gleichzeitig die externen Anforderungen an öffentliche Dienstleistun-
gen.
Der öffentliche Sektor hat daher einen besonderen Stellenwert: er ist ein potenter An-
wender, zugleich auch Regulator und potentieller Förderer, indem die Techniknutzung
nicht allein unter internen Innovationsaspekten gesehen wird, sondern auch immer ein
Element von genereller Strukturpolitik darstellt. Ob es um gesellschaftliche Innovati-
onsprozesse im allgemeinen oder die Innovationsdynamik im Computersektor im be-
sonderen geht: Technikforscher tun gut daran, Staat und Verwaltung stärker als dies in
der Vergangenheit der Fall war in ihre Analysen einzubeziehen. Die Verwaltungsfor-
schung ihrerseits wird immer intensiver veranlaßt, über den Tellerrand ihres ange-
stammten Forschungsfeldes hinauszuschauen und die Technikentwicklung auf gesell-
schaftlicher Ebene insgesamt in den Blick zu nehmen. Martin Winds Arbeit zeigt, daß
die Technikforschung zahlreiche Anknüpfungspunkte bietet, um auch verwaltungs wis-
senschaftliche Fragen zu behandeln, daß aber auch Anstöße in die umgekehrte Rich-
tung zu gehen haben.
Weil die Arbeit auf einer guten empirischen Basis in einem höchst spannenden und
dynamischen Gebiet technischer wie politischer Entwicklung einen interdisziplinären
Blick ermöglicht, ist ihr große Verbreitung und intensive Diskussion zu wünschen.
Prof. Dr. Hans Brinckmann
VI
Vorwort
Vielen Sozial wissenschaftler(inn)en gilt die öffentliche Verwaltung bis heute als Inbe-
griff mangelnder Flexibilität und Innovationsfähigkeit. Dies ist im Grundsatz vermut-
lich nicht einmal verkehrt. Allerdings basieren solche Urteile nur in den seltensten Fäl-
len auf einer intensiven Auseinandersetzung mit Behörden und Bürokratien, denn in
der sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt oder mit Einsatz-
feldem von Informations- und Kommunikationstechnik dominiert der Blick auf privat-
wirtschaftliche Dienstleistungs- oder Produktionsbetriebe. Dies war während meines
Studiums der Sozialwissenschaften in Göttingen nicht anders - und so bedeutete der
Beginn meiner Tätigkeit in der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation an der Uni
Kassel im Mai 1993 zugleich die Abkehr von der Welt der Privatwirtschaft und die
Hinwendung zur vormals verpönten öffentlichen Verwaltung.
Im Laufe der Zeit hat mich dabei immer wieder verblüfft, wie schwach die Verbindun-
gen zwischen einzelnen sozialwissenschaftlichen Forschungsfeldem ausgeprägt sind,
obwohl einzelne Fragestellungen sehr eng beieinander hegen. Diese Verwunderung hat
letztlich zu vorliegender Arbeit geführt, mit der ich einen Beitrag dazu leisten möchte,
daß die vielfältigen Bezüge zwischen sozialwissenschaftlicher Technikforschung und
Verwaltungsforschung stärkere Beachtung finden.
Somit stellt diese Arbeit ein unmittelbares Resultat meiner wissenschaftlichen Tätig-
keit in der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation dar. Zu danken habe ich allen,
die mich dort über die Jahre hinweg unterstützt haben - sei es durch weiterführende
Hinweise und Kritik, durch zeitweise Entlastungen vom Alltagsgeschäft oder durch
kollegiale Hilfen bei den vielen tausend Kleinigkeiten, die in ihrer Gesamtheit das Pro-
jekt Dissertation so aufwendig machen.
Besonderer Dank gebührt selbstverständlich den Betreuern meiner Arbeit, Prof. Dr.
Hans Brinckmann und Prof. Dr. Klaus Grimmer. Beide haben sich nicht nur um die
inhaltliche Seite gekümmert, sondern mir wiederholt jene pragmatische Vorgehens-
weise ans Herz gelegt, die Voraussetzung dafür ist, daß Dissertationen überhaupt je-
mals fertig werden. Bedanken möchte ich mich ferner bei den weiteren Mitgliedern
meines Disputationsgremiums, Prof. Dr. Alexander Roßnagel und Prof. Dr. Werner
van Treeck, die trotz eigener Terminnöte einen zügigen Abschluß meines Promotions-
verfahrens ermöglicht und zu einer interessanten (wenn auch für den Prüfling natur-
gemäß leicht „stressigen“) Diskussion beigetragen haben.
Dieses Vorwort ist zudem eine gute Gelegenheit, endlich einmal meinen Kollegen
Werner Killian und Thomas Kneissler einige nette Worte zukommen zu lassen. Mit
ersterem habe ich jahrelang - häufig kontrovers, stets aber kollegial und konstruktiv -
VII
in diversen Projekten zusammengearbeitet, letzterer hat mir wiederholt durch Litera-
turtips und Hinweise zur Organisationsforschung weitergeholfen.
Unbedingt erwähnt werden müssen auch die wissenschaftlichen Hilfskräfte, die mir
über die Jahre hinweg lästigen Kleinkram erspart haben, gemeint sind insbesondere Pe-
ter Steffensky, Matthias Böhm und Susanne Henkel.
Ohne unsere Interviewpartner in den Umweltressorts Baden-Württembergs, Nieder-
sachsens und Nordrhein- Westfalens, die uns zum Teil mehrfach Rede und Antwort
gestanden haben, wäre diese Arbeit nie zustande gekommen. Gleiches gilt für die Ge-
sprächspartner im Innenministerium Nordrhein-Westfalen, bei der Bundesanstalt für
Arbeit in Nürnberg und beim Amt für Statistik, Einwohnerwesen und Europaangele-
genheiten der Stadt Köln. Für diese ganz und gar nicht selbstverständliche Auskunfts-
und Hilfsbereitschaft sei allen Beteiligten an dieser Stelle ausdrücklich gedankt.
Wie eingangs erwähnt, sind die Verbindungen zwischen Technik- und Verwaltungs-
forschung bislang eher schwach ausgeprägt. Um so mehr freut es mich, daß Prof. Dr.
Wolfgang Krohn und Prof. Dr. Peter Weingart als verantwortliche Reihenherausgeber
meine Arbeit in die „Studien zur Wissenschafts- und Technikforschung“ aufgenom-
men haben.
Ein besonderes Dankeschön hat sich (ich könnte sagen: wieder einmal) Kristin Klim-
bert verdient, die meine gelegentlichen Klagen ertragen mußte und außerdem durch
wiederholtes Korrekturlesen dazu beigetragen hat, daß sich die Quote an Tipp- und
ähnlichen Fehlem (hoffentlich) in Grenzen hält und viel zu lange Sätze (wie dieser hier
zum Beispiel) auf ein für die Leser erträgliches Maß zurechtgestutzt worden sind.
Last not least: Vielen Dank all jenen Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und
Freunden, die sich gemeinsam mit mir über den erfolgreichen Abschluß meiner Pro-
motion gefreut haben.
Martin Wind
VIII
Inhalt
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen XIII
Verzeichnis wichtiger Abkürzungen XV
1 Einleitung: Bits, Bytes und Behörden 1
2 Technik als Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung 7
2. 1 Industriesoziologie: der langsame Abschied vom Determinismus 8
2.2 Techniksteuerung und Technikfolgenabschätzung:
der begrenzte Einfluß der Wissenschaft 15
2.3 Techniksoziologie: das Soziale als Ausgangspunkt 23
2.4 Organisationsforschung:
Technik als gestaltbares Umweltelement 28
2.4.1 Die Theorie der Strukturierung 30
2.4.2 Der akteurzentrierte Institutionalismus 34
2.5 Schlußfolgerungen für die Analyse der
Verwaltungsinformatisierung 38
2.5.1 Konsenslinien im sozial wissenschaftlichen
Technikverständnis 38
2.5.2 Der Doppelcharakter von „Organisation“
als analytischer Rahmen 41
IX
3 Verwaltungsforschung und Computer
43
3.1 Interessant erst auf den zweiten Blick: die öffentliche
Verwaltung als Thema der Sozialwissenschaften 43
3.2 IuK-Technik als Instrument der Verwaltungsarbeit 45
3.2.1 Technische Unterstützung der neuen
Verwaltungssteuerung 47
3.2.2 Mit Computern zur Aufgabenintegration
und Dezentralisierung 50
3.2.3 Neue Wege zur Interaktion mit der Verwaltungsumwelt 52
3.2.4 Leitbild „virtuelle Verwaltung“ 54
3.3 IuK-Technik im Fokus der Verwaltungsforschung 57
3.3.1 Wen interessiert die Verwaltungsinformatisierung? 57
3.3.2 Fragen an die Verwaltungsforschung 59
3.3.3 Anknüpfungspunkte an die sozialwissenschaftliche
Technikforschung 65
4 Vernetzte Computersysteme -
technische Grundlagen und Anwendungen 67
4.1 Der Weg zur globalen Vernetzung 69
4.2 Per Mausklick um die Welt: das Internet 73
4.3 Von der Bürokommunikation zu Workflow und Groupware 79
4.4 Von verstreuten Datensammlungen zum Data Warehouse 83
4.5 Systematisierung netzbasierter Anwendungen 87
5 Short stories: empirische Beispiele zur vernetzten Verwaltung 91
5.1 OSI und die Verwaltungsnetze der Bundesländer 93
5.2 Der lange Weg zum Online- Arbeitsamt 100
5.2.1 IBAN, COSIMA & Co. - netztechnische Infrastruktur
und Anwendungen 100
X
5.2.2 Neue Wege mit Intranet und Internet 105
5.2.3 Legitimation und Rationalisierung als Ziele
des Technikeinsatzes 107
5.3 Integrativer Technikeinsatz in Landesumweltverwaltungen 110
5.3.1 Mit Bits und Bytes gegen Umweltsünden 111
5.3.2 Die Systemkonzeptionen der Vorreiter 115
5.3.3 Erfolge und Mißerfolge nach über 10 Jahren
UIS-Entwicklung 121
5.3.4 Kontinuierliche Anpassungen und
interorganisatorische Koordination 124
5.4 Das Strategische Informationssystem der Stadt Köln 127
6 Verwaltungsinformatisierung im Zeichen des Netzes -
Neue Herausforderungen für Praxis und Wissenschaft 135
6. 1 Behördeninformatisierung heute: die Zeit
beginnender Virtualität 135
6.2 Unverbundenheit zwischen Verwaltungsorganisation
und Technik 140
6.3 Verwaltungen als Akteure im Informatisierungsgeschehen 144
6.4 Verwaltungen als mikropolitische Arenen 148
6.5 Das Ende der Gewißheiten 153
Literatur 161
XI
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Abb. 1 : Beziehungen zwischen Organisation und Umwelt 30
Abb. 2: Structurational Model of Technology 33
Abb. 3: Das analytische Modell des akteurzentrierten Institutionalismus 35
Abb. 4: Zusammenwachsen technologischer Entwicklungslinien 68
Abb. 5: Varianten netzbasierter Computeranwendungen 88
Abb. 6: Aufbau des Strategischen Informationssystems der Stadt Köln 128
Tab. 1: „Models of Technological Determination“ 60
Tab. 2: Unterschiede zwischen operativen Systemen und
einem Data Warehouse 85
Tab. 3: Grundformen und Anwendungen vernetzter IuK-Technik 90
Tab. 4: Informatisierungsphasen in der öffentlichen Verwaltung
Deutschlands 136
XIII
Verzeichnis wichtiger Abkürzungen
ATM
Asynchroner Transfermodus
BA
Bundesanstalt für Arbeit
BK
Bürokommunikation
Btx
Bildschirmtext
CIM
Computer Integrated Manufacturing
co Arb
computerunterstütztes Arbeitsvermittlungsverfahren
coLei
computerunterstützte L ei stungsge Währung
COSIMA
Computersysteme im Arbeitsamt
CSCW
Computer Supported Cooperative Work
DFÜ
Daten femübertragung
DIM
Daten und Informationssystem des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft (Nordrhein Westfalen)
DV
Datenverarbeitung
DVS
Datenvermittlungssystem Nordrhein- Westfalen
EDI
Electronic Data Interchange
EDIFACT
Electronic Data Interchange for Administration, Commerce
and Transport
EDV
Elektronische Datenverarbeitung
E-Mail
Electronic Mail
EPHOS
European Procurement Handbook for Open Systems
ETC
European Topic Center
FIS
Führungsinformationssystem(e)
FIS VISION
Führungsinformationssystem Verwaltungs-Informations- System
in Organisationen (Niedersachsen)
FTP
File Transfer Protocol
GAN
Global Area Network
GEOSUM
Geoinformationssystem Umwelt (Niedersachsen)
Gl
Gesellschaft für Informatik
GIS
Geographische(s) Informationssystem(e)
GTS
Große(s) Technische(s) System(e)
xv
HTML
Hypertext Markup Language
IBAN
Integriertes BA-Netz (Bundesanstalt für Arbeit)
IBM
International Business Machines Corp.
ICT
Information and Communication Technology
IM
Innenministerium
ISDN
Integrated Services Digital Network
IS-GAA
Informationssystem der Gewerbeaufsicht (Baden-Württemberg)
ISO-OSI
International Standardisation Organisation - Open Systems
Interconnection
IT2000
Informationstechnik-Konzeption 2000 (Bundesanstalt für Arbeit)
ITZ
Informationstechnisches Zentrum (Baden-Württemberg)
IuK-Technik
Informations- und Kommunikationstechnik
IVBB
Informationsverbund Bonn-Berlin
IZN
Informatikzentrum Niedersachsen
KGSt
Kommunale Gemeinschaftsstelle
KOSIS
Kommunales Statistisches Informationssystem
LAN
Local Area Network
LDS
Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (Nordrhein-
Westfalen)
LfU
Landesanstalt für Umweltschutz (Baden-Württemberg)
LSK
Landessystemkonzept (Baden- Württemberg)
LVN
Landesverwaltungsnetz
MAN
Metropolitan Area Network
MIS
Management-Informationssystem(e)
MURL
Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
Nordrhein- Westfalen
NLÖ
Niedersächsisches Landesamt für Ökologie
NPM
New Public Management
NRW
Nordrhein- Westfalen
NSM
Neues Steuerungsmodell
NUMIS
Niedersächsisches Umweltinformationssystem
OLAP
Online Analytical Processing
OLTP
Online Transaction Processing
OSI
Open Systems Interconnection
PC
Personal Computer
XVI
SIS Strategisches Informationssystem (Stadt Köln)
SNA Systems Network Architecture (IBM)
STATIS Statistisches Informationssystem (Stadt Köln/KOSIS- Verbund)
TA Technikfolgenabschätzung (Technology Assessment)
TAB Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag
TCP/IP Transmission Control Protocol/Intemet Protocol
TK Telekommunikation
TULIS Technosphäre- und Luftinformationssystem (Baden- Württemberg)
UDK Umwelt-Datenkatalog
UIS Umweltinformationssystem(e)
UM Umweltministerium
WAN Wide Area Network
WWW World Wide Web
XVII
1 Einleitung: Bits, Bytes und Behörden
Volle Kraft voraus,
ganz egal wohin,
Hauptsache wir fahr ’n,
genau das ist der Sinn.
Stefan Stoppok
Als Anfang 1995 einige thematisch einschlägig vorbelastete Wissenschaftler über die
zukünftige Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Technik) in
der öffentlichen Verwaltung diskutierten, stießen sie auf ein Problem: Wovon, so frag-
ten sie sich, wird die behördliche Techniknutzung 1 im Zeitalter der Computemetze ei-
gentlich bestimmt? Ist es der Unterstützungsbedarf der Verwaltungen? Sind es die Be-
dürfnisse und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger? Oder sind es irgendwelche ande-
ren, vor allem der technischen Entwicklung geschuldeten Einflüsse? 2
Eine derartige Verunsicherung ist neu. Die behördliche Computemutzung hing zwar
schon immer davon ab, was zu einem bestimmten Zeitpunkt technisch möglich war,
die inhaltliche Ausrichtung des Technikeinsatzes aber folgte stets der verwaltungsin-
temen Problemwahmehmung und Bedarfsbestimmung. Verbesserungen aus Sicht der
Bürger spielten demgegenüber eine überaus nachgeordnete Rolle. Dies könnte sich in
nächster Zeit ändern, denn die Rahmenbedingungen für die Nutzung der IuK-Technik
in der öffentlichen Verwaltung haben sich von Grund auf gewandelt. Verantwortlich
dafür ist die fortschreitende Informatisierung unserer Gesellschaft, also das Vordringen
von Computern in nahezu sämtliche Teilbereiche unseres Lebens (Bell 1989).
1 Wenn in dieser Arbeit über „Technik in der Verwaltung“ geschrieben wird, ist damit die Infor-
mations- und Kommunikationstechnik gemeint.
2 Die Diskussion ergab sich anläßlich des Innovationsworkshops „Multimedia in der öffentlichen
Verwaltung“; zu näheren Einzelheiten vgl. Fieguth u.a. (1995, 25ff.) sowie Riehm/Wingert
(1996, 140ff.).
1
Verwaltungen in der „Informationsgesellschaft“
Kennzeichnend ftir den aktuellen Stand der Entwicklung ist nicht mehr so sehr das
Terminal in der Fabrik, im Büro oder auf dem heimischen Schreibtisch, sondern die
Vernetzung der Computer. Die Liste der Möglichkeiten reicht dabei von der lokalen
Verbindung einiger Personal Computer (PCs) bis hin zum globalen Verbund, wie er
gegenwärtig vor allem durch das Internet repräsentiert wird. Längst ist der „Stand-
alone-PC zum pathologischen Grenzfall oder Prestigesymbol“ (Steinmüller 1993, 321)
mutiert.
Die Reichweite der gesellschaftlichen Informatisierung verdeutlichen einige Beispiele
aus der Zahlenflut, die sich dazu regelmäßig in der Tages- und Fachpresse findet. So
ermittelten etwa die Marktforscher von Nielsen Media Research Anfang 1998, daß in
den USA und Kanada bereits jeder vierte Erwachsene das Internet für private oder ge-
schäftliche Zwecke nutzt, was einer Steigerung von 14 Prozent seit dem Frühjahr 1997
entspricht ( Computerwoche 3/98, 24). In Deutschland konnte 1997 allein der Online-
Dienst der Deutschen Telekom, T-Online, seine Kundenzahl gegenüber dem Vorjahr
um 40 Prozent steigern. Insgesamt verzeichnete die Telekom-Tochter Ende 1997 1,9
Millionen Kunden und 3,5 Millionen über T-Online verwaltete Bankkonten ( Göttinger
Tageblatt vom 20.1.1998, 5). Einer britischen Marktforschungsstudie zufolge gab es zu
diesem Zeitpunkt in Deutschland insgesamt 2,2 Millionen private Online-Anschlüsse
(i Computerwoche 8/98, 32) - eine Zahl, die angesichts der Telekom-Zuwächse vermut-
lich noch etwas zu niedrig liegt. Nach einer weiteren Studie, diesmal von der Nürnber-
ger Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK), waren Anfang
1998 bereits 13 Prozent der 14- bis 59jährigen Deutschen regelmäßig online, in abso-
luten Zahlen sind das fast 6 Millionen Nutzer. Zur gleichen Zeit verfügten nach GfK-
Angaben über 10 Millionen Deutsche über einen privaten oder geschäftlichen Internet-
Zugang, für 1998 wird erwartet, daß sich diese Zahl um weitere 8 Millionen erhöht
( Computerwoche 6/98, 7). 3
Von einem „elektronischen Entwicklungsland Deutschland“ {Frankfurter Rundschau
vom 7.2.1998, 6) kann also keine Rede sein - auch wenn eine eigenartige Allianz aus
Technikkritikem und Industrievertretem dies immer wieder gerne behauptet. Gleich-
3 Die zur Nutzung von Internet oder Online-Diensten publizierten Zahlen sind oftmals wider-
sprüchlich und können nur bestimmte Trends verdeutlichen. Beispielsweise ist es zwar möglich,
die Zahl der direkt ins Internet eingebundenen Computer zu ermitteln, wieviele Personen aber
über diese Rechner regelmäßig Internet-Dienste in Anspruch nehmen, kann nur geschätzt wer-
den. Häufig teilen sich mehrere Nutzer einen Zugang (z.B. am Arbeitsplatz oder an der Universi-
tät), womit sich auch die Differenz zwischen Nutzem und Inhabern privater Online-Anschlüsse
erklärt.
2
zeitig ist festzustellen, daß mit dem Übergang zur „Informationsgesellschaft“ 4 vielfach
derart weitreichende Erwartungen verknüpft werden, daß manche Enttäuschung gera-
dezu vorprogrammiert ist. Peter Brödner hat eine regelrechte „Goldgräberstimmung im
Lande“ ausgemacht:
„Multimedia - das Wort des Jahres 1995 WWW und Internet, das sind die Zauberworte,
die kühne Männerherzen höher schlagen lassen, Leitworte, die den Weg aus der tristen
Industriegesellschaft ins goldene Zeitalter der ‘Informationsgesellschaft’ zu weisen ver-
sprechen. Große Hoffnungen verbinden sich mit diesem Aufbruch auf der Datenautobahn
- es gibt kaum eine Verheißung, die damit nicht in Verbindung gebracht, kaum ein Übel,
dessen endgültige Beseitigung nicht in Aussicht gestellt würde.“ (Brödner 1997, 7)
Wenn es nun darum geht, solche „Übel“ aufzulisten, belegt die Arbeit der öffentlichen
Verwaltung mit einer gewissen Regelmäßigkeit einen der vorderen Plätze. Kann es
einen größeren Gegensatz geben als zwischen dem vielbeschworenen „Information- Su-
perhighway“ (eine Wortschöpfung von US- Vizepräsident Al Gore) und den uns be-
kannten Dienstwegen der Behörden? Beim einen haben wir es mit einem dekonzen-
trierten, anarchisch gewachsenen Irgendwas zu tun, das Daten um den Globus rasen
und jeden mit jedem kommunizieren läßt. Beim anderen sorgen Formalismus, Hierar-
chie, lange Wege und Wartezeiten für anhaltenden Verdruß - und zwar innerhalb wie
außerhalb der Verwaltungen. Was liegt also näher, als die neuartigen technischen Op-
tionen für grundlegende Verbesserungen des Behördenapparates zu nutzen?
Ohne Übertreibung oder falsches Pathos läßt sich sagen, daß die behördliche Nutzung
der IuK-Technik gegenwärtig vor einem historisch zu nennenden Wendepunkt steht:
Erstmals ist es möglich, eine nennenswerte Anzahl von Kommunikationspartnem in
Organisationen und Privathaushalten über Rechnemetze zu erreichen. Parallel dazu
stehen mit der Rechnervemetzung innerhalb des administrativen Systems grundlegen-
de Strukturprinzipien der bisherigen Verwaltungsorganisation zur Disposition. Ein
Beitrag zur Beziehung zwischen Organisationsstrukturen und Technik verdeutlicht
dies:
„Traditionally, most discussions of technology and organizations have focused on impacts
of technology on an industry, an enterprise, or an organizational activity. However, the
advent of several technologies also heralds the arrival of new organizational constructs:
• relatively affordable and widely distributed global telecommunications capabilities,
which link together geographically dispersed parts of an Organization
4 Der Terminus ist nicht unumstritten, daher hier in Anführungszeichen gesetzt. So sieht z.B. Ku-
bicek (1996a, 93f.) im gegenwärtigen Wandel keinen „Aufbruch in eine völlig neue historische
Formation“, sondern lediglich „Änderungen innerhalb der Industriegesellschaft durch Informati-
sierung“.
3
• decision support technologies which emulate or replicate human capabilities and allow
for quick decisions based on much information
• technologies which allow decision-makers to participate in remote discussions through
teleoperation, telepresence, and teleconferencing, thereby increasing interconnected-
ness and interdependence
• technologies which permit the development of virtual communities and participation
by remote participants.“
(Roberts/Grabowski 1996,418)
Konsequenzen Jur die Wissenschaft
Wenn nun der behördliche Technikeinsatz in einen übergreifenden Prozeß der gesell-
schaftlichen Informatisierung eingebettet ist, hat dies nicht nur Konsequenzen für die
Verwaltungspraxis, sondern auch für die sozial- und verwaltungswissenschaftliche
Diskussion: Wer - wie die sozialwissenschaftliche Technikforschung - Aussagen zu
den Veränderungen durch Computervemetzung auf gesellschaftlicher Makroebene
treffen will, darf die Verwaltungen als beeinflußte, aber auch beeinflussende Teilsyste-
me nicht außen vor lassen. Gleichzeitig wird die Verwaltungswissenschaft die Einsatz-
möglichkeiten der IuK-Technik nicht (mehr) primär in Abhängigkeit von Aufgaben,
Organisation und Erfordernissen des politisch-administrativen Systems betrachten kön-
nen. Diese Perspektive ist vielmehr um die externen Anforderungen an den behördli-
chen Technikeinsatz und dessen Einbettung in gesamtgesellschaftliche Veränderungen
zu erweitern. Andernfalls besteht die Gefahr, daß überkommene Architekturprinzipien
der Verwaltung konserviert werden und Veränderungen in der Verwaltungsumwelt un-
beachtet bleiben.
Die damit geforderte Überwindung disziplinärer Grenzen ist keineswegs selbstver-
ständlich: Seitens der Verwaltungsforschung wurde in der Vergangenheit selten ein
Bezug zu anderen Feldern sozialwissenschaftlicher Technikforschung hergestellt. Um-
gekehrt hat die öffentliche Verwaltung in der sozialwissenschaftlichen Forschung zu
Arbeitsorganisation oder Technikeinsatz im Dienstleistungssektor bis heute kaum eine
Rolle gespielt . 5 So sinnvoll eine gewisse wissenschaftliche Arbeitsteilung auch sein
5 Oberbeck/Neubert (1992, 23 ff.) berichten in ihrem Report zur „Dienstleistungsarbeit zu Beginn
der 90er Jahre“ von einem zweigeteilten Weg in die Dienstleistungsgesellschaft, da in unter-
schiedlichen Branchen und Tätigkeitsfeldern die Entwicklung von Arbeit und Beschäftigung ge-
genläufig verlaufen sei. Daran anknüpfend stellen sie die Frage, „... ob möglicherweise bei Hin-
zuziehung auch öffentlicher Dienstleistungszweige von einem dreigeteilten Weg in die Dienst-
leistungsgesellschaft gesprochen werden muß ...“ (Oberbeck/Neubert 1992, 24). Neben dem
Hinweis, daß Antworten schon wegen der in sich heterogenen Struktur des öffentlichen Sektors
schwerfallen, bemängeln sie, daß die Rationalisierungs- und Beschäftigungsdynamik in diesem
Bereich bislang kaum untersucht worden sei. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
4
mag, so problematisch wäre es, wenn sich beide Forschungsfelder dauerhaft voneinan-
der abschotten würden. Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Perspektive geht es unter
anderem darum,
• thematische Anknüpfungspunkte zu finden,
• Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Verständnis von Technik zu identifizieren
und
• Forschungsergebnisse auf ihre gegenseitige Übertragbarkeit hin zu prüfen.
Die vorliegende Arbeit stellt einen ersten Schritt in diese Richtung dar und diskutiert
die eingangs aufgeworfenen Fragen: Wie sieht eigentlich der Zusammenhang zwischen
technischer Entwicklung auf gesellschaftlicher Ebene und der Nutzung technischer
Artefakte in der Behördenwelt konkret aus? Welchen Einflüssen und Bestimmungsfak-
toren gehorchen Techniknutzung und Technikkonzepte? Diese Fragen werden nicht
abstrakt, sondern mit Bezug auf praktische Beispiele zur Nutzung vernetzter Compu-
tersysteme in der öffentlichen Verwaltung behandelt. Auf diese Weise werden sowohl
die aktuellen Entwicklungslinien der Verwaltungsinformatisierung aufgezeigt als auch
Schlußfolgerungen für die wissenschaftliche Analyse derselben gezogen. Den Aus-
gangspunkt bildet dabei die zurückliegende Auseinandersetzung mit Technik und
Technisierungsprozessen in der sozialwissenschaftlichen Technikforschung und der
einschlägigen Verwaltungsforschung zur Behördeninformatisierung. Forschungsfragen
und Technikverständnis beider Wissenschaftsfelder werden dargestellt, miteinander
verglichen und zu einer gemeinsamen Forschungsperspektive zusammengefuhrt.
Zum Aufbau der Arbeit
Kapitel 2 setzt sich mit Technik als Gegenstand sozial wissenschaftlicher Forschung
auseinander, wobei dem Thema der Arbeit entsprechend der wissenschaftlichen Be-
schäftigung mit IuK-Technik besondere Beachtung zukommt. Zunächst wird die sozi-
alwissenschaftliche Technikforschung im engeren Sinne - repräsentiert durch die drei
Teildisziplinen Industriesoziologie (2.1), politische Techniksteuerung und Technikfol-
genabschätzung (2.2) und Techniksoziologie (2.3) - beleuchtet. Anschließend geht es
um Technik als Gegenstand organisationstheoretischer Analysen (2.4). Schlußfolge-
rungen für die Analyse der Verwaltungsinformatisierung (2.5) beenden das Kapitel.
Den Anfang von Kapitel 3 bildet ein kurzer Blick auf die Eigenheiten von Verwal-
tungsforschung und -Wissenschaft (3.1), danach ist die Nutzung der IuK-Technik in der
Verwaltungspraxis das Thema (3.2). Anschließend wird das verwaltungswissenschaft-
liche Verständnis von Technik und Technisierungsprozessen beleuchtet (3.3), wobei
auch Anknüpfungspunkte zur sozialwissenschaftlichen Technikforschung benannt wer-
den.
5
Die IuK-Technik selbst ist Thema von Kapitel 4. Nach Erläuterungen zu den techni-
schen Grundlagen der Vernetzung von Rechnersystemen (4.1) sowie zum Internet (4.2)
werden drei netzbasierte Computeranwendungen vorgestellt, die gegenwärtig intensiv
diskutiert werden: Workflow- und Group wäre- Systeme als Weiterentwicklungen der
altbekannten Bürokommunikation (4.3) sowie das Data Warehouse als aktuell bedeut-
samstes Konzept zur integrativen Datenhaltung und -auswertung (4.4). Den Abschluß
bildet eine Systematisierung netzbasierter Anwendungen, um begriffliche Klarheit zu
schaffen und die Vielfalt der mit vernetzten Systemen verfolgten Ziele zu verdeutli-
chen (4.5).
Empirische Beispiele zum behördlichen Einsatz der IuK-Technik finden sich in Kapitel
5. Anhand der Verwaltungsnetze einzelner Bundesländer werden Aufbau und Unter-
halt der erforderlichen Infrastrukturen dargestellt (5.1). Anschließend zeichnen die
Fallstudien zum Technikeinsatz in der Bundesanstalt für Arbeit (5.2) und in Lan-
desumweltbehörden (5.3) die Entwicklungslinien beim bisherigen Einsatz vernetzter
IuK-Technik nach. Einen Eindruck von zukunftsorientierten Anwendungen in der
Kommunalverwaltung vermittelt das Beispiel des Strategischen Informationssystems
der Stadt Köln (5.4). Diese Fallstudien erzählen jeweils eine „story“ aus dem weiten
und empirisch daher nie vollständig zu erfassenden Feld der Verwaltungsinformatisie-
rung. Sie dienen über den Einzelfall hinaus der Diskussion vorfindbarer und zu erwar-
tender Entwicklungslinien beim Einsatz vernetzter IuK-Technik in der öffentlichen
Verwaltung.
In diesem Sinne wird zum Auftakt von Kapitel 6 , das die Quintessenz der Arbeit lie-
fert, die aktuelle Phase der Verwaltungsinformatisierung beschrieben (6.1). Danach
geht es um den Zusammenhang zwischen Verwaltungsorganisation und Technik (6.2),
Verwaltungen als Akteure im Informatisierungsgeschehen (6.3) und um den Techni-
keinsatz als Gegenstand innerbehördlicher Aushandlungsprozesse (6.4). Den Schluß-
punkt setzen weiterfuhrende Überlegungen zur zukünftigen sozial- bzw. verwaltungs-
wissenschaftlichen Beschäftigung mit der IuK-Technik (6.5).
6
2 Technik als Gegenstand sozialwissenschaftlicher
Forschung
Die Auseinandersetzung mit dem technischen Fortschritt gehört seit jeher zum „Ge-
schäft“ der Sozialwissenschaftler. Allerdings hat das Interesse an Entstehung, Entwick-
lung und Anwendung von Technik seit Anfang der 90er Jahre deutlich zugenommen,
so daß sich sagen läßt: „Die Technik ist (wieder) ein zentrales Thema der Sozial- und
Geisteswissenschaften geworden.“ (Manske/Moon 1996, 318)
Uneingeschränkte Zustimmung gebührt in diesem Zusammenhang der Feststellung,
daß ein angemessenes Technikverständnis nur durch die Überwindung disziplinärer
Grenzen gewonnen werden kann (Baron 1995, 35). Dementsprechend verbirgt sich
hinter dem Begriff der „sozial wissenschaftlichen Technikforschung“ ein breites The-
menspektrum insbesondere aus Soziologie und Politikwissenschaft, wobei zusätzlich
Brücken zur betriebswirtschaftlichen Managementforschung, zur Informatik oder zu
einzelnen Ingenieurwissenschaften geschlagen werden.
Rückblickend lassen sich vor allem drei Ausgangspunkte auf dem Weg zu einer inter-
disziplinär angelegten sozialwissenschaftlichen Technikforschung identifizieren: die
industriesoziologische Forschung (2.1), Instrumente und Verfahren der politischen
Techniksteuerung und der Technikfolgenabschätzung (2.2) sowie eine eigenständige
Techniksoziologie, die sich in Abgrenzung zu Themen und Ansätzen der beiden erst-
genannten Gebiete herausgebildet hat (2.3). Parallel zur Entwicklung in diesen For-
schungsfeldem ist Technik zum Gegenstand organisationstheoretisch angeleiteter Ana-
lysen geworden. Technik stellt hier einen Bestandteil der Umwelt von Organisationen
dar, dem wachsende Bedeutung für die Gestaltung der internen Strukturen und das
Agieren der Organisation in ihrem jeweiligen Kontext zugesprochen wird (2.4). 1 Über
1 Organisationssoziologische Ansätze wurden von den originär mit Technikfragen befaßten Dis-
ziplinen lange Zeit ignoriert. Inzwischen mehren sich die Stimmen, die auf Parallelen und Berüh-
rungspunkte zwischen Technik- und Organisationsforschung hinweisen. Dies gilt insbesondere
für die Industriesoziologie: „Sehr deutlich kann einerseits erkannt werden, daß die Industriesozio-
logen den Betrieb als Organisation - im Sinne eines, wie es dann später heißt: sozialen Systems -
systematisch unterschätzten. In mindestens gleichem Maße unterschätzten die Organisationsleh-
rer und -forscher den Einfluß der Gesellschaft - wie immer als Umwelt der Unternehmung gefaßt
- auf die Organisation.“ (Braczyk 1997, 537) Schmid/Lehner (1992, 39ff.) sehen sogar Anzeichen
für eine Konvergenz der Themen und Forschungsergebnisse aus Industriesoziologie (als dem ih-
rer Ansicht nach weiterhin maßgeblichen Feld der sozialwissenschaftlichen Technikforschung)
und Organisationsforschung.
7
unterschiedliche Fragestellungen, Theorien und Disziplinen hinweg hat sich in der so-
zialwissenschaftlichen Technikforschung ein Grundverständnis von Technik und
Technisierungsprozessen herausgebildet, das abschließend dargestellt wird (2.5).
2.1 Industriesoziologie: der langsame Abschied vom Determinismus
Die soziologische Auseinandersetzung mit Technik konzentrierte sich lange Zeit auf
Diskussionen innerhalb der industriesoziologischen „Zunft“. 2
Ursache dafür war die „... über Jahrzehnte hinweg vorherrschende Annahme, daß sich aus
den Prinzipien technischer Rationalität - auf der Grundlage natur- und ingenieurwissen-
schaftlicher Methoden und Theorien - jeweils optimale technische Lösungen ergeben, die
zugleich als sozialer Fortschritt wirksam werden. ‘Industrie’ war damit der strategische
Ort, an dem sich nicht nur die Produktion von immer neuen Varianten nutzbarer Produkte
und Verfahren und somit der gesellschaftliche Reichtum vollzog, sondern zugleich die
teilweise rasante Veränderung der gesellschaftlichen Verkehrs formen und Sozialbezie-
hungen, einschließlich der zunehmenden Versachlichung der Herrschaftsformen.
Weiträumige sozialstrukturelle Veränderungen wurden als Resultat des ‘eigendynamisch’
ablaufenden technischen Fortschritts angesehen.“ (Hack 1994, 41 f.)
Ihrem disziplinären Selbstverständnis entsprechend war die industriesoziologische
Auseinandersetzung mit Technik lange Zeit auf deren Bedeutung als „Mittel der Ar-
beit“ (Rammert 1994a, 81) und damit als „Mittel der Realisation der Verwertungsin-
teressen des Kapitals“ (Kem/Schumann 1970, 23) beschränkt.
Obwohl das Themenspektrum der Industriesoziologie längst erheblich ausgeweitet
worden ist, beansprucht die Auseinandersetzung mit Fragen der Arbeitsorganisation
und des Technikeinsatzes in Kemsektoren der industriellen Produktion weiterhin den
Großteil der Aufmerksamkeit. Eine Öffnung hin zu einer breiter angelegten Arbeitsso-
ziologie, die neben den angestammten Untersuchungsfeldem auch den Dienstlei-
stungssektor, Veränderungen der Büroarbeit oder sogar die Arbeitsbedingungen im
öffentlichen Sektor thematisiert, hat bis heute kaum stattgefunden. 3 Dies läßt sich aus
dem vordringlichen Erkenntnisinteresse der Industriesoziologie - nämlich der Analyse
gesellschaftlicher Organisation von Arbeit, der Verteilung ihrer Ergebnisse und der
2 Dollhausen weist noch in ihrer 1993 fertiggestellten Dissertation daraufhin, daß die Industrieso-
ziologie „unhinterfragt als der Ort der kritischen Auseinandersetzung mit Technik“ (1993, 24;
Hervorh. im Original) gelte.
3 Zur Erweiterung der Industrie- in Richtung auf eine breiter angelegte Arbeitssoziologie vgl.
Vilmar/Kißler (1982, 231); ähnlich auch schon Dahrendorf, der allerdings zutreffend feststellt,
„... daß solche Termini Schall und Rauch sind und längere Diskussionen niemals lohnen.“ (1965,
13)
dadurch bestimmten Beziehungen von Kooperation und Konflikt, Macht und Herr-
schaft (Eichener/Heinze 1997, 132; Mikl-Horke 1995, 3) - auch schlüssig erklären. Für
die Analyse menschlicher Arbeit im Kapitalismus ist das Beispiel des Facharbeiters in
der Chemie-, Werkzeugmaschinen- oder Automobilindustrie 4 nun einmal ungleich ein-
schlägiger als das eines - womöglich auch noch verbeamteten - Sachbearbeiters im
Einwohnermeldeamt.
Herausgehobenen Stellenwert in der industriesoziologischen Beschäftigung mit Tech-
nik besitzt bis heute die Frage, wie sich in der industriellen Produktionsarbeit Qualifi-
kationsanforderungen und Handlungsspielräume menschlicher Arbeit verändern
(Braczyk 1997, 54 lf.). Dabei hat es Tradition, daß Forschungsarbeiten zu diesem
Punkt durch „widersprüchliche Realitäten und kontroverse Interpretationen“ (Lohr
1996, 275) gekennzeichnet sind: Bereits während der „Automatisierungsdebatte“ der
späten 50er und frühen 60er Jahre wurden von den einen - nach einer vorübergehenden
Phase negativer Einschnitte - erweiterte Handlungsspielräume für die Arbeiter und ge-
steigerte Qualifikationsanforderungen vorausgesagt (Blauner 1964). Andere äußerten
sich wesentlich pessimistischer und sahen das genaue Gegenteil heraufziehen: Bedingt
durch Mechanisierungsdefizite komme es zwar anfangs zu einer bedingten Aufwertung
menschlicher Arbeit, letztlich seien aber sinkende Spielräume und verminderte Quali-
fikationsniveaus zu erwarten (Bright 1958).
Zwischen diesen beiden Extrempositionen vermittelte die aus einer breit angelegten
Untersuchung hervorgegangene „Polaritätsthese“, die für unterschiedliche Tätigkeits-
gruppen differente Entwicklungen konstatierte (Kem/Schumann 1970):
„Die Frage, ob der aktuelle technische Wandel generell restriktive Formen industrieller
Arbeit fördert oder abbaut, grundsätzlich repetitive Teilarbeiten vermehrt oder eliminiert,
ist sicher falsch gestellt. Die Entwicklung der Produktionstechnik konkretisiert sich heute
4 Auch der vielbeachtete „Trendreport Rationalisierung“ (Schumann u.a. 1994), der den Anspruch
erhebt, verläßliche Antworten auf den Wandel des „deutschen Produktionsmodells“ und damit
für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu liefern, beschränkt sich einmal mehr
auf diese drei Felder. Hack hat die Einengung auf bestimmte Branchen mit dem zusätzlichen
Faible für die Automobilindustrie als „starke auto-erotische Neigung der westdeutschen Indu-
striesoziologie“ (1994, 49) gekennzeichnet. Sofern Angestelltenarbeit überhaupt zum Untersu-
chungsgegenstand wurde, überwogen lange Zeit dem herkömmlichen Erkenntnisinteresse ge-
schuldete Fragestellungen, etwa nach dem Verhältnis zwischen „technischer Intelligenz“ und Ar-
beiterklasse. Die Spezifika von Angestellten- oder Dienstleistungsarbeit gerieten demgegenüber
erst sehr viel später in den Blick (Beckenbach 1991, 1 7 ff. ; Berger 1984, 28ff.; Berger/Offe 1981)
und sind dann zum Teil wieder in Vergessenheit geraten. So hat Baethge (1996, 17) kürzlich
nochmals kritisiert, daß Rationalisierungsprozesse im Dienstleistungssektor nach wie vor in
Analogie zur Produktion diskutiert würden und derartige Analysen somit „begrifflich, metho-
disch und theoretisch unterdifferenziert“ blieben.
9
in den verschiedensten Mechanisierungsbewegungen, diese wiederum induzieren unter-
schiedliche Arbeitsveränderungen. Das Bild, das sich so abzeichnet, ist kompliziert, ja
zum Teil in sich widersprüchlich und schließt eine pauschale Charakterisierung des Ver-
hältnisses von Technik und industrieller Arbeit aus.“ (Kem/Schumann 1970, 162)
Ungeachtet dieser unterschiedlichen Bewertungen war den frühen Studien eine ausge-
sprochen technikdeterministische Sichtweise gemein. Dieser Determinismus kommt
beispielhaft in einem Ende der 70er Jahre erschienenen Lehrbuch zur Industriesoziolo-
gie zum Ausdruck, wo es heißt:
„Die Unterordnung der Arbeit unter das Kapital erscheint als Unterordnung der Arbeit
unter den ‘technologischen Sachzwang’. Struktur und Organisation des Arbeitsprozesses
werden durch die Technologie bestimmt. Die Technologie ist aber ... selbst Mittel der
Kapitalverwertung und in ihrer Gestaltung und Anwendung deutlich durch die Verwer-
tungsinteressen geprägt.“ (Herkommer/Bierbaum 1979, lllf.)
Mit anderen Worten: Veränderungen im industriell-kapitalistischen Produktionssy-
stem, also etwa in der Arbeitsorganisation oder bei den Qualifikationsanforderungen,
wurden als unmittelbares Resultat des technischen Fortschritts interpretiert, der selbst
wiederum als Ausdruck ökonomischer Rationalität verstanden wurde. Auch die der
„Polaritätsthese“ zugrunde liegende Studie von Kem/Schumann grenzt sich explizit
von der Möglichkeit ab, die betriebliche Wirklichkeit könne von einem technischen
und einem sozialen System beeinflußt werden, die beide voneinander unabhängig sei-
en. Statt dessen wird der zentrale Einfluß der Produktionstechnik auf das „System der
Arbeit“ hervorgehoben:
„Jedes Produktionsmittel ist charakterisiert durch seine Eigenfähigkeiten, d.h. die Funk-
tionen, die es im Rahmen des Produktionsprozesses selbständig, ohne menschliche Ein-
griffe erledigen kann. Mit diesen Eigenfähigkeiten der Apparatur sind aber zwangsläufig
auch die Interventionen festgelegt, die vom Menschen durchgefuhrt werden müssen,
damit die Apparatur ihren Zweck erfüllt; sozusagen als Korrelat zu den Funktionen, die
sie ohne menschliches Zutun erledigen kann, bestimmt die technische Apparatur die Art
und das Ausmaß der menschlichen Arbeitsleistungen. Über die konkrete Arbeitsvertei-
lung ist damit sicher noch nichts gesagt; die Technik determiniert aber die menschliche
Gesamtleistung, sie bestimmt den Rahmen, und nur innerhalb dieses Rahmens kann sich
die Arbeitsorganisation betätigen und die erforderlichen Funktionen auf einzelne Ar-
beitsplätze verteilen.“ (Kem/Schumann 1970, 43) Ferner gehen die Autoren (noch) davon
aus, daß die Frage nach Dispositionsspielräumen der Arbeitsorganisation sowieso zweit-
rangig sei, da letztlich immer das „Prinzip der ökonomischen Rationalität“ das Handeln
des Management bestimme: „Echte Handlungsaltemativen gibt es deshalb nur in den
quantitativ sicher unbedeutenden Fällen, in denen ökonomisch gleichermaßen sinnvolle
Möglichkeiten zur Auswahl stehen.“ (ebd.)
10
Allerdings hatte es auch aus den Reihen der Industriesoziologen schon früh Kritik an
solchen deterministischen Auffassungen gegeben, die aber lange Zeit ohne breite Re-
sonanz geblieben ist.
Bereits auf dem Soziologentag 1959 wurde von Kluth die Meinung vertreten, daß es
im Betrieb zumindest zwei konkurrierende und konfligierende, eigenen Gesetzen unter-
worfene Orientierungs- und Handlungssysteme gibt: ein technisches und ein soziales
(Kluth 1966, 134). Je „perfektionierter“ die technische Apparatur, desto offener gestalten
sich nach seiner Auffassung Fragen der Arbeitsorganisation, denn: „Sobald ... die
‘Maschine’ den Menschen aus der Notwendigkeit entläßt, sie zu ‘bedienen’ und von ihm
statt dessen nur noch die Erfüllung mehr oder minder allgemein gehaltener Kontroll- und
Regelfunktionen verlangt, tritt der Einfluß der ‘Technik’ auf Form und Organisation der
menschlichen Arbeit so weit zurück, daß man nicht mehr von einer Determinierung der
beruflichen Qualifikationen und der Arbeitsanforderungen durch die Technik sprechen
kann. (...) Wenn aber die ‘Technik’ als eindeutige Determinante ausfällt ..., dann muß
auch für den Bereich der ‘Maschinenarbeit’ die Entscheidung über das Was und Wie der
Arbeitsorganisation mehr und mehr unter den Einfluß von Kräften des sozialen Hand-
lungs- und Orientierungssystems geraten.“ (ebd., 135) 5
Die Annahme einer einseitigen, einheitlichen und eindeutigen „Einflußlinie: Ökono-
mie - Technikentwicklung - Organisationsspielräume - Arbeitsverhalten (Restarbeit)“
(Hack 1994, 46) hat sich inzwischen erledigt, wie Lutz unmißverständlich klarstellt:
„Technikentwicklung und Technikanwendung unterliegen keinesfalls nur einer allenfalls
durch Wirtschaftlichkeitskriterien gebrochenen Eigenlogik technischer Rationalität und
Effizienz. Sie sind immer auch Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen und
Problemlagen, Reaktionen auf soziale Zwänge oder Mittel im Verfolg wirtschaftlicher
Interessen. Der Zusammenhang zwischen Technik und Gesellschaft, zwischen technischer
Entwicklung und sozialem Wandel kann nur dann richtig begriffen (und damit auch ver-
nünftig bewältigt) werden, wenn man ihn als interdependent betrachtet und wenn man zu-
sammen mit den sozialen Wirkungen technischer Innovationen stets auch technische
Entwicklung als sozialen Prozeß in den Blick nimmt.“ (Lutz 1987, 41)
Doch obwohl Technik jeglicher Art inzwischen zweifellos „ein gutes Stück entmysti-
fiziert worden“ ist und in der sozialwissenschaftlichen Forschung „Determinismen
jeglicher Art“ als überwunden gelten (so zumindest Manske/Moon 1996, 326), gibt es
Zweifel, ob sich die Industriesoziologie auch vom Glauben an das „universelle Effizi-
enzprinzip“ (Ortmann 1994, 86) hat lösen können und der sozialen Dimension von
Rationalisierung, Organisation und Technikeinsatz ausreichend Beachtung schenkt:
5 Zur Kritik am Technikdeterminismus vgl. ferner Brandt u.a. (1978, 8ff.); skeptisch gegenüber der
Vorstellung einer „Eigengesetzlichkeit der Technik“ auch schon Popitz u.a. (1957, 25f.).
11
Lohr weist darauf hin, daß über „Dezentralisierung, flache Hierarchien, Delegation von
Verantwortung, Rücknahme von Arbeitsteilung usw.“ als grobe Marschrichtung zwar all-
seits Einigkeit herrsche, demgegenüber aber die betriebliche Realität in der Umset-
zung sattsam bekannter Konzepte offensichtlich widerspruchsvoller ist als manche Mana-
ger und Forscher glauben. (...) Für die Technikforschung ist mittlerweile zum Allge-
meinplatz geworden, daß die Gestaltung und der Einsatz von Technik ein sozialer Prozeß
ist, in dem verschiedene Handlungsrealitäten der Akteure zum Tragen kommen und Aus-
handlungsprozese stattfmden. Dagegen scheint es bei den Analysen zu Veränderungen in
der Arbeits- und Untemehmensorganisation noch immer so, als bedingen situative Fakto-
ren, kurz gefaßt mit den Schlagworten Flexibilisierung, Globalisierung und Marktverän-
derung, die neuen Produktionskonzepte und Organisationslösungen. (...) Vom ‘One-best-
way’-Denken scheint so auch die soziologische Forschung nicht unbeeindruckt.“ (Lohr
1996, 275f.). 6
Die Bedeutung der IuK-Technik für die Industriesoziologie
Was nun die Informations- und Kommunikationstechnik angeht, so hat diese die Ent-
wicklung industriesoziologischer Forschung spätestens seit Anfang der 80er Jahre ent-
scheidend mitgeprägt. Mit dem Vordringen der Elektronischen Datenverarbeitung
(EDV) wurde es erforderlich, sich mit dem neuen Phänomen der „Organisationstech-
nik“ (Brandt u.a. 1978, 20f.) auseinanderzusetzen. Anders als altbekannte Produktions-
techniken wie das Fließband diente diese Organisationstechnik anfangs 7 weniger der
unmittelbaren Hervorbringung eines materiellen Guts, sondern vorrangig der Optimie-
rung immaterieller Arbeitsprozesse, die der Produktion vor- oder nachgelagert sind
(Konstruktion, Einkauf, Produktionsplanung usw.).
Rückblickend ist festzustellen, daß die eingehende Auseinandersetzung mit der IuK-
Technik in Produktion und Büro vor allem die soziale Dimension betrieblicher Tech-
nisierungs- und Reorganisationsprozesse deutlich gemacht hat. Die - technische, ar-
beitsorganisatorische, aber auch personalpolitische - Gestaltungsoffenheit 8 der IuK-
Technik lenkte den Blick auf betriebsspezifische Variablen beim Technikeinsatz. So
haben Weltz und Lullies (1983, 291 ff.) in ihrer Untersuchung zur „Organisierten Text-
verarbeitung“ die überraschende Vielfalt der in unterschiedlichen Unternehmen reali-
6 Zu „Rationalisierung als sozialem Prozeß“ vgl. insbesondere Minssen (1992, 98ff.) sowie zur
weiteren ausführlichen und kritischen Diskussion industriesoziologischer Ansätze, Themen und
Ergebnisse Ortmann (1994).
7 Beim inzwischen erreichten Stand des Computereinsatzes in der Produktion wird es allerdings
kaum noch möglich sein, eine sinnvolle Trennlinie zwischen „Produktions-“ und „Organisations-
technik“ zu ziehen.
8 Vgl. dazu neben vielen anderen Lullies u.a. (1990, 16f.); Mambrey u.a. (1986, 23ff); Mambrey
(1993); Pries (1991, 56ff.).
12
sierten Konzepte mit dem Hinweis auf den Einfluß der jeweiligen „innerbetrieblichen
Handlungskonstellation“ erklären können. Herausgebildet wird eine solche (problem-
spezifische) Konstellation ihren Beobachtungen zufolge durch ein komplexes Ineinan-
derwirken von drei Einflußgrößen: den formalen Kompetenzzuweisungen, den realen
Einflußmöglichkeiten und den Interessen der betrieblichen Akteure. 9 Dieser, durch In-
teressenkonkurrenzen und Aushandlungsprozesse geprägte Teil des betrieblichen Ge-
schehens wird heute im allgemeinen mit dem treffenden Begriff der „Mikropolitik“ 10
umschrieben.
Statt technikdeterministischer Interpretationen rückte die Frage nach der konkreten
Nutzbarmachung technischer Potentiale im Betrieb in den Vordergrund - IuK-Systeme
werden dabei als „interpretationsbedürftige, technische Artefakte“ (Braczyk 1997, 541)
aufgefaßt.
Minssen sieht den gemeinsamen Nenner der Forschungsarbeiten zum sozialen Charakter
betrieblicher Entscheidungs- und Rationalisierungsprozesse darin, daß „in irgendeiner
Weise die Aktivität und die Freiheit von Akteuren unter strukturellen Bedingungen“ be-
tont werden: „Entscheidungskorridore ... werden gebildet durch die von Akteuren ge-
schaffenen sozialen Strukturen, die dadurch bedingte Verteilung von Macht und den Re-
geln, die innerhalb dieser Strukturen gelten. Da sowohl die Strukturen durch die Akteure
veränderbar wie auch die Regeln reformierbar sind, können Korridore je nach Organisati-
on variieren, ohne dabei jedoch beliebig zu werden. Aus der Vielzahl möglicher Entschei-
dungen, mit denen anstehende Probleme bearbeitet werden können, steht den Akteuren -
bei aller Freiheit zur Entscheidung - letztlich nur ein gewisses Set zur Verfügung, und
zwar die, die den durch die betriebliche Sozialverfassung geprägten formellen oder infor-
mellen Regeln der Organisation entsprechen.“ (Minssen 1992, 96f.) ] 1
Parallel zur Auseinandersetzung mit der sozialen Dimension des Technikeinsatzes in-
tensivierten sich ab Mitte der 80er Jahre die Diskussionen über neue arbeitsorganisa-
torische Konzepte, die sich ganz wesentlich auf den Einsatz der IuK-Technik stützen.
Erstens wurde in Fortführung traditioneller Forschungslinien von erweiterten arbeits-
9 Zur Anwendung des Konzepts der „innerbetrieblichen Handlungskonstellation“ auf neuere Gene-
rationen der IuK-Technik vgl. ferner Lullies u.a. (1990, 95ff.) sowie Weltz (1986).
10 In die deutsche Diskussion wurde dieser Begriff im wesentlichen durch den von Küpper und
Ortmann (1988) herausgegebenen gleichnamigen Sammelband eingeführt; zum Überblick vgl.
ferner Neuberger (1995) sowie Ortmann (1995, Kap. I).
1 1 Mit dem Konzept der „betrieblichen Sozialverfassung“ haben Hildebrandt und Seltz (1989, 30ff.)
auf die Bedeutung betrieblicher Normen und Regeln hingewiesen, die auf Arbeitseinstellung und
Arbeitsverhalten der Beschäftigten einwirken. Zum Begriff des „Entscheidungskomdors“ vgl.
Ortmann u.a. (1990, 65ff.), die mit ihren mikropolitischen Analysen wesentlich dazu beigetragen
haben, daß Macht und Aushandlungsprozesse Eingang in die soziologische Analyse technischer
oder organisatorischer Rationalisierungsprozesse gefunden haben.
13
organisatorischen Optionen berichtet, die zur Flexibilisierung der Produktion sowie
tendenziell zur Rückführung restriktiver Arbeitsteilung genutzt würden („Neue Pro-
duktionskonzepte“, vgl. Kem/Schumann 1984). 12 Mit der „Entdeckung“ eines „neuen
Rationalisierungstyps“, der „systemischen Rationalisierung“ 13 , wurde zweitens der er-
weiterte Zugriff auf die Gestaltung von Arbeitsabläufen in Form betriebs- oder sogar
untemehmensübergreifender Restrukturierungen zum Thema. Drittens führte die Nut-
zung der IuK-Technik in weiten Bereichen der Verwaltungs- und Dienstleistungsarbeit
dazu, daß auch diese Felder gelegentlich zum Gegenstand industriesoziologischer
Studien wurden.
Heidenreich unterscheidet insgesamt vier analytische Perspektiven der (neueren) indu-
striesoziologischen Auseinandersetzung mit der IuK-Technik, deren Leitfragen er wie
folgt zusammenfaßt:
»(...)
1 . Inwieweit werden betriebliche Informatisierungsprozesse von gesamtgesellschaftlichen
Strukturmerkmalen und Entwicklungsdynamiken geprägt?
2. Inwieweit werden betriebliche Informatisierungsprozesse von den wirtschaftlichen
Zielsetzungen geprägt, die Industrieunternehmen mit ihrer Einführung verbinden?
3. Inwieweit werden betriebliche Informationssysteme in innerbetrieblichen Macht- und
Austauschprozessen gestaltet?
4. Inwieweit sind betriebliche Informationssysteme vergegenständlichter Ausdruck be-
trieblicher und gesellschaftlicher Denk-, Wahmehmungs- und Bewertungsmuster?“
(Heidenreich 1995, 29ff.)
Quer zur Analyse denkbarer oder realisierter Prozeßinnovationen sind in jüngster Zeit
die Bedingungen für Produkt ! nnovationen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ge-
rückt. Angesichts verschärfter Weltmarktkonkurrenz und gesellschaftlicher Krisener-
scheinungen wird die Zukunft des deutschen Produktionsmodells nunmehr auch von
dessen Innovationsfähigkeit abhängig gemacht. 5 Die obige Aufzählung der industrie-
12 Ob diese (optimistischen) Befunde nach den Rationalisierungs- und Reorganisationswellen der
90er Jahre noch immer Bestand haben, ist inzwischen eine vieldiskutierte Frage (vgl. dazu die
Beiträge in ISF u.a. 1997).
13 Dieser Begriff wurde ungefähr zeitgleich von Altmann u.a. (1986) sowie Baethge/Oberbeck
(1986) eingeführt, wobei an einzelnen Punkten grundlegende Unterschiede - etwa bei der Beur-
teilung der Bedeutung menschlicher Arbeit - festzustellen sind (vgl. dazu Schmidt 1990).
14 Beispielsweise sind Arbeiten zur systemischen Rationalisierung sowohl in der Produktion
(Altmann u.a. 1986) als auch im Angestelltensektor (Baethge/Oberbeck 1986) angesiedelt. Zu
soziologischen Analysen der Angestelltenarbeit vgl. ferner Baethge/Oberbeck (1986, Kap. 1);
Beckenbach (1991, 144ff.); Berger/Offe (1981, 48ff); sowie zum Überblick die Beiträge in ISF
u.a. (1992) und Littek u.a. (1992).
15 Dazu in zugespitzter Form Wittke: „Anders als in den 80er Jahren steht nicht nur das Wie, son-
dern auch das Was der Produktion zur Disposition. Der Weg industrieller Restrukturierung hängt
14
soziologischen Agenda zur IuK-Technik ist aufgrund dessen um einen fünften Punkt
zu ergänzen: Das Interesse von Industriesoziologen richtet sich neuerdings auch auf
die Innovations- und Produktionsbedingungen in der Informatikbranche selbst. 16 An-
hand der dort sozusagen prototypisch vorfindbaren Muster, etwa zur inner- oder über-
betrieblichen Kooperation, werden sodann die Faktoren diskutiert, die sich auch in an-
deren Branchen auf die Hervorbringung marktfähiger Basisinnovationen 17 förderlich
oder hemmend aus wirken können.
2.2 Techniksteuerung und Technikfolgenabschätzung:
der begrenzte Einfluß der Wissenschaft
War Technik als Garant wirtschaftlichen Wachstums und Ausdruck steigenden Wohl-
stands lange Zeit ganz überwiegend positiv konnotiert, traten mit fortschreitender
Entwicklung negative Begleiterscheinung in Form von Katastrophen (z.B. Chemie-Un-
fälle, Reaktor-GAU in Tschernobyl) oder schleichenden Folgeproblemen (z.B. Wald-
sterben, Ozonloch) immer deutlicher zu Tage (Lagadec 1987; Perrow 1987). Mit der
„Entdeckung“ dieser Kehrseiten des technischen Fortschritts entstanden neue Anforde-
rungen an die Politik, entsprechend stieg deren Bedarf an wissenschaftlicher Beratung
bei der Beurteilung neuer Technologien (Bröchler 1995a; Kluge/Schmincke 1987).
Gegenwärtig werden die Diskussionen über Möglichkeiten und Grenzen der politi-
schen Techniksteuerung weniger durch die ökologische Problematik als durch die Sor-
ge um die Wettbewerbsfähigkeit nationaler Anbieter auf zukunftsträchtigen „High-
Tech“-Märkten geprägt. Die Steuerungsaktivitäten des Staates werden im allgemeinen
mit einem partiellen Versagen des Marktes als primärer Koordinationsform unseres
Wirtschaftssystems begründet. Weder Einrichtung und Unterhalt kapitalintensiver In-
frastrukturen noch Aktivitäten zur Grundlagenforschung oder zum Wissenstransfer
nicht nur davon ab, wie bestehende Produktionen für existierende Märkte rationalisiert und reor-
ganisiert, sondern ganz wesentlich auch davon, welche Produkte zukünftig für welche Märkte
entwickelt und dort auch durchgesetzt werden. Ob die Betriebe dies wollen oder nicht, wenn das
Was der Produktion zur Variablen wird, rückt eine Debatte ins Zentrum möglicher Perspektiven
industrieller Restrukturierung, die noch vor 10 Jahren allenfalls in Gestalt der Diskussion um
ökologische Verträglichkeit industrieller Produktion existierte und in dieser Form ein Schatten-
dasein führte.“ (Wittke 1995, 115; Hervorh. im Original)
16 Vgl. dazu z.B. Voskamp/Wittke (1994), die am Beispiel der Halbleiterindustrie Fragen der Orga-
nisation von Innovationsprozessen nachgegangen sind und dabei auch nach der Tragfähigkeit
bestehender institutioneller Arrangements bei sich verändernden Rahmenbedingungen gefragt
haben.
17 Unter „Basisinnovationen“ sind hier „Strukturerfindungen, die neue Produkte und Märkte schaf-
fen“ (Kern 1996, 10), zu verstehen.
15
können demnach (allein) durch das freie Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte ge-
währleistet werden (Martinsen 1995, 16). Doch so unstrittig dieser Sachverhalt auch
erscheinen mag, bei der Frage, inwieweit der Staat hier steuernd eingreifen kann und
soll , gehen die Auffassungen weit auseinander. Nach gängiger Auffassung ist Steue-
rung dabei „... als Oberbegriff nicht nur für direkte staatliche Einflußnahme durch For-
schungsförderung, Subventionen und Gesetzgebung, sondern auch für Ansätze indirek-
ter Einflußnahme auf die gesellschaftliche Selbststeuerung“ (Seeger/Kubicek 1993, 12)
zu verstehen.
Die seit Anfang der 90er Jahre wieder intensivierte Auseinandersetzung mit der politi-
schen Techniksteuerung ist von Martinsen (1992) treffend als „Suche nach dem dritten
Weg“ charakterisiert worden. Die euphorischen Planungsansätze aus den 70er Jahren
hatten die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen können und sind in den 80er Jah-
ren - bedingt auch durch den politischen Wechsel im Bund - durch Deregulierung und
Entstaatlichung abgelöst worden. 18 Doch auch der bewußte Verzicht auf steuernde
Eingriffe des Staates bleibt unbefriedigend:
„Zum einen gewährleistet - aus ökonomischer Sicht - die Selektivität des Marktes nicht
ausreichend Investitionen in Basisinnovationen, zum anderen legen aber auch die ver-
schiedenen (insbesondere auch ökologischen) Gefährdungslagen der ‘Risikogesellschaft’
(Beck) Zurückhaltung gegenüber der Forderung nahe, ohne Rücksicht auf die Zukunft ei-
ner Entfesselung der marktliberalen Freiheit zu huldigen. Zudem zeichnet sich dieselbe
Tendenz ab, die auch die pompöse Souveränität des Staates in weiten Kreisen fraglich
machte: Ein einziges Kriterium, hier das der ökonomischen Rationalität, soll für alle Be-
reiche der Gesellschaft oberste Geltung beanspruchen können.“ (Martinsen 1992, 55)
Als Ansatzpunkte zur „Modernisierung der politischen Techniksteuerung“ nennt Si-
monis (1992, 29ff.)
• die Verbesserung der instrumenteilen Steuerungsfähigkeit durch analytische (z.B.
Simulationsmodelle), prozedurale (z.B. Foren oder Kommissionen) und integrative
(z.B. Koordinations verfahren) Lösungen;
• die Stärkung der politischen Komponente durch einen differentiellen Ansatz, der
durch die Erweiterung des Spektrums der beteiligten gesellschaftlichen Akteure auf
eine Steigerung von Legitimität und Effektivität staatlichen Handelns zielt sowie
• einen selbstreferentiellen Ansatz, der die Erprobung neuer Formen des Technikein-
satzes im Hoheitsbereich des Staates selbst vorsieht.
18 Zur Frage, inwieweit hier der Begriff der „Steuerung“ überhaupt noch sinnvoll zu verwenden ist,
vgl. Martinsen (1992, 54f.); zum Überblick über politische Techniksteuerung vgl. auch Grimmer
u.a. (1992).
16
Die mit dem ersten Punkt angesprochene Verbesserung der verfügbaren Instrumente
politischer Techniksteuerung beinhaltet eine ähnliche bzw. erweiterte „Verwissen-
schaftlichung“ der Politik (Simonis 1992, 30), wie sie im Gegenstandsbereich der
Technik vom Instrument der Technikfolgenabschätzung (TA) erwartet wird. Die weite-
re Institutionalisierung der TA wird von Simonis dann auch als „eine von mehreren
Möglichkeiten“ dargestellt, um das Instrumentarium zur Technikkontrolle und
-Steuerung zu erweitern (ebd., 21).
Die Bezeichnung „Technikfolgenabschätzung“ ist eine - aufgrund des technikdetermi-
nistischen Beiklangs mißlungene - Übertragung des in den USA Mitte der 60er Jahre
geprägten Begriffs „Technology Assessment“. Unter TA werden im allgemeinen Pro-
zesse verstanden,
„... die darauf ausgerichtet sind, die Bedingungen und potentiellen Auswirkungen der Ein-
führung und verbreiteten Anwendung von Technologien möglichst systematisch zu ana-
lysieren und zu bewerten. Das Analyseziel richtet sich hierbei vor allem auf die indirek-
ten, nicht intendierten und langfristigen Sekundär- und Tertiäreffekte der Einführung und
Anwendung neuer Technologien auf Umwelt und Gesellschaft.“ (Dierkes 1993, 95)
Mit dem Ziel, „... eine methodisch geleitete und wissenschaftlich orientierte Aufberei-
tung von Wissen über technische Entwicklungen und deren Auswirkungen zum Zwek-
ke der Politikberatung“ (Baron 1995, 39) zu gewährleisten, hat sich die TA seit Anfang
der 70er Jahre als Form interdisziplinärer Technikforschung etabliert. Der Anspruch
der Interdisziplinarität beinhaltet insbesondere die enge Zusammenarbeit zwischen In-
genieur- und Sozialwissenschaftlem, wobei letzteren in der Regel auch die Aufgabe
der Vermittlung zwischen Technikwissenschaften und Gesellschaft zugeschrieben wird
(Kluge/Schmincke 1987, 48f.). 19
Der Einfluß der TA auf politische Entscheidungen unterliegt denselben Mechanismen,
die bei allen Formen wissenschaftlicher Politikberatung oder Entscheidungsunterstüt-
zung festzustellen sind. Das primäre Ziel, Macht zu gewinnen oder zu erhalten, Fragen
der praktischen Durchführbarkeit bestimmter Maßnahmen oder finanzielle Zwänge
bestimmen das Handeln der Politik stärker als die (ebenfalls nur scheinbar objektiven)
Empfehlungen von Experten (Komwachs 1991, 3ff.; Mayntz 1986, 184ff). Doch so
unrealistisch und naiv es auch wäre, politische Entscheidungen primär auf vermeintlich
rationale Abwägungen von Kosten-Nutzen-Relationen zurückzufuhren, so fatal wäre
19 Simonis bemängelt allerdings, daß es zwar innerhalb einzelner Projekte zu interdisziplinärer Zu-
sammenarbeit komme, nicht aber zwischen Projekten, die in unterschiedlichen Fächern beheima-
tet seien. Dementsprechend verbergen sich seiner Meinung nach hinter TA-Projekten „eher mul-
tidisziplinär als interdisziplinär angelegte Forschungsaktivitäten.“ (Simonis 1995, 14)
17
es, angesichts der Komplexität, des Gefährdungspotentials sowie der volkswirtschaftli-
chen Bedeutung moderner Technologien auf Verfahren wie die der TA vollständig zu
verzichten. 20
Im allgemeinen wird zwischen technologie-, problem- und projektinduzierter TA un-
terschieden (Braczyk 1996, 208; Dierkes 1993, 98f.; Roßnagel 1993, 119ff.): Techno-
logieinduzierte Arbeiten befassen sich mit den Konsequenzen bekannter und potentiel-
ler Anwendungen einer bestimmten Technik oder Technikfamilie, etwa der Gentech-
nik, auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Probleminduzierte Analysen haben die
Entwicklung und Beurteilung alternativer Lösungsmöglichkeiten für akute oder pro-
gnostizierte Probleme, etwa des „Verkehrsinfarktes“, zum Ziel. Die projektinduzierte
TA untersucht konkrete Folgen einzelner, lokal begrenzter Technologieanwendungen
mit prototypischem Charakter.
In enger Nachbarschaft zur probleminduzierten TA hat Roßnagel (1993, 134ff.) die
technikanstoßende TA als weitere Kategorie eingeführt. Diese sieht er als Bestandteil
einer „konstruktiven Technikgestaltung“, die dem Umstand Rechnung trage, daß der
Markt nicht zwangsläufig jene Technikanwendungen garantiere, die zur Befriedigung
des gesellschaftlichen Bedarfs benötigt würden (z.B. Verbesserung des Datenschutzes
und der Datensicherheit, Hilfen für Kranke und Behinderte). Als weitere Spielart der
TA haben Bröchler und Simonis kürzlich eine innovations orientierte TA vorgeschla-
gen, mit der „die unmittelbare Gestaltung des Innovationsgeschehens“ (Bröchler/Simo-
nis 1998, 38) in den Mittelpunkt rückt. Unter anderem soll durch die stärkere Betonung
der „Kontextbedingungen staatlichen Handelns“ (ebd., 32) dem Umstand Rechnung
getragen werden, daß der Staat in polyzentrischen Gesellschaften seine Rolle als hier-
archisches Steuerungszentrum verloren hat.
In Deutschland beschäftigen sich zahlreiche universitäre und außeruniversitäre For-
schungseinrichtungen mit TA-Projekten, in (noch) geringem Ausmaß sind inzwischen
auch einzelne Wirtschaftsuntemehmen zu Trägem von TA-Prozessen geworden
20 Ihres begrenzten Einflusses auf politische Entscheidungen sind sich die TA- Akteure im übrigen
durchaus bewußt. So schreibt Braczyk - auch mit Blick auf die nationalstaatlichen Steuerungs-
möglichkeiten im globalen Kontext: „Erstens kann nicht davon ausgegangen werden, daß die
Politik Ergebnisse von Technikfolgenabschätzung unmittelbar in Regelungen umsetzt. In der Re-
gel wird sich die Politik Gestaltungs- und Interpretationsspielräume gegenüber wissenschaftli-
chen Aussagen über komplexe Wirkungszusammenhänge Vorbehalten. Deshalb wird es oft ent-
weder zu Über- oder zu Untersteuerungen kommen. Zweitens sind die Möglichkeiten der rechtli-
chen Steuerung ohnehin begrenzt. Gerade eine verstärkt global operierende Wirtschaft zeichnet
sich dadurch aus, daß die Unternehmen rechtlichen Restriktionen oftmals auszuweichen wissen.
Drittens sind längst nicht alle Technikfolgen auf der Ebene rechtlicher Regelungen abzuarbeiten
und zu lösen (rechtlich nicht regelbare Technikfolgen).“ (Braczyk 1996, 206f.; vgl. auch Dierkes
1993, 111)
18
(Bröchler 1995a, 222; Dierkes 1993, 107ff). Als Vorbild für spezielle TA- Institutio-
nen auf Bundes- oder Landesebene gilt vor allem das 1972 in den USA als „‘Früh-
warnsystem’ für den US-Kongreß“ (Bröchler 1995a, 210) gegründete und im Herbst
1992 aufgelöste „Office of Technology Assessment“ (OTA). 21 Nach langen Dis-
kussionen 22 ist 1990 das Büro für TA beim Deutschen Bundestag (TAB) gegründet
worden; erwähnenswert sind weiterhin die Initiativen der Länder Nordrhein- Westfalen
und Baden- Württemberg: Während in NRW mit verschiedenen, meist zeitlich begrenz-
ten Formen der TA-Institutionalisierung beim Landtag Erfahrungen gesammelt wur-
den, entstand in Baden- Württemberg im Frühjahr 1992 eine eigenständige TA- Akade-
mie des Landes als Stiftung öffentlichen Rechts. 23
Schon diese kurze Beschreibung der deutschen „TA-Gemeinde“ macht das Problem
der Verzahnung der zahlreichen Aktivitäten und der Transparenz im Hinblick auf die
erarbeiteten Ergebnisse deutlich. Dierkes sieht die Gefahr, daß die erstellten TA-
Berichte „... ohne in bezug auf übergeordnete Ziele ausgewertet zu werden, in den
Aktenschränken der Auftraggeber oder den Archiven der Forschungseinrichtungen
verschwinden. Kumulatives Lernen ... wird in einer zersplitterten TA-Landschaft viel-
fach erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht.“ (1993, 117) 24 Simonis (1995, 9 ff.)
sieht zudem Verbesserungsbedarf bei der methodischen Grundlagenforschung und der
akademischen Verankerung der TA an den Hochschulen.
Vertreter der sozial wissenschaftlichen Technikforschung haben darüber hinaus Kritik
an „problematischen Grundannahmen der TA“ geäußert:
„Nur wenn man voraussetzt, daß sich Techniken linear und aus einer inneren Logik her-
aus entwickeln, lassen sich technische Fortschritte Voraussagen. Um dann noch die erwar-
21 Zur Bedeutung des OTA und den Gründen der Institutsschließung vgl. Klumpp (1996, 2 1 f.).
22 Vgl. dazu Böhret/Franz (1987); Bröchler (1995a, 218ff.); Welz (1988).
23 Beispiele in Nordrhein-Westfalen sind die ISDN-Forschungskommission (Lange u.a. 1996,
77ff.), das Programm „Sozialverträgliche Technikgestaltung“ (von Alemann/Schatz 1986, 107ff.;
von Alemann u.a. 1992, Kap. I; Simonis u.a. 1990) oder aktuell der „Arbeitskreis Technikfolgen-
abschätzung und -bewertung des Landes Nordrhein Westfalen“ (AKT AB; vgl. Bröchler 1995b).
Zur TA-Akademie in Baden-Württemberg vgl. auch Braczyk (1996, 204f.) und J. Schmid (1994).
24 Um diesen Mißstand zu überwinden, ist z.B. die TA-Datenbank beim Institut für Technikfolgen-
abschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Forschungszentrums Karlsruhe initiiert worden, die
Informationen zu TA-Institutionen und TA-Projekten sowie zu einschlägiger Literatur anbietet
(http://www.itas.fzk.de/deu/TADB/tadbhead.htm). Dort waren im August 1998 insgesamt 282
Forschungseinrichtungen mit TA-Aktivitäten erfaßt, wobei Institute oder Arbeitsgruppen, auch
wenn sie unter dem gemeinsamen Dach einer Forschungseinrichtung geführt werden, gesondert
aufgeführt wurden. Um dem Nebeneinander der TA-Projekte zu begegnen, werden zudem immer
wieder eigenständige Forschungsprojekte initiiert (Sundermann 1996).
19
teten Technikfolgen abschätzen zu können, muß unterstellt werden, daß die Folgen in ei-
nem fixierten, möglichst kausalen Verhältnis zur Technik stehen. Die Technikfolgenab-
schätzung wird also offen oder heimlich von einem technologischen Determinismus be-
stimmt.“ (Rammert 1994a, 83)
Dieser Position sind zwei Argumente entgegenzuhalten: Erstens hat in der TA der Ab-
schied vom Technikdeterminismus parallel mit der Entwicklung in den übrigen Fel-
dern sozial wissenschaftlicher Technikforschung stattgefunden 25 , so daß etwa Fragen
der Technikgenese (Baron 1995, 46; Bröchler 1995a, 215) ebenso Berücksichtigung
finden wie örtliche, regionale, aber auch innerorganisatorische Handlungskonstellatio-
nen (Braczyk 1996). Zweitens kann schon deshalb nicht von „Grundannahmen der
TA“ die Rede sein, weil die Idee des Technology Assessment von Anfang an durch
die Vielfalt praktischer wie wissenschaftlicher Erkenntnisinteressen bei Behandlung
von Fragen des technischen Wandels gekennzeichnet [ist] ... und es weder eine ein-
heitliche TA-Methodik gibt und geben kann noch TA-Untersuchungen von einem ein-
heitlichen theoretischen Grundgedanken ausgehen.“ (Dierkes 1993, 99) 2
Politische Techniksteuerung, Technikfolgenabschätzung und IuK-Technik
Die IuK-Technik nimmt bei den TA- Aktivitäten - ebenso wie in der politischen Tech-
niksteuerung (Seeger/Kubicek 1993, 14ff.) - eine herausgehobene Stellung ein. In
Nordrhein- Westfalen z.B. hatten zwischen 1993 und 1995 19% sämtlicher TA-
Projekte explizit die IuK-Technik zum Gegenstand (Simonis 1995, 4ff.). 27 Hinzu ka-
men weitere Bereiche (vor allem „Arbeit und Technik“ und „Verwaltung“), bei denen
die IuK-Technik zwar nicht unmittelbar im Vordergrund stand, gleichwohl aber eine
erhebliche Rolle gespielt hat.
In früheren Phasen der gesellschaftlichen Computerisierung haben einschlägige TA-
Projekte vor allem auf Gefahren einer sich selbst überlassenen technischen Entwick-
25 Dazu Bröchler: „Die Selbstverständigung der Disziplin über den ‘soziotechnischen’ Charakter
der Technik markiert die Selbstreflexivität der Technikfolgenabschätzung, da der sozialwissen-
schaftlichen Forschung der empirische Nachweis gelang, daß Technik gestaltbar ist und keinem
sachzwanghaften ‘Weiter-SoF-Determinismus gehorcht.“ (Bröchler 1995a, 212)
26 Folglich ist es angesichts der Breite der bearbeiteten Themen und Gegenstände, der unterschied-
lichen Forschungsansätze sowie der Vielzahl der TA-Akteure nicht einmal im Ansatz möglich,
Grundannahmen oder zentrale Ergebnisse der zurückliegenden TA- Aktivitäten - analog der obi-
gen Darstellung zur Industriesoziologie - vorzustellen.
27 Zusammen mit - probleminduzierten - Studien zum Umweltschutz nahmen die - technikinduzier-
ten - Arbeiten zur IuK-Technik damit eindeutig die Spitzenstellung ein, gefolgt von der Bio- und
Gentechnik mit einem Anteil von 10%.
20
lung (Reese u.a. 1979) und auf die „Verletzlichkeit der ‘Informationsgesellschaft’“
(Roßnagel u.a. 1989) aufmerksam gemacht. Betont wurde ferner die Notwendigkeit
einer sozial verträglichen Gestaltung des Technikeinsatzes - auch und vor allem durch
eine weitreichende Partizipation der (zukünftigen) Nutzergruppen aus Produktion und
Verwaltung.
Aktueller Steuerungsbedarf im Bereich der IuK-Technik ist hinsichtlich der
informationellen Grundversorgung der Bürger in Gesellschaften mit deregulierten
Telekommunikationsmärkten zu konstatieren. Dabei sind weitreichende Unterschiede
zwischen der deutschen Praxis und den USA anzutreffen, wo der „Telecommunicati-
ons Act 1996“ die Grundprinzipien zum „Universal Access“ regelt. Der Gesetzgeber
hat damit die Anbieter von Telekommunikationsdiensten in die Pflicht genommen, an
der Gewährleistung eines allgemeinen und erschwinglichen Zugangs zu fortgeschritte-
nen Telekommunikationsdiensten (und damit letztlich zum Internet) für alle Landestei-
le und Bevölkerungsgruppen mitzuwirken (zur Übersicht vgl. Kubicek 1997). In
Deutschland wie auch in der europäischen Union wird demgegenüber auf die Kräfte
des freien Marktes vertraut und auf Eingriffe zur Gewährleistung einer Mindestversor-
gung aller Bürger mit Telekommunikationsdiensten („Universal dienst“) verzichtet. Das
Problem einer möglichen Spaltung der Gesellschaft in Personen mit und ohne Zugang
zu Online-Diensten und Computemetzen („information rieh“ und „information poor“)
ist hierzulande kein Thema. 28
Kritiker einer den Marktkräften überlassenen Entwicklung sehen die Gefahr, daß statt
einer einheitlichen Infrastruktur für Telekommunikationsdienste divergente Angebote
unterschiedlicher Anbieter entstehen könnten (Riehm 1996, 148ff). Zu berücksichti-
gen sind ferner die immensen Kosten beim Aufbau leistungsfähiger Übertragungswe-
ge, die ohne Mitwirkung des Staates und ohne Bündelung der Kräfte kaum aufzubrin-
gen sein werden. Auch Vertreter der Industrie weisen gelegentlich darauf hin, daß
selbst Projekte mit einem Volumen von 100 Millionen DM in der Multimedia-Land-
28 Die Unterschiede zwischen Deutschland und den USA werden von Moritz und Neus wie folgt
gerechtfertigt: „Die Erfahrung mit anderen Wirtschaftszweigen in der Bundesrepublik Deutsch-
land zeigt, daß die unsichtbare Führung des Marktes jeder staatlichen Regulierung überlegen ist.
(...) In der Bundesrepublik Deutschland könnte die Universaldienstverpflichtung als trojanisches
Pferd dafür dienen, daß die durch das TKG [Telekommunikationsgesetz] eingeleitete Liberalisie-
rung in eine weitgehende staatliche Regulierung unter der Flagge des Universaldienstes um-
schlägt.“ (Moritz/ Neus 1997, 241) Zur dezidierten Kritik an der deutschen und europäischen
Telekommumkationspohtik vgl. Kubicek (1997), der anmerkt: „Es ist schon bemerkenswert, daß,
obwohl die USA mit ihrer Erfahrung mit Wettbewerb und größerer Sponsorentätigkeit staatliche
Vorgaben für notwendig halten, man hierzulande hofft, ohne solche Vorgaben dieselben Ziele zu
erreichen.“ (Kubicek 1997, 10)
21
schaft „nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein“ (Klumpp 1996,
238) sind.
Auch für die Technikfolgenabschätzung ist die IuK-Technik von ungebrochener Ak-
tualität. Von den zahlreichen Aktivitäten seien an dieser Stelle die Bemühungen um
Entwicklung und Verbreitung der „digitalen Signatur“ hervorgehoben. Diese elektroni-
sche Variante der persönlichen Unterschrift gilt als Voraussetzung für die Abwicklung
rechtsverbindlicher Transaktionen über Computemetze 29 und ist von Roßnagel (1993,
1 3 5 ff. ) schon als Beispiel für technikanstoßende TA angeführt worden, als das Internet
noch alleiniges Hoheitsgebiet von Computerfreaks war.
Über solche Einzelprojekte hinaus und anknüpfend an die früheren Forderungen nach
Sozialverträglichkeit fordert Klumpp aktuell eine „hochprofessionell“ angelegte Dis-
kussion über Verträglichkeiten auf dem Weg zur „Informationsgesellschaft“:
„Nicht die Frage ist wichtig, ob wir einen multimedialen Bildschirmarbeitsplatz schön
finden oder nicht, sondern die Frage, wie er sich mit unseren Arbeitsstrukturen verträgt.
Nicht die Frage, ob wir uns noch weiter kommunikationstechnisch vernetzen, sondern die
ganz konkrete Spezifikation der dafür erforderlichen Verträglichkeiten hinsichtlich Da-
tenqualität, Datensicherheit und Datenschutz gilt es zu diskutieren. So bedauerlich es sein
mag, daß der ... in den letzten Jahren so überzeugend vorgetragene Verträglichkeitsbegriff
im Publikum stets nur auf den Einzelaspekt der ökologischen bzw. datenschutzrelevanten
Verträglichkeit reduziert wird, nur der Ansatz einer umfassenden Verträglichkeit inklusi-
ve so seltsam klingenden Verträglichkeiten wie ‘Wirtschaftsverträglichkeif , ‘Steuer-
aufkommenverträglichkeif, ‘Arbeitsmarktverträglichkeif bis hin zur ‘FreiheitsbegriffVer-
träglichkeif führt weiter. Denn die Infrastrukturen einer Informationsgesellschaft kann
man nicht vorab mit Akzeptanzspekulationen befrachten, man muß vielmehr Schritt für
Schritt die Akzeptabilität ausloten und den nicht auslotbaren Rest schlichtweg ausprobie-
ren.“ (Klumpp 1996, 189)
Obwohl Klumpp (1996, 87f.) an anderer Stelle äußert, „die institutionalisierte Technik-
folgengemeinde in Deutschland“ sei auf diese Aufgabe nur unzureichend vorbereitet,
kommt den TA- Akteuren auch aus seiner Sicht rund um Multimedia und Datenauto-
bahn eine zentrale Rolle, unter anderem als Moderator, zu. Eine ähnliche Diskursori-
entierung haben Bröchler und Simonis (1998, 37) in ihrem Konzept zur innovationso-
rientierten TA gefordert. 30 Nicht zu übersehen ist allerdings, daß sich unter den TA-
Akteuren angesichts der Geschwindigkeit der technischen Entwicklung und der be-
29 Die digitale Signatur dient nicht nur der zweifelsfreien Identifizierung des Absenders einer Nach-
richt, sondern schützt auch vor unautorisierten Manipulationen an einem Dokument; vgl. aus-
führlich dazu Rehfeld (1997) sowie Roßnagel (1996, 654ff.).
30 Zum Diskurs über Technik vgl. auch Hennen u.a. (1996, 168ff.).
22
schränkten Ressourcen längst eine gewisse Ernüchterung über die eigenen Möglichkei-
ten breitgemacht hat (Bröchler/Simonis 1998, 34; Büllingen 1996, 7ff.).
2.3 Techniksoziologie: das Soziale als Ausgangspunkt
Die Herausbildung einer eigenständigen Techniksoziologie ist nach Rammert (1994a,
77 ff.) das Ergebnis der kritischen Auseinandersetzung mit der Technikforschung 31 in
den (zuvor) damit befaßten Einzeldisziplinen:
„Eine eigene techniksoziologische Perspektive - so kann man resümieren - hat sich we-
sentlich auf zweierlei Weise herausgebildet. Der eine Weg führte von der Auseinanderset-
zung mit der allgemeinen Soziologie und der gesellschaftstheoretischen Technikkritik zur
Diskussion um einen soziologischen Technikbegriff und zur Übersetzung der Thesen in
historische und empirische Untersuchungsfragen. Der andere Weg verließ die zu engen
Bahnen industriesoziologischer Technikforschung wie auch das zu weite Feld interdiszi-
plinärer Technikfolgenabschätzung und richtete sich am Problem des technischen Wan-
dels in der Gesellschaft aus.“ (Rammert 1994a, 85f.)
Diese „Verselbständigung“ einer neuen, mit Fragen der Technik befaßten soziologi-
schen Teildisziplin ist nicht unumstritten geblieben (vgl. etwa Lutz 1987, 44ff.). Auch
Techniksoziologen wie Rammert selbst sehen die „Gefahr der Zerfaserung des Ge-
biets“ und mahnen zur Integration der einzelnen Arbeitsfelder durch eine Theorie tech-
nischen Wandels (Rammert 1994a, 86ff.). Bei der jenseits von Industriesoziologie und
Technikfolgenabschätzung angesiedelten Techniksoziologie lassen sich drei Schwer-
punkte unterscheiden: Forschungsarbeiten zur Technikgenese, zu Großen Technischen
Systemen und zur Technik im Alltag.
Besondere Bedeutung haben in den letzten Jahren die Arbeiten zur Technikgenese er-
langt. Durch die „Entdeckung“ der sozialen Dimension des Technischen „... rückten
Fragen nach den Akteuren der Technikentwicklung und -an Wendung, den Handlungs-
netzwerken und den Institutionalisierungsprozessen stärker in den Vordergrund des
Forschungsprozesses.“ (Kubicek/Seeger 1994, 14; vgl. auch Rammert 1992) Neben
31 Der von Rammert benannte „Problemkatalog für die sozialwissenschaftliche Technikforschung“
(1994a, 77) umfaßt
• die „Sachvergessenheit der Soziologie“ in den 50er und 60er Jahren, die über die Beschäfti-
gung mit kollektiv geteilten Normen und Werten die Sachdimension - also etwa die Eigenar-
ten von Maschinen - ausblendet;
• die technikdeterministische Sichtweise der 60er und 70er Jahre, für die eine fehlende Ge-
schichtlichkeit und der mangelnde Akteursbezug verantwortlich gemacht werden;
• die Verengung des Technikbegriffs auf deren Funktion als Produktionsmittel sowie
• den „heimlichen Technikdeterminismus“ der Technikfolgenabschätzung (dazu s.o.).
23
technischen Artefakten sind in diesem Zuge abstraktere sozio-technische Systeme (z.B.
Normungs- oder Standardisierungsprozesse) und Prozeßinnovationen (z.B. Umstellung
von einer Technologie auf eine andere) zum Untersuchungsgegenstand geworden (Ku-
bicek/Seeger 1994, 15).
Gerade Arbeiten zur Technikgenese haben wiederholt auf die evolutionäre Offenheit
technischer Entwicklung aufmerksam gemacht. So ist etwa Knie in seiner Untersu-
chung zu Geneseprozessen im Motorenbau zu dem Urteil gelangt:
„Eine in den Konzepten schlummernde und als Werbe- und Durchsetzungsfaktor ersetz-
bare Rationalität gibt es nicht. Nur wenn es gelingt, ‘Fahnenträger’ und ‘Promotoren’ zu
finden, können herrschende Konventionen überwunden werden.“ (Knie 1994, 62)
Während hier die Phase der Technikgenese als „Schließungs- und Konsolidierungspro-
zeß“ aufgefaßt wird, „... der dann einen erfolgreichen Abschluß findet, wenn eine neue
technische Lösung zum ‘Stand der Technik’ wird“ (Knie 1994, 48), haben andere Au-
toren die Orientierungs- und Koordinationsfunktion von Leitbildern hervorgehoben
(Dierkes u.a. 1992 und 1995).
In enger thematischer Nachbarschaft zur Technikgenese-Forschung befinden sich Ar-
beiten zu Großen Technischen Systemen (GTS).
Darunter sind „... solche Ensembles gegenständlicher technischer Strukturen und ihrer
nicht-gegenständlichen technischen Komplemente ... [zu verstehen], die (a) über weite
räumliche und zeitliche Erstreckung integriert (gekoppelt, vernetzt) sind, die (b) das
Funktionieren sehr großer Mengen anderer technischer Systeme ermöglichen und garan-
tieren und dadurch (c) deren Organisationen miteinander verbinden.“ (Joerges 1992, 56f.)
Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen die Entstehungs- und Entwicklungs-
bedingungen von GTS, zu denen das Eisenbahnnetz ebenso gehört wie Systeme zur
Elektrizitätsversorgung oder das Internet. Arbeiten zu GTS gehen von der Annahme
aus, daß nur mit Blick auf die „Konstellationen von Technik und jeweils relevanten
sozialen Teilsystemen“ (Weingart 1989, 176) das Durchsetzen oder Scheitern mancher
Technologien sowie deren weitere Entwicklung erklärt werden kann. Soziale Organi-
sationen sind dabei nur dann von Interesse, wenn sie sich „um eine bestimmte Technik
herum“ (ebd., 178f.) konstituieren, denn:
„Systeme, bei denen ein gedachter Wegfall der Technik nicht notwendig die Sinnlosigkeit
der verbleibenden Organisation impliziert, sind keine großtechnischen Systeme in dem
hier gemeinten Sinn mehr.“ (Weingart 1989, 179; Hervorh. M.W.)
24
Ein weiteres Teilgebiet der Techniksoziologie beschäftigt sich - der Kritik an einem zu
engen industriesoziologischen Technikbegriff entsprechend - mit der Nutzung von
Technik im Alltag. Diese Auseinandersetzung darf angesichts dessen, daß der private
Haushaltsmaschinenpark ein Volumen von 400 Mrd. DM umfaßt und damit immerhin
der Hälfte der Technikausstattung aller Wirtschaftsuntemehmen entspricht (Leithäuser
1994, 65), als überfällig gelten. Der Komplex „Technik und Alltag“ beinhaltet dabei
eine doppelte Perspektive, die sowohl die „Veralltäglichung technischer Artefakte“ als
auch die „Technisierung alltäglicher Handlungsabläufe“ umfaßt (Leithäuser 1994, 63;
vgl. auch Braun 1993, 28ff.). Damit werden Waschmaschinen oder Heizkostenverteiler
ebenso zum Lorschungsgegenstand wie Computer im Kinderzimmer oder an der Bus-
haltestelle.
Die techniksoziologische Auseinandersetzung mit der IuK-Technik
In jedem dieser drei Felder - Technikgenese, Große Technische Systeme und Technik
im Alltag - spielt die IuK-Technik eine herausragende Rolle. So hat z.B. bei Untersu-
chungen zur Aneignung der Technik im Alltag der Personal Computer das mit Abstand
größte Interesse hervorgerufen (so Rammert 1994b, 13; vgl. dazu Leithäuser u.a. 1995;
Mettler-Meibom 1993). Zahlreiche Arbeiten zur Telekommunikation im allgemeinen
(Kubicek 1994; Werle 1990 und 1994), zu Bildschirmtext (Schneider 1989) oder neu-
erdings zum Internet (Braun 1994; Rost 1997; Werle 1996) nehmen Bezug auf das
Untersuchungsfeld Große Technische Systeme oder sind explizit als Teil davon aus-
gewiesen.
Weiterhin ist festzustellen, daß Bürotechnik schon immer vergleichsweise gut auf ihre
Genese hin untersucht worden ist. Insbesondere die Entwicklung der Schreibmaschine
ist eingehend beschrieben worden - sicherlich auch wegen ihrer Bedeutung für Art und
Ausmaß der Erwerbsbeteiligung von Frauen. 32 Die bis heute gebräuchliche QWERTY-
Tastatur von Schreibmaschinen und PCs gilt geradezu als Paradebeispiel dafür, daß die
technische Entwicklung durch einzelne - mehr oder weniger zufällig oder nach Abwä-
gung der aktuell erkennbaren Alternativen getroffene - Entscheidungen von Erfindern
oder Unternehmen auf einen bestimmten Entwicklungspfad eingeengt wird. 33 Die
32 Zur Entwicklung der Schreibmaschine vgl. Buhr (1995); Faulstich-Wieland/Horstkemper (1987,
27ff.); Holtgrewe (1989, 14ff.); Krinmger (1984, 18ff.); Pirker (1962).
33 Die noch immer gebräuchliche, aber weder ergonomisch optimale noch technisch gebotene
Schreibmaschinentastatur haben wir z.B. der Bastelei von Mr. Christopher Latham Sholes („a
Milwaukee, Wisconsin prmter by trade, and a mechanical tinkerer by inclination“) und seinen
Freunden im Jahr 1867 zu verdanken (vgl. dazu ausführlich David 1985).
25
Legitimation unter technischen oder wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird dann erst
im nachhinein erbracht. 34
Auch Leitbilder sind seit jeher fester Bestandteil der Auseinandersetzung mit der
(Fort)Entwicklung und Gestaltung der IuK-Technik - und zwar in mehrfacher Hinsicht:
Erstens bezieht sich ein in der Informatik weitverbreiteter Leitbildbegriff auf „Ver-
ständnismodelle der Computeranwendung, an denen sich die Systemgestalter bei ein-
zelnen Entwicklungsprojekten orientieren“ (Dierkes u.a. 1992, 21). Dies steht in enger
Beziehung zu einem in der sozial wissenschaftlichen Technikforschung anzutreffenden
Verständnis von Leitbildern „im Sinne allgemeiner und in die Zukunft gerichteter
Vorstellungen von wünschbaren und erreichbaren technischen Entwicklungslinien oder
im Sinne vorgegebener Entwicklungsziele wie etwa der Vision des Assistenz-Compu-
ters“ (ebd., 23). Diese orientierungsvermittelnde Funktion von Leitbildern wurde ins-
besondere im Zusammenhang mit dem Anspruch eines sozialverträglichen Technikein-
satzes (von Alemann u.a. 1992, 65ff.; Eichener/Mai 1993), aber auch in historisch an-
gelegten Arbeiten von Informatikern (die Beiträge in Heilige 1994), betont. 35
Ein zweiter Akzent der Leitbild-Diskussion in der sozialwissenschaftlichen Technik-
forschung, nämlich Leitbilder im Sinne professioneller Selbstbilder und berufsspezifi-
scher Technikbilder (Dierkes u.a. 1992, 24), ist ebenfalls mit Bezug zum Einsatz der
IuK-Technik beleuchtet worden. Seinen deutlichsten Ausdruck fand dies in Arbeiten,
die auf Unterschiede zwischen den Orientierungen von Technikspezialisten in den DV-
Stäben oder Rechenzentren und den Technikanwendem in den Fachabteilungen von
Behörden oder Unternehmen hingewiesen haben. Die „Entdeckung“ solcher Differen-
zen in den Leitbildern unterschiedlicher Akteure mündete in methodischen Vorschlä-
gen zur Beseitigung dieses „stabilen Mißverständnisses“ (Brinckmann 1981; vgl. auch
Degele 1996). Für die Systementwicklung wurde insbesondere ein schrittweises Vor-
gehen unter früher Einbeziehung der späteren Nutzer empfohlen (Floyd/Piepenburg
1993; Lullies u.a. 1988, 19ff).
34 Ortmann fordert, daß - anders als in der Ökonomie üblich und in der Industriesoziologie nicht
un üblich - statt „des ökonomisti sehen Vorurteils von der wirtschaftlichen Überlegenheit des hi-
storisch sich Durchsetzenden“ die „Einsicht in die zirkuläre Struktur der Viabilität“, d.h. der
Gang- oder Machbarkeit einer technischen Entwicklung, wächst: „Eine solche Geschichtsschrei-
bung müßte also mit der Möglichkeit rechnen, daß der Computer einigermaßen effizient ist, weil
er sich durchgesetzt hat - und nicht umgekehrt; daß er nicht Sieger wurde, weil er der Beste war,
sondern viabel, weil er zum Sieger erklärt wurde.“ (Ortmann 1995 , 174 ) Zur Bedeutung von
„technological paradigms and technological trajectories“ ftir technischen Fortschritt und Wandel
im allgemeinen vgl. Dosi ( 1982 ); zu einer diesbezüglichen Betrachtung des Internet vgl. Meyer-
Stamer ( 1996 ).
35 Derartige Leitbilder werden inzwischen auch unabhängig vom Technikeinsatz diskutiert, z.B. für
die Gestaltung der Büro- und Verwaltungsorganisation (vgl. dazu die Beiträge in Eichener u.a.
1995 ).
26
Als dritter Aspekt von Leitbildern, der „im Schnittfeld von Technikgenese und -gestal-
tungsforschung“ (Dierkes u.a. 1992, 24) liegt, ist die Frage behandelt worden, auf wel-
chen Wegen und in welcher Form die Interessen sozialer Akteure Eingang in reale
Technik finden. 36
Die Popularität des Leitbildbegriffes kommt in dessen breiter, bisweilen auch ein we-
nig beliebig anmutender Verwendung im Zusammenhang mit Gestaltung und Einsatz
der IuK-Technik zum Ausdruck. 37 Das Leitbild- Konzept findet dabei nicht nur in Teil-
bereichen der Techniksoziologie, sondern ebenso in anderen Bereichen sozial wissen-
schaftlicher Technikforschung Anwendung.
Überhaupt ist zum Abschluß der Darstellung zu Industriesoziologie, politischer Tech-
niksteuerung und TA sowie Techniksoziologie eines festzustellen: Die drei Hauptfel-
der sozial wissenschaftlicher Technikforschung stehen längst nicht (mehr) so unver-
bunden nebeneinander, wie dies in der Vergangenheit vereinzelt - sicherlich auch zur
Absicherung des eigenen Forschungsterrains - behauptet worden ist. Vielmehr treten
vielfältige Bezüge zwischen den beschriebenen Feldern zu Tage: Die Beschäftigung
mit Großen Technischen Systemen ist z.B. zu wesentlichen Teilen den mit Großtech-
nologien verbundenen Risiken geschuldet, was der Diskussion um politische Technik-
steuerung neue Relevanz verleiht. Die Steuerungsfähigkeit der Politik wiederum soll
durch Ergebnisse der Technikfolgenabschätzung erhöht werden usw. usf.
Inzwischen gibt es zahlreiche Beispiele für eine sozial wissenschaftliche Technikfor-
schung, die (vermeintliche oder tatsächliche) Grenzen von Disziplinen und Instituten
überschreitet. Zu nennen sind z.B. die seit 1992 erscheinenden Jahrbücher zur sozial-
wissenschaftlichen Technikberichterstattung 38 sowie insbesondere die Arbeiten des
bereits im Oktober 1985 gegründeten Verbundes Sozialwissenschaftliche Technikfor-
schung. Dieser Verbund hatte sich zunächst intensiv mit den Feldern Technik und Ar-
beit, Technik und Alltag sowie Technikgenese auseinandergesetzt, bevor Mitte der
36 Vgl. als Beispiel dazu die Schilderung der „ALGOL- Verschwörung“ von Bauer (1994). Ziel die-
ser von einem kleinen Informatiker-Kreis getragenen „Verschwörung“, die im Jahr 1953 ihren
Anfang nahm, war die Entwicklung einer universell verwendbaren algorithmischen Sprache
(ALGOL: „Algorithmic Language“) für Rechenmaschinen. Im Ergebnis konnten die handelnden
Personen in diesem Fall ihre theoretisch-methodischen, nicht aber ihre politischen Ziele (Unab-
hängigkeit der Programmierung von den Hardware-Unternehmen und Vermeidung des Ausein-
anderfallens von Programmiersprachen) realisieren.
37 Zur Kritik am Leitbild-Konzept vgl. U. Schmid (1994).
38 Vgl. dazu die im hier behandelten Zusammenhang relevanten Jahrbücher zur Dienstleistungs-
und zur Produktionsarbeit (ISF u.a. 1992 und 1993).
27
90er Jahre eine Akzentverschiebung zur Organisation technischer Innovationen stattge-
funden hat. Neben überbetrieblichen Kooperationsnetzwerken und innerbetrieblichen
Innovationspotentialen sollen dabei auch die Aufgaben und Möglichkeiten des Staates
eingehend beleuchtet werden (VST 1995). Eine ähnliche Intention verfolgt das er-
wähnte Konzept einer innovationsorientierten Technikfolgenabschätzung, so daß sich
an dieser Stelle abermals Berührungspunkte zwischen unterschiedlichen Disziplinen
sozialwissenschaftlicher Technikforschung ergeben.
2.4 Organisationsforschung: Technik als gestaltbares Umweltelement
Der Einsatz von Technik in Organisationen sowie der Einfluß relevanter Organisatio-
nen auf den technischen Fortschritt hat auch für die theoretische und empirische Orga-
nisationsforschung an Relevanz gewonnen. Sofern nicht ausdrücklich technikproduzie-
rende Unternehmen betrachtet werden, stellt Technik dabei aus organisationssoziologi-
scher Perspektive einen - offensichtlich immer bedeutsameren - Bestandteil der Um-
welt einer Organisation dar.
Scott (1986) beschreibt drei Hauptlinien der Organisationsforschung, die auf teils kon-
trären Grundannahmen basieren und das Verhältnis zwischen Organisationen und ihrer
Umwelt auf unterschiedliche Weise thematisieren:
• Erstens werden Organisationen als rationale Systeme aufgefaßt, die relativ spezifi-
sche Ziele verfolgen und im Vergleich zu anderen sozialen Gebilden (Familien, Cli-
quen usw.) eine stark formalisierte Sozialstruktur aufweisen. Die Organisationsum-
welt bleibt in dieser Sichtweise vollkommen unbeachtet.
• Zweitens werden Organisationen als natürliche Systeme beschrieben, die nicht allein
durch die festgelegten Ziele, Regeln und Rollendefmitionen, sondern zu einem gro-
ßen Teil durch informelle Strukturen und Verhaltensweisen bestimmt werden. Zu-
sätzlich wird der Selbsterhaltungsdrang der Organisationen betont, wobei die exter-
ne Umwelt vor allem als potentiell bedrohlicher Einflußfaktor eine Rolle spielt.
• Die dritte Perspektive sieht Organisationen als offene Systeme , die in ständigem
Austausch mit ihrer Umwelt stehen. Die Bedeutung von Strukturen und eindeutig
definierten Zielen für die Organisation wird relativiert. Statt dessen wird betont, daß
innerhalb von Organisationen divergierende Interessenlagen anzutreffen sind, die
lediglich zeitweise und fallspezifisch miteinander in Einklang zu bringen sind.
Diese drei Ansätze stehen nicht unverbunden nebeneinander, sondern stellen zu unter-
schiedlichen Zeiten vorherrschende Denkmodelle dar und sind insofern Ausdruck der
zurückliegenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit Organisationen jeglicher Art.
Zumindest das Modell des rationalen Systems sieht Scott inzwischen als überholt an:
„Nachdem es die Theorie der offenen Systeme gibt, wird sich das alte Bild von einem
28
geschlossenen, unabhängigen, selbständigen System kaum wieder zum Leben erwek-
ken lassen.“ (Scott 1986, 172) 39
Zwar betont der Ansatz, in dem Organisationen als offene System angesehen werden,
die Bedeutung der Umwelt, doch existieren durchaus unterschiedliche Auffassungen
darüber, wie die Beziehungen zwischen Organisationen und ihrer Umwelt zu interpre-
tieren sind. So wurde insbesondere durch die populäre Kontingenztheorie die Auffas-
sung verbreitet, daß die Effizienz (und damit das Überleben) einer Organisation im
wesentlichen von der situationsgerechten Anpassung ihrer formalen Strukturen ab-
hängt. 40 Vor allem die Annahme, es gebe unter gegebenen und von der Organisation
selbst nicht beeinflußbaren situativen Bedingungen jeweils nur eine richtige, das
Überleben sichernde Strukturform, ist stark kritisiert worden. Der empirische Nach-
weis einer solchen Korrelation zwischen Situation, Organisationsstruktur und Effizienz
steht bis heute aus und ist zudem mit erheblichen methodischen Problemen konfron-
tiert (vgl. dazu auch Drumm 1996, 9). Inzwischen werden Organisationen im Wider-
spruch zur Kontingenztheorie sehr wohl aktive Einflußmöglichkeiten auf ihre Situation
und ihre Umwelt zugesprochen. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß Organisa-
tionen als „korporative Akteure“ (Coleman 1979) bezeichnet werden. Fazit an dieser
Stelle: „The Organization does more than observe and interpret: it modifies the envi-
ronment.“ (Scott 1998, 140)
Ähnlich wie in der sozial wissenschaftlichen Technikforschung ist auch in der sozial-
wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Organisationen und ihrer Umwelt ein Ab-
schied von deterministischen Ansätzen festzustellen (Schimank 1994, 249). An die
Stelle einseitiger Abhängigkeiten treten komplexe Wechselbeziehungen. Scott hat dies
zusammenfassend als „cycle of interdependence of organizations and environments“
(1998, 143) dargestellt und die subjektiv konstruierte (enacted environment) 41 von der
objektiven Umwelt unterschieden (Abb. 1).
39 Vgl. dazu aber die Darstellung von Ortmann u.a. (1997a, 18f.), die Scott entgegenhalten, daß
zumindest in der Ökonomie rationalen Ansätzen nach wie vor erheblicher Stellenwert zukomme
und dort sogar eine gewisse Abwendung von sozialen Aspekten zu beobachten sei.
40 Zur Diskussion und Kritik der zentralen Annahmen der Kontingenztheorie sowie ihrer Weiter-
entwicklung vgl. Kieser (1995) und Türk (1989).
41 Scott definiert (mit Bezug auf Arbeiten von Weick) „the enacted environment“ als „... the con-
structed (and reconstructed) picture that participants have of the environment to which they rela-
te.“ (Scott 1998, 143)
29
Abb. 1: Beziehungen zwischen Organisation und Umwelt (Scott 1998, 143)
Aufbauend auf diesen grundsätzlichen Überlegungen zum Verhältnis zwischen Orga-
nisationen und ihrer Umwelt ist in der Organisationsforschung die Beziehung zwischen
Technik und Organisation intensiv diskutiert worden. Im folgenden werden zwei An-
sätze näher vorgestellt, die sich auf unterschiedliche Analyseebenen beziehen:
• Das von Orlikowski (1992) entwickelte „Structurational Model of Technology“
dient der Beschreibung und Interpretation von innerorganisatorischen Prozessen der
Einführung und Nutzung des Umweltelements Technik (2.4.1).
• Zur Analyse technischer Innovationen auf der gesellschaftlichen Makroebene bietet
sich der aus dem Kölner Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung stammende
Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus an (2.4.2).
2.4.1 Die Theorie der Strukturierung
Ausgangspunkt des 1992 von Orlikowski vorgestellten Structurational Model of Tech-
nology ist die Kritik an bestehenden Denkmodellen zur Beziehung zwischen Organi-
sationen und Technik als Element ihrer Umwelt:
• Ähnlich wie in der Kontingenztheorie die Situation einer Organisation als Determi-
nante für deren Struktur galt, wurde der Technik lange Zeit bestimmender Einfluß
auf die Organisationsgestaltung zugeschrieben. Wie bereits dargestellt, können sol-
30
che Ansätze, in denen Organisationen bzw. die dort handelnden Personen aus-
schließlich als passiv und reaktiv beschrieben werden, aus heutiger Sicht nicht mehr
überzeugen. 42
• Ebenso unbefriedigend sind Modelle der Techniknutzung, in denen menschliches
Handeln und Entscheiden überbetont und „materielle Grenzen“ der Gestaltbarkeit
von Technik ausgeblendet werden 43
• Drittens schließlich wird Technik vielfach als „trigger of structural change“ angese-
hen. Auch diese Sichtweise weckt Zweifel und Widerspruch, da technischen Arte-
fakten eine eindeutige Wirkung und vor allem eine Stabilität über Zeit und Ort zu-
gesprochen wird, was empirisch nicht haltbar ist. 44
In Abgrenzung zu diesen Ansätzen schlägt Orlikowski vor, die Beziehungen zwischen
Technik und Organisation mit Rückgriff auf die von Giddens (1992) vorgestellte
Theorie der Strukturierung zu analysieren. Giddens hat darin die strukturellen Elemen-
te sozialer Systeme mit dem Handeln der dort tätigen Individuen verknüpft und der
Analyse von Machtbeziehungen zentrale Bedeutung zugewiesen. 45 Die Verbindung
zwischen Struktur- und Handlungsebene wird nach Giddens (1992, 81 ff.) durch die
„Modalitäten der Strukturation“ - interpretative Schemata (Leitbilder u.ä.), Machtmit-
tel und Normen - hergestellt. DeSanctis und Scott Poole sagen es schlicht, aber präzise:
42 Zur Kritik einer kontingenztheoretischen Technikinterpretation vgl. Scott (1990, 1 1 Off.).
43 Vgl. ausführlich zu dieser Sichtweise Orlikowski (1992, 400ff.) sowie Roberts/Grabowski (1996,
4 1 2 f . ) .
44 Orlikowski weist daraufhin, daß dieselben Techniksysteme in unterschiedlichen Unternehmen in
unterschiedlicher Weise eingesetzt werden. Den Ansatz, in Technik den Auslöser für strukturelle
Veränderungen zu vermuten, hält sie insbesondere bei moderner IuK-Technik für vollkommen
inadäquat: „While technologies may appear to have objective forms and functions at one point,
these can and do vary by different users, by different contexts of use, and by the same users over
time.“ (Orlikowski 1992, 402f.) Gleichwohl finden sich Spuren dieses Ansatzes noch in aktuellen
Forschungsarbeiten. So sehen Kolodny u.a. in „new technology“ einen Anlaß für organisatori-
sche Veränderungen (was noch vertretbar erscheint), um dann mit einem internationalen und
branchenübergreifenden Vergleich die (zweifelhafte) Suche nach allgemeingültigen Prinzipien
einzuleiten, die Auskunft geben sollen über „the relationships of new technology and technologi-
cal change to work Organization principles and their implementation“ (Kolodny u.a. 1996,
1459f.).
45 Die von Giddens (1992, 51 ff.) entwickelte Theorie der Strukturierung basiert auf drei Grundkon-
zepten:
• dem Stratifikationsmodell des Handelnden, das Menschen die Fähigkeit zur reflexiven Steue-
rung ihrer Aktionen zuspricht, d.h. sie wissen nicht nur, was sie tun (praktisches Bewußtsein),
sondern können auch Auskunft über ihre Beweggründe geben (diskursives Bewußtsein);
• der Dualität von Struktur, womit auf den „Doppelcharakter“ von Struktur aufmerksam ge-
macht wird, die sowohl Medium als auch Resultat menschlichen Handelns ist;
• der Dialektik der Herrschaft, wonach in allen Machtbeziehungen den Unterlegenen immer
noch ein Rest an Ressourcen verbleibt, um über Mächtigere Herrschaft auszuüben.
31
„Structuration is the process in which social structures (whatever their source) are pro-
duced and reproduced in social life.“ (1994, 128) Die Analyse sozialer Systeme, so die
Quintessenz, kann sich nicht auf strukturelle Aspekte beschränken, sondern muß im-
mer auch das Handeln der Individuen untersuchen. Ebenso ist zu konstatieren, daß In-
dividuen nicht im „luftleeren Raum“ agieren, sondern mit Bezugnahme auf strukturelle
Elemente des sozialen Systems, die auf diese Weise reproduziert oder verändert wer-
, 46
den.
Obwohl Giddens primär einen Beitrag zur Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen
leisten wollte, ist seine Theorie vor allem in Forschungsarbeiten zur Organisationsebe-
ne zum Tragen gekommen. Auch zur Rolle und Bedeutung von Technik gibt Giddens
selbst kaum Hinweise, dennoch hat sein Ansatz in der Technikforschung bemerkens-
werte Verbreitung gefunden. 47 Gleichwohl ist der Hinweis von Orlikowski zutreffend,
daß trotz der Prominenz des von Giddens vorgestellten Modells, „... no attempt has
been made to use structuration theory to reconceptualize the notion of technology, and
to reformulate the relationship between technology and organizations.“ (Orlikowski
1992, 405) Mit ihrem Structurational Model of Technology will sie die Dichotomie
überwinden, Technik entweder als eine objektiv wirkende Kraft oder als Ergebnis so-
zialer Konstruktionen zu betrachten. 48 Ganz im Sinne der Theorie der Strukturierung
weist Orlikowski statt dessen auf die „Duality of Technology“ hin: „Technology is the
46 Zu einer solchen Sichtweise vgl. ebenso Esser (1995, 592ff.).
47 Vgl. dazu die vielfältigen Verweise bei Orlikowski selbst (1992, 403ff.) sowie die Synopse von
Ortmann u.a. (1997b, 341 ff.).
48 Ähnlich argumentiert Scott in seinem Beitrag über die „Organization-Level Perspective“ zur
Beziehung zwischen „technology and organizations“: „While it is important to recognize and
emphasize diversity and variance, it is equally important to discem general features and consi-
stent relationships.“ (1990, 132) Die Konkurrenz beider Sichtweisen fuhrt Orlikowski auf eine
„time-space discontinuity“ zwischen der Entwicklung einer Technik in der einen und ihrer An-
wendung in einer anderen Organisation zurück. Während „technology design“ als ergebnisoffe-
ner und damit hochgradig sozial beeinflußbarer Prozeß erscheint, erweckt Technik im Stadium
ihrer Anwendung („technology use“) eher den Eindruck einer extern gestalteten „black box“ mit
Sachzwang-Charakter: „Researchers examining the design and development of a technology are
confronted with the essentially constructed nature of technology. (...) Researchers examining the
utilization of a technolgy in an office or factory, on the other hand, focus on how users of techno-
logy are influenced by the given technology, and how technology affects institutional properties
of the Organization.“ (Orlikowski 1992, 407f.) In der Tat rückte die Gestaltbarkeit der Technik ja
vor allem durch Arbeiten zur Technikgenese und zum Einsatz der „organisationsindividuell“ er-
setzbaren Computertechnik in den Blickpunkt der sozialwissenschaftlichen Technikforschung
(s.o.). Gleichwohl, darauf weist auch Orlikowski hin, ist die Trennung zwischen „technology de-
sign“ und „technology use“ nur analytisch möglich, faktisch hat es immer schon Anpassungen
einer Technik an organisationsspezifische Erfordernisse gegeben (vgl. dazu das Beispiel von
Ulich 1996, 196f.), nur wurde dies unter dem vorherrschenden Paradigma - „technology as ob-
jective force“ (Orlikowski 1992, 406) - mehrheitlich als Ausnahme vom Regelfall interpretiert.
32
product of human action, while it also assumes structural properties of the Organizati-
on.“ (ebd., 406)
Arrow
Type of Influence
Nature of Influence
a
Technology as a Product
of Human Action
Technology is an outcome of such human actions as
design, development, appropriation, and modification
b
Technology as a Medium
of Human Action
Technology facilitates and constrains human action
through the provision of interpretive schemes, facilities,
and norms
c
Institutional Conditions
of Interaction with
Technology
Institutional properties influence humans in their inter-
action with technology, for example, intentions, Profes-
sional norms, state of the art in materials and knowledge,
design Standards, and available resources (time, money,
skills)
d
Institutional Consequences
of Interaction with Tech-
nology
Interaction with technology influences the institutional
properties of an Organization, through reinforcing or
transforming structures of signification, domination, and
legitimation
Abb. 2: Structurational Model of Technology (Orlikowski 1992, 410)
33
Die drei Elemente Technik, Strukturen der Organisation 49 und menschliches Handeln
sind in Orlikowskis Modell auf vierfache Art wechselseitig miteinander verbunden
(Abb. 2):
a) Technik ist Produkt menschlichen Handelns - und zwar nicht nur zum Zeitpunkt
ihrer materiellen Entstehung, sondern auch im Stadium ihrer Nutzung.
b) Technik ist Medium menschlichen Handelns, sie begrenzt und ermöglicht das Re-
pertoire der Handlungsmöglichkeiten, ohne aber deterministisch zu wirken.
c) Merkmale der Organisation beeinflussen die handelnden Personen und damit auch
deren Interaktion mit der Technik.
d) Durch die Nutzung der Technik werden Strukturen der Organisation (im Regelfall)
reproduziert oder (im Ausnahmefall) verändert. 50
Anders als lineare Modelle, die bestimmten Ursachen eindeutige Folgen zuschreiben,
geht das Modell der Strukturierung von rekursiven Beziehungen zwischen den einzel-
nen Elementen aus. Fazit: „Technologies are products of their time and organizational
context, and will reflect the knowledge, materials, interests, and conditions at a given
locus in history. There is nothing inevitable or inviolable about them.“ (Orlikowski
1992,421)
2.4.2 Der akteurzentrierte Institutionalismus
Der Ansatz des „akteurzentrierten Institutionalismus“ stellt weniger eine ausgearbeitete
Theorie als vielmehr eine forschungsanleitende Programmatik dar (zu nachfolgender
Darstellung vgl. ausführlich Mayntz/Scharpf 1995). Der Ansatz stammt aus dem Köl-
ner Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG) und bildet die Grundlage
der dortigen Forschungsarbeiten zu Großen Technischen Systemen bzw. auf allgemei-
nerer Ebene zum Verhältnis zwischen gesellschaftlicher (Eigen) Entwicklung und poli-
tischer Steuerung.
Der Begriff der „Institution“ wird bei diesem Ansatz auf soziale Gebilde (oder auch:
korporative Akteure) beschränkt. 51 Institutioneile Faktoren (wie etwa definierte, prak-
49 Technik wird hier also nicht als Bestandteil der Struktur, sondern als davon getrennt zu betrach-
tender Einflußfaktor gesehen. Ebenso gut wäre es möglich, tatsächlich eingesetzte Technik im
Giddens’ sehen Sinne als machtstützende oder -begründende Ressource einzuordnen (vgl. zu ei-
ner solchen Perspektive Ortmann u.a. 1990, 24ff.).
50 Dazu Orlikowski: „When users do not use the technology as it was intended, they may undermme
and sometimes transform the embedded rules and resources, and hence the institutional context
and Strategie objectives of the technolgy’s creators, Sponsors, and implementors. This may hap-
pen more frequently than one would imagine.“ (1992, 412)
34
tizierte und sanktionierte Regelungen) werden als Rahmen angesehen, der Handlungen
jenseits persönlicher Beziehungen ermöglicht und restringiert, nicht aber determiniert.
Institutionen sind nach dieser Lesart sowohl unabhängige, auf das Handeln einwirken-
de Variablen als auch durch Handeln absichtsvoll gestalt- und veränderbare soziale
Gebilde.
Institu-
tioneller
Kontext
Nichtinstitutionelle
Faktoren
1
Akteure ____
in
Konstellationen — — ► Art der
Interaktion
in
Situationen
Ergebnis,
Wirkung
Abb. 3: Das analytische Modell des akteurzentrierten Institutionalismus
(Mayntz/Scharpf 1995, 45)
Um die Aktivitäten korporativer Akteure erklären zu können, wird eine Mehrebenen-
perspektive vorgeschlagen, die neben gesellschaftlichen und institutioneilen Faktoren
das Handeln von Individuen auf der Mikroebene einschließt. Dies erscheint gerade für
die Analyse von Interaktionen zwischen korporativen Akteuren erforderlich, denn „...
die für eine Organisation agierenden Individuen haben fast immer gewisse, manchmal
sogar ganz erhebliche Handlungsspielräume - insbesondere weil keine Organisation für
alle Situationen, mit denen sie konfrontiert wird, eine bereits festgelegte Strategie be-
51 Alternativ wird „Institution“ in manchen Ansätzen auf normierte Verhaltensmuster ausgedehnt
oder als gemeinsame Definition sozialer Wirklichkeit verstanden. Dem halten Mayntz und
Scharpf entgegen: „Für die Erklärung von Steuerungs- und Selbstorganisationsprozessen auf der
Makroebene gesellschaftlicher Sektoren ist dagegen ein engerer Institutionenbegriff tauglicher,
der es erlaubt, das Handeln von Akteuren als eigenständige Variable zu betrachten und damit
auch Sachverhalte zu analysieren, in denen trotz eines grundsätzlich unveränderten institutionei-
len Rahmens folgenreiche Veränderungen im Bereich des Handelns zu beobachten sind.“
(Mayntz/Scharpf 1995, 46)
35
sitzt.“ (Mayntz/Scharpf 1995, 50f.; vgl. dazu auch Mayntz 1993, 53) Die individuellen
Handlungsorientierungen der Akteure sind zum Teil zwar ebenfalls institutionell ge-
prägt (z.B. durch zugewiesene Aufgaben oder Positionen), werden aber auch durch
kontextunabhängige Faktoren (Sozialisation, historische Bedingungen usw.) bestimmt.
Um gesellschaftliche Entwicklungen analysieren zu können, müssen weiterhin die für
einen bestimmten Sektor relevante Konstellation korporativer Akteure sowie die Merk-
male der konkreten, handlungsanleitenden Situation identifiziert werden.
Für die Vertreter des akteurzentrierten Institutionalismus stellt ein solch vielschichtiges
Herangehen die Voraussetzung zur angemessenen Erfassung der „Modi sozialer Hand-
lungskoordination“ 52 dar:
„Die Bearbeitung von Problemen, die sich auf sektoraler oder gesamtgesellschaftlicher
Ebene stellen, ist fast nie nur die Sache eines einzelnen Akteurs, sondern typischerweise
Gegenstand von Interaktionen in einer Konstellation mehrerer Akteure mit interdependen-
ten Handlungsoptionen. Unter solchen Bedingungen kann das Gesamtergebnis nicht ei-
nem einzelnen Akteur zugeschrieben werden; es ergibt sich auch nicht einfach als Aggre-
gateffekt einer Mehrzahl unverbundener Einzelhandlungen, sondern es entsteht aus der
komplexen Interdependenz aufeinander bezogener Handlungen.“ (Mayntz/Scharpf 1995,
60)
Der akteurzentrierte Institutionalismus umfaßt damit im wesentlichen vier Analyseebe-
nen (Abb. 3): den institutioneilen Kontext, Akteure mit ihren jeweiligen Handlungs-
orientierungen, Konstellationen korporativer Akteure sowie die aktuelle Handlungssi-
tuation. 53 Um in der praktischen Forschungsarbeit nicht einer theoretisch aufgebauten
Komplexität zu erliegen, gilt die pragmatische Maxime, „... daß man nicht akteurbezo-
gen erklären muß, was institutionell erklärt werden kann, und daß man auch bei akteur-
bezogenen Erklärungen zunächst mit vereinfachenden Unterstellungen arbeiten und
diese erst dann empirisch überprüfen soll, wenn anders die beobachtbaren Handlungen
nicht erklärt werden können.“ (Mayntz/Scharpf 1995, 66)
52 Diese Modi werden seit einiger Zeit auch unter dem Stichwort „Govemance“ diskutiert. Im hier
beschriebenen Ansatz des MPIfG werden nach dem Ausmaß der indviduellen Autonomie oder
der kollektiven Handlungsfähigkeit bestimmte Grundformen sozialer Handlungskoordination
unterschieden: einseitige oder wechselseitige Anpassung, Verhandlung, Abstimmung und hierar-
chische Entscheidung. In der Praxis dominiert ein Mix dieser Govemance-Formen: „Weder ist
die Wirtschaft in entwickelten Gesellschaften rein als ‘Markt’ organisiert, noch der Staat als
durchgehende ‘Hierarchie’.“ (Mayntz/Scharpf 1995, 62)
53 Schmid (1996, 86f.) hat bemängelt, daß dieser Bezugsrahmen insbesondere für Analysen zur
Verbreitung elektronischer Medien zu statisch und zu linear angelegt sei und überdies nur auf
Akteure der Anbieterseite abstelle, die Nutzer aber vollkommen außen vor blieben. Er mahnt an,
die Aneignung neuer Medien durch ihre Nutzer und damit auch „symbolische Bedeutungsdi-
mensionen“ neuer Medien stärker zu berücksichtigen. Dies könnte im Modell des akteurzentrier-
ten Institutionalismus vor allem durch eine intensivere Analyse situativer Faktoren geschehen.
36
Ähnlich wie Orlikowskis Modell grenzt sich auch der akteurzentrierte Institutionalis-
mus gegenüber Sichtweisen ab, die der Technik entweder Eigenlogik und deterministi-
sche Wirkung zuschreiben oder - konträr dazu - Technik ausschließlich und unbeein-
flußt von materiellen Gesichtspunkten als sozial konstruiert begreifen (Mayntz/
Schneider 1995, 75).
Aufbauend auf Forschungsarbeiten zu internationalen Telekommunikationsmärkten 54
wurde von den Forschem des MPIfG die These eines engen wechselseitigen Zusam-
menhangs „zwischen der Organisationsform von technischen Infrastruktursystemen
und den jeweils gesamtgesellschaftlich dominierenden Govemance-Formen“ (Mayntz/
Schneider 1995, 96) vertreten. Demnach bestehe „eine Art koevolutionärer Beziehung
zwischen dem modernen Staat und den neuzeitlichen technischen Infrastruktursyste-
men. Beide sind in besonderem Maße formal organisiert und hierarchisch strukturiert.“
(ebd.) Die Expansion der Zentralverwaltungen und die politisch-administrative Hierar-
chisierung ist nach dieser Sichtweise vor allem durch Telegraf und Telefon begünstigt
worden. Interessanter als die rückblickende Überprüfung dieser These sind die An-
nahmen der Autoren über die zukünftige Entwicklung des hierarchischen Staates:
„An seine Stelle treten heute zunehmend verschiedene Formen horizontaler Koordination.
(...) Vor allem im Bereich der Wirtschaft wird die Tendenz zur Ersetzung hierarchischer
durch horizontal vernetzte Beziehungen dabei von denselben technischen Innovationen
vor allem in der Telekommunikation begünstigt, die dort eine Entflechtung der großen
Monopole praktikabel werden ließen. Auch jetzt wieder verstärken sich die strukturellen
Veränderungen in den technischen und nichttechnischen gesellschaftlichen Teilsystemen
wechselseitig. Die technische Entwicklung, die zuvor das Entstehen großer hierarchischer
Organisationen in Politik und Wirtschaft begünstigte, ist weitergelaufen und unterstützt
heute den Wandel des Primats gesellschaftlicher Ordnungsformen hin zu netzwerkartigen
Beziehungsmustem.“ (Mayntz/Schneider 1995, 97f.)
Es scheint, als würde sich angesichts der dynamischen technischen Entwicklung heute
mehr als jemals zuvor die Frage stellen, wie sich Staat und Verwaltung unter diesen
Vorzeichen verändern und wie Akteure im politisch-administrativen System Gebrauch
54 Dabei wurden Unterschiede zwischen einzelnen Staaten durch die Analyse der differierenden
institutionellen Kontexte erklärt. Die spezifisch deutsche Situation war demnach lange Zeit ge-
prägt durch ein exklusives Staatsmonopol, der Herauslösung des Post- und Femmeldehaushaltes
aus dem allgemeinen, parlamentarisch kontrollierten Staatsbudget sowie dem „Hoflieferanten-
Arrangement“ zwischen Bundespost und Siemens, das eine konsequente Einheitstechnik zur Fol-
ge hatte (Mayntz/Schneider 1995, 84f.; Schneider 1989, 189ff.; Werle 1994, 345ff.). Den daraus
resultierenden ökonomischen und technischen Vorteilen (z.B. erleichterte Koordination durch
einheitliche Komponenten, steigende Skalenerträge in der Produktion) standen spezifische Nach-
teile, vor allem in Form eines Mangels an technischem Pioniergeist, gegenüber.
37
von der Telekommunikation machen werden. Und mehr als zuvor zeigt sich, wie ver-
fehlt es wäre, die Techniknutzung durch die Verwaltung verkürzt unter dem Blickwin-
kel der dort artikulierten Bedürfnisse zu thematisieren.
2.5 Schlußfolgerungen für die Analyse der
Verwaltungsinformatisierung
2.5.1 Konsenslinien im sozialwissenschaftlichen Technikverständnis
Die sozial wissenschaftliche Technikforschung hat in der Vergangenheit eine Entwick-
lung durchlaufen, an deren Ende der Abschied von jedweden Determinismen, seien sie
technischer oder ökonomischer Natur, zu stehen scheint. Natürlich gibt es weiterhin
Kontroversen über die Angemessenheit bestimmter Sichtweisen oder die Relevanz von
Forschungsfragen, gleichwohl hat sich zumindest in einem Punkt ein „mainstream“ he-
rausgebildet, der sich wie folgt zusammenfassen läßt:
Es gibt weder eine Eigengesetzlichkeit des technischen Fortschritts, noch determinie-
ren technische Artefakte die Arbeitsweisen oder Strukturen in den Anwenderorganisa-
tionen.
Anders als im Ursprungsfeld sozial wissenschaftlicher Technikforschung, der Industrie-
soziologie, war für die neuentstandene Techniksoziologie die „Entdeckung“ des sozia-
len Charakters von Technikentwicklung und -nutzung weniger Ergebnis als Ausgangs-
punkt von Forschungsaktivitäten. Mit historisch angelegten Arbeiten wurde auf die Be-
deutung von Akteurskonstellationen und Leitbildern hingewiesen, die bestimmte Ent-
scheidungen hervorgebracht und damit den weiteren Entwicklungspfad vorgezeichnet
und eingeengt haben. Analog dazu können organisationsinteme Techniklösungen als
Ergebnis interessen- und strategiegeleiteter Selektionen verstanden werden, die immer
auch unbeabsichtigte und im vorhinein nicht absehbare Effekte hervorrufen. Die Indu-
striesoziologie hat sich ihrerseits nach dem Abschied von deterministischen Sichtwei-
sen verstärkt den hinter dem Technikeinsatz stehenden Untemehmensstrategien zuge-
wandt. Technikentwicklung und -einsatz gelten heute gleichermaßen als in Grenzen
plan- und steuerbar, wobei auf der gesellschaftlichen Makroebene, wenn es etwa um
die Förderung von Innovationen oder den Unterhalt technischer Infrastrukturen geht,
konträre Auffassungen über Sinn und Ausmaß politischer Eingriffe in das Marktge-
schehen anzutreffen sind. Die Steuerungsversuchen vorgelagerte Beurteilung neuer
Technologielinien gehört zu den zentralen Themen der Technikfolgenabschätzung,
wobei generell eine stärkere diskursive Auseinandersetzung mit der galoppierenden
technischen Entwicklung gefordert wird.
38
Die in der sozial wissenschaftlichen Technikforschung vollzogene „Entdeckung des So-
zialen“ ist ohne Umstände verträglich mit den referierten Ansätzen und Ergebnissen
der Organisationsforschung zur Beziehung zwischen Organisation und Technik. Orli-
kowski hat mit ihrem Structurational Model of Technology eine Systematik vorgelegt,
die es erlaubt, Merkmale der Technik, Zwänge und Optionen der Organisationsstruktur
sowie Interessen und Handlungen der Organisationsmitglieder systematisch aufeinan-
der zu beziehen. Ähnlich wird in Mehrebenenansätzen wie dem akteurzentrierten Insti-
tutionalismus argumentiert, daß Genese und Verlauf gesellschafts weiter Innovations-
prozesse nur dann angemessen erfaßt werden können, wenn Handlungsmöglichkeiten,
Interessen und Strategien relevanter korporativer Akteure analysiert werden. Falls dies
allein nicht ausreicht, ist zusätzlich der Blick auf die real agierenden Personen erfor-
derlich, deren Handeln nur zum Teil durch ihre Organisationszugehörigkeit beeinflußt
wird. Gleichwohl darf die Betonung des sozialen Charakters von Technisierungspro-
zessen, auch darauf haben Organisationssoziologen aufmerksam gemacht, nicht zur
Ausblendung bestimmter „hard facts“ einer Technik fuhren. In diesem Sinne hat Lutz
gefordert, daß die sozial wissenschaftliche Technikforschung über eine „elementare
Vertrautheit“ mit technischen Basisdaten und der aktuellen technischen Entwicklung
verfügen müsse (1987, 48). 55
Noch in einem weiteren Punkt weisen Ansätze und Ergebnisse sozialwissenschaftli-
cher Technikforschung in die gleiche Richtung:
Technik sorgt als Bestandteil der Umwelt fiir anhaltenden Veränderungsdruck und
unterliegt zugleich der Einflußnahme relevanter korporativer Akteure.
Unzweifelhaft wirkt die Technik als relevanter Umweltbestandteil auf Organisationen
ein und trägt dazu bei, daß sich deren Arbeitsorganisation und -bedingungen, Produkt-
paletten und Dienstleistungen, interne und externe Kommunikationsbeziehungen und
-wege usw. im Laufe der Zeit verändern.
Die Organisationsforschung betont dabei, daß Organisationen ihrer Umwelt nicht hilf-
los ausgeliefert sind, sondern auf diese Einfluß auszuüben in der Lage sind. Damit
55 Dies ist inzwischen in vielen Fällen selbstverständlich, wie überraschenderweise gerade die Ar-
beiten von Vertretern sozialkonstruktivistischer Ansätze zeigen, die in Abgrenzung zu einem
evolutionären Verständnis des technischen Fortschritts die technologischen Parameter in ihrer
Bedeutung ab- und den Einfluß von Akteuren und Koalitionen aufwerten (vgl. die Darstellung
von Rammert 1994b, 25f.). Die These von der sozialen Konstruktion technischer Artefakte läßt
sich schließlich erst in Kenntnis der aus technischer Sicht verfügbaren Optionen aufstellen, ent-
sprechend detailliert setzen sich derartige Forschungsarbeiten mit den technischen Grundlagen
ihres Untersuchungsgegenstandes auseinander (vgl. beispielhaft Knie 1991, Teil II sowie zum
Sozialkonstruktivismus allgemein Pinch/Bijker 1987).
39
vollzieht sich auch die technische Entwicklung nicht gleichsam von selbst („Das Beste
setzt sich durch“). Gerade die Techniksoziologie hat den sozialen Charakter der Tech-
nik betont, indem die unter bestimmten historischen Konstellationen wirkenden Ein-
flüsse auf die Technikgenese verdeutlicht wurden.
Jenseits dieser Gemeinsamkeiten in den theoretischen Konzepten zum Verhältnis zwi-
schen Organisationen und ihrer Umwelt wurden gesellschaftliche Einflüsse in den ein-
zelnen Feldern sozialwissenschaftlicher Technikforschung in unterschiedlichem Aus-
maß berücksichtigt. Diese Differenzen haben in den letzten Jahren aber an Bedeutung
verloren.
In der Industriesoziologie war der Bezug zu gesellschaftlichen Entwicklungen seit je-
her von geradezu elementarer Bedeutung:
„Am Ort des Betriebes mußte erforscht werden, welchen Zuschnitt die menschliche Ar-
beit im Prozeß der Rationalisierung erhält und welchen Stellenwert Arbeit in der Gesell-
schaft hat. (...) Insofern nahm Industriesoziologie betriebliche Entwicklungen und Vor-
gänge exemplarisch für den gesellschaftlich ablaufenden Prozeß der Rationalisierung, der
Technisierung (Automatisierung etc.). Hierbei stand der Betrieb als Organisation sui ge-
neris, die keiner weiteren systematischen Differenzierung unterworfen werden mußte als
der Unterscheidung zwischen groß- und kleinbetrieblicher Produktion.“ (Braczyk 1997,
533)
Ebenso gehört die Bezugnahme auf gesellschaftliche Entwicklungen zum originären
Gegenstandsbereich von politischer Techniksteuerung und Technikfolgenabschätzung.
Auch der Techniksoziologie ist das Denken in gesellschaftlichen Kategorien nicht
fremd - erinnert sei nur an die Arbeiten zu Großen Technischen Systemen.
Anders als in diesen „klassischen“ Feldern sozialwissenschaftlicher Auseinanderset-
zung mit Technik blieben organisationstheoretische Ansätze lange Zeit auf Spezifika
und Funktionsweisen von Organisationen im allgemeinen beschränkt, so daß festzu-
stellen ist: „Organisationstheorie blendete aus ihrem Reflexionsbereich die Gesell-
schaft mehr oder minder strikt aus.“ (Braczyk 1997, 531).
Dies hat sich in den letzten Jahren mit den im Umfeld der Organisationssoziologie
entstandenen Mehrebenenansätzen, von denen hier der akteurzentrierte Institutionalis-
mus näher vorgestellt wurde, geändert. Mit ihnen verbindet sich der Anspruch, Entste-
hung und Ausbreitung Großer Technischer Systeme, das Durchsetzen oder Scheitern
von Basisinnovationen sowie Genese und Verlauf von Innovationsprozessen erfassen
und erklären zu können. Zu diesem Zweck werden neben technischen Merkmalen die
Handlungen und Motive relevanter korporativer Akteure - und dazu zählen neben Un-
ternehmen, Interessenverbänden und vielen anderen auch Verwaltungen - in die Ana-
40
lyse einbezogen. Falls erforderlich, finden zusätzlich die individuellen Akteure Be-
rücksichtigung.
2.5.2 Der Doppelcharakter von „Organisation 64 als analytischer Rahmen
Die beiden dargestellten Konsenslinien, die über disziplinäre Eigenheiten und Schwer-
punktsetzungen hinweg das Verständnis von Technik und Technisierungsprozessen in
den Sozialwissenschaften prägen, weisen auf die Doppeldeutigkeit des Organisations-
begriffs hin. Ortmann u.a. (1997b) haben diesen Umstand zu Beginn ihrer Ausführun-
gen zu Giddens’ Strukturationstheorie auf einprägsame Art hervorgehoben:
„Wenn wir ‘Organisation’ sagen, operieren wir mit einer fundamentalen Zweideutigkeit.
Gemeint sein kann der Prozeß des Organisierens oder aber dessen Resultat, die ‘Organi-
siertheit’ sozialen Handelns und sodann ein System organisierten Handelns. Diese Zwei-
deutigkeit durch Sprachregelungen zu beseitigen, wäre nicht nur ein vergebliches Unter-
fangen, weil sie viel zu tief in die Sprache eingelassen ist - es wäre auch unklug. Man ist
besser beraten, der Sprache den Kredit einer ‘Wahrheitsvermutung’ einzuräumen und zu
fragen, warum sie diese Doppeldeutigkeit - nicht nur im Deutschen - so hartnäckig be-
wahrt. Dann kommt man schnell jener Rekursivität menschlichen Handelns auf die Spur,
die darin liegt, daß wir handelnd genau diejenigen Strukturen als Resultat hervorbringen,
die sodann unser weiteres Handeln ermöglichen und restringieren.“ (Ortmann u.a. 1997b,
315)
Anlaß der Auseinandersetzung mit Feldern der sozialwissenschaftlichen Technikfor-
schung in dieser Arbeit war die Suche nach einem Analyserahmen, mit dem die Ver-
waltungsinformatisierung im Zeitalter der Computemetze angemessen untersucht wer-
den kann. Der abschließende Hinweis auf die zwei Seiten der „Organisationsmedaille“
führt hier ein ganzes Stück weiter: Demnach müssen immer die Optionen der IuK-
Technik für die Organisation der öffentlichen Verwaltung und die öffentlichen Verwal-
tungen als Organisationen betrachtet werden. Letzteres beinhaltet die Analyse von
Behörden
• als Orten mikropolitischen Geschehens,
• als sozialen Gebilden, die Einflüssen aus ihrer Umwelt unterliegen und
• als korporativen Akteuren, die auf ihre Umwelt Einfluß nehmen.
Im folgenden Kapitel wird nun zu klären sein, wie sich die Verwaltungsforschung in
der Vergangenheit mit dem Einsatz der IuK-Technik auseinandergesetzt hat: Welche
Fragen dominierten? Welchen Stellenwert besitzt das Thema? Welches Technikver-
ständnis ist anzutreffen und inwieweit wurden die einzelnen Aspekte von „Organisa-
tion“ in ihrer doppelten Bedeutung bereits berücksichtigt?
41
3 Verwaltungsforschung und Computer
3.1 Interessant erst auf den zweiten Blick: die öffentliche Verwaltung
als Thema der Sozialwissenschaften
Mayntz stellt gleich zu Beginn ihrer Einführung in die Verwaltungssoziologie fest,
daß die Entwicklung der öffentlichen Verwaltung zwar generell die wissenschaftliche,
nicht jedoch notwendig eine sozialwissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Gegen-
stand angeregt hat.“ (1985, 3) Während sie dafür ausschließlich wissenschaftshistori-
sche Gründe anführt, hat Koch (1987) auf die „Eigenstruktur“ und „Widerständigkeit“
des Erkenntnisobjektes hingewiesen:
„Die Wahl des Gegenstandes öffentliche Verwaltung zwingt ja im Regelfall dazu, sich im
Erkenntnisprozeß mit ganzen Systemen und ggf. auch mit ihren Umwelten wie Politik
oder Gesellschaft zu beschäftigen - darüber hinaus in methodischer Hinsicht aber auch mit
unterschiedlichen analytischen Ebenen (wie Personen, Gruppen, Systemen) und last but
not least immer wieder mit prinzipiell schwierig zu messenden qualitativen Daten.“
(Koch 1987, 17; Hervorh. im Original)
Diese Situationsbeschreibung ist auch nach über zehn Jahren von unveränderter Ak-
tualität. Die verbreitete Auffassung von der „öffentlichen Verwaltung als nachgeordne-
tem, weisungsgebundenem und politisch kontrollierbarem Teil der politischen Füh-
rung“ (Hesse 1982, 13) hat sicherlich ebenfalls dazu beigetragen, daß sich das sozial-
wissenschaftliche Interesse am administrativen System lange Zeit in Grenzen hielt.
Anders als die (juristisch dominierte) Verwaltungslehre, die sich stark an der Verwal-
tungspraxis und formalen Aspekten orientiert, sind Sozialwissenschaftler schließlich
an der theoriegeleiteten Erforschung sozialer Handlungen und Systeme - und vor allem
an Abweichungen von normativen Vorgaben und Sollstrukturen - interessiert (Mayntz
1985, 2f.). Die öffentliche Verwaltung wurde für sie erst in dem Moment interessant,
als die beobachtbaren Widersprüche zwischen dem Modell einer unselbständigen
Verwaltung, die lediglich den politischen Willen ausführt, und der Verwaltungs Wirk-
lichkeit immer offensichtlicher wurden. In der Folge, etwa ab Mitte der 60er Jahre
(Hesse 1982, 12; Jann 1998, 50), begann sich eine empirisch ausgerichtete Verwal-
tungsforschung zu etablieren, die der Verwaltungsrealität jenseits normativer Vorga-
ben stärkere Aufmerksamkeit schenkte:
43
„Inzwischen ist kaum mehr strittig, daß die Entwicklung der öffentlichen Verwaltung weit
über die ihr verfassungsrechtlich zugewiesenen Funktionen hinausreicht. Als Gründe wer-
den benannt: das Wachstum der administrativen Institutionen, die Ausdehnung ihrer Ent-
scheidungs- und Handlungskompetenz, ein Defizit an politischer Führung und politischer
Kontrolle, Informationsvorsprünge, das Quasi-Monopol bei der gesellschaftlichen Pro-
blemverarbeitung, Verselbständigungsprozesse der unterschiedlichsten Intensität u.a.m.
(...) Verwaltungsrechtliche Untersuchungsansätze wurden ergänzt durch Analysen des
faktischen Verwaltungshandelns, wobei organisationssoziologische Beiträge, Ansätze ei-
ner Verwaltungsbetriebslehre und schließlich empirische Untersuchungen zu Entschei-
dungsprozessen in der öffentlichen Verwaltung zunehmend an Gewicht gewannen.“ (Hes-
se 1982, 13f.)
Im Zuge dieser Entwicklung wurde auch darüber gestritten, ob neben den Verwal-
tungswissenschafte« als einem Sammelsurium unterschiedlicher Fächer, die sich mit
Verwaltung beschäftigen (Teile von Rechtswissenschaft, Ökonomie, Politikwissen-
schaft usw.), die Verwaltungs Wissenschaft als eigenständige Disziplin existiert. Auf
diese Auseinandersetzung muß an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Spä-
testens mit der Einrichtung gleichnamiger universitärer Studiengänge hat sich die
Verwaltungs Wissenschaft als neue Disziplin etabliert, wenngleich ihre Konturen noch
immer ein wenig unscharf erscheinen.
Das Hauptinteresse des sozialwissenschaftlich orientierten Teils der deutschen Verwal-
tungswissenschaft gilt der demokratischen Verantwortung und Kontrolle sowie der
Problemlösungskapazität des Verwaltungshandelns, während die übrigen Fragen
der Effizienz und Legalität jeweils weitgehend den ‘Spezial Wissenschaften’ Jura und
Ökonomie überlassen wurden“ (Jann 1998, 52). Ein weiteres Charakteristikum ist die
Nähe zur Praxis und der ungebrochen hohe Stellenwert des Themas Verwaltungsre-
form:
„Verwaltungsforschung war und ist in erster Linie Verwaltungsreformforschung, und die-
se Funktion bestimmt daher auch in weiten Teilen die theoretischen Bemühungen. Zentra-
le Themen sind die Anpassung der Organisation, Verfahren, Personen und Instrumente
der Verwaltung an veränderte Anforderungen oder - in kritischer Absicht - das Aufzeigen
der Schwierigkeiten bzw. Vergeblichkeit dieser Bemühungen.“ (Jann 1998, 51; vgl. dazu
auch Siedentopf 1983, 46ff.)
Wenn im folgenden von „Verwaltungswissenschaft(en)“ oder „Verwaltungsforschung“
die Rede ist, bezeichnet dies die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der
öffentlichen Verwaltung. Die nachfolgenden Abschnitte beschäftigen sich ausführlich
mit der Nutzung der IuK-Technik im Verwaltungsalltag (3.2) sowie mit den diesbe-
züglichen Themen und Sichtweisen der Verwaltungsforschung (3.3). Dabei werden der
Stellenwert des Themas, das innerhalb der Verwaltungsforschung vorherrschende
44
Grundverständnis von Technik und Technisierungsprozessen sowie der Bezug zur so-
zialwissenschaftlichen Technikforschung diskutiert.
3.2 IuK-Technik als Instrument der Verwaltungsarbeit
Die Historie der Computerisierung von Büroarbeit hat in Unternehmen und öffentli-
chen Verwaltungen einen nahezu identischen Verlauf genommen, wobei den Behörden
seit jeher das populäre Vorurteil anhaftet, der Entwicklung in der Privatwirtschaft eini-
ge Schritte hinterherzuhinken. 1 Den Ausgangspunkt der Computerisierung bildeten in
beiden Bereichen Tätigkeitsfelder mit massenhaft anfallenden, standardisierten Daten
und wiederkehrenden Routinen (Baethge/Oberbeck 1986, 64ff.; Beyer 1998, 259f.;
Brinckmann 1995, 79ff; Brinckmann/Kuhlmann 1990, 15ff.). In diesen Tätigkeitsfel-
dern hat die IuK-Technik unbestritten einen erheblichen Beitrag zur Rationalisierung
der Verwaltungsarbeit geleistet, allerdings sind die erzielten Effekte zum Teil durch
das nachfolgende Aufgabenwachstum im öffentlichen Sektor wieder aufgezehrt wor-
den. Ausgehend von der Automation im „Massengeschäft“ hat sich der Computerein-
satz in der Folgezeit auf immer neue Felder der Verwaltungsarbeit ausgedehnt. Damit
bestätigte sich, was Hans Paul Bahrdt in seiner Studie zur „Industriebürokratie“ bereits
Ende der 50er Jahre prophezeit hatte: „Die Mechanisierung und Automatisierung wird
im Bürosektor keine periphere Erscheinung bleiben.“ (Bahrdt 1958, 76)
Neben dem Einsatz des Computers zu Rationalisierungszwecken wurde schon ab Ende
der 60er Jahre versucht, mit einer „Integration möglichst vieler informationstechni-
scher Verfahren“ (Brinckmann/Kuhlmann 1990, 18) die Steuerung des öffentlichen
Sektors und die Prozesse politischer Planung zu verbessern. Diese Bemühungen er-
reichten in den 70er Jahren unter der sozialdemokratischen Bundesregierung ihren Hö-
hepunkt. Zu dieser Zeit galten optimierte Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen als
die elementare Voraussetzung für effektive Politik und Verwaltungsarbeit schlechthin
(Fehl 1972). Die Hoffnungen auf einen Durchbruch durch forcierten Einsatz der Com-
putertechnik blieben jedoch unter anderem aufgrund von Problemen bei der Zusam-
menführung, Verknüpfung und Aufbereitung entscheidungsrelevanter Daten bis heute
unerfüllt. Auch wenn sich die Planungseuphorie der 70er Jahre längst gelegt hat, ist
1 Die Annahme eines solchen „time lag“ zwischen öffentlichem Bereich und Privatwirtschaft ist si-
cherlich nicht völlig von der Hand zu weisen. Fraglich ist allerdings, ob dies so nachteilig ist, wie
es gemeinhin angenommen wird. Immerhin tritt das bekannte „Produktivitätsparadoxon“ der
IuK-Technik, wonach gewaltigen Investitionen in die Technik nur selten ebenso gewaltige Pro-
duktivitätszuwächse folgen, sowohl im privatwirtschaftlichen Sektor (Attewell 1990; Ortmann
1995, 162ff.; Petrovic 1994) als auch in der öffentlichen Verwaltung (Brinckmann 1997, 8; Rei-
nermann 1994, 65 f.) auf.
45
das Ziel, mit integrierten Informationssystemen die Grundlagen und damit auch die
Qualität von politischen und administrativen Entscheidungen zu verbessern, nach wie
vor aktuell. Fraglich ist allerdings, wie ein solches System zu gestalten ist, damit es
den Bedürfnissen der Entscheidungsträger möglichst weitgehend gerecht wird. 2
Im übrigen wird die verwaltungswissenschaftliche Auseinandersetzung mit IuK-
Technik - dem eigenen Verständnis als „Verwaltungsreformforschung“ entsprechend -
seit jeher von der Vorstellung dominiert, mit Computern über ein wirkungsvolles In-
strument zur Reform der öffentlichen Verwaltung zu verfugen. 3 Das Interesse an tech-
nischen Möglichkeiten schwankt allerdings: Bis weit in die Mitte der 90er Jahre hinein
beanspruchten betriebswirtschaftlich ausgerichtete Reformansätze die volle Aufmerk-
samkeit von Verwaltungspraxis und -Wissenschaft. Die IuK-Technik blieb demgegen-
über nahezu vollkommen ausgeblendet und findet erst seit kurzem wieder mehr Beach-
tung. Dazu hat zum einen die Entwicklung auf dem Gebiet der Computemetze beige-
tragen, zum anderen ist deutlich geworden, daß die aktuellen Reformansätze der Un-
terstützung durch leistungsfähige IuK-Technik bedürfen.
Generell lassen sich in den Diskussionen über das Reformpotential der IuK-Technik
zwei entgegengesetzte Positionen unterscheiden: Für die optimistische Variante steht
insbesondere die über die Jahre hinweg von Reinermann vertretene These, Computer-
systeme würden wie ein „Katalysator in der Chemie“ (Reinermann 1993, 7) wirken
und zur Realisierung von Veränderungen beitragen, die in ihrer Umgebung bereits an-
gelegt sind. 4 Über diese „Katalysatorthese“ wird seit über 15 Jahren diskutiert und ge-
stritten, was durchaus bemerkenswert ist, da sie nie mit empirischem Material unter-
mauert werden konnte. 5 Ungeachtet dessen verbindet Reinermann auch mit der aktuel-
len Generation der IuK-Technik einen „... sprunghaften Anstieg des Potentials für
2 Auf integrativ angelegte Formen der Datenverarbeitung und Fragen der Führungsinformation
wird in den Fallstudien zum Technikeinsatz der Bundesanstalt für Arbeit (Kap. 5.2) und der Lan-
desumweltbehörden (Kap. 5.3) näher eingegangen.
3 In weitaus geringerem Umfang sind auch andere Aspekte der Behördeninformatisierung behan-
delt worden, die - wenn überhaupt - nur indirekt mit Reformbemühungen im öffentlichen Sektor
zu tun haben. Beispielhaft zu nennen ist die Frage nach möglichen Veränderungen in der Inter-
aktion zwischen Verwaltungsmitarbeitem und Bürgern (Göpel 1991; Höhmann 1991, Kuhlmann
1986b) oder die IuK-Technik als Gegenstand von Aushandlungsprozessen zwischen Dienststel-
lenleitungen und kollektiver Interessenvertretung (Bielefeld-Hart 1994).
4 Vgl. als frühe Quelle zur Katalysatorthese sowie stellvertretend für viele weitere Publikationen
des Autors zum Zusammenhang zwischen IuK-Technik und Verwaltungsreform auch Reiner-
mann (1985).
5 Nach wie vor gilt das von Brinckmann mit Blick auf die Thesen Reinermanns formulierte Fazit:
„Daß Informations- und Kommunikationstechnik der Katalysator für breitere Modernisierung
gewesen ist, läßt sich empirisch für die Bundesrepublik nicht belegen; daß sie es sein könnte, läßt
sich empirisch auch nicht widerlegen.“ (1994, 213; vgl. ferner Beyer/Brinckmann 1990, 44ff.)
46
technikgestützte Information und Kommunikation. Damit nimmt deren Eigenschaft, als
‘Katalysator’ für Verwaltungsreformen dienen zu können, ebenfalls noch einmal zu.“
(Reinermann 1997b, 84) Skeptiker sehen in der IuK-Technik hingegen ein Instrument,
das weniger zur Veränderung als vielmehr zur Stabilisierung des Status quo beiträgt:
„Wir wissen, daß Computertechnik zentralisierte wie dezentralisierte Strukturen unter-
stützen kann. Technik per se neigt weder zu einer Machterhöhung noch zu einer Mach-
tumverteilung. Aber die Verwaltungsmitglieder erwarten, daß sich die Technik den herr-
schenden Entscheidungsstrukturen anpaßt, um deren Funktionsfähigkeit zu steigern.
Folglich kann man erwarten, daß sie die Technik so benutzen, daß sie die bestehenden
Verhältnisse untermauert sowie den administrativen und politischen Zielen dient. Statt die
Notwendigkeit einer Reform zu verspüren, sieht der öffentliche Dienst Vorteile in der
Fortführung der herkömmlichen Verwendung der Technik, und man kann erwarten, daß
sie sie auch weiterhin auf eine Weise nutzen, die organisatorische und persönliche Inter-
essen absichert.“ (Kraemer 1995, 193) 6
Jenseits dieser grundsätzlichen Fragen nach dem Verhältnis zwischen Verwaltungsre-
form und Technikeinsatz können für die jüngere verwaltungswissenschaftliche Aus-
einandersetzung mit der IuK-Technik drei, eng miteinander verbundene Diskussions-
komplexe unterschieden werden:
1. IuK-Technik als Voraussetzung für neue Formen der Verwaltungssteuerung,
2. Technikunterstützung zur Beseitigung restriktiver Arbeitsteilung und bürokratischer
Hemmnisse zugunsten von Dezentralisierung und Aufgabenintegration,
3. neue, technikgestützte Interaktionsformen mit der Verwaltungsumwelt.
In enger Nachbarschaft zu diesen Einzelthemen, konzeptionell aber weit darüber hin-
ausreichend, hat sich in den letzten Jahren das Leitbild einer „virtuellen Verwaltung“
als Zielvorstellung für die zukünftige Entwicklung herauskristallisiert.
3.2.1 Technische Unterstützung der neuen Verwaltungssteuerung
Mit einigem Zeitverzug zu anderen Industrienationen hat die deutsche Verwaltung im
Laufe der 90er Jahre mit einer tiefgreifenden Reform ihrer Strukturen begonnen. Diese
Modemisierungswelle begann in den Kommunen, es folgten die Landesverwaltungen
und schließlich auch die Bundesbehörden. 7 Wesentliche Reformthemen werden mit
6 Zur strukturerhaltenden Wirkung der IuK-Technik vgl. auch Kraemer (1988) sowie die Dar-
stellung von Snellen (1996, 12).
7 Zur Verwaltungsreform gibt es inzwischen eine unüberschaubare Fülle an Literatur, die allein
den Rahmen eines herkömmlichen Literaturverzeichnisses sprengen würde. Einen umfassenden
Überblick über Inhalte und Methoden gibt das Handbuch zur Verwaltungsreform (von Bandemer
47
dem international gebräuchlichen Sammelbegriff „New Public Management“ (NPM)
zusammengefaßt:
NPM bezeichnet ein Bündel verwaltungspolitischer Reformstrategien, die überwie-
gend von einer betriebswirtschaftlichen Interpretation des Verwaltungshandelns geleitet
werden. In diesem Zusammenhang wird daher häufig auch von einer ‘Mikroökonomisie-
rung’ öffentlicher Verwaltungen gesprochen. (...) Das Reformmodell des NPM bietet kei-
nen dogmatisch abgeschlossenen Maßnahmenkatalog an, wird jedoch häufig mit Maß-
nahmen zur Privatisierung und Deregulierung, zur Auslagerung und Verselbständigung
von Verwaltungseinheiten, zur Einführung von Wettbewerbselementen in das Verwal-
tungshandeln sowie mit der Übernahme privatwirtschaftlicher Managementmethoden in
den öffentlichen Bereich in Verbindung gebracht.“ (Schröter/Wollmann 1998, 59)
Mit dieser Definition sind bereits wesentliche Inhalte der anhaltenden Verwaltungsre-
form benannt worden. Im Zusammenhang mit dem behördlichen Technikeinsatz sind
die binnenorganisatorischen Veränderungen 8 von vorrangigem Interesse, mit denen so-
wohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Qualität bei der Erledigung öffentlicher Auf-
gaben verbessert werden sollen.
Als Referenzmodell hat sich hierzulande das von der Kommunalen Gemeinschaftsstel-
le (KGSt) 9 seit 1991 propagierte Neue Steuerungsmodell (NSM) durchgesetzt. Dieses
Modell orientierte sich anfangs am Vorbild der niederländischen Stadt Tilburg und ist
in der Folgezeit zu einem komplexen Reformkonzept weiterentwickelt worden (KGSt
1991; 1993; 1995). Von zentraler Bedeutung ist dabei die Zusammenführung von
Fach- und Ressourcenverantwortung: Demnach sollen zukünftig nicht mehr Quer-
schnittsämter wie Kämmerei oder Personal amt, sondern die Fachämter selbst (in einer
Kommune z.B. Sozial-, Schulverwaltungs- oder Kulturamt) über den Einsatz von
Sach-, Personal- und Finanzmitteln entscheiden. Angestrebt wird weiterhin der Über-
gang von einer input- zur outputgesteuerten Verwaltung, in der nicht mehr (wie bisher)
die in einem Haushaltsjahr verfügbaren Finanzmittel, sondern die zu erbringenden
Leistungen einzelner Verwaltungseinheiten den zentralen Bezugspunkt des Verwal-
tungsmanagements darstellen. An die Stelle detaillierter Einzelfallregelungen und ver-
u.a. 1998); vgl. ferner die Darstellung unterschiedlicher Reformansätze und -Perspektiven von
Heinelt (1997) sowie zur internationalen Entwicklung Naschold (1997) und die Beiträge in Kik-
kert (1997).
8 Davon abzugrenzen ist die Frage nach dem „Make or Buy“ öffentlicher Leistungen, wobei ein
breites Spektrum möglicher Lösungen zur Verfügung steht, von denen die lupenreine Privatisie-
rung nur eine Option unter vielen ist (PicotAVolff 1994).
9 Die KGSt ist ein von Städten und Gemeinden getragener Verband, der sich sämtlicher Belange
kommunaler Organisationspolitik angenommen und auf diesem Feld die unumstrittene Mei-
nungsführerschaft erlangt hat (vgl. dazu Laux 1995, 238ff.).
48
haltensdeterminierender Normvorgaben würden dann Zielvereinbarungen treten, die
nicht hierarchisch vorgegeben, sondern unter Einbeziehung der ausfuhrenden Stellen
vereinbart werden („Kontraktmanagement“). Zur Zielrealisierung werden Finanzmittel
zur Verfügung gestellt, über deren Verwendung im Detail die operativen Einheiten
selbständig entscheiden können („Budgetierung“).
Das NSM stellt bestehende Grundsätze der behördlichen Mittelbewirtschaftung und
Personalführung auf den Kopf, gleichzeitig ergänzt und erneuert es das Repertoire des
Verwaltungsmanagements um Instrumente und Methoden, die zuvor nahezu aus-
schließlich aus der Privatwirtschaft bekannt waren. Zur Steuerung einer Verwaltung
neuen Typs ist der Aufbau einer Kosten- und Leistungsrechnung ebenso obligatorisch
wie die Einrichtung von Controlling-Stellen, die den laufenden Verwaltungsprozeß
analysieren, um bei möglichen Fehlentwicklungen rechtzeitige Korrekturen zu ermög-
lichen und die Entscheidungsträger kontinuierlich über das Ausmaß der Zielerreichung
zu informieren. Den unzweifelhaften Fortschritten auf konzeptioneller Ebene steht in
Deutschland nach Meinung mancher Beobachter jedoch eine „Umsetzungslücke“
(Lenk 1998, 44) gegenüber: Zum einen bereitet die Einführung der neuen Steuerung in
die Verwaltungspraxis vielerorts unübersehbare Schwierigkeiten. Zum anderen wird
bemängelt, daß sich die Reformbemühungen in Deutschland zu stark auf das Finanz-
management konzentrieren und weitere Themen (Wettbewerbselemente, Qualitätspo-
litik usw.) nur am Rande behandelt werden (Naschold 1997, 50ff.). Zusammenge-
nommen könnten die Umsetzungsprobleme und die „Begrenztheit im Profil des deut-
schen Modemisierungspfades“ (ebd., 53) dazu führen, daß trotz beachtlicher Anstren-
gungen der Abstand zu jenen Ländern, in denen mit der Modernisierung früher begon-
nen wurde, weiter wächst anstatt zu schrumpfen.
Die IuK-Technik besaß weder zu Beginn noch im Stadium erster Umsetzungsschritte
der Verwaltungsreform einen nennenswerten Stellenwert, was sich erst mit zunehmen-
den Reformerfahrungen geändert hat. Dies ist auch das Ergebnis einer 1996 in Kom-
munen durchgeführten Umfrage zum Zusammenhang zwischen Reform und Technik-
nutzung (Gerstlberger/Killian 1996). Insbesondere in Großstädten mit über 100.000
Einwohnern, die in der Regel früher als kleinere Kommunen entsprechende Initiativen
ergriffen hatten, wurde die Bedeutung der IuK-Technik für Budgetierung, neue Ver-
waltungssteuerung oder Controlling als sehr wichtig oder wichtig eingeschätzt. Wei-
terhin wurde in der Umfrage zwischen „Modemisierungsvorreitem“ und ,,-nachzüg-
lem“ unterschieden. Während in den weiter fortgeschrittenen Kommunen die IuK-
Technik für das von der KGSt propagierte Neue Steuerungsmodell von 79% und für
die Einführung eines Controlling von 92% als sehr wichtig angesehen wurde, waren
dies bei den „Nachzüglern“ lediglich 22% und 27%. Auch die Einschätzung der vor-
handenen technischen Infrastrukturen verändert sich in Abhängigkeit vom Reformsta-
49
dium: Je weiter einzelne Kommunen vorangeschritten waren, desto kritischer fiel das
dortige Urteil über die bestehende Rechnervemetzung aus.
Mit dem NSM entsteht aber nicht nur ein neuer Bedarf nach technischer Unterstüt-
zung, auch die Rahmenbedingungen für den Einsatz der IuK-Technik verändern sich
(Wind 1996, 323 f.). Die Dezentralisierung der Ressourcenverantwortung fuhrt unwei-
gerlich dazu, daß Fachabteilungen zukünftig eigenständig darüber entscheiden, in wel-
chem Umfang sie das ihnen zugewiesene Budget für die Anschaffung von Technik
nutzen wollen. Die vormals für den Technikeinsatz zuständigen Stellen werden sich -
wollen sie ihre Existenzberechtigung nicht grundsätzlich in Frage stellen - zu internen
Dienstleistem wandeln müssen, die auf Nachfrage aktiv werden und darüber hinaus für
Infrastrukturen und Standards verantwortlich sind (Reinermann 1996, 15ff.).
3.2.2 Mit Computern zur Aufgabenintegration und Dezentralisierung
In enger Verbindung zur Einführung neuer Steuemngsmechanismen steht insbesondere
in den Kommunen der Umbau der Verwaltung zu einem modernen Dienstleistungsun-
temehmen. Lange Wartezeiten, zersplitterte Zuständigkeiten und ähnliche Erfahrungen
haben viel zum schlechten Ruf der Behörden unter den Bürgern beigetragen. Eine
Maßnahme, um dem Anspruch eines Dienstleistungsunternehmens gerecht zu werden,
ist die Einrichtung von Bürgerbüros, die - ausgehend von ersten, im Laufe der Zeit
immer stärker beachteten Vorzeigeprojekten - inzwischen zu einem festen Bestandteil
der Verwaltungsmodernisierung geworden sind. 10
Über konzeptionelle Unterschiede im Detail hinweg basiert die Bürgerbüro-Idee auf ei-
ner Aufgabenintegration aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger. Lebensweltliche Zu-
sammenhänge (Umzug, Heirat usw.) sollen darüber bestimmen, welche Aufgaben zu-
sammengefaßt und welche weiterhin in spezialisierten Stellen bearbeitet werden. Zu-
künftig soll es möglich sein, im Kontakt mit einem einzigen Sachbearbeiter ein weites
Spektrum von Verwaltungsangelegenheiten zu erledigen. Damit es aber nicht innerhalb
des Bürgerbüros erneut zur Aufteilung von Zuständigkeiten und Kompetenzen kommt,
ist neben der Aufgabenbündelung in einem Büro auch die Aufhebung der Arbeitstei-
10 Einen frühen Überblick über Aufgabenzuschnitt und Organisation von Bürgerbüros liefern Abele
u.a. (1993); unter den zahlreichen Einzelinitiativen sind insbesondere die mit wissenschaftlicher
Begleitung durchgeführten Projekte in Hagen (Kißler u.a. 1994) und Kassel (Abele u.a. 1995) gut
dokumentiert. Starke Beachtung hat ferner das in Bismark (Sachsen-Anhalt) erprobte Konzept
eines „BürgerBüros“ für den ländlichen Raum gefunden, das nicht nur Verwaltungsleistungen
bündeln, sondern - unter anderem mittels multimedialer Telekooperation - auch dem Rückzug
von Post, Banken und anderen Dienstleistem aus der Fläche entgegenwirken will (Klee-
Kruse/Lenk 1995).
50
lung zwischen einzelnen Personen erforderlich. Die Einrichtung eines Bürgerbüros ist
daher eng mit einer weiteren Innovation innerhalb des administrativen Systems ver-
knüpft: der Einführung von Teamarbeit. 11 Anders als in den ersten Phasen der Einfüh-
rung neuer Steuerungsmechanismen kam dem Einsatz vernetzter IuK-Technik bei der
Einrichtung von Bürgerbüros von Anfang an zentrale Bedeutung zu. 12 Die Wahrneh-
mung eines breiten, vormals auf verschiedene Ämter oder Personen verteilten Aufga-
benspektrums im Bürgerbüro ist schließlich nur möglich, wenn den Beschäftigten der
Zugriff auf Datenbestände unterschiedlicher Art (Einwohnerwesen, Kfz-Zulassung
usw.) ermöglicht wird (Lenk 1997c, 331 ff. ; Wiechmann/Kißler 1993, 106f.).
Unabhängig vom Leitbild 13 einer Verwaltung als Dienstleister sind technikunterstützte
Formen integrativer Arbeitsorganisation auch diskutiert worden, um einer tendenziel-
len Überforderung des öffentlichen Sektors angesichts steigender Klientenzahlen und
neuer Aufgaben entgegenzuwirken. Zuurmond (1994; 1995) hat, gestützt auf Erhebun-
gen in der niederländischen Sozialverwaltung, zwei Organisationsprinzipien für die
Verwaltungsarbeit - „bureaucracy“ und „infocracy“ - unterschieden:
• Im „klassischen“ Fall der Behördenorganisation führen neue Aufgaben zu neuen
Abteilungen und Ämtern, die kontextspezifisch eigene Datenbasen und Technikan-
wendungen aufbauen. Mit wachsender Zahl der Organisationseinheiten steigt der
Koordinationsaufwand im Gesamtsystem, gleichzeitig werden Arbeitsprozesse ver-
langsamt, da bestimmte Vorgänge immer mehr Stationen durchlaufen müssen. „The
emerging Situation is alarming: more and more money is spent, less and less results
are realized.“ (Zuurmond 1994, 196)
• Die Alternative dazu besteht in teamorientierten Arbeitsformen, die auf integrativ,
womöglich sogar organisationsübergreifend angelegten Formen der Datenverarbei-
tung aufbauen. Ein solcher „Netzwerk- Ansatz“ hätte sich an der Gesamtheit der ver-
fügbaren und benötigten Daten und nicht (wie bisher) am jeweiligen Informations-
bedarf einzelner Arbeitsschritte zu orientieren. Neue Aufgaben führen auf diese
Weise nicht gleichsam „automatisch“ zu neuen organisatorischen Schnittstellen,
wegen der teamintemen Koordinationsleistung erscheint sogar ein Abbau hierarchi-
scher Ebenen möglich. „So a faster, more effective and certainly more efficient in-
ter-organizational, horizontal network has come to existence, which is able to con-
11 Zu Teams und anderen Formen kooperativer Arbeit in der öffentlichen Verwaltung vgl. Schied-
ner (1998, Kap. 4).
12 Dies belegt insbesondere das Beispiel der Stadt Unna. Dort fiel der Startschuß zur Neugestaltung
der Schnittstelle zwischen Bürgern und Verwaltung bereits 1978, wobei in der IuK-Technik von
Beginn an eine Voraussetzung zur Realisierung des Bürgeramtes gesehen wurde (Dunker 1988).
13 In Kap. 2.3 ist auf die Mehrdeutigkeit des Leitbild-Konzepts hingewiesen worden. Wenn im fol-
genden von „Leitbildern“ die Rede ist, meint dies stets deren orientierungsvermittelnde Funktion.
51
trol massive processes even in a turbulent, complex environment.“ (Zuurmond
1994, 199)
Ähnlich wie Zuurmond hat Frissen darauf aufmerksam gemacht, daß die IuK-Technik
heute, anders als in früheren Phasen der Behördeninformatisierung, die Dezentralisie-
rung von Kompetenzen und Zuständigkeiten unterstützt:
„The ever increasing capacity of ICTs [Information and Communication Technology]
makes small scale a technological Option. So, while technology in the history of Organisa-
tion and public administration usually provided arguments for the enlargement of scale,
now ICTs support decentralisation and decreasing scale. The huge bureaucratic and hier-
archical Organisation is no longer necessary from a technological point of view.“ (Frissen
1997, 114)
Obwohl einiges für den Übergang von der „bureaucracy“ zur „infocracy“ zu sprechen
scheint, ist die Praxis nach Zuurmonds (1994, 202f.) Beobachtungen weiterhin von den
bekannten - und seiner Ansicht nach veralteten und unbrauchbaren - Organisations-
prinzipien gekennzeichnet. Offensichtlich sind organisatorische Innovationen in einem
abgrenzbaren Bereich wie den Bürgerbüros leichter zu realisieren als im Gesamtsystem
einer Kommunal-, Landes- oder Bundesverwaltung.
3.2.3 Neue Wege zur Interaktion mit der Verwaltungsumwelt
Animiert durch steigende Anschlußzahlen der Online-Dienste sind vielerorts Projekte
zur direkten technischen Unterstützung der Interaktion zwischen Verwaltung und Öf-
fentlichkeit gestartet worden. Dabei wird nicht in jedem Fall ein expliziter Zusammen-
hang zur Verwaltungsreform hergestellt, obwohl sich dies angesichts des angestrebten
Wandels zu einem modernen Dienstleister durchaus anbieten würde.
Überlegungen zur Nutzung neuer Medien im Kontakt zu Bürgern und externen Orga-
nisationen sind nicht neu, Anlaß dazu bot bereits das Bildschirmtext- Angebot (Btx) der
damaligen Deutschen Bundespost. Für die KGSt war die Btx-Nutzung zur Bürgerin-
formation Anfang der 80er Jahre nur eine Frage der Zeit: „Selbst bei einer reservierten
Einstellung der einzelnen Verwaltung gegenüber Btx ist zu bedenken: Kommunikati-
onsformen in Wirtschaft und Industrie werden über kurz oder lang auch Kommunika-
tionsformen der Verwaltung sein müssen.“ (KGSt 1983, 4) Als erkennbar wurde, daß
sich Btx nicht im erwarteten bzw. von der Bundespost erhofften Ausmaß durchsetzen
würde, verebbten auch die Diskussionen um Bürgerinformationssysteme, die gegen-
wärtig im Zuge des Internet-Booms ihr Comeback erleben.
52
In ihrer einfachsten Form enthalten Verwaltungsangebote im Internet Informationen
über Strukturen, Verfahren und Leistungen einer Verwaltung. Darauf aufbauend wer-
den mancherorts Funktionalitäten zur unstrukturierten (E-Mail an die Behörde), selte-
ner noch zur strukturierten Kommunikation (elektronisches Formular) angeboten. 14
Auf kommunaler Ebene wollen Projekte zur „vorverlagerten Stadtverwaltung“ den
Gang zur Verwaltung in Teilen sogar komplett überflüssig machen (Lohmann 1997a
und 1997b). Ein favorisiertes Anwendungsfeld ist dabei die Zulassung von Kraftfahr-
zeugen, die zukünftig von autorisierten Autohändlem über einen entsprechenden Sy-
stemzugang erledigt werden könnte. Die Bürger würden dann sämtliche Formalitäten
bereits beim Autokauf erledigen (lassen). Ähnlich wie es die Banken mit Geldautoma-
ten, Kontoauszugsdruckem und Selbstbedienungsterminals vorgemacht haben, verla-
gern Konzepte zur „Online- Verwaltung“ einzelne Arbeiten auf andere Orte und Perso-
nen. Ist bei der Kfz-Zulassung noch der Händler zwischengeschaltet, wird eine Viel-
zahl weiterer Angelegenheiten perspektivisch direkt am heimischen PC mit Netzzu-
gang erledigt werden können. 15
Die vorverlagerte Stadtverwaltung ist für interessierte Verwaltungen zunächst mit im-
mensem Entwicklungsaufwand und entsprechend hohen Investitionskosten verbunden.
Sollten sich diese neuen Interaktionswege aber durchsetzen, werden sich langfristig er-
hebliche Einsparungen, insbesondere bei den Personalkosten, realisieren lassen. Dabei
wird allerdings darauf zu achten sein, daß nicht neue Barrieren gegenüber jenen Bür-
gern aufgebaut werden, die keinen Zugang zu Netzen haben oder den persönlichen
Kontakt vorziehen. Anders als in der Privatwirtschaft wird für technikvermittelte Ver-
waltungsleistungen in einem demokratischen Gemeinwesen auf absehbare Zeit immer
ein „personales Pendant“ vorgehalten werden müssen. 16
Die Diskussionen und Planungen zur netzbasierten Interaktion zwischen Bürgern und
Verwaltung sind nicht allein der Ziel Vorstellung eines modernen Dienstleisters ge-
schuldet, auch über neue Wege zur direkten Partizipation der Bürger wird nachge-
dacht. Severijnen u.a. (1997) haben in einem internationalen Vergleich zum behördli-
14 Einen frühen Überblick zu den Anforderungen an Bürgerinformationssysteme gaben Lenk u.a.
(1990); zu aktuellen Angeboten im Netz vgl. Schwabe u.a. (1997) und Wirth (1997); zu Fragen
der praktischen Realisierung solcher Dienste Kubicek u.a. (1997).
15 Weiterhin ist festzustellen, daß manche Kommunalverwaltungen neben (oder anstelle von) An-
geboten für die Bürger eine Vielzahl von Informationen für Besucher oder potentielle Investoren
bereithalten. Solche Formen der Werbung für eine Stadt oder Region sind an dieser Stelle nicht
von Interesse.
16 Dies gilt selbst dann, wenn sich in Europa ein ähnliches Verständnis von informationeller Grund-
versorgung und gleichberechtigtem Zugang zu Informationsdiensten wie in den USA durchsetzen
würde (Kap. 2.2).
53
chen Einsatz der IuK-Technik zwischen der „administrativen Perfektionierungsper-
spektive“ und der „demokratischen Perfektionierungsperspektive“ unterschieden:
Während sich erstere auf die Optimierung der internen Organisation und der Dienst-
leistungserbringung für die Bürger konzentriert, verfolgt letztere „... bei der Nutzung
von IKT [Informations- und Kommunikationstechnik] die Zielsetzung, den Bürger da-
von zu überzeugen, in die demokratische Arena zurückzukehren und aktiv zu den poli-
tischen und administrativen Prozessen beizutragen.“ (Severijnen u.a. 1997, 413)
Auch diese Idee ist nicht neu (Krauch 1972) und erlebt ebenfalls mit dem weiteren
Vordringen des Internet ihre Renaissance (Kubicek 1996b). Optimisten wie Leggewie
(1997) hoffen, daß über neue, netzbasierte Formen der Partizipation an Planungs- und
Entscheidungsverfahren die Demokratie als Gesellschaftsform insgesamt gestärkt wird.
Dem stehen eher skeptische Urteile gegenüber, die sich auf den geringen prozentualen
Anteil politischer Inhalte am derzeitigen Internet- Angebot und die zunehmende Kom-
merzialisierung des Netzes stützen (Bemhardt/Ruhmann 1996, 44ff.; Rilling 1997,
196ff.). Bislang jedenfalls, da sind sich beide Seiten einig, herrscht eine tiefe Kluft
zwischen „Sweet Dreams and Practice“ wie Depla (1998) am Beispiel der Niederlande
festgestellt hat.
Anders als in manchen europäischen Ländern und den USA 17 ist in Deutschland das
Interesse an demokratie- und partizipationsfördemden Potentialen des Internet sowohl
in der Verwaltungspraxis als auch im akademischen Raum außerordentlich schwach
ausgeprägt. Hier ist nicht der Ort, um den Gründen dafür nachzugehen, erwähnenswert
ist aber die Parallele zur Verwaltungsreform: Die kritisierte Verengung des deutschen
Modemisierungspfades kommt nämlich auch darin zum Ausdruck, daß selbst auf kon-
zeptioneller Ebene der Stellenwert von Maßnahmen zur Demokratisierung gegen Null
tendiert.
3.2.4 Leitbild „virtuelle Verwaltung“
Im Zuge der neueren Auseinandersetzung mit der IuK-Technik hat sich unter Verwal-
tungswissenschaftlem (und weit weniger unter Praktikern) das Leitbild einer „virtuel-
len Verwaltung“ herauskristallisiert.
Frissen (1997) hat in seiner Skizze zum „virtual state“ das „concept of virtualisation as
a metaphor for political-administrative implications“ der IuK-Technik benutzt:
17 Einen umfassenden Eindruck von der Diskussion im europäischen Raum vermitteln van de Donk
u.a. (1995) mit dem von ihnen herausgegebenen Sammelband; zur Entwicklung in den USA gibt
Hagen (1996, 73ff.) einen informativen Überblick.
54
„These implications are as follows:
. technology will be increasingly able to simulate existing reality by means of integra-
ting technologies and media;
• technology will be increasingly able to create new realities through that same Integrati-
on;
• because in many domains man and machine have become, as it were, symbiotic uni-
ties, technologically simulated and created realities become more realistic in the per-
ceptions of individuals, groups and organisations;
• integration of technologies and media makes distances in space and time increasingly
relative: long distance ‘on-line’ connections are possible, so that simultaneity and ne-
amess are less and less bound by limits;
• consequently, the experience of a limited territory in which one can act and communi-
cate becomes less relevant;
• communication relations and actions can thus be organised on the basis of the desired
level of scale and scope, the desired participation and the desired information Provisi-
on.“
(Frissen 1997, 121 f.; vgl. ebenso Frissen 1994, 276ff.)
Ausgehend von einem solch umfassenden, abstrakt gehaltenen Verständnis von „virtu-
alisation“ können konkrete Merkmale der öffentlichen Verwaltung im „virtual state“
der Zukunft benannt und diskutiert werden. Konzepte zur virtuellen Verwaltung neh-
men im wesentlichen Bezug auf die interne Fragmentierung der öffentlichen Verwal-
tung und deren Verbindung zur Außenwelt. So bezeichnet Lenk mit dem „schillernden
Ausdruck“ der virtuellen Verwaltung „... eine in der Realität organisatorisch ausdiffe-
renzierte und räumlich verteilte Verwaltung ..., welche jedoch von außen als eine (‘vir-
tuelle’) Einheit erscheint.“ (Lenk 1997c, 335)
Deutlich wird dieses Prinzip, wenn die Idee des Bürgerbüros weitergefuhrt wird (vgl.
dazu ebenfalls Lenk 1997b, 20ff.; 1997c, 335ff.): Ergänzend zu den üblicherweise dort
angebotenen Diensten könnten die Bürger zukünftig auch solche Leistungen nachfra-
gen, zu deren Bearbeitung verwaltungsintem Spezialwissen erforderlich ist. Dieses
Wissen muß nicht mehr vor Ort, etwa durch Aufstockung des Personals, vorgehalten
werden, vielmehr können bei Bedarf Spezialisten über multimediale Verbindungen zu-
geschaltet werden. Aus dem Dialog zwischen Allround-Sachbearbeiter und nachfra-
gendem Bürger würde somit ein „Trialog“, realisiert über Computemetze und Multi-
media-Anwendungen. Der Bürger wird durch die interne Arbeitsteilung nicht weiter
belastet, ihm gegenüber tritt die Verwaltung als (virtuelle) Einheit auf.
Dies ist selbstverständlich nur ein Beispiel unter vielen, es beinhaltet aber zentrale Be-
standteile einer virtuellen Verwaltung: Behörden oder Verwaltungsteile verstärken die
interne Kooperation, um eine gute, schnelle und zuverlässige Leistungserbringung für
die Bürger zu gewährleisten. Räumliche Barrieren werden durch den Einsatz moderner
IuK-Technik überwunden, statt der Bündelung von Verwaltungsmitarbeitem in Rat-
55
häusem oder ähnlichen Verwaltungsbauten kommt es zur Einrichtung dezentraler,
leicht erreichbarer Servicestellen. Dort werden Bürger in einen Trialog einbezogen,
falls Detail- oder Fachfragen einmal nicht mit dem Wissen der Sachbearbeiter im Bür-
gerbüro zu klären sind. Elementar für solche Modelle ist eine neuartige Kombination
von Zentralisierung (des Expertenwissens) 18 und Dezentralisierung (der Ansprechpart-
ner für die Bürger), die erst durch vernetzte IuK- Systeme möglich wird.
Die jeweilige Konstellation zusammenarbeitender Personen, Gruppen oder Behörden
wird nicht mehr durch räumliche Restriktionen behindert, sie ist auch weit weniger als
heute ein Ergebnis von Organisationsstrukturen, sondern im wesentlichen den Anfor-
derungen der aktuell anstehenden Aufgabe geschuldet:
„Die sich daraus ergebenden virtuellen Strukturen lassen sich aufteilen in
• virtuelle Mitarbeiter, eben all die, die unabhängig von ihrem Arbeitsort in eine Dienst-
leistung mit einbezogen sind
• virtuelle Teams, also Verwaltungseinheiten, die sich um ein Problem, eine Dienstlei-
stung bilden und mit einer neuen Aufgabe umgruppieren
• virtuelle Institutionen, also Ämter, die nur aus der Sicht einer Problemlage, eines Auf-
gabenbündels bestehen, nicht aber real als physische, dauernde Struktur.“
(Brinckmann 1997, 11)
Ein weiteres Merkmal der virtuellen Verwaltung besteht in der Vervielfachung der Zu-
gangsmöglichkeiten zur Verwaltung. Heute kennen wir im wesentlichen den persönli-
chen Gang „zum Amt“, den Telefonanruf und das Verschicken eines Briefes per Post
oder Fax. Zukünftig können hinzukommen: die Interaktion über den heimischen PC,
das öffentlich zugängliche Terminal sowie der mittelbare Verwaltungskontakt über
„Informationsmittler“ wie Kfz-Händler, Steuerberater oder Notare. Generell wird mit
der Einrichtung dezentraler Bürgerbüros die Erreichbarkeit der Verwaltung verbessert,
wobei es den Bürgern selbstverständlich freigestellt bleibt, einen Experten nicht über
den Trialog, sondern persönlich zu konsultieren.
Das Leitbild der virtuellen Verwaltung bezieht seine Faszination und Attraktivität aus
der Betonung technischer Möglichkeiten, auf deren Grundlage die öffentliche Verwal-
tung völlig neu konzipiert wird. Über die Realisierungschancen solcher Modelle ist da-
mit nichts gesagt. Um diese beurteilen zu können, wird der Blick über die Technik hin-
18 Lenk hat zurecht auf die damit verbundenen Einsparungseffekte, gerade für die Kommunen, hin-
gewiesen: „Mittelfristig haben die neuen Perspektiven auch ganz entscheidende Auswirkungen
auf die Frage, wofür Kreis- oder Gemeindeverwaltungen eigene Spezialisten Vorhalten. Gesichts-
punkte des Einzugsbereichs, welche für Gebiets- und Funktionalreformen ausschlaggebend wa-
ren, werden dann keine Rolle mehr spielen. Die umwälzende Bedeutung dieses Umstands für die
Bemühungen zur Modernisierung bzw. ‘Verschlankung’ des Staats ist den wenigsten Beteiligten
bewußt.“ (Lenk 1997b, 19)
56
aus auf die Gegebenheiten und Faktoren zu richten sein, die den Einsatz der IuK-Tech-
nik in der öffentlichen Verwaltung beeinflussen.
3.3 IuK-Technik im Fokus der Verwaltungsforschung
3.3.1 Wen interessiert die Verwaltungsinformatisierung?
Der behördliche Einsatz von Computern ist fast von Beginn an wissenschaftlich beglei-
tet und untersucht worden, was unter anderem zur Etablierung neuer Teilgebiete der
Angewandten Informatik geführt hat. So bemüht sich die Rechtsinformatik um Ant-
worten auf juristische Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Einsatz der IuK-
Technik, wobei deren Nutzung in der öffentlichen Verwaltung eine wichtige, keines-
falls aber exklusive Rolle einnimmt. 19 Weiterhin thematisiert die Verwaltungsinforma-
tik den Computer als Instrument der Verwaltungsarbeit und versteht sich dabei auch als
Korrektiv gegenüber einer unkritischen Hinwendung der Verwaltungspraxis zur Wirt-
schaftsinformatik. 20 Über die Diskussionen methodischer Probleme oder die Entwick-
lung konkreter Anwendungen (Engel 1994b; Kaack 1992) ist die theoretisch orientierte
Auseinandersetzung mit Information als Grundlage der Verwaltungsarbeit und die dar-
auf aufbauende Diskussion des Veränderungspotentials der IuK-Technik allerdings
häufig zu kurz gekommen (Steinmüller 1993, 25).
Diese Kritik betrifft nicht nur die genannten Spielarten der Angewandten Informatik,
sondern ebenso die Verwaltungsforschung. Diese hat der IuK-Technik insgesamt nur
geringen Stellenwert beigemessen, worüber auch die im vorangegangenen Abschnitt
dargestellte Themenvielfalt nicht hinwegtäuschen darf. Nun gehört die Auseinander-
setzung mit technischen Artefakten selbstverständlich nicht zum Hauptgegenstand der
Verwaltungs Wissenschaft (Grimmer 1986c, 16f.), doch selbst im Zusammenhang mit
den Reformmaßnahmen im öffentlichen Sektor wird die IuK-Technik vielfach nur als
Beispiel für zurückliegende Modemisierungsanläufe 21 angesehen - der Zusammenhang
zwischen Organisation und Technik bleibt ausgeblendet. Lenk hat angesichts dieser
19 Zum Überblick vgl. GRVI (1986); Steinmüller (1993, 627ff.) sowie Traunmüller (1997).
20 Der von Bonin (1992) herausgegebene Sammelband gibt einen Überblick über die Themen der
Verwaltungsinformatik und weist zugleich schon im Untertitel („Konturen einer Disziplin“) auf
ein (bis heute) nicht vollständig geklärtes Selbstverständnis hin.
21 So führen etwa Seibel (1997, 96) und Wallerath (1997, 3) den Einsatz der IuK-Technik als Bei-
spiel für Verwaltungsinnovationen an; Strünck (1997, 153) erwähnt das „Feld der Automatisie-
rung“ als Beleg für die Anziehungskraft privatwirtschaftlicher Organisationsprinzipien auf den
öffentlichen Dienst.
57
Defizite schon die skeptische Frage formuliert, ob das Potential der Informatik für
eine Verbesserung der Verwaltung nicht auf ewig begraben bleibt.“ (Lenk 1997a, 56)
Mit dem behördlichen Einsatz der IuK-Technik und ihren Optionen für neue Arbeits-
weisen und Organisationsformen beschäftigt sich seit jeher in Deutschland, wie auch in
anderen Staaten nur ein kleiner Kreis interessierter Wissenschaftler. 22 Dementspre-
chend fällt das Fazit einer Studie zur Relevanz des Technikthemas in einschlägigen
englischsprachigen Fachzeitschriften und „text books“ aus:
„Yet in spite of the importance that the work world and NASPAA [National Association
of Schools of Public Affairs and Administration in den USA] put on computing educati-
on, this study shows that textbooks and general public administration joumals barely treat
computing as a topic worthy of mention. Consequently, there is the strong sense that we
all say computing is important, but it is more lip Service than actual Service.“ (Northrop
1997, 45)
Zwar sind es zahlenmäßig nur wenig Wissenschaftler und Forschungsgruppen, die sich
aus verwaltungs wissenschaftlicher Sicht mit der IuK-Technik beschäftigen, diese ha-
ben sich der Thematik in der Vergangenheit aber mit bemerkenswerter Kontinuität ge-
widmet. Ähnlich wie etwa in der sich entwickelnden Techniksoziologie ist dabei mehr-
fach der Wunsch nach übergreifenden Theorien zu Technikeinsatz oder -entwicklung
geäußert worden. So hat Snellen vor einiger Zeit empfohlen:
„If we want to find an explanation for the possible influence of ICT developments directly
on public administration, and indirectly on the fundamental concepts of public admini-
stration discipline, we not only have to look at changes that are taking place in practices
and concepts, but we also have to search for a model, that shows how technological influ-
ences in general come about.“ (Snellen 1994, 294)
Solche Theorien liegen bis heute nicht vor, sie wären wegen des erforderlichen Ab-
straktionsniveaus wohl auch nur von eingeschränktem Wert für praktische Forschungs-
oder Gestaltungsarbeiten (Brinckmann/Kuhlmann 1990, 13; Frissen 1998, 44f.). Doch
auch ohne einheitliches Theoriefundament hat sich unter den daran interessierten Ver-
waltungs Wissenschaftlern ein gewisses Grundverständnis von Technik und Technisie-
rungsprozessen herausgebildet.
22 Diese Feststellung gilt für Deutschland (Killian/Wind 1997, 223ff.; Lenk 1997a, 56) ebenso wie
für andere europäische Länder (Bellamy/Taylor 1994, lff.; Frissen 1998, 31; Taylor 1992, 375f.)
oder die USA (Reschenthaler/Thompson 1996, 126).
58
Kapitel 3.2 hat wesentliche Inhalte der verwaltungswissenschaftlichen Beschäftigung
mit der IuK-Technik aufgezeigt. In Fortführung der Darstellung zur sozial wissen-
schaftlichen Technikforschung in Kapitel 2 bleibt nun zu klären,
• welche Relevanz die sozialen Faktoren des Technikeinsatzes in der Verwaltungsfor-
schung besitzen und
• wie die ( Wechselbeziehungen zwischen Verwaltungen und dem Umweltelement
Technik hier thematisiert werden.
3.3.2 Fragen an die Verwaltungsforschung
In welchem Ausmaß technische versus soziale Faktoren die Nutzbarmachung der IuK-
Technik bestimmen oder beeinflussen, ist auch unter Verwaltungsforschem diskutiert
worden, hatte hier aber nie derart herausgehobene Bedeutung wie in der sozialwissen-
schaftlichen Technikforschung. Diese Frage wurde in den meisten Fällen zudem eher
implizit „mitbehandelt“ als explizit zum Thema gemacht.
Für die Verwaltungsforschung benennt Snellen vier gmndsätzliche Positionen zum
Einfluß der IuK-Technik auf die Verwaltung, die er danach unterscheidet, ob sie Ent-
wicklungen primär und/oder sekundär auf technische oder soziale Einflüsse zurückfuh-
ren (Tab. 1):
„The first position, that of complete social determination of the impacts of ICT is taken by
those people who ascribe to ICT a complete malleability and flexibility. For these people
ICT suppliers and vendors are able to deliver completeiy tailor-made ICT applications.
The applications supplied are a genuine reflection of the intentions of the top managers,
the IT specialists and/or department managers who decide upon the applications that are
implemented. (...)
The second position, that of primary technical and secondary social determination, main-
tains that since its inception ICT has followed a technological trajectory along which
choices are made which constrain possible later technological developments of ICT. This
would be true as well for hardware developments as for lines of Software. So a certain
‘path dependency’ holds. But within the confmes of the technological path, the technolo-
gy is to a high extent a social construction. (...)
The third position, that of primary social and secondary technical determination, main-
tains that ICT has from its inception onwards been dominated by technical people with,
a.o., a mechanistic view on organizational life, and by considerations of ‘functional ratio-
nality’. Therefore a specific functional-mechanistic value Orientation is represented in this
technology. (...)
The fourth position, that of complete technical determination of primary and secondary
effects, represents a naive technological determinism, that is hardly adhered to any more.
From this position ICT developments are perceived as completeiy autonomous develop-
59
ments with a momentum of their own that cannot be stopped, and along a trajectory that
cannot be changed.“ (Snellen 1994, 295f.)
Auch wenn die Beschreibung der dritten Position ein wenig unklar bleibt (warum wird
ein dominierender Einfluß ausschließlich „technical people“ zugestanden?) und deren
Abgrenzung zur zweiten Sichtweise zwangsläufig unscharf ist: Snellens Systematik
läßt sich nahtlos mit den Sichtweisen der sozialwissenschaftlichen Technik- und Orga-
nisationsforschung verbinden. Die social/social- Variante erinnert an die organisations-
soziologischen Modelle, in denen die von Lutz so bezeichneten „hard facts“ einer
Technik nahezu vollständig hinter die Betrachtung menschlichen Handelns und Ent-
scheidens zurücktreten. Die technical/technical-Position wiederum gibt den Technikde-
terminismus vergangener Tage wieder, der in aktuellen Kontroversen keine Rolle mehr
spielt.
Secondary determination
social technical
Primary determination social 1 3
technical 2 4
Tab. 1: „Models of Technological Determination“ (Snellen 1994, 295)
Jenseits aller Unklarheiten über die Bedeutung sozialer versus technischer Bestim-
mungsfaktoren ist rückblickend festzustellen, daß dem reinen Technikdeterminismus
in der Verwaltungsforschung schon früh eine Absage erteilt wurde. So hieß es bereits
Mitte der 70er Jahre, also zur Blütezeit des Technikdeterminismus’, bei Brinckmann
u.a. unmißverständlich:
„Die möglichen politischen Auswirkungen der Verwaltungsautomation sind - hierauf muß
nochmals Gewicht gelegt werden - keine Auswirkungen, die mit der Anwendung von
DV-Technologie notwendig verbunden sind. Die Argumentation mit Sachzwängen ist
meistens insofern ideologisch, als mit Hilfe angeblicher technischer Notwendigkeiten
politische Präferenzen abgesichert werden.“ (Brinckmann u.a. 1974, 103)
Die Betonung der Gestaltungsoffenheit der IuK-Technik mündete in der Schlußfolge-
rung, daß ihr Einsatz politisch gestaltet werden muß, um eine unkontrollierte Verselb-
ständigung der Verwaltung zu verhindern. Diese Warnung hat nie die nötige Aufmerk-
60
samkeit gefunden, obwohl sie wiederholt vorgetragen worden ist (vgl. etwa Reiner-
mann 1997b, 90).
Auch die technikdeterministischen Anklängen nicht ganz unverdächtige Katalysator-
these, nach der IuK-Technik als „Auslöser von Verwaltungsreform“ (Reinermann
1985, 25) wirken könne, wird durch den Hinweis auf die Notwendigkeit von Ent-
wicklungen „im Umfeld“ der Technik relativiert. Dies ist ein überdeutlicher Hinweis
auf die Bedeutung jenes „sozialen Orientierungs- und Handlungssystems“, auf das der
Soziologe Kluth Ende der 50er Jahre so erfolglos aufmerksam gemacht hatte.
Schumacher-Wolf (1988) hat die soziale Dimension der Verwaltungsinformatisierung
zum Ausgangspunkt seiner Analysen gemacht. Er beschreibt Technik dabei als eine
„sich verändernde Option bzw. Möglichkeitsstruktur“ und fordert, die hinter den Tech-
nikkonzepten stehenden Orientierungen und Auffassungen - wir könnten auch sagen:
Leitbilder - zu untersuchen:
„So wie sich Technik und die Gestaltung sozio -technischer Systeme deutlich von be-
stimmten Anwendungs Vorstellungen geprägt zeigen, so wird auch der wahrgenommene
Anwendungsraum für moderne Informationstechniken nicht einfach von ‘objektiv’ beste-
henden Merkmalen der Informationsverarbeitung in Behörden konstituiert. In einer z.B.
an linearen Aufgabenerledigungsprozessen orientierten Betrachtung behördlichen Um-
gangs mit Informationen findet ein bestimmtes Modell der Ordnung von Informationsver-
arbeitungsprozessen seinen Ausdruck. Solche Modelle umreißen den subjektiv wahrge-
nommenen anwendungsseitigen Möglichkeitsraum für den Einsatz moderner Informati-
onstechniken. Eine Analyse der Einführung moderner Informationstechniken in Behörden
und ihrer sozialen Entstehungsbedingungen hat nach solchen Modellen und ihrer Bedeu-
tung für die mögliche Einführung der Techniken zu fragen.“ (Schumacher-Wolf 1988, 82)
Statt technischer Sachzwänge wird die Gestaltungsoffenheit betont; wer Gewißheiten
verkündet, stößt auf Zweifel - diese Grundlinie der verwaltungswissenschaftlichen
Auseinandersetzung mit der IuK-Technik hat bis heute Bestand:
„New developments in information and Communications technology (ICT) do represent a
hype. But hypes may produce interesting and far-reaching impacts. It is, however, neces-
sary to stress that these impacts do not eventually lead us into Utopia, as is often stressed
in American literature. History knows no progress, nor does technology. What is more,
the key characteristic of ICT and its impact is ambiguity. It brings us equality and ine-
quality; violence and peace; small and big scale; Big Brother and Soft Sister.“ (Frissen
1997, 111)
Worauf aber ist diese eindeutige Ablehnung des Technikdeterminismus’ in der Verwal-
tungsforschung eigentlich zurückzuführen? War es wirklich die Einsicht in die Offen-
61
heit von Technisierungsvorhaben oder war dafür ein Determinismus anderer Art ver-
antwortlich - ähnlich dem versteckten ökonomischen Determinismus, der bis heute
manchen Industriesoziologen zum Vorwurf gemacht wird?
In der Tat könnte die starke Präsenz von Juristen in Verwaltungspraxis und -forschung
dazu beigetragen haben, den Einsatz der IuK-Technik in Abhängigkeit von „objekti-
ven“ Erfordernissen der Aufgaben und Rechtsnormen zu behandeln. Vor der vor-
schnellen und unhinterfragten Hinnahme vermeintlich objektiver Gegebenheiten hat
Ellwein in einem gänzlich anderen Kontext - dem Zusammenhang zwischen Aufgaben,
Organisation und Finanzbedarf der Verwaltungen nämlich - gewarnt:
„Die einfache Vorstellung, die Einnahmen müßten sich nach den (wünschenswerten) Auf-
gaben richten und die Verwaltungsorganisation müsse den gestellten Aufgaben entspre-
chen, wird sich ... als das erweisen, was sie immer war: eine scheinrationale Annahme aus
dem Baukasten einer Organisations- und Verwaltungslehre, die von der Maxime ausging,
die Verwaltung sei ausschließlich auftragsbestimmt und nach Organisation, Arbeitsweise
und Ressourcenverwendung Reflex der ihr gestellten Aufgaben. Unter diesem Aspekt hat
man das Einwirken der Verwaltung auf die Politik und deren Abhängigkeit von der Ver-
waltung, vor allem aber deren Eigeninteresse ausgeblendet, um das Modell rationaler po-
litischer Willensbildung und das der Verwaltung als Ausdruck des politischen Programms
weiter zu pflegen.“ (Ellwein 1997, 15)
Der Glaube an die durchschlagende Wirkung von Anweisungen, Normen und andere
Instrumente zur Steuerung und Kontrolle indivduellen wie behördlichen Handelns
sowie an die Kraft der Hierarchie ist - zumindest in der an formalen Aspekten orien-
tierten Verwaltungslehre - offensichtlich nach wie vor weit verbreitet. 23 Technik-
deterministische Auffassungen hätten hier schon deswegen keine Chance, weil sie in
Konkurrenz zu dem von Ellwein kritisierten Modell rationaler politischer Willensbil-
dung und umstandsloser administrativer -Umsetzung stünden: Nicht die Technik de-
terminiert nach dieser Auffassung Verwaltungsarbeit und -Organisation, sondern die
Aufgabe bestimmt die Modalitäten der Techniknutzung. Dem „ökonomischen Deter-
minismus“ in der Privatwirtschaft stünde eine Art „normativer Determinismus“ in der
öffentlichen Verwaltung gegenüber.
Doch diese Argumentation fuhrt in die Irre: Gerade jene Verwaltungsforscher, die sich
mit Fragen der IuK-Technik auseinandergesetzt haben und juristische Kategorien nur
als einen Aspekt unter vielen behandeln konnten, haben deterministischen Vorstellun-
gen jedweder Art wiederholt widersprochen (Brinckmann u.a. 1974, 103ff. und 1981,
97ff.; Lenk 1997a, 49f.): Die Verwaltungsarbeit sei im allgemeinen nicht bis ins
23 Zu Verselbständigungstendenzen der Verwaltung gegenüber der Politik sowie den Instrumenten
der politischen Verwaltungssteuerung und -kontrolle vgl. ausführlich Mayntz (1985, 64ff.).
62
kleinste Detail geregelt, vielmehr bestehe stets ein mehr oder minder gewichtiges Maß
an Entscheidungs- und Handlungsfreiheit. 24 Zugleich wurde darauf hingewiesen, daß
die sachgerechte Anwendung von Normen auf einzelne Tatbestände stets ein gewisses
Erfordernis an Interpretation mit sich bringe und sich schon von daher der simplifizie-
renden algorithmischen Abbildung entziehe:
„Auch im Konditionalprogramm erfolgt die Konstituierung des Sachverhalts durch Men-
schen. Die Programmierung ist selten vollständig; die Ergänzungen werden entweder von
den Systementwicklem eingeschmuggelt oder sie geschehen in der typischen ‘Ergän-
zungsarbeit’ auf der Arbeitsebene, ohne die jede Verwaltung schnell zusammenbrechen
würde.“ (Lenk 1997a, 50; vgl. auch Beyer 1998, 257)
Wenn nun schon keine Determinismen zur Erklärung des Technikeinsatzes herangezo-
gen werden, hat denn dann die soziale Dimension des Technikeinsatzes die erforderli-
che Aufmerksamkeit gefunden? Sind Merkmale der Technik, Zwänge und Optionen
der Organisationsstruktur sowie Interessen und Handlungen der Organisationsmitglie-
der analytisch aufeinander bezogen worden?
Der Rückblick auf die sozial wissenschaftlich orientierte Verwaltungsforschung ergibt
an diesem Punkt ein uneinheitliches Bild. Zwar wurden Mikropolitik, Akteurshandeln
oder Interessenunterschiede nie vollständig ausgeblendet, derartige Aspekte haben sich
aber nicht als fester Bestandteil von Arbeiten zum behördlichen Technikeinsatz eta-
blieren können. Die Auseinandersetzung mit sozialen Einflußfaktoren beschränkt sich
hauptsächlich auf Konflikte zwischen verschiedenen Behörden und ihren Vertretern,
unterschiedliche Sichtweisen von Verwaltungsfachleuten und DV-Experten oder As-
pekte, die mit Bezug auf die formalen Strukturen und Aufgaben der öffentlichen Ver-
waltung behandelt werden können. Ein Verständnis von Behörden als Ort betrieblichen
- und damit sozialen - Geschehens, wie es sich etwa in der Industriesoziologie im Lau-
24 Dieses Argument wurde in jüngster Zeit durch Arbeiten gestützt, die auf Eigenarten einzelner
Behörden und Unterschiede zwischen verschiedenen Verwaltungsorganisationen bei der Bearbei-
tung derselben Aufgabe aufmerksam gemacht haben. Gerstlberger u.a. sprechen von einer - re-
kursiv wirkenden - „institutioneilen Prägung“ jeder Verwaltungsorganisation: „Damit meinen wir
die (Verhaltens)Orientierungen, welche in einer Organisation wirksam sind und die Selbst- und
Fremdwahmehmung der Mitglieder einer Organisation bestimmen. Diese institutionelle Prägung
betrifft die faktische Kompetenz, die Problemwahmehmungs- und Problemlösungsfähigkeit der
Organisation und damit wieder Art und Ausmaß ihrer Beachtung in der Umwelt, welche wieder-
um auf die institutionelle Prägung der Organisation zurückwirkt.“ (Gerstlberger u.a. 1997, 90) Zu
den Eigenarten einzelner Behörden vgl. auch das empirische Beispiel zur Sozialverwaltung von
Hansbauer (1996). Folglich wird der Einsatz der IuK-Technik durch solche „institutionellen Prä-
gungen“ mitbestimmt, wie er umgekehrt dieselben festigt oder verändert (Gerstlberger u.a. 1997,
lOOff.). Parallelen zu Giddens’ Strukturationstheorie und Orlikowskis Structurational Model of
Technology sind unverkennbar.
63
fe der Zeit hat durchsetzen können, ist in der Verwaltungsforschung daher - einzelnen
Anläufen 25 oder vorhandenen Ansatzpunkten 26 zum Trotz - bis heute nicht entwickelt
worden. Entwicklungs- und Implementationsprozesse technischer Systeme finden bis
heute wenig Beachtung - gelegentlich werden sie sogar explizit ausgeblendet, um un-
geachtet der Widrigkeiten des Verwaltungsalltags technischen Visionen nachgehen zu
können (so geschehen bei Reinermann 1995).
Neben der mikropolitischen Ebene beeinflussen Entwicklungen in der Verwaltungs-
umwelt die behördliche Nutzung der IuK-Technik. Schumacher- Wolf (1988, 17f.) hat
Ende der 80er Jahre „drei große Themenbereiche“ von Arbeiten zur behördlichen Nut-
zung der IuK-Technik identifiziert:
1. die Analyse eingetretener bzw. zu erwartender Folgen des Technikeinsatzes im
Hinblick auf die internen Merkmale von Verwaltungsarbeit (Qualifikationen, Ar-
beitsbedingungen usw.), auf die Qualität der Verwaltungsleistungen und auf die Be-
ziehungen zur Verwaltungsklientel;
2. die Begleitung, z.T. auch die Unterstützung von Prozessen der Technikentwicklung
und -implementation;
3. die Suche nach neuen Einsatzfeldem und -möglichkeiten für Systeme der IuK-Tech-
nik.
Mit dieser Auflistung wird eine Ausrichtung auf beobachtbare oder als wünschenswert
empfundene Veränderungen innerhalb des Systems der öffentlichen Verwaltung deut-
lich. Dies ist aber weniger eine Besonderheit von Analysen zur behördlichen Technik-
nutzung als vielmehr ein Merkmal der Verwaltungsforschung im allgemeinen. For-
schungsarbeiten zur Verwaltungsinformatisierung haben aber immerhin die technische
Entwicklung (als Umweltelement) wiederholt zum Anlaß genommen, über bestehende
Arbeits- und Organisationsformen der öffentlichen Verwaltung erneut nachzudenken.
Gleichwohl gilt hier wie auch für den großen Rest der Verwaltungsforschung: Analy-
sen zur Verwaltung, die externe Anforderungen an die Verwaltungsarbeit oder Einflüs-
se aus der Behördenumwelt in den Mittelpunkt stellen, sind bis heute eine Ausnahme
geblieben. Die von der Verwaltungsforschung bevorzugten Themen wurden statt des-
sen vornehmlich mit Blick auf Eigenheiten des politisch-administrativen Systems be-
handelt. Dies hat sich erst in den letzten Jahren mit Aufkommen der Dienstleistungs-
25 Vgl. Treutner (1983) sowie neuerdings Bogumil/Kißler (1998) und Lenk (1998).
26 Einen Ansatzpunkt bietet z.B. die Beobachtung „informellen Verwaltungshandelns“, was Abwei-
chungen von vorgegebenen Normen oder Anweisungen einschließt. Diese werden aber in der
Regel als Phänomen und Ausnahme angesehen und nicht als Normalität, die unter anderem mit
Bezug auf die Handlungsbedingungen und Interessen individueller Akteure zu analysieren wäre.
Zum Überblick über informelles Handeln in der Verwaltung vgl. die Beiträge in Benz/Seibel
(1992); Bohne (1984) sowie aus Sicht eines Organisationsberaters Zauner (1992).
64
Orientierung im öffentlichen Sektor geändert. Nun werden zumindest bei Fragen der
Verwaltungsreform auch Erwartungen und Anforderungen der Verwaltungsumwelt -
Bürger, Verbände, Unternehmen usw. - stärker bedacht.
Im hier behandelten Zusammenhang interessieren vor allem zwei Aspekte der Bezie-
hung zwischen Verwaltungen und Technik als relevantem Bestandteil ihrer Umwelt:
• Erstens ist zu fragen, wie die in weiten Teilen des Berufs- und Alltagslebens zur
Selbstverständlichkeit gewordene Nutzung der IuK-Technik sowie die Verfügbar-
keit netztechnischer Infrastrukturen die gesellschaftlichen Anforderungen an Ver-
waltungen, an ihre Arbeit und die Erbringung ihrer Leistungen verändert.
• Zweitens sind die vielfältigen Berührungspunkte zwischen Verwaltungen und der
technischen Entwicklung auf gesellschaftlicher Ebene zu beachten: Behörden sind
Adressaten, wenn z.B. Arbeitsfelder des öffentlichen Sektors den Gegenstand pro-
bleminduzierter TA darstellen, oder dienen als Erprobungsfelder für neue Formen
des Technikeinsatzes im Rahmen politischer Techniksteuerung. Sie formulieren
aber auch eigene Ansprüche an zukünftige Techniklösungen. Dies kann etwa zu ei-
nem projektinduzierten TA- Vorhaben fuhren oder in Form konkreter Forderungen
an die Politik geschehen.
Beide Punkte betonen die Umweltabhängigkeit der Verwaltungsorganisationen, der
zweite beinhaltet darüber hinaus eine aktive, Einfluß ausübende Rolle der Verwaltun-
gen.
3.3.3 Anknüpfungspunkte an die sozialwissenschaftliche Technikforschung
Die Grundannahmen der Verwaltungsforschung zur Analyse des Einsatzes von IuK-
Technik in der öffentlichen Verwaltung weisen in weiten Zügen Parallelen zu denen
der sozial wissenschaftlichen Technikforschung auf. Die Ablehnung von Sachzwängen
und Determinismen war hier bereits Programm als in der Industriesoziologie noch hef-
tig um die Reichweite technischer oder ökonomischer Rationalität gestritten wurde.
Doch trotz der eindeutigen Absage an technische Sachzwänge sind individuelle Dis-
positionen und Handlungen nicht zum festen Bestandteil der Verwaltungsforschung
geworden . 27 Festzustellen ist weiterhin, daß aufgrund der Betonung binnenorganisato-
27 Von allen anderen Gesichtspunkten einmal abgesehen: Gegen eine stärkere Berücksichtigung der
Akteursebene spricht häufig der Wunsch nach möglichst hoher Verallgemeinerungsfähigkeit der
Forschungsergebnisse, wie er auch von Vertretern der Industriesoziologie gegen allzu stark auf
die Handlungsebene abstellende Untersuchungen vorgebracht worden ist (Baethge/Oberbeck
1990, 168ff.). Daneben gibt es forschungspraktische Gründe: Ein vergleichsweise enger Kontakt
zum Forschungsgegenstand, wie ihn sich die Verwaltungsforschung explizit zu Gute hält, setzt
personalisierenden Analysen enge Grenzen. Außerdem stellt die Verwaltung ein von der Größen -
65
rischer Aspekte des Technikeinsatzes erst neuerdings eine Verbindung zu gesellschaft-
lichen Informatisierungsprozessen hergestellt wird. Zuvor standen weder Veränderun-
gen in der Verwaltungsumwelt noch das Agieren von Verwaltungen in gesellschaftli-
chen Technisierungsprozessen im Fokus der Verwaltungsforschung.
Mit Bezug zum Doppelcharakter von „Organisation“ (Kap. 2.5.2) ist anzumerken, daß
die Verwaltungsforschung zum behördlichen Einsatz der IuK-Technik noch immer
stark auf die Organisation der öffentlichen Verwaltung ausgerichtet ist. Demgegenüber
sind die verschiedenen Seiten von öffentlichen Verwaltungen als Organisationen ver-
gleichsweise wenig beleuchtet worden. Hier kann die Verwaltungsforschung an die in
Kapitel 2 dargestellten Konzepte und Ergebnisse sozial wissenschaftlicher Technikfor-
schung anknüpfen: Mikropolitische Aspekte sind in Industrie- und Techniksoziologie
untersucht worden, einen konzeptionellen Rahmen bietet Orlikowskis Structurational
Model of Technology an. Der Bogen zwischen dem gesellschaftlichen Subsystem
Verwaltung und Entwicklungslinien auf gesellschaftlicher Ebene kann mit Bezug auf
Mehrebenenansätze wie dem akteurzentrierten Institutionalismus geschlagen werden.
Dieser Ansatz ist für die Verwaltungsforschung auch deshalb von besonderem Interes-
se, weil er von einer „Revolutionären Beziehung“ zwischen Staat und technischen
Infrastruktursystemen ausgeht und damit auf Berührungspunkte zwischen Technik-
und Verwaltungsforschung hinweist. 28 Solche existieren im Fall der Verwaltungsin-
formatisierung insbesondere zur politischen Techniksteuerung sowie zur Technikfol-
genabschätzung.
Ordnung her begrenztes Forschungsfeld dar, so daß erhöhte Anforderungen an Anonymität und
Rücksichtnahme zu stellen sind, will sich ein Forscherteam nicht dauerhaft den empirischen Zu-
gang verbauen.
28 Allerdings entzieht sich die „Koevolutionsthese“ einer direkten Überprüfung, da sich der behaup-
tete Zusammenhang - wenn überhaupt - nur auf lange Sicht beobachten läßt. Hinzu kommt, daß
sich die weitere Entwicklung des hierarchischen Staates, wie immer sie auch tatsächlich aussehen
mag, nicht auf eine Hauptursache wird zurückfuhren lassen. Dennoch sollte die Frage nach dem
Zusammenhang zwischen den in einer Gesellschaft dominanten Formen der Handlungskoordina-
tion und der Gestalt technischer Infrastruktursysteme als Merkposten Eingang in die verwal-
tungswissenschaftliche Arbeit finden.
66
4 Vernetzte Computersysteme - technische Grundlagen und
Anwendungen
„Ich denke, wir müssen noch ein paar Macken beheben. “
Microsoft-Chef Bill Gates bei der Präsentation von ,, Windows 98“
(Frankfurter Rundschau vom 22.4.1998, 13)
Im Jahr 1983 - sozusagen „kurz vor Orwell“ - landete das US-Nachrichtenmagazin
Time einen Überraschungscoup: Die alljährliche Wahl zum „Mann des Jahres“ fiel
diesmal nicht auf einen der vielen prominenten Anwärter aus Politik oder Wirtschaft.
Sieger wurde: der Computer. Ereignisse wie dieses haben immer wieder den durch-
schlagenden Einfluß der IuK-Technik verdeutlicht. Allerdings bedurften die Auffas-
sungen darüber, wie die Computertechnik unser Leben beeinflussen und verändern
wird, im zurückliegenden Zeitraum fortwährender Korrekturen. Auch in der originär
mit der Entwicklung iuk- technischer Systeme und Anwendungen befaßten Wissen-
schaft, der Informatik, haben sich die Vorstellungen vom Computer wiederholt verän-
dert.
Zu Beginn des Computereinsatzes herrschte die „teure und fehlerträchtige Illusion“
(Coy 1995, 34) der Vollautomatisierung vor, deren Realisierung mit fortschreitender
Technikentwicklung nur eine Frage der Zeit zu sein schien. Spätestens das Vordringen
der PCs und die verstärkte Interaktion zwischen Rechnern und Nutzem relativierte die-
se Vorstellung, der Computer trat als Werkzeug in Erscheinung:
„Die Komplexität moderner Arbeitsvorgänge und der hohe Ausbildungsstand der Be-
schäftigten stehen dem Automatisierungsparadigma radikal entgegen, was selbst im
Kembereich der industriellen Produktion immer deutlich wird. (...) Es gilt also, Rechner
und Programme so zu gestalten, daß sie sinnvolle Möglichkeiten der Entscheidung und
des Eingriffs erhalten und neue eröffnen. Diese Eigenschaften können als Werkzeugcha-
rakter des Computers bezeichnet werden. Erfahrungen, Kenntnisse und Geschick werden
so nicht (weg-)automatisiert, sie lassen sich bewahren, erweitern, vertiefen. Fähigkeiten,
die im Umgang mit solchen Werkzeugen gewonnen werden, können in Qualität der Pro-
dukte und des Arbeitsprozesses umgesetzt werden.“ (Coy 1995, 36)
67
Abb. 4: Zusammenwachsen technologischer Entwicklungslinien
Wenn nun heute einzelne Personen oder ganze Organisationen 1 über weite geographi-
sche Entfernungen hinweg miteinander kooperieren und kommunizieren, wird der
Computer als Medium, verwandt mit Telegraf und Telefon, genutzt. Diese Entwick-
lung wurde ermöglicht durch das fortwährende Zusammenwachsen vormals getrennter
Technologielinien, das die Computerentwicklung von Beginn an begleitet und sich in
immer neuen Begrifflichkeiten niedergeschlagen hat (Abb. 4). Der vorläufige End-
punkt besteht in der Integration von IuK-Technik und Unterhaltungselektronik (Multi-
media). 2
1 Als vergleichsweise neues Phänomen wird der temporäre Zusammenschluß von Unternehmen
auf der Basis vernetzter IuK-Systeme diskutiert (virtuelle Organisationen oder Unternehmen; vgl.
einfuhrend dazu Bleicher 1996 sowie Sydow 1996; zur virtuellen Verwaltung s. Kap. 3.2.4).
2 Vgl. dazu ausführlich Riehm/Wingert (1996), die Multimedia wie folgt beschreiben:
„Multimedia ist keine neue Technologie an sich, sondern die Zusammenführung bisher getrenn-
ter Technologien und Anwendungen:
• Interaktive Computeranwendungen werden um Ton und Video ergänzt.
• Das Fernsehen soll sich vom Massen- und Verteilmedium zum individualisierbaren Informa-
tions- und Unterhaltungsmedium mit ‘Rückkanal’ wandeln.
• Auch im Bereich der persönlichen Kommunikation werden ‘unimediale’ Kommunikations-
mittel um weitere Medien ergänzt (z.B. beim Bildtelefon), oder die direkte Zusammenarbeit
wird durch Tele-Kooperation ersetzt.“ (Riehm/Wingert 1996, 11)
68
Die Auffassungen vom Computer als Automat, Werkzeug oder Medium verhalten sich,
darauf weist Coy ausdrücklich hin, komplementär zueinander. Teilprozesse der Arbeit
werden automatisiert, Rechner gleichzeitig als persönliche Werkzeuge eingesetzt und
erst darauf aufbauend in kooperativen Beziehungen als Medium genutzt. 3 Neben der
Weiterentwicklung auf seiten der Hardware ist diese Entwicklung das Ergebnis der im
Gleichschritt dazu kontinuierlich gestiegenen Leistungsfähigkeit der Software (An-
wendungen).
Die folgende Darstellung zu technischen Grundlagen und Anwendungen vernetzter
IuK-Technik beginnt mit einem Rückblick auf jene Entwicklungen, die eine Rechner-
vemetzung, wie wir sie heute kennen, erst möglich gemacht haben (4.1). Gesonderte
Beachtung verdient daneben das Internet (4.2), das die Nutzung des Computers als
(neues) Kommunikationsmedium maßgeblich beeinflußt hat. Anschließend stehen mit
Workflow- und Group wäre- Systemen (4.3) sowie dem Data Warehouse (4.4) die der-
zeit bedeutsamsten Ansätze für die weitere technische Unterstützung von Büro- und
Verwaltungsarbeit im Blickpunkt: Workflow- und Group wäre- Systeme dienen der
Unterstützung von Arbeitsabläufen bzw. kooperativen Prozessen und stellen eine Fort-
entwicklung der hinlänglich bekannten Bürokommunikationssysteme dar. Letztere
wurden seit Mitte der 80er Jahre eingesetzt und zielten auf die Integration der diversen,
auch historisch gewachsenen Techniksysteme und Anwendungen im Büro. Außerdem
sollten die Potentiale des Computers verstärkt für wenig standardisierte Arbeitsfelder
nutzbar gemacht werden. Das Data Warehouse hingegen ist ein erneuter Anlauf, orga-
nisationsweit vorliegende Daten für übergreifende Auswertungen und Analysen ver-
fügbar zu machen. Auch diese Anwendung vernetzter IuK-Technik steht damit in der
Tradition bekannter Ansätze zur technischen Unterstützung von Büro- und Verwal-
tungsarbeit. Zum Schluß wird eine Systematisierung netzbasierter Anwendungen vor-
geschlagen, um den unscharfen Begriff der „Vernetzung“ zu präzisieren (4.5).
4.1 Der Weg zur globalen Vernetzung
Wer sich einen Computer zulegt, dem ist in der Regel bewußt, daß sein Gerät, egal ob
Großrechner oder PC, schon bald nicht mehr dem technischen Stand entspricht und die
soeben erworbene Konfiguration in absehbarer Zeit vom Markt verschwinden wird.
3 Mensch und Maschine ergänzen sich in dieser Vorstellung, wie Frissen erläutert: „In our views
on social, economic, and cultural relationships, we will think less and less in terms of a dicho-
tomy between man and machine and more in terms of man-machine units as the relevant links in
the numerous large and small chains of existence.“ (Frissen 1996, 28; vgl. mit Bezug zur Verwal-
tungsreform auch Lenk 1997b, 2 1 f.)
69
Preisverfall und Leistungssteigerung sind neben der fortschreitenden Miniaturisierung
der Bauteile die wesentlichen Charakteristika des Computermarktes. 4 Die Konsequenz:
Die Zahl der mit IuK-Technik ausgestatteten Arbeitsplätze in Industrie und Verwal-
tung ist ebenso kontinuierlich gestiegen wie die Zahl der PCs in den privaten Haushal-
ten, zugleich hat sich damit die Menge potentieller Netzteilnehmer vervielfacht. Neben
der Verfügbarkeit einer ausreichenden Zahl von Endgeräten sind leistungsfähige Über-
tragungswege sowie allgemeinverbindliche Normen und Standards erforderlich, damit
Rechner miteinander kommunizieren können.
Die physikalische Realisierung von Wegen zur Datenübertragung ist abhängig von der
räumlichen Ausdehnung eines Rechnemetzes. Wenn es sich um ein lokales Netzwerk
(LAN: Local Area Network) handelt, dessen Ausdehnung sich auf einzelne Gebäude
bzw. ein organisationseigenes Gelände beschränkt, ist die Verlegung von Kabeln, die
Bereitstellung von Anschlüssen usw. alleinige Sache des Betreibers, also z.B. eines
Unternehmens oder einer Behörde. 5 Davon zu unterscheiden sind die sogenannten
Femnetze, also stadtweite (MAN: Metropolitan Area Network) oder darüber hinausrei-
chende Netze (WAN: Wide Area Network), bei denen die erforderlichen Übertra-
gungswege von externen Partnern gemietet werden müssen. Bis Ende 1997 unterlagen
öffentliche Übertragungswege in Deutschland der Hoheit der Deutschen Telekom 6 , seit
Anfang 1998 kann zwischen mehreren konkurrierenden Anbietern gewählt werden, die
häufig in weltweit agierende strategische Allianzen 7 eingebunden sind.
4 Einen illustrativen Überblick über die Entwicklung der Computertechnik bis zu Beginn der 90er
Jahre gibt Weiss (1993, Kap. 5 und 6). Zur Entwicklungsgeschichte des PC im besonderen vgl.
Tepper (1994), die dadurch hervorgerufenen Veränderungen auf dem Computermarkt beschreibt
Klotz (1995).
5 Zu technischen Details lokaler Netze (z.B. Topologie, Standards etc.) vgl. Hansen (1996,
1 104ff.); Kauffels (1991, 91 ff.); Mertens u.a. (1996, 33 ff.) sowie Walke u.a. (1994, 48ff.).
6 Zu den Angeboten der Deutschen Telekom gehören die Datenübertragung über das Telefonnetz,
Standleitungen zwischen Rechnern im Direktrufnetz, unterschiedliche Datex-Dienste für die
temporäre Datenübertragung sowie die Integration von Telefon, Telefax und Datenübertragung
über ISDN (Integrated Services Digital Network). Um dem steigenden Bedarf nach Sprach- und
Datenübertragung gerecht zu werden, wird ISDN von der Deutschen Telekom zum Breitband-
ISDN weiterentwickelt. Während das „normale“ ISDN eine Übertragungsrate von 64 kbit/s bie-
tet, wird das Breitband-ISDN Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu mehreren 100 mbit/s er-
möglichen. Grundlage dafür ist eine leistungsfähige Vermittlungstechnik mit hohen Übertra-
gungsgeschwindigkeiten, der Asynchrone Transfermodus (ATM). Zu den Netzen der Deutschen
Telekom vgl. Mertens u.a. (1996, 36f.); zu ISDN vgl. Krüger (1995, 260) sowie Lange u.a.
(1996, Teil I); technische Einzelheiten des ATM beschreiben Göldner u.a. (1995) sowie
Plank/Kaderah (1993, 102ff.).
7 Zum Überblick über diese internationalen Konsortien vgl. Elixmann (1996).
70
Damit nun zwei oder mehr Rechner über eigene (LAN) oder gemietete (MAN/WAN)
Verbindungen miteinander kommunizieren können, sind Standards und Normen, soge-
nannte „Protokolle“, erforderlich, die den Auf- und Abbau einer Verbindung sowie den
Datenaustausch normieren. Lange Zeit existierten gravierende Kommunikationsbarrie-
ren durch die Dominanz herstellerspezifischer, „proprietärer“ Netzkonzepte (vorstell-
bar als Hierarchie von Protokollen), bei denen die Kommunikation mit Rechnern ande-
rer Hersteller entweder gar nicht oder nur mit hohem Aufwand möglich war. 8 Zur
Überwindung herstellerspezifischer Grenzen und die Realisierung offener Systeme
sind nationale und internationale Standardisierungen erforderlich. Einen Meilenstein
auf diesem Weg stellt das ISO-OSI-Referenzmodell dar, das ab 1977 von der Interna-
tional Organization for Standardization (ISO) in Zusammenarbeit mit verschiedenen
nationalen und internationalen Normungsgremien entwickelt worden ist.
Anlaß zur Entwicklung des Modells war der Wunsch, die Kommunikation zwischen
Rechnern verschiedener Hersteller (Interoperabilität) zu verbessern. 9 In Europa spiel-
ten daneben industriepolitische Überlegungen eine große Rolle: Anfang der 80er Jahre
war die Wettbewerbsposition der hiesigen Computerindustrie bereits merklich ge-
schwächt. In der Ausrichtung der europäischen Anbieter an gemeinsam erarbeiteten
und geteilten Standards sah die EG-Kommission eine Chance, den Referenzmarkt für
einheimische Computeruntemehmen zu vergrößern und die Barrieren für auswärtige
Anbieter zu erhöhen (Genschel 1994, 41).
Anspruch des OSI-Modells war es, den komplexen Vorgang der Rechnerkommunika-
tion in einzelne Probleme zu zerlegen, um diesen sozusagen einen „Meta- Standard“
(Genschel 1994, 38) zuzuweisen. Auf dieser Grundlage sollten dann Produkte und An-
wendungen entwickelt werden, die auf Systemen unterschiedlicher Hardware-Herstel-
ler eingesetzt werden können. Dies war ein Novum in der Geschichte des Computers:
8 Der bekannteste und bedeutsamste Vertreter dieser proprietären Netzwerk- Architekturen ist SNA
(Systems Network Architecture) von IBM - ein Monument des vergangenen Großrechner-Zeital-
ters, in dem die Dominanz von „Big Blue“ IBM ungebrochen und die Vernetzung von Rechnern
ausschließlich ein Experten-Geschäft war. Zum Überblick über SNA und weitere Beispiele her-
stellerabhängiger Architekturen vgl. Hansen (1996, 1056f.) und Kauffels (1991, 182ff.).
9 Genschel (1994, 37) zitiert Untersuchungen, nach denen Anfang der 80er Jahre im Schnitt etwa
20% des DV-Etats eines Unternehmens für die Herstellung von Kompatibilität aufgebracht wer-
den mußten, bei manchen Großunternehmen wie General Motors (GM) seien es sogar 50% ge-
wesen. Angesichts dessen ist es nicht verwunderlich, daß die Entwicklung offener Standards bei
den Anwenderfirmen große Popularität besaß. Auf Initiative von GM und Boeing wurde sogar
eine Anwendervereinigung gegründet, um den Druck zur Herstellung von OSI-Produkten zu er-
höhen (Genschel 1994, 42).
71
„Erstmals wurde versucht, komplexe und mächtige Kommunikationsmechanismen allein
durch Beschreibung des Außenverhaltens von DV-Systemen so exakt zu spezifizieren,
daß alle zu diesen Spezifikationen konformen Implementierungen interoperabel sind.“
(Hartmann/Schlabschi 1994, 55)
Mit sieben aufeinander aufbauenden „Schichten“ beschreibt das OSI-Modell abstrakt
den Regelungsbedarf sowie mögliche Probleme offener Datenkommunikation. Die un-
teren vier Schichten bilden das „Transportsystem“ und gewährleisten den sicheren und
fehlerfreien Datentransport. Die Darstellung und Verwendung der so übermittelten Da-
ten hingegen werden von den oberen drei Schichten, dem „Anwendersystem“, gere-
gelt. Aufbauend auf diesem Modell sind Protokolle vereinbart worden, die der Kom-
munikation in einer „Open Systems Interconnection“ (OSI) dienen. Zum Beispiel er-
möglicht die auf die untersten drei Schichten des Modells bezogene, weltweit verbrei-
tete X.25-Empfehlung den paketvermittelten 10 Datenaustausch zwischen Endgeräten
unterschiedlicher Hersteller (vgl. ausführlich Hansen 1996, 1078ff). Weitere bekannte
Beispiele für anwendungsbezogene ISO-Standards sind X.400 für Electronic Mail so-
wie EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Trans-
port) für die Darstellung von Geschäfts- und Handelsdaten beim elektronischen Daten-
austausch.
Bemerkenswert ist der Aufwand, der um ISO-OSI betrieben wurde. Mit Bezug auf
amerikanische Quellen werden die Kosten für den über 15 Jahre dauernden Normungs-
prozeß mit vier Milliarden US-Dollar beziffert (Genschel 1994, 45; Hartmann/Schlab-
schi 1994, 60), darin ist die Entwicklung konkreter, anwendungsreifer OSI-Produkte
noch nicht enthalten. Das Ergebnis:
„Ungefähr 150 internationale Normen für die sieben OSI-Schichten, nicht gerechnet die
oft mehreren Teile einer Norm, wurden entwickelt. Beachtlich dabei ist nicht nur das
Volumen, schätzungsweise 20-30.000 Seiten Spezifikationen, sondern auch der Nor-
mungsprozeß selbst: Zählt man nur die auf internationaler Ebene tätigen Experten (denen
ca. 2-4 mal so viele auf nationaler Ebene hinzuzurechnen sind), so haben etwa 700-800
hochkarätige Experten aus allen wichtigen Industrieländern der Welt - Wissenschaftler,
Herstellervertreter, Anwender - in einem weltweit verteilten Entwicklungsprojekt ein über
eine große Themenbreite hinweg konsistentes Werk zustandegebracht.“ (Hartmann/
Schlabschi 1994, 59)
10 Bei einer Paketvermittlung wird das gesamte Übertragungsvolumen in mehrere „Datenpakete“
geteilt, die auf ihrem Weg zum Empfänger unterschiedliche Wege im Leitungsnetz nehmen kön-
nen und am Ziel in ihrer ursprünglichen Reihenfolge wieder zusammengesetzt werden. Alternativ
dazu gibt es die Leitungsvermittlung, die (wie auch beim Telefonnetz) für die Dauer der Verbin-
dung einen Übertragungsweg exklusiv bereitstellt.
72
Die ursprünglich gesteckten Ziele sind trotzdem nur zum Teil erreicht worden: Fraglos
gescheitert ist der Versuch, mit OSI die Marktposition europäischer Hersteller von
IuK-Technik zu verbessern (Genschel 1994, 45). Proprietäre Architekturen wie SNA
von IBM gehören zwar der Vergangenheit an, fraglich ist jedoch, welchen Anteil OSI
an dieser Entwicklung gehabt hat. Für den Aufbau und Betrieb von Verwaltungsnetzen
hat das ISO-OSI-Referenzmodell jedenfalls eine herausragende Rolle besessen. Der
öffentliche Sektor hat die Arbeiten an OSI unterstützt und gefördert, die Mitgliedsstaa-
ten der EU sind zudem per Ratsbeschluß darauf verpflichtet worden, in ihren Verwal-
tungen OSI-Standards anzuwenden (in Kapitel 5.1 wird darauf zurückzukommen sein).
Bedingt durch die hohe Aufmerksamkeit, die das ISO-OSI-Referenzmodell genoß, trat
eine bereits zuvor entwickelte Netzwerkarchitektur eine Zeit lang in den Hintergrund:
das aus vier Schichten bestehende und durch seine Realisierung im Betriebssystem
Unix weitverbreitete TCP/IP (Transmission Control Protocol/Intemet Protocol). Noch
Anfang der 90er Jahre meinte Hansen dazu:
„Die Zukunft von TCP/IP scheint ungewiß. Von manchen wird seine Ablösung durch OSI
in den nächsten fünf Jahren vorausgesagt, andere glauben wegen seiner Verbreitung in der
Praxis und, weil zukünftig auch IBM TCP/IP unterstützt, an seinen Fortbestand.“ (Hansen
1992, 783)
Inzwischen hat sich TCP/IP, anders als erwartet, nicht nur neben ISO-OSI-Produkten
halten, sondern sich ihnen gegenüber sogar durchsetzen können (Hansen 1996, 1 132f.).
Ursache dafür war allerdings nicht das Wirken von IBM, sondern die Ausbreitung des
weltweit größten Rechnerverbundes, dem Internet.
4.2 Per Mausklick um die Welt: das Internet
Die gegenwärtigen Diskussionen und Spekulationen rund um Datenautobahn und In-
formationsgesellschaft beziehen einen Großteil ihrer Überzeugungskraft aus der in die-
ser Form von niemandem vorhergesagten Entwicklung des Internet - jenem „Netzwerk
von Netzwerken, dessen Anschlußfähigkeit, Bandbreite und Kapazität in einer Wachs-
tumskurve expandieren, die sich der Vertikalen nähert.“ (Mandel/Van der Leun 1996,
14). 11 Die Schwierigkeiten, Aufbau und Funktionsweise des Internet zu verstehen, zei-
gen sich in den vielfältigen Definitionsversuchen zum Thema. Schneider beschreibt
das Internet anhand einiger abstrakter Merkmale:
11 Eine halbjährlich aktualisierte Statistik der ins Internet eingebundenen Rechner ist abrufbar un-
ter : http : //www.nw . c om/ zone/WWW /report . html
73
„Das Internet besteht aus
• einer Menge von Computern,
- die dasselbe Kommunikationsprotokoll TCP/IP verwenden,
- die irgendwie (direkt oder indirekt) miteinander verbunden sind,
- auf denen gewisse Dienste angeboten oder genutzt werden,
• einer Menge von Nutzem, die vom Arbeitsplatz oder auch von Zuhause aus direkten Zugriff
auf diese Dienste haben,
• einer Menge von weiteren, über Gateways erreichbaren Netzen.“
(Schneider 1995,263)
Das Internet in seiner heutigen Form bietet dem Nutzer weltweit 12 vor allem folgende
Angebote:
• elektronische Eins-zu-Eins-Kommunikation über E-Mail,
• Diskussionsrunden zu den unterschiedlichsten Themen (Newsgroups),
• online-Gesprächsrunden via Internet Relay Chat (IRC),
• Transfer von Dateien oder Programmen von einem Rechner auf einen anderen nach
dem File Transfer Protocol (FTP),
• direkten Zugriff auf andere Netzwerk- Rechner (z.B. zwecks Recherche in Bibliothe-
ken) über die standardisierte Terminal-Emulation (Telnet),
• Abruf von Daten und Informationen über das (veraltete) textorientierte Informati-
onssystem Gopher und vor allem über das Hypertext-basierte und grafikfähige
World Wide Web (WWW).
Über die technischen Aspekte hinaus verdient besonders der dezentrale Aufbau des In-
ternet Beachtung, das in seiner Gesamtheit von niemandem kontrolliert wird - eine hi-
storisch in dieser globalen Ausdehnung sicherlich einmalige Konstellation. Um das In-
ternet zu verstehen, sind folglich nicht nur Kenntnisse zu technischen Details und ver-
fügbaren Diensten, sondern ebenso zu Organisation und Geschichte dieses globalen
Netzes erforderlich.
Wie die Computerentwicklung insgesamt (Brödner u.a. 1981, 41 ff.) geht auch die Ent-
stehung des Internet größtenteils auf militärische Ursprünge zurück: Seine geringe
Störanfälligkeit machte TCP/IP interessant, als gegen Ende der 60er Jahre in den USA
die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu einem militärischen Netzwerk begannen,
das selbst bei kriegsbedingten Teilausfällen funktionsfähig bleiben sollte. 13 Das daraus
hervorgegangene Netz der Advanced Research Project Agency (ARPA; ARPANET)
12 Dabei darf natürlich nicht verschwiegen werden, daß die Internet- Anschlüsse global höchst un-
gleich verteilt sind. Afemann (1997) weist daraufhin, daß allein 80% der Weltbevölkerung noch
immer keinen eigenen Telefonanschluß besitzen und es vielen Entwicklungsländern zudem an
einer stabilen Stromversorgung mangelt.
13 Zur Entwicklung des Internet vgl. ausführlich Hafner/Lyon (1996) sowie Hoffmann (1996); Krol
(1995, 15ff.); Werle (1996, 225ff.).
74
war so konstruiert, daß die Datenkommunikation nur ein Minimum an Informationen
über die beteiligten Rechner benötigt. Das Internet Protocol (IP) regelt die Adressie-
rung der zu versendenden Daten (ähnlich wie die Anschrift auf einem Briefumschlag),
das Transmission Control Protocol (TCP) teilt die Daten in kleine Pakete auf und sorgt
dafür, daß diese beim Empfänger in der richtigen Reihenfolge wieder zusammengefugt
werden.
Das ARPANET wurde vom US- Verteidigungsministerium betrieben, diente aber auch
der Verbindung zwischen den großen Universitäten und Forschungseinrichtungen des
Landes. Parallel zu den militärisch motivierten Arbeiten am ARPANET entstanden in
den USA Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre weitere Computemetze, deren Einbe-
ziehung und Vernetzung von der inzwischen umbenannten D(efense)ARPA vorange-
trieben wurde. Insbesondere sollte eine Verbindung zum Computer Science Research
Network (CSNET) hergestellt werden, das ebenfalls auf der Basis von TCP/IP, aber
ohne Verbindung zum ARPANET mehrere, über den Kreis wissenschaftlicher Einrich-
tungen hinausreichende Netze verband. Das US- Verteidigungsministerium trennte
1984 schließlich den militärischen Teil des ARPANET ab und betrieb diesen mit un-
veränderter Technik in Eigenregie weiter (MILNET). An seiner Stelle übernahm die
National Science Foundation (NSF), wesentlicher Mitbetreiber des CSNET, die zentra-
le Rolle beim weiteren Ausbau des Netzes. Von der US-Regierung erhielt die NSF den
Auftrag, fünf regionale Großcomputer zu vernetzen und ein nationales Forschungsnetz
(NSFNET) mit Verbindungen zu den lokalen Universitätsnetzen aufzubauen. Dies war
die eigentliche Geburtsstunde des Internet, wie wir es heute kennen:
„Gegen Ende der 80er Jahre war das mit TCP/IP Protokollen arbeitende NSFNET als na-
tionaler Backbone in der dreistufigen Netzhierarchie mit lokalen, regionalen und nationa-
len Netzen das zentrale Glied des Internet auf der obersten Netzebene. In ihm waren die
zivilen Teile des ARPANET ebenso wie die meisten anderen Netze integriert. Der Ein-
stieg der NSF markiert also einen ‘crucial Step’ in der Netzentwicklung, da nun eine reine
Wissenschaftsorganisation für das Netz verantwortlich zeichnete.“ (Werle 1996, 227)
Ende der 80er Jahre begann schließlich die Intemationalisierung des Netzes. Frank-
reich und Skandinavien bildeten 1988 die Vorreiter in Europa, das deutsche Wissen-
schaftsnetz (WIN) wurde im Jahr darauf angebunden.
Das charakteristische Merkmal des Internet, nämlich ein Netz der Netze zu sein, ist ein
Ergebnis seiner Entwicklungsphase, in der vom Militär großen Wert auf hohe Ausfall-
sicherheit gelegt wurde. 14 Sollten einmal Teilstrecken des Netzes unbenutzbar sein,
14 In Anlehnung an Forschungsergebnisse zur Technikgenese hält Meyer-Stamer fest: „Die dezen-
trale Topographie des Internet hat sich nicht durchgesetzt, weil sie die effizienteste war (wobei es
durchaus sein kann, daß sie tatsächlich die effizienteste war), sondern weil sie zu dem Zeitpunkt,
75
„sucht“ sich der Datenstrom einen anderen Weg über die unzähligen angeschlossenen
Subnetze. Die Nutzung der verfügbaren Übertragungswege erfolgt auf dem Prinzip der
Gegenseitigkeit, wie Schneider es beschreibt:
„Mehrere Institutionen schließen sich zusammen und mieten Leitungen zwischen den ein-
zelnen Mitgliedern mit kostenlosem (oder pauschal mitfinanziertem) Nutzungsrecht aller
Teilstrecken für alle Mitglieder. Wenn es also eine Verbindung zwischen A und B gibt
und eine weitere Leitung zwischen B und C, so kann nicht nur B mit A und C kommuni-
zieren, sondern auch A mit C, via den gemeinsamen Partner B.“ (Schneider 1995, 264;
Hervorh. im Original)
In den lokalen Netzen der Unternehmen, Behörden oder Universitäten stellen Knoten-
punkte, die sogenannten Router, die Verbindung zum Internet her. Die in das lokale
Netz eingebundenen Rechner können auf diese Weise am weltweiten Internet- Verbund
teilhaben. Damit dies funktioniert, müssen alle Rechner mit direkter 15 TCP/IP- Verbin-
dung zum Internet über eine weltweit eindeutige Adressierung verfugen. Diese Adres-
sen werden durch internationale, nationale und lokale Autoritäten mit abgestuften Be-
fugnissen zugewiesen (Krol 1995, 33ff.; Schneider 1995, 268f.). Das letzte Glied in
einer langen Kette ist dann der LAN- Administrator (z.B. in einem lokalen Rechenzen-
trum), der die ihm vom nationalen Network Information Center (NIC) 16 zugeteilten
Adressen an die Rechner seines Zuständigkeitsbereiches vergibt. Um die grundlegen-
den Fragen der Standardisierung, der Adreßverwaltung oder der technischen Weiter-
entwicklung kümmern sich Gremien oder Arbeitsgruppen auf internationaler Ebene, in
denen freiwillige oder eingeladene Personen öffentlich oder intern, auf Sitzungen oder
über E-Mail diskutieren und beraten. 17
Seit Mitte der 90er Jahre hat sich vor allem die Anzahl kommerzieller Anbieter von
Internet-Diensten vervielfacht, was mit einer wahren „Gründungswelle weiterer Komi-
als der Bedarf nach internationaler Datenkommunikation stark zunahm, bereits weit entwickelt
war, gut funktionierte und auf eine etablierte Struktur von Unterstützem, Standardisierungskomi-
tees etc. bauen konnte.“ (Meyer-Stamer 1996, 141)
1 5 Eine direkte Einbindung ermöglicht es dem Nutzer, ohne Umwege auf Dienste und Angebote
anderer Internet-Rechner zuzugreifen, also z.B. angeforderte Daten auf der Festplatte des heimi-
schen PCs zu speichern. Etwas unkomfortabler ist demgegenüber die indirekte Anbindung, bei
der ein Nutzer z.B. über Modem zunächst eine Verbindung zwischen dem eigenen Rechner und
einem Rechner mit TCP/IP- Verbindung herstellen muß, um über diesen die Angebote abrufen zu
können. Hier landen die erwünschten Daten zunächst im Speicher des Zugangsrechners und müs-
sen von dort auf den eigenen Rechner transferiert werden.
16 Das deutsche NIC wird vom Rechenzentrum der Universität Karlsruhe betrieben und verwaltet
die mit dem Kürzel .de (für Deutschland) endenden Adressen (näheres dazu unter
http://www.nic.de).
17 Zu näheren Einzelheiten vgl. Krol (1995, 18ff); Rilling (1997, 195f.) sowie Werle (1996, 225ff.).
76
tees und Verbände“ (Werle 1996, 230) verbunden war. Das Spektrum reicht heute von
Organisationen, die im Internet primär einen elektronischen Marktplatz sehen, bis zu
Initiativen, die sich für einen freien Informationszugang und demokratieförderliche
Nutzungsformen des Internet engagieren. Nur eines gibt es nach wie vor nicht: eine
einzige, zentral bestimmende Instanz.
Aus der Perspektive der Forschung zu Großen Technischen Systemen spiegelt das In-
ternet einen Trend wider,
„... der wegführt von relativ homogenen hierarchisch strukturierten Systemen und mit
dem eine gleichgerichtete Tendenz der Auflösung politischer Hierarchien zugunsten von
vernetzten Strukturen einhergeht. Viele großtechnische Systeme befinden sich in einem
radikalen Wandel. Während ihre Dezentralisiemng nicht selten politisch erzwungen wird,
war das Internet von Anfang an so ausgelegt, und es folgte diesem Entwicklungspfad. So
steht das Internet für ein neues Modell der Entwicklung und Funktion großer technischer
Systeme, dessen sozio-technische Funktionsbedingungen und Folgen theoretisch noch
keineswegs hinreichend geklärt sind.“ (Werle 1996, 224)
Die Internet- Euphorie der späten 90er Jahre ist in erster Linie dem World Wide Web
zu verdanken, das aufgrund seiner leichten Bedienbarkeit die Internet-Ressourcen auch
für Computerlaien zugänglich gemacht hat. 18 Die abrufbaren Dokumente beinhalten
Querverweise auf weitere WWW-Quellen, die durch einen einfachen Mausklick aufge-
rufen werden können (Hypertext). Auch die „Sprache“ des WWW, Hypertext Markup
Language (HTML), ist in ihren Grundzügen leicht zu erlernen. Inzwischen wird die
Internet-Technik auch zur Realisierung organisationsintemer Anwendungen (Intranet)
sowie für interorganisatorische Verbundlösungen (Extranet) genutzt (Bullinger u.a.
1997).
Doch es gibt auch negative, den ursprünglichen Intentionen der „Internet-Pioniere“
entgegengesetzte Begleiterscheinungen des Booms. So wirken sich die Kämpfe der
Software-Industrie um den Markt der WWW-Software (Browser) z.B. negativ auf das
Gebot der Standardisierung aus. Inkompatibilitäten werden bewußt erzeugt, um Nutzer
dauerhaft zu binden oder mit produktspezifischen Extrafunktionen neue Kundenkreise
zu erschließen. Mit steigenden Anschlußzahlen und dem Trend zu einer graphisch auf-
wendigen Seitengestaltung geraten zudem die Obertragungswege an die Grenzen ihrer
Leistungsfähigkeit - ein Phänomen, das die Internet-Entwicklung von Beginn an be-
gleitet hat (Krol 1995, 17). 19
18 Zum Überblick über die Entwicklung des WWW vgl. neben vielen anderen Goldmann u.a. (1995,
26ff.) sowie Uelkes (1997).
19 Als Folge dieser Entwicklung wird in den USA der Aufbau des „Internet 2“ geplant. Bis zum
Jahr 2000 wollen 115 amerikanische Universitäten unter Beteiligung von IBM und weiterer ein-
77
Mit fortschreitender Kommerzialisierung 20 wird die Privatisierung von Teilen des
Netzbetriebs an Attraktivität gewinnen. In den USA hat die NSF bereits Teile ihres
Netzes an einen privaten Dienstleister veräußert. Ähnliches könnte in Europa passie-
ren, zumal den Marktkräflten gerade im Bereich der Telekommunikation oftmals unhin-
terfragt eine positive Dynamik unterstellt wird, die im Ergebnis zu mehr Leistung ftir
weniger Geld fuhren soll. 21
Horvarth hat das Internet dagegen als „ein an die Öffentlichkeit übergebenes Über-
bleibsel aus der Zeit des Kalten Krieges und ein Nebenprodukt des militärisch-in-
dustriellen Komplexes“ (1996, 98) charakterisiert. Er betont, daß sich das Internet mit-
nichten als Musterbeispiel für die Leistungsfähigkeit einer weitgehend staatsfreien, de-
regulierten Marktwirtschaft eignet. Statt dessen ist festzuhalten:
„Während der ersten zwanzig Jahre seiner Existenz hing die Entwicklung des Netzes fast
vollständig von der geschmähten amerikanischen Regierung ab. Große Summen an Steu-
ergeldem flössen seitens des amerikanischen Militärs oder der Universitäten in die Her-
stellung der Netzinffastruktur und subventionierten den Gebrauch seiner Dienste. Gleich-
zeitig wurden viele der entscheidenden Programme und Anwendungen des Netzes von
Hobbyprogrammierem oder von Spezialisten in ihrer Freizeit ausgearbeitet.“ (Barbrook/
Cameron 1996, 59; vgl. auch Rotzer 1996)
Neben weiterhin steigenden Anschlußzahlen und dem Trend zur Kommerzialisierung
wird die zukünftige Entwicklung des Internet durch Bemühungen um Datenschutz und
Datensicherheit sowie durch die anhaltenden Debatten um die Zugänglichkeit porno-
graphischer Angebote oder politisch extremistischer Inhalte geprägt. Hier stehen sich
die radikal libertären Auffassungen der Internet-Freaks (vorzugsweise aus den USA,
den Niederlanden oder Skandinavien) auf der einen und die oft hilflos wirkenden Ein-
griffs-, Zensur- und Regulierungsversuche von Sicherheitsorganen und Staatsschützem
auf der anderen Seite unversöhnlich gegenüber. Letztere müssen immer wieder die
Erfahrung machen, daß ihre altbekannten Ansichten und Methoden im Zeitalter globa-
ler Kommunikation kaum noch aufrecht zu erhalten sind (Helmers u.a. 1997, 190ff).
Von den negativen Reaktionen des Auslands auf Zensurversuche einmal abgesehen,
heimischer Computerfirmen ein leistungsstarkes Breitband-Computernetz aufbauen. Dieses soll
exklusiv dem wissenschaftlichen Datenaustausch dienen {Computerwoche 3/98, 21; 5/98, 19; nä-
here Einzelheiten sind abrufbar unter http://www.intemet2.org).
20 Vgl. dazu ausführlich Krempl (1997).
21 Als Beispiel für solch unreflektierte Marktgläubigkeit vgl. Bayer (1994).
78
hat zumindest der technisch etwas versiertere Kern der „Internet-Gemeinde“ bislang
noch immer Mittel und Wege gefunden, staatliche Eingriffe zu umgehen. 22
4.3 Von der Bürokommunikation zu Workflow und Groupware
So breit wie die Palette der Internet- Angebote, so vielfältig sind die über Computemet-
ze realisierten Anwendungen für die Büro- und Verwaltungsarbeit. Ob Behörde oder
privatwirtschaftliches Unternehmen: Der Einsatz der IuK-Technik hat sich in den letz-
ten Jahrzehnten von repetitiven, standardisierbaren und formalisierbaren Arbeitsberei-
chen sukzessive bis hin zu einzelfallorientierten Tätigkeiten 23 ausgedehnt, wobei die
Zahl der miteinander vernetzten Rechner kontinuierlich zugenommen hat.
Lange Zeit richteten sich die Anstrengungen beim Einsatz vernetzter IuK- Systeme in
Büro und Verwaltung auf die Integration vormals getrennter Anwendungen zu einer
einheitlichen Bürokommunikation (BK). BK- Systeme stellen am Arbeitsplatz indivi-
duelle Anwendungen (wie Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation), Instrumente
zur Dokumentenablage und -archivierung, Kommunikationsfunktionalitäten und her-
kömmliche DV-Anwendungen (wie Datenbanken oder Buchungssysteme) bedarfsge-
recht und unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche zur Verfügung (Niemeier u.a.
1993).
Technisch werden BK-Systeme häufig in einer Client- Server- Architektur realisiert, „...
bei der eine EDV- Anwendung in einen benutzemahen Teil (Client, Frontend), der auf
dem Endsystem des Benutzers abläuft, und einen von allen Benutzern gemeinsam ge-
nutzten Teil (Server, Backend) aufgeteilt ist.“ (Hansen 1996, 1031) Neben den indivi-
duell benötigten Anwendungen und Daten, die auf dem Client-Speicher vorgehalten
werden, können bei Bedarf weitere Programme und Daten vom Server abgerufen wer-
den. Der Vorteil besteht darin, daß die Arbeitsplatz- Rechner (z.B. leistungsstarke PCs)
an die individuellen Wünsche und Bedürfnisse angepaßt werden können, die Nutzer in
22 Diese Erfahrung mußte auch das Deutsche Forschungsnetz (DFN) machen, als es im Frühjahr
1997 den niederländischen Server XS4ALL (= Access for all, Zugang für alle) sperren wollte.
Der Grund: Auf einer der über 6.000 WWW-Seiten dieses Servers befand sich eine in Deutsch-
land verbotene Ausgabe der Zeitschrift radikal. Nach Bekanntwerden der Sperrung kursierten in
Newsgroups prompt Hinweise, wie der Server dennoch zugänglich sei, außerdem waren die be-
anstandeten Seiten auf vielen anderen, nicht gesperrten Servern gespiegelt und somit erneut zu-
gänglich gemacht worden. Als Reaktion auf massive Proteste wurde die als wirkungslos erkannte
Sperrung nach knapp einer Woche aufgehoben ( Frankfurter Rundschau vom 23.4.1997, 32:
„Internet-Sperre wirkt nicht“).
23 Zur Typologisierung von Bürotätigkeiten sowie zum Einfluß bestimmter Aufgabentypen auf die
Gestaltung von Arbeitsorganisation und Technikeinsatz vgl. Nippa (1991, 426ff.).
79
der Techniknutzung also nicht unnötig eingeschränkt werden, gleichzeitig aber ge-
meinsame Dienste wie E-Mail genutzt und zentral vorgehaltene Datenbestände abgeru-
fen werden können. Ein solcher Server dient meist auch als Router, um Verbindungen
zu anderen Netzwerken herzustellen, etwa zu den LAN anderer Standorte, zu kom-
merziellen Online-Diensten oder zum Internet.
BK-Systeme sind in den letzten Jahren in großer Zahl realisiert worden, die erhofften
Produktivitätsfortschritte sind allerdings vielfach ausgeblieben (Abel 1996, 30f.; Schä-
fer/Niemeier 1994, 8) Schon seit geraumer Zeit wird daran gearbeitet, die BK in zwei
Richtungen weiterzuentwickeln:
• Workflow- Systeme sollen BK-Werkzeuge zu einem vorgangsorientierten Anwen-
dungssystem verknüpfen, um Arbeitsprozesse mit einem hohen Anteil routinisierter
Vorgänge rechnerunterstützt planen und gestalten, ab wickeln und steuern zu kön-
nen, wobei Teilabläufe auch auf ihre Automatisierung hin überprüft werden. Weiter-
hin beinhalten Workflow- Systeme Funktionalitäten zur Analyse, Dokumentation
und Recherche. Der Stand bei der Bearbeitung eines Vorgangs kann so jederzeit er-
mittelt werden, auch eine automatisierte Terminüberwachung ist möglich. Den Ab-
schluß bildet die Übermittlung des Vorgangs ins Archiv. Wie bei der altbekannten
papiergebundenen Vorgangsbearbeitung und Archivierung ist auch bei technisch
unterstützten Geschäftsprozessen zu gewährleisten, daß neben den Arbeitsergebnis-
sen ebenso die einzelnen Arbeitsschritte im nachhinein kontrolliert werden kön-
24
nen.
• Mit Group wäre- Systemen wird die technische Unterstützung kaum oder wenig
strukturierter Projekt- und Teamaufgaben angestrebt. Zum Groupware-Begriff gibt
es zahlreiche, in Details voneinander abweichende Definitionen 25 , im Kern wird da-
mit jedoch der Einsatz von Mehrbenutzer- Software bezeichnet, die es erlaubt, „...
Information und (sonstige) Materialien auf elektronischem Wege zwischen den Mit-
gliedern einer Gruppe koordiniert auszutauschen oder gemeinsame Materialien in
gemeinsamen Speichern koordiniert zu bearbeiten.“ (Oberquelle 1991, 5) Grundlage
dafür sind ebenfalls weiterentwickelte BK-Funktionalitäten, die der gemeinsamen
Ressourcen- und Kapazitätsplanung (z.B. Termin Verwaltung), der Erstellung und
Bearbeitung (multimedialer) Dokumente und der Unterstützung von Gruppensit-
zungen oder Entscheidungsprozessen dienen (Teufel 1996, 54ff.). 26
24 Einen einführenden Überblick über Workflow-Systeme liefern Weiß/Krcmar (1996); zu den
Funktionalitäten dieser Systeme vgl. auch Koch/Zielke (1996, 1 1 1 ff.).
25 Vgl. dazu Bomschein-Grass (1995, 12ff.) sowie Grüninger (1996), der zu den Schwierigkeiten
einer präzisen Begriffsbestimmung festhält: „Groupware, soviel ist klar, ist eher ein unscharfes
Kontinuum als ein präzise bestimmbarer Begriff.“ (Grüninger 1996, 25)
26 Schwierigkeiten bereitet gelegentlich die Unterscheidung zwischen Groupware und dem überge-
ordneten Begriff „Computer- Supported Cooperative Work“ (CSCW). Zwar mangelt es auch zu
CSCW an einem einheitlichen Begriffsverständnis, im allgemeinen werden damit aber sämtliche
80
Die Basis für Groupware- wie für Workflow- Systeme stellt ein elektronisches, papier-
loses Dokumenten-Management dar, bei dem Daten nur einmal erfaßt und ohne Me-
dienbrüche für weitere Arbeitsschritte zur Verfügung gestellt werden. Mit Bezug auf
die zu Beginn dieses Kapitels erwähnte Differenzierung von Coy (1995) ist festzustel-
len, daß beide Ansätze den Computer als Werkzeug nutzen, Groupware aber dessen
medialen Charakter noch stärker betont. Workflow- Systeme sind stark prozeßorien-
tiert, Groupware dient der Unterstützung einzelner, kaum standardisierbarer Aufga-
ben. 27 Das Ziel von Groupware ist verbesserte Kooperation, das von Workflow- Syste-
men effizientere und effektivere Koordination.
Beide Ansätze bewegen sich inzwischen aufeinander zu: Beim Entwurf von Work-
flow-Lösungen ist erkannt worden, daß die Automatisierung, Strukturierung und For-
malisierung von Arbeitsprozessen nicht zu weit getrieben werden darf. Zu vermeiden
sind starre Lösungen, bei denen flexible Reaktionen auf Ausnahmen oder veränderte
Sachverhalte kaum noch möglich sind (Jabionski 1996, 68ff; Koch/Zielke 1996, 111;
Storp 1994). Die durch eine systemseitige Steuerung von Arbeitsprozessen in Aussicht
stehenden Produktivitätsgewinne würden andernfalls zur Preisgabe der für Flexibilität
und Eigeninitiative unerläßlichen Freiräume am Arbeitsplatz führen. 28 Die Groupware-
Entwickler ihrerseits streben an, kreative und kooperative Teams durch Teilautomati-
sierung von Routineaufgaben zu entlasten. Zu erwarten ist daher, daß sich Mischfor-
men zwischen Workflow und Groupware durchsetzen, die letztlich zu einer Konver-
genz beider Ansätze führen könnten: Starre Workflow- Systeme werden durch Group-
Aktivitäten zur Unterstützung kooperativer Arbeit durch IuK-Technik bezeichnet. CSCW be-
schränkt sich nicht allein auf Technik, sondern bezieht sich auch auf organisatorische Fragen,
CSCW bezeichnet nicht nur den Einsatz technischer Artefakte, sondern umfaßt ebenso die vorge-
lagerten Forschungsaktivitäten. Zu CSCW vgl. neben vielen anderen die Darstellungen von
Bomschein-Grass (1995, 41 ff.); Grüninger (1996, 46ff.); Oberquelle (1994, 17) und Teufel
(1996, 40ff.).
27 Die Differenzierung zwischen Aufgaben- und Prozeßorientierung hat Jabionski zur Verdeutli-
chung des innovativen Charakters von Workflow- Systemen genutzt: „Ein aufgabenorientierter
Ansatz versucht die Umsetzung einer (Teil-) Aufgabe (z.B. die Erstellung eines Dokuments) ef-
fektiv und effizient zu lösen. Ein datenzentrierter Ansatz zielt auf die optimale Gestaltung eines
Datenschemas ab. Dahingegen betrachtet ein prozeß- oder arbeitszentrierter Ansatz ein Anwen-
dungssystem aus einer globalen Perspektive und verfolgt gleichermaßen die Integration von
Funktionen, Daten, Programmen, Agenten, Organisationen usw. Solch ein ganzheitlicher Ansatz
ermöglicht es, die Kosten der Ausführung von Geschäftsprozessen global zu minimieren, und
bietet gleichzeitig die Chance, die Verarbeitungsprozesse eines Unternehmens global zu optimie-
ren.“ (Jabionski 1996, 67)
28 Damit wird den Erfahrungen Rechnung getragen, die in der industriellen Produktion während der
ersten Versuche mit „Computer Integrated Manufacturing“ (CIM) gesammelt worden sind (Hack
1994, 53; Ortmann u.a. 1990, 550f.; vgl. zum CIM-Konzept ferner Mertens u.a. 1996, 89ff.;
Reichwald/Dietel 1991, 581 ff.; Scheer 1990).
81
ware-Elemente flexibilisiert und Groupware-Systeme werden durch die Aufnahme von
Workflow-Komponenten zur Unterstützung oder Teilautomatisierung von Routinetä-
tigkeiten effektiviert (Abel 1996, 32f£; Storp 1994, 16).
Sowohl Groupware- als auch Workflow- Systeme stehen noch am Anfang ihrer Ent-
wicklung. Bei ihrer Beurteilung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind unter-
schiedliche Auffassungen anzutreffen. Einigkeit besteht darin, daß ein erfolgreicher
Einsatz von Workflow- Systemen auf eine kritische Überprüfung und Optimierung der
zugrundeliegenden Arbeitsprozesse angewiesen sei. Während aber z.B. Abel (1996,
35) daraufhinweist, daß auch ohne vorangestellte Reorganisation mit deutlichen Ver-
besserungen der Durchlauf-, Such- und Bearbeitungslaufzeiten zu rechnen sei, sehen
andere Autoren Workflow- Systeme als Infrastruktur-Maßnahmen, bei denen nicht auf
kurzfristige Rentabilität gehofft werden dürfe (Storp 1994, 22) oder weisen daraufhin,
daß nach anfänglichen Automatisierungserfolgen die Wartungsintensität des Systems
negativ zu Buche schlagen könnte (Weiß/Krcmar 1996, 512).
Groupware- und Workflow- Systemen ist darüber hinaus gemeinsam, daß die Schnitt-
stellen zur Internet-Technologie zunehmen (Wagner 1997): Anbieter von WWW-
Browsem drängen auf den Workflow- und Group ware-Markt, indem sie sich mit Intra-
net-Produkten als Alternative zu den kostenintensiven und aufwendigen Angeboten der
in diesem Segment etablierten Firmen anbieten. Groupware- und Workflow-Entwick-
ler ihrerseits bereichern ihre Produkte mit Schnittstellen zum Internet. Außerdem wur-
den erste Jointventures zwischen Anbietern, die auf unterschiedlichen Marktsegmen-
ten beheimatet sind, zur Eroberung des „Groupweb-Marktes“ gegründet (Gertz 1997,
45). Die auf dem Groupware-Markt Mitte der 90er Jahre durch Aufkäufe hervorgeru-
fenen Konzentrationserscheinungen (Wagner 1995, 192f.) sind durch die neuen Mit-
bewerber aus dem „Internet- Segment“ zumindest vorläufig gestoppt worden. Neue
Anbieter könnten davon profitieren, daß die bislang entwickelten Groupware- und
Workflow- Systeme ihre Versprechungen vielfach nicht halten konnten und die bislang
angebotenen Produkte mit zahlreichen Problemen behaftet sind. Allerdings wird hier,
ähnlich wie zuvor für den Groupware-Markt (Grüninger 1996, 169), bereits vermutet,
die Industrie wolle mit unhaltbaren Versprechungen künstlich einen neuen Markt ge-
nerieren (Gertz 1997, 45).
Die Ursachen für die bei Groupware- und Workflow- Systemen aufgetretenen Schwie-
rigkeiten scheinen nicht allein technischer oder produktspezifischer 29 Natur zu sein.
Weitere Gründe liegen in der Komplexität der zu unterstützenden oder abzubildenden
29 Jabionski sieht in mangelhaften, zumeist inflexiblen und nicht erweiterbaren Modellen von
existierenden Workflow-Management- Systemen die Hauptursache für das Scheitern von Projek-
ten in diesem Bereich.“ (Jabionski 1996, 79; ähnlich Weiß/Krcmar 1996, 512f.)
82
Arbeitsprozesse sowie in einer gewissen Ignoranz gegenüber der mikropolitischen Di-
mension dieser Systeme. 30 Insofern ist nicht zu erwarten, daß sich die mit der Internet-
Technik aufgekommenen Hoffnungen auf pragmatische, kurzfristige und preisgünstige
Abhilfe erfüllen werden.
4.4 Von verstreuten Datensammlungen zum Data Warehouse
Die Ausrichtung der IuK-Technik auf die Unterstützung kreativer wie routinisierter
Arbeitsprozesse, wie sie auch im Einsatz von Groupware- und Workflow- Systemen
zum Ausdruck kommt, ist nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit einer verbesserten
Informationsversorgung innerhalb einer Organisation. Bereits seit den Anfängen der
elektronischen Datenverarbeitung in Unternehmen und Behörden stehen Verbesserun-
gen im Hinblick auf Datenzugriff und -aufbereitung auf dem Programm der Technik-
planer. Ein Beispiel dafür stellen die zu Beginn der 90er Jahre mit dem Schlagwort
„Informationsmanagement“ verbundenen Bemühungen um integrierte Formen der
Datenhaltung und -Verwaltung dar (Beyer 1992, 60ff; Picot/Reichwald 1991, 264ff.),
ein weiteres sind die wiederholt fehlgeschlagenen Versuche, Management-Informa-
tionssysteme (MIS) für leitende Führungskräfte aufzubauen (Picot/Maier 1992,
930ff.). 31
Die inzwischen weiträumig realisierten Rechnemetze haben in jüngster Zeit dem Auf-
bau Unternehmens- oder organisationsweiter Informationssysteme, mit denen unab-
hängig von räumlichen, zeitlichen oder personellen Restriktionen Datenzugriffe und
-auswertungen ermöglicht werden, zu neuer Dynamik verholfen. Dabei sind verschie-
dene Varianten denkbar: Zum Beispiel können für relevant gehaltene Daten in einem
30 Grüninger hat dies für Group wäre- Systeme wie folgt verdeutlicht: „Vor allem das vielen Group-
ware-Entwicklungsansätzen zugrunde liegende egalitäre Kommunikationsmodell, die Betonung
informeller Kommunikationsmuster und die Stärkung dezentraler Handlungsautonomie werden
zu Verwerfungen in herkömmlich strukturierten Betriebshierarchien fuhren. (...) Dort, wo an
Groupware gearbeitet wird, offenbart sich Groupware häufig als enorme Herausforderung an die
Technik. Unterschätzt wird, daß Groupware nicht weniger eine Herausforderung an alle Akteure
im Innovations- und Technikgeneseprozeß ist und ihre Anpassungsfähigkeit auf die Probe stellt.“
(Grüninger 1996, 175 f.)
31 Ein Grund für das MIS-Scheitem wird im Widerspruch zwischen der Leistungsfähigkeit und
Flexibilität solcher Systeme und dem aus der unregelmäßigen Nutzungsfrequenz resultierenden
Erfordernis einfacher Bedienbarkeit gesehen. Picot und Maier benennen als Ursachen ferner „...
neben der Überschätzung der damaligen technischen Möglichkeiten und hohen Entwicklungsko-
sten auch naive Vorstellungen über das Verhalten von Menschen als potentielle Benutzer, unrea-
listische Vorstellungen über das Funktionieren von Organisationen und unrealistische Vorstel-
lungen über den Ablauf von Entscheidungsprozessen, welche i.d.R. auch Verhandlungsprozesse
und kollektive Problemlösungsprozesse einschließen.“ (Picot/Maier 1992, 931)
83
extra eingerichteten Datenbankrechner vorgehalten und in regelmäßigen Abständen ak-
tualisiert werden. Externe Nutzer würden dann nicht auf die Fachsysteme einzelner Or-
ganisation(seinheit)en, sondern auf den zwischengeschalteten Rechner zugreifen. Al-
ternativ dazu kann ein Abffagesystem entwickelt werden, das die vom Nutzer benötig-
ten Daten einzelfall- und bedarfsorientiert aus den eingebundenen Teilsystemen zu-
sammensucht. Wieder andere Konzepte sehen dezentrale Datenbanken vor, die dem
Benutzer gegenüber wie ein einziges logisches System erscheinen (verteilte Datenhal-
tung; vgl. Wagner 1995, 49ff; Wahl 1995).
Eine vergleichsweise neue Variante zur Integration vorhandener Datenbestände ist das
auf ein Projekt von IBM zurückgehende Konzept des Data Warehouse, das inzwischen
sowohl Hardwarehersteller als auch Datenbankanbieter in ihre Angebotskataloge auf-
genommen haben. 32 In dem IBM- Vorhaben wurde versucht, die Heterogenität der
selbst innerhalb einer einzigen Organisation eingesetzten Datenformate und Daten-
banksysteme zu überwinden, um systematische Auswertungen für die unterschiedlich-
sten, im vorhinein nicht abzusehenden Fragestellungen vornehmen zu können. Dieses
Ziel ist das wesentliche Element des Data Warehouse-Konzepts geblieben:
„Mit dem Begriff Data Warehouse wird eine von den operationalen DV-Systemen isolier-
te Datenbank umschrieben, die als untemehmensweite Datenbasis für Managementunter-
stützungssysteme dient.“ (Mucksch u.a. 1996, 421)
Ein Data Warehouse besteht in erster Linie aus einer eigenständigen (zentralen oder
verteilten) Datenbasis, in der umfangreiche Datenbestände aus diversen operativen
Systemen, aber auch Daten aus externen Quellen zusammengeführt und für Auswer-
tungszwecke bereitgehalten werden (zum folgenden vgl. insbesondere Bager u.a. 1997;
Hannig/Schwab 1996; Mucksch u.a. 1996). Die eingehenden Bestände werden auf
sachliche Fehler überprüft und in ein einheitliches Format transformiert, wobei mit
zunehmendem Alter der Daten in der Regel deren Aggregationsniveau steigt. Diese
Datenbasis wird in regelmäßigen Abständen um neue Daten aus internen oder externen
Quellen ergänzt. Für den späteren Nutzer spielen Herkunft und Ursprungsform der ab-
gerufenen Daten kaum eine Rolle. Um die Konsistenz der Datenbasis zu wahren, wird
den Nutzem lediglich ein lesender Zugriff gestattet, Verändemngen an einmal aufge-
nommenen Daten sind nur in Ausnahmefällen und nur durch die Systembetreuer vor-
zunehmen. Mit einem Data Warehouse wird es möglich, zeitlich weit zurückreichende
und sachlich breit gefächerte Daten zueinander in Beziehung zu setzen und aus ver-
schiedenen Blickrichtungen zu analysieren. Darin liegt ein erster wesentlicher Unter-
schied zu operativen Systemen, die ja in der Regel einem festgelegten Zweck dienen
und darüber hinaus kaum flexibel zu nutzen sind.
32 Zu Geschichte und Marktentwicklung vgl. die kurze Übersicht in Computerwoche (8/95, 10).
84
Eine weitere Differenz besteht in der zeitlichen Belastung: Während operative Systeme
gleichmäßig, nämlich im täglichen Arbeitsvollzug, in Anspruch genommen werden,
verläuft die Nutzung eines Data Warehouse unregelmäßig, da bedarfsorientiert. Mit der
Eigenständigkeit des Data Warehouse wird vermieden, daß die operativen Systeme
durch temporäre Analysen überlastet werden. Zudem wäre in operativen Systemen
aufgrund der sich ständig verändernden Datenbasis die Reproduzierbarkeit der Aus-
wertungen nicht in jedem Fall gewährleistet (zu weiteren Unterschieden s. die Gegen-
überstellung in Tab. 2). In Abgrenzung zur Arbeit operativer Systeme, auch als „On-
line Transaction Processing“ (OLTP) bezeichnet, werden Analysen mit Hilfe eines
Data Warehouse mit dem Begriff „Online Analytical Processing“ (OLAP) gekenn-
zeichnet.
Neben der Datenbasis besteht ein Data Warehouse aus Instrumenten zur Transformati-
on der einzuspeisenden Daten, einem Archivierungssystem und einer Metadatenbank,
die Auskunft über die verfügbaren Datenbestände liefert. Zu einem leistungsfähigen
Werkzeug für Analysen und zur Managementunterstützung wird ein Data Warehouse
aber erst in Kombination mit Werkzeugen zur Datenauswertung. Neben Funktionen
zur Datenabfrage gehören dazu z.B. Statistikprogramme oder Dokumenten-Retrieval-
Systeme, mit denen das Dokumentenarchiv einer Organisation durchsucht werden
kann. Unterstützung versprechen weiterhin Werkzeuge zum sogenannten „Data Mi-
ning“, die durch systematisches Durchforsten der Datenbestände bislang nicht erkannte
Sachzusammenhänge zu Tage fördern sollen (Behme 1996, 18ff.; Janetzko/Steinhöfel
1997).
operative DV-Systeme
(OLTP)
Data Warehouse
(OLAP)
Datenbank-Größe
Gigabytes
Gigabytes bis Terabytes
Datenquelle
intern
intern und extern
Datencharakteristik
detailliert,
verdichtet und aufbereitet,
aktuell
historisch und aktuell
Datenverarbeitung
transaktionsgesteuert
analysegesteuert
Datenaktualisierung
fortlaufend
sporadisch
Datenmenge
klein pro Vorgang
groß pro Analyse
Systemlast
vorhersehbar, gleichbleibend
ad hoc, schwankend
Struktur
statisch
flexibel
Tab. 2: Unterschiede zwischen operativen Systemen und einem Data Warehouse
(modifiziert nach Mucksch u.a. 1996, 285 und Strüngmann 1996, VI)
85
Wie bei Workflow- und Group wäre- Systemen ist auch der Aufbau eines Data Ware-
house aufwendig und teuer, so daß vielfach ein schrittweises, projektorientiertes Vor-
gehen empfohlen wird (Bager u.a. 1997, 291; Hannig/Schwab 1996, 6ff.; Strüngmann
1996, VI). Investitionssummen in der Größenordnung von einer halben Million DM
zuzüglich Personal- und Beratungskosten sind durchaus vorstellbar, wobei der entste-
hende Nutzen im Vorfeld kaum zutreffend quantifiziert werden kann (Mucksch u.a.
1996, 430). Zu Buche schlagen insbesondere die Datengewinnung und -transformation
sowie die erforderliche Leistungsfähigkeit eines Data Warehouse, das generell über
größere Reserven verfugen muß als ein System für Online-Transaktionen, wie Bager
u.a. betonen:
„Zum einen fällt durch die zusätzliche historische Dimension sehr viel mehr Material an,
als für den täglichen Betrieb vorgehalten werden muß; ein Data Warehouse umfaßt nicht
selten um den Faktor 100 bis 1000 mal mehr Daten als die operativen Systeme. Ein weite-
rer Grund besteht in der großen Variabilität analytischer Anfragen. Die Queries [Suchan-
fragen] der Anwender lassen sich einfach schlecht Vorhersagen. Außerdem sind die Such-
aufträge von Warehouse-Benutzem in der Regel komplexer als OLTP-Transaktionen.“
(Bager u.a. 1997, 286)
Ein Data Warehouse ist somit ein weiteres Beispiel dafür, daß sich der Einsatz der
IuK-Technik quantifizierbaren Kosten- und Nutzengrößen vielfach entzieht (Franke
199 5). 33 Gerade für die Privatwirtschaft wird in diesem Zusammenhang gerne auf den
„strategischen Nutzen“ der IuK-Technik (so auch Mucksch u.a. 1996, 430) im Konkur-
renzkampf hingewiesen 34 - eine Begründung, die sicherlich nicht jeden Zweifler über-
zeugen wird. Mit steigender Zahl der Data Warehouse-Projekte mehren sich inzwi-
schen die skeptischen Stimmen. Als wäre dies etwas grundsätzlich neues, wird in der
Fachpresse dem Aufwand und den Problemen beim Aufbau eines Data Warehouse so-
wie dessen immensen Kosten durchaus einiger Nachrichtenwert zugebilligt. 35 Der
Rückblick auf ähnlich gelagerte Projekte in früheren Phasen der Datenverarbeitung
legt hingegen den Eindruck nahe, daß die Lösung mancher Probleme nicht allein eine
Frage technischer Leistungsfähigkeit darstellt. Ohne qualitätsgesicherte Datenbasis,
angemessene Projektorganisation oder realistische Zielsetzung und Zeitplanung kön-
33 Aus diesem Grund sind Versuche, die Produktivität der IuK-Technik mit mathematischen Model-
len zu ermitteln (so z.B. Stickel 1997), wenig hilfreich. Dennoch haben alternativ dazu vorge-
stellte Ansätze zur Beurteilung des Technikeinsatzes, wie etwa das vierstufige Wirtschaftlich-
keitsmodell von Picot und Reichwald (Picot/Reichwald 1987, Kap. IV; Reichwald u.a. 1996,
3 1 ff), in der Praxis kaum Relevanz erlangt.
34 Vgl. dazu aus betriebswirtschaftlicher Sicht Mertens/Plattfaut (1986) sowie Porter/Millar (1985).
35 Vgl. zum Beispiel die Berichte in den Ausgaben der Computerwoche (8/95, 7f.; 18/97, 4 1 ff. ;
19/97, 13f.; 13/98, 1).
86
nen bei Aufbau und Nutzung eines Data Warehouse ähnliche Probleme aufitreten wie
seinerzeit bei der Entwicklung von Management-Informationssystemen. 36
4.5 Systematisierung netzbasierter Anwendungen
Internet, Workflow, Groupware, Data Warehouse - wer heute von „Vernetzung“ oder
dem „Einsatz vernetzter IuK-Technik“ schreibt oder spricht, wird präzisieren müssen,
was genau damit gemeint ist. In Anlehnung an ähnliche Kategorisierungen 37 lassen
sich vier Grundformen netzbasierter Anwendungen benennen, die unterschiedliche
Ziele der Vernetzung widerspiegeln:
1. Ressourcenteilung: Hard- oder Softwarekomponenten werden mehreren Netzteil-
nehmem zur Verfügung gestellt;
2. Prozeßunterstützung: das Netz dient der beschleunigten Erledigung und dem
Durchlauf solcher Vorgänge, deren Bearbeitung sich über mehrere Stationen er-
streckt;
3. Kommunikation: Texte und andere Dokumente werden zwischen mindestens zwei
aktiven Teilnehmern über das Netz ausgetauscht oder simultan bearbeitet;
4. Datenbereitstellung und -abruf: das Netz ermöglicht den orts- und zeitunabhängi-
gen Datenzugriff ebenso wie die Datenbereitstellung für Dritte (plakativ: „Die
richtige Information zur richtigen Zeit in der richtigen Form am richtigen Ort.“).
Diese vier Varianten können in sich weiter differenziert werden (Abb. 5):
• Die Ressourcenteilung kann mehreren Zielen dienen. Zum einen ist es möglich, die
Effektivität des Technikeinsatzes zu verbessern: Umfangreiche Aufgaben können
auf verschiedene Rechner verteilt, teure Hardware-Komponenten mehreren Nutzem
zugänglich gemacht werden; für selten benötigte Software werden nur wenige Li-
zenzen erworben, die Programme sodann zentral auf einem Server vorgehalten und
auf Abmf bereitgestellt. Zum anderen kann die Datensicherheit erhöht werden, in-
dem z.B. PC-Nutzer ihre Datenbestände nicht nur auf der eigenen Festplatte, son-
dern zusätzlich auf einem angeschlossenen Großrechner abspeichem.
• Die Prozeßunterstützung kann sich auf eine sequentielle Bearbeitung beziehen, d.h.
einzelne Arbeitsschritte eines Prozesses werden in (mehr oder weniger restriktiv)
festgelegter Reihenfolge von Station zu Station weitergereicht (z.B. Abwicklung
von Antragsverfahren durch dezentrale Datenerfassung und spätere Weiterver- und
36 Allerdings ist festzustellen, daß im Laufe der Jahre auch unter Wirtschaftsmformatikem die Sen-
sibilität für Fragen der Entwicklung und Einführung komplexer Informationssysteme deutlich
zugenommen hat (vgl. als Beispiele dafür Hoch 1995, 164ff.; Koll/Niemeier 1995, 153ff).
37 Vgl. Hansen (1996, 1030f.); Kauffels (1991, 22f.); Mertens u.a. (1996, 29f.); Picot/Reichwald
(1991, 379ff.); Spaniol (1992, 420).
87
-bearbeitung an zentraler Stelle). Alternativ dazu ist denkbar, daß die von unter-
schiedlichen Stellen benötigten Daten und Dokumente vervielfältigt und diesen zur
simultanen (also parallelen und in der Reihenfolge nicht strikt festgelegten) Bearbei-
tung zugeleitet werden, wobei die Einzelergebnisse abschließend wieder zu einem
einheitlichen Vorgang zusammenzuftihren sind. In der Praxis wird es Mischformen
zwischen sequentieller und simultaner Bearbeitung geben. „Quer“ zu dieser Charak-
terisierung können Arbeitsprozesse zusätzlich nach der Reichweite der Technikun-
terstützung differenziert werden: Wird im gesamten Ablauf IuK-Technik eingesetzt
oder beschränkt sich dies auf einzelne Arbeitsschritte?
• Kommunikation über das Netz kann in strukturierter (z.B. elektronisches Formular)
oder unstrukturierter (z.B. E-Mail, Groupware-Funktionalitäten) Form ablaufen.
• Der Informationsabruf kann sich auf Daten unterschiedlicher Art beziehen: Am be-
deutsamsten ist sicherlich der Zugang zu Fachdaten , die in einem unmittelbaren Zu-
sammenhang zur jeweiligen Aufgabe stehen. Daneben sind im Einzelfall auch
Querschnittsdaten zu den Modalitäten der Aufgabenerledigung (z.B. Budget- oder
Personaldaten) von Interesse. Die dritte hier hervorzuhebende Art sind Metadaten ,
die als Bestandteile eines Datenkataloges Auskunft über die verfügbaren oder ab-
rufbaren Bestände an Fach- oder Querschnittsdaten geben.
Abb. 5: Varianten netzbasierter Computeranwendungen
Das hier vorgestellte Schema ist eine Möglichkeit, die Vielfalt netzbasierter Anwen-
dungen zu beschreiben und den Begriff der „Vernetzung“ zu systematisieren. Derartige
Einteilungen sind als idealtypische Abgrenzungen zu verstehen, die praktisch realisier-
ten Anwendungen beschränken sich selten auf eine der genannten Kategorien. Dies
wird deutlich, wenn die im Zuge der Computer-Entwicklung vom Automat zum Werk-
zeug zum Medium realisierten Nutzungsvarianten den vier genannten Kategorien zu-
geordnet werden (Tab. 3). Dabei sind neben den zuvor beschriebenen Anwendungen
und Internet-Diensten weitere Formen der Techniknutzung zu berücksichtigen:
• Eine altbekannte Variante der Netznutzung ist die Datenfernverarbeitung, bei der
z.B. Daten an einer Stelle erfaßt und dann zur Verarbeitung an ein Rechenzentrum
geschickt werden, das die Ergebnisse über das Netz zurückspielt. Angesichts der be-
schriebenen Entwicklung auf dem Computermarkt hat diese Form in den letzten
Jahren kontinuierlich an Bedeutung verloren und ist zu einem „klassischen“ Beispiel
für die Ausnutzung zentral vorgehaltener Ressourcen (Großrechner, Drucker usw.)
geworden.
• Die Grenzen zwischen Ressourcenteilung und Prozeßunterstützung sind oftmals
fließend, schließlich können die Daten nicht nur zur maschinellen Ver-, sondern
ebenso zur inhaltlichen Weiterfrearbeitung über das Netz geschickt werden. Bei der
fortgeschrittenen Variante der Datenfernübertragung (DFÜ), dem Electronic Data
Interchange (EDI), werden strukturierte, nach vereinbarten Regeln formatierte Da-
ten übermittelt, die vom Empfänger bruchlos in eigenen Anwendungen weiterverar-
beitet werden können (Hansen 1996, 437ff). Bekannte Beispiele dafür stammen aus
der Automobilindustrie, deren Logistikkonzepte (Stichwort: „Just-in-time") elemen-
tar auf dem Datenaustausch zwischen Zuliefer- und Automobiluntemehmen aufbau-
en (Sauer 1992). Ein weiteres Anwendungsfeld für EDI ist die Übermittlung und
Weiterverarbeitung von Bestell-, Rechnungs- oder Zahlungsdaten im Handel. Um
aufwendige Eigenentwicklungen und damit die Entstehung proprietärer Lösungen
zu vermeiden, bemühen sich internationale Gremien um eine Vereinheitlichung der
EDI- Verfahren. Das Ergebnis sind die bereits im Zusammenhang mit dem ISO-OSI-
Referenzmodell erwähnten EDIFACT-Standards (Hansen 1996, 438f.). DFÜ und
EDI sind damit Prototypen für die technische Unterstützung organisationsübergrei-
fender Arbeitsprozesse.
Computernetze in der öffentlichen Verwaltung
Alle in diesem Kapitel dargestellten Entwicklungen im Feld der Computemetze sind
für die Verwaltungsinformatisierung relevant. So haben seit ihrer Existenz Normen
und Standards für offene Systeme den Rahmen zum Aufbau von Behördennetzen ab-
gesteckt. Mit dem Internet stehen nun technische Verbindungen zur Verwaltungsum-
welt auf dem Programm, außerdem ergeben sich neue Optionen für verwaltungsinteme
Kommunikationswege und Informationssysteme (Intranet). Workflow- Systeme dienen
der Beschleunigung der Vorgangsbearbeitung und damit der Verbesserung von Quali-
89
tät und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. Mit Groupware wird ein qualitati-
ver Sprung in der technischen Unterstützung kooperativer Arbeitsprozesse in Aussicht
gestellt. Solche Systeme drängen sich unter anderem zur Realisierung des Trialogs im
Bürgerbüro auf, wenn zur Erledigung eines Bürgeranliegens räumlich entfernt arbei-
tende Experten hinzugezogen werden müssen (Kap. 3.2.4). Das Data Warehouse wie-
derum ist ein neuer Ansatz, um den alten Wunsch nach integrativ angelegten Informa-
tionssystemen zu realisieren, die über das Tagesgeschäft hinausreichende Analysen
erlauben.
Ressourcen-
teilung
Prozeßun-
terstützung
Kommu-
nikation
Datenbereit-
stellung
und -abruf
Data- Warehouse
X
Datenfernverarbeitung
X
DFÜ/EDI
X
E-Mail
X
Filetransfer (FTP)
X
Gopher/WWW
X
Groupware
o
X
o
Informationssysteme
o
o
X
Internet Relay Chat (IRC)
X
Metainformationssysteme
o
X
Newsgroups
X
Terminal-Emulation (Telnet)
o
X
Workflow
X
o
X: primärer Zusammenhang; O: möglicher Zusammenhang
Tab. 3: Grundformen und Anwendungen vernetzter IuK-Technik
Solche Ausführungen zur Leistungsfähigkeit und zu den Möglichkeiten moderner IuK-
Technik aus rein technischer Sicht sagen jedoch bestenfalls die Hälfte der Wahrheit.
Erforderlich sind darüber hinaus Berichte zur praktischen Realisierung von Computer-
netzen und darauf basierender Anwendungen. Ganz in diesem Sinne beleuchten die
Fallstudien des nachfolgenden Kapitels Ausschnitte aus dem weiten Feld des Einsatzes
vernetzter IuK-Technik in der öffentlichen Verwaltung.
90
5 Short stories: empirische Beispiele zur vernetzten
Verwaltung
„Im Bereich der EDV haben wir eine fast perfekte Ausstattung erreicht -
mal abgesehen davon, daß wir noch Probleme mit Hard- und Software haben. “
Peter Wechsung, Dresdner Oberstaatsanwalt, beim Besuch der
damaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
über EDV in seiner Behörde (Frankfurter Rundschau vom 20.8. 1992, 2)
Es ist unmöglich, das breite Spektrum der Nutzung vernetzter IuK-Technik in der öf-
fentlichen Verwaltung mit den begrenzten Mitteln und Möglichkeiten empirischer Ar-
beit auch nur halbwegs vollständig zu erfassen. In diesem Forschungsfeld treffen die
unterschiedlichsten mit Computemetzen verbundenen Einsatzmöglichkeiten und Ziel-
vorstellungen auf die Eleterogenität des öffentlichen Sektors. Ebenso wie der Begriff
der „Vernetzung“ erklärungsbedürftig ist, zwingen die föderale Struktur der Bundesre-
publik und die Vielzahl selbstverwalteter Bereiche des öffentlichen Sektors (Kommu-
nen, Hochschulen, Sozialversicherungen usw.) zur Präzisierung des Gemeinten, wenn
von „der öffentlichen Verwaltung“ die Rede ist (so auch Reinermann 1997a, 479). Die
Grenze zur unzulässigen Verallgemeinerung ist im Feld der Verwaltungsinformatisie-
rung schnell überschritten, gleichwohl besteht weiterhin ein Interesse an der Beschrei-
bung, Analyse und Diskussion allgemein vorfindbarer Entwicklungstrends. Wie ist
dieses Dilemma zu lösen?
Frissen hat, veranlaßt allerdings durch postmodeme Wirrungen, vorgeschlagen, statt
großer Theorien in Zukunft narrative Elemente von Wissenschaft zu betonen:
„To some extent it is a cool way of doing Science: no ideals, no convictions, no beliefs.
Only producing various narratives how things can be seen, knowing perfectly well that a
thousand different stories are plausible as well. In the end every story should not be jud-
ged by its objective Claims for truth but by its qualities of aesthetics and elegance. The
audience may be seduced or may be convinced. And, as long as situations are defined as
real, they are real in their consequences.“ (Frissen 1998, 45)
Zweifellos besitzt diese Idee für den verzweifelt nach übergeordneten Trends und Ge-
meinsamkeiten suchenden Forscher einen gewissen Charme. Ihr wird hier dennoch
nicht entsprochen.
91
Gefolgt wird aber Frissens Hinweis, daß empirische Beispiele und die aus ihnen abge-
leiteten Schlußfolgerungen - gerade wenn es um Fragen der technischen Entwicklung
geht - immer nur begrenzte Gültigkeit beanspruchen können. Tatsächlich waren viele
der in den vergangenen Jahren abgegebenen Prognosen zur Verwaltungsinformatisie-
rung schon kurz nachdem sie gedruckt worden waren Makulatur. 1 Manche mögen dies
bedauern oder kritisieren und versuchen, ihr methodisches Repertoire zu perfektionie-
ren, andere werden sich mit der begrenzten Prognosefähigkeit arrangieren oder ihr, wie
Frissen, sogar positive Seiten abgewinnen können.
Im folgenden werden vier „short stories“ erzählt, die sich auf empirische Arbeiten 2 der
letzten Jahre stützen und unterschiedliche Facetten der Verwaltungsinformatisierung
im „Netz-Zeitalter“ beleuchten:
• Der Auf- und Ausbau von Verwaltungsnetzen in den Bundesländern steht beispiel-
haft für die Realisierung physischer Grundlagen für Datenaustausch und Rechner-
kommunikation. Berichtet wird über die Umstellung von proprietären Netzarchitek-
turen auf offene Systeme, vom Einfluß der EU und von erstaunlich flexiblen Reak-
tionsweisen der Verwaltungen auf veränderte technische Rahmenbedingungen.
• Die Bundesanstalt für Arbeit gehört zu den frühen Netzpionieren, deren Technikein-
satz über die letzten 30 Jahre hinweg relativ gut dokumentiert und untersucht wor-
den ist. In Arbeitsämtern beansprucht die Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern
seit jeher einen hohen Anteil der anfallenden Tätigkeiten, so daß technische Verbin-
dungen zur Verwaltungsumwelt hier von besonderer Relevanz sind. Weiterhin ver-
deutlicht dieses Beispiel Kontinuitäten und Brüche in den Bemühungen um netzba-
sierte Informationssysteme.
1 Zur beschränkten Prognosefähigkeit vgl. auch die Kritik von Lenk (1994, 3 1 5f.) an einem auf
„Wirkungen“ der IuK-Technik fixierten Forschungsansatz.
2 Insgesamt wurden - zum großen Teil im Zusammenhang mit laufenden Projekten der For-
schungsgruppe Verwaltungsautomation an der Universität Gesamthochschule Kassel - 43 quali-
tative Interviews geführt. Den Hauptanteil bilden 37 Interviews, die zwischen Sommer 1993 und
Frühjahr 1995 im Rahmen des Forschungsprojektes „Informatisierte Verflechtungen - Vernetzte
Informationstechnik in Agrar- und Umweltverwaltungen“ (VITA) durchgeführt worden sind. Die
Erhebungen fanden schwerpunktmäßig in Umweltbehörden (Ministerien und nachgeordneter Be-
reich) und Technikstellen (Innenministerien und Regierungspräsidien bzw. Bezirksregierungen)
der Bundesländer Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen statt.
Die Interviews wurden auf Tonband aufgenommen und zur späteren Auswertung transkribiert. In
den wenigen Fällen, in denen ein Bandmitschnitt nicht möglich war, wurde ein detailliertes Pro-
tokoll erstellt. Zur Aktualisierung des empirischen Materials wurden im Sommer 1997 sechs
weitere Interviews durchgefuhrt. Diese fanden statt im Umwelt- und im Innenministerium Nord-
rhein-Westfalens, in den Umweltministerien Baden-Württembergs und Niedersachsens, in der
Nürnberger Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit sowie im Amt für Statistik, Einwohnerwe-
sen und Europaangelegenheiten der Stadt Köln.
92
• Die Umweltverwaltungen der Bundesländer sind vergleichsweise junge Behörden,
in denen der Einsatz der IuK-Technik von Beginn an große Bedeutung genoß. Die
Landesumweltbehörden gehören zu den anerkannten Vorreitem beim behördlichen
Technikeinsatz, an ihrem Beispiel lassen sich somit Entwicklungen aufzeigen, die
anderen Verwaltungszweigen noch bevorstehen. Darüber hinaus wird deutlich, wie
der Technikeinsatz von der Geschichte einer Verwaltung und dem dort vorherr-
schenden Aufgabenverständnis beeinflußt wird, wie es um den Zusammenhang zwi-
schen Techniknutzung und Reorganisationsmaßnahmen bestellt ist und welche so-
zialen Einflüsse bei der Realisierung behördenübergreifender Informationssysteme
eine Rolle spielen.
• Das Strategische Informationssystem der Stadt Köln schließlich ist ein über die Jah-
re ausgebautes und perfektioniertes kommunales Informationssystem. Es steht bei-
spielhaft für jene Verwaltungen, die in Eigenregie oder in Zusammenarbeit mit ex-
ternen Partnern mit der Umsetzung anspruchsvoller Technikkonzepte in die Verwal-
tungspraxis begonnen haben. Beim Kölner System, dessen Weiterentwicklung ak-
tuell stark durch die Verwaltungsreform beeinflußt wird, handelt es sich um eine der
wenigen fortgeschrittenen Data Warehouse- Anwendungen in der öffentlichen Ver-
waltung.
In der ersten Fallstudie ist also der Aufbau von Verwaltungsnetzen das Thema, wäh-
rend sich die übrigen drei Fälle mit Anwendungen der IuK-Technik auseinandersetzen,
die auf der Existenz netztechnischer Infrastrukturen aufbauen. Die vier Fallstudien er-
heben keinen Anspruch auf Repräsentativität, der - siehe oben - sowieso fragwürdig
wäre. Sie stellen vielmehr ausgewählte Ausschnitte aus der Verwaltungspraxis dar,
wobei die Darstellung vorwiegend dem zeitlichen Ablauf der Entwicklungsarbeiten in
den einzelnen Bereichen folgt. Über die Schilderung des Einzelfalls hinaus dienen die
Fallstudien aber sehr wohl der Ableitung verallgemeinerbarer Entwicklungslinien und
der Diskussion zukünftiger Perspektiven beim Einsatz vernetzter IuK-Technik in der
öffentlichen Verwaltung.
5.1 OSI und die Verwaltungsnetze der Bundesländer
Verglichen mit Bund und Kommunen besaß der Aufbau von Computemetzen für die
Länder die größte Attraktivität, zugleich bestanden hier die höchsten Anforderungen.
Die Verwaltungseinheiten einer Kommune verteilen sich naturgemäß höchstens über
das jeweilige Stadtgebiet, die räumlichen Barrieren für Zusammenarbeit und Kommu-
nikation sind dementsprechend gering. Beim Aufbau eines stadteigenen Computemet-
zes können sich Kommunen mit einem lokalen, maximal stadtweiten Netz und einigen
Knotenpunkten zur Außenwelt zufriedengeben. Der Bund wiederum verfügt nur in
93
Ausnahmefällen - ein solcher ist etwa die im nächsten Abschnitt behandelte Bundes-
anstalt für Arbeit - über eine bis zur lokalen Ebene reichende Verwaltungshierarchie. 3
Dementsprechend gering war in der Vergangenheit der Bedarf an Netzverbindungen,
was sich mit der Entscheidung zugunsten von Berlin als Bundeshauptstadt schlagartig
geändert hat. Vernetzte Computersysteme gelten nunmehr als Voraussetzung, um die
Verteilung der Bundesministerien auf die Standorte Berlin und Bonn mit möglichst
geringen Effizienzverlusten realisieren zu können. 4
Anders als neuerdings der Bund standen die Länder schon immer vor der Aufgabe, die
Kommunikation zwischen räumlich verteilten Behörden organisieren zu müssen. In
dieser Situation boten leistungsfähige Computemetze die Chance,
• neue Kommunikationswege zu erschließen,
• Arbeitsprozesse, die sich über mehrere Behörden erstrecken, zu beschleunigen und
• Datenzugriffe über organisatorische und räumliche Grenzen hinweg zu ermögli-
chen.
In allen Bundesländern sind in der Vergangenheit vernetzte Systeme eingesetzt wor-
den, allerdings gab es erhebliche Unterschiede beim Aufbau landeseinheitlicher Infra-
strukturen. So existierten in Bayern lange Zeit lediglich ressortspezifische Netze, was
dort jedoch nicht als Problem empfunden wurde. Baden-Württemberg und Nordrhein-
Westfalen hingegen verfugten schon frühzeitig über ressortübergreifende Verwaltungs-
netze, die der Verbindung sämtlicher Landesbehörden dienen sollten. Ähnlich verlief
die jüngere Netz-Historie in den neuen Bundesländern: Während das Informationstech-
nische Netz des Landes Sachsen- Anhalt (ITN-LSA) 1993 von der Fachpresse (fälschli-
cherweise) als „erstes flächendeckendes IT-Netz der BRD“ ( Computerwoche 44/93,
21) gefeiert wurde, steckten andere Länder noch in der Konzeptionsphase. Analog zum
Partnerland Bayern in den alten, bildete Sachsen in den neuen Ländern das Schlußlicht
bei der Realisierung landeseinheitlicher Verwaltungsnetze.
3 Dies ist das Resultat der spezifischen Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern in Deutschland.
Zwar besitzt der Bund in vielen Bereichen die Gesetzgebungskompetenz, für den Vollzug sind
jedoch überwiegend die Länder zuständig. In anderen föderal organisierten Staaten, wie etwa den
USA, unterhalten Bund und Länder für den Vollzug der ihnen zugeordneten Aufgaben hingegen
eigene mehrstufige Verwaltungshierarchien bis zur lokalen Ebene hinab (zu Einzelheiten vgl.
Mayntz 1985, 90f.).
4 Einen Überblick über Projekte, die dem Aufbau des Informationsverbundes Bonn-Berlin dienen,
geben Engel (1997) und Kaack (1995).
94
Die Pioniere: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen
Aufbauend auf einem Gutachten von drei Beratungsuntemehmen fiel Anfang 1986 der
Startschuß zum Landesverwaltungsnetz Baden-Württemberg (LVN). Als einheitliche
Basis wurde der IBM-Standard SNA festgelegt, wofür neben der Martktführerschaft
von IBM auch wirtschaftspolitische Gründe maßgeblich waren. Das LVN ist eines von
mehreren Vorhaben („Szenarien“) des Landessystemkonzeptes (LSK), dem seit 1984
fortlaufend weiterentwickelten Rahmen und Regelwerk für den Einsatz der IuK-
Technik in der Landesverwaltung Baden- Württembergs. 5 Zuvor existierten zehn, zum
Teil parallel zueinander verlaufende Einzelnetze, die unter anderem von den Finanzbe-
hörden, der Vermessungs- und der Kultus Verwaltung, der Polizei und der Landesan-
stalt für Umweltschutz (LfU) betrieben wurden. Wegen technischer Inkompatibilitäten
mußten die Netze von Polizei, Kultus- und Umweltverwaltung auch nach der Realisie-
rung des LVN parallel zu diesem aufrechterhalten werden.
Zu Beginn der 90er Jahre kam es zur ersten weitreichenden Veränderung in der LVN-
Konzeption Baden- Württembergs: Die EU-Mitgliedsstaaten waren mit dem EU-Rats-
beschluß 87/95/EWG auf offene Systemarchitekturen unter OSI verpflichtet worden,
daneben zeichnete sich allgemein das Ende proprietärer Rechnerarchitekturen wie
SNA ab (Kap. 4.1). Die Migration des LVN aus der SNA- in die OSI-Welt begann. Im
Zuge dieser Umstellung war nun endlich auch die Zusammenführung von LVN und
Polizeinetz vorgesehen, die Integration der Kultus- und Umweltnetze sowie die Ein-
bindung des Kommunalen Verwaltungsnetzes (KVN) standen ebenfalls auf dem Ar-
beitsplan. 6 Bis Anfang 1996 sollten das bisherige SNA-basierte LVN (LVN-SNA) in
ein LVN-OSI überführt und diverse technische Erneuerungen durchgeführt werden.
Doch schon während dieser Zeit zeichnete sich eine weitere, zweite Veränderung ab:
Nicht OSI, so stellte sich mehr und mehr heraus, sondern die „Internet-Architektur“
TCP/IP begann sich als Standardarchitektur für offene Netze durchzusetzen.
In den Fachverwaltungen war dieser Trend früh erkannt worden. So hieß es z.B. aus
den Reihen der Umweltverwaltung zu weiteren Technikplanungen:
„Zukünftig werden auch WWW-Browser wie MS Explorer und Netscape eine stärkere
Rolle spielen. (...) Eine Weitverkehrsvemetzung zwischen allen Dienststellen der Landes-
verwaltung erfolgt auf der Grundlage des multiprotokollfähigen Landesverwaltungsnetzes
(LVN) unter dem Netzwerkprotokoll TCP/IP.“ (IM 1997, 22)
5 Ausführlich zu LVN und LSK: IM Baden- Württemberg (1991, 1992 und 1997).
6 Zu Einzelheiten der Umstellung auf OSI vgl. IM Baden- Württemberg (1997, 3ff.) sowie Landes-
beauftragte für den Datenschutz in Baden- Württemberg (1994, 1 15 ff.).
95
Mit anderen Worten: Bei der Integration des vormals proprietären, zu SNA inkompa-
tiblen Umweltnetzes in das LVN wurde von vornherein nicht mehr auf OSI gesetzt.
Statt dessen wurde von den Fachverwaltungen vorweggenommen, was den LVN-Be-
treibem noch bevorstand: die Erweiterung des LVN in Richtung TCP/IP und mittel-
fristig der Austausch von OSI- durch TCP/IP- An Wendungen und Produkte.
Mit ähnlichen Problemen hatten die Netzbetreiber in Nordrhein- Westfalen zu kämpfen,
die allerdings von vornherein eine herstellemeutrale Linie verfolgt hatten. Bereits 1972
war auf Initiative einzelner Ressorts mit der Entwicklung einer landesweiten Kommu-
nikationsinfrastruktur begonnen worden, drei Jahre später wurde das Datenvermitt-
lungssystem Nordrhein-Westfalen (DVS) in Betrieb genommen. Für das seitdem be-
ständig ausgebaute und fortentwickelte DVS hat sich inzwischen die Bezeichnung
Landesverwaltungsnetz NRW (LVN NRW) durchgesetzt. 7
Die Herstellerunabhängigkeit des DVS kam exemplarisch in der Entwicklung eines
eigenen Transportprotokolls zum Dateitransfer (Einheitliches Höheres Kommunikati-
onsprotokoll 4; EHKP-4) zum Ausdruck, das „als Zwischenlösung bis zum Vorliegen
internationaler Normen“ (LDS NRW 1991, 15) dienen sollte. Diese Eigenentwicklung
führte keineswegs ein unbeachtetes Randdasein. Vielmehr hatte seinerzeit allein die
Nachfrage durch das Land NRW ausgereicht, um selbst weltweit operierende Firmen
wie IBM zu Anbietern von Produkten zu machen, die dem EHKP-4- Standard gehorch-
ten. EHKP-4 und andere DVS-Entwicklungen wurden auch im kommunalen und pri-
vatwirtschaftlichen Bereich eingesetzt, verloren aber mit dem Aufkommen des ISO-
OSI-Modells an Bedeutung. Das DVS wurde in der Folgezeit konsequent auf OSI-
Standards ausgerichtet, so daß NRW als erstes Bundesland über ein vollständig OSI-
basiertes Verwaltungsnetz verfugte. Inzwischen hat auch in NRW die Migration von
OSI zu TCP/IP begonnen. Zur Bedeutung des Internet für die zukünftige Techniknut-
zung in der Landes Verwaltung NRWs hieß es in einem Interview zusammenfassend:
„Das Internet ist bei uns inzwischen das Maß aller Dinge. Für Dinge, die nicht im Internet
angeboten werden, existiert auch kein echter Bedarf.“
In der Übergangsphase werden OSI-Lösungen noch einige Zeit parallel zu neueren
TCP/IP-basierten Anwendungen eingesetzt, sie gelten aber unzweifelhaft als auslau-
fende Modelle.
Die am Beispiel der „Netzpioniere“ Baden- Württemberg und Nordrhein- Westfalen
beschriebene Kehrtwende von OSI zu TCP/IP ist das Ergebnis grundlegender Verände-
7 Ausführlich zum DVS bzw. Landesverwaltungsnetz NRW vgl. Breil (1997); LDS NRW (1991);
Rastetter (1995); Vogel (1995).
96
rungen in der Verwaltungsumwelt. Die kontinuierlich steigende Zahl beruflicher und
privater Internet-Nutzer in den 90er Jahren läutete den Sieg von TCP/IP über OSI ein.
Computerfirmen wandten sich vom OSI-Markt ab und TCP/IP zu. Auf mittlere Sicht
drohte OSI zur (teuren) Nischenlösung der Behörden zu werden. Auch politisch wäre
es nicht zu vermitteln gewesen, wenn die Landesverwaltungen vom vielbeschworenen
„Daten-Highway“ abgehängt worden wären. Hinzu kommt, daß die Internet-Technik
einfache und wirkungsvolle Lösungen zur Erneuerung der behördlichen DV- Systeme
bietet, etwa indem mittels Intranet und einem handelsüblichen Browser der Zugriff auf
Daten über Behördengrenzen hinweg entscheidend vereinfacht oder sogar erst ermög-
licht wird. Die Migration zu TCP/IP stellt also nicht nur die Ablösung einer Netzarchi-
tektur durch eine andere dar, sondern ist zugleich als weiterer qualitativer Sprung in
der behördlichen Techniknutzung zu werten.
EU -Ratsbeschluß und EPHOS
So konsequent der Übergang zu TCP/IP angesichts dieser Fakten erscheinen mag, so
ungewöhnlich ist er doch für ein System wie die öffentliche Verwaltung, die stark an
normativen Vorgaben ausgerichtet ist.
Nach wie vor gilt in Europa der bereits erwähnte EU-Ratsbeschluß, der OSI als Stan-
dard für Computemetze in den Verwaltungen der EU-Mitgliedsstaaten verbindlich
festschreibt. Sofern verfügbar, sind OSI-Produkte den übrigen Alternativen zwingend
vorzuziehen. Gegen diese Vorgabe wird mit dem Einsatz von TCP/IP und der an-
schließenden Nutzung von Diensten wie Intemet-E-Mail oder dem Datei-Transfer
mittels FTP fortlaufend verstoßen. Die EU war an dieser Entwicklung alles andere als
unbeteiligt, hat sich doch deren Administration selbst nicht an die Vorgabe gehalten.
So berichteten z.B. Interviewpartner aus deutschen Umweltbehörden (Kap. 5.3), daß
die EU-Um weltagentur Intemet-E-Mail und nicht X.400 benutze und darüber hinaus
ein europaweites Intranet plane.
Auf diese Weise wurde die Glaubwürdigkeit gegenüber potentiellen Anbietern von
OSI-Produkten, inklusive der heimischen Hersteller, verspielt. Ein Interviewpartner:
„Wäre die europäische Verwaltung insgesamt als Nachfrager aufgetreten, wären wir über-
schwemmt worden mit kostengünstigen OSI-Produkten, aber es hat überhaupt niemand
danach gefragt.“
Nachdem das Vorhaben, mit OSI die Marktposition der europäischen Computerindu-
strie zu festigen, gescheitert war, hatte zugleich der damalige Beschluß der EU seine
Bedeutung verloren. Eine Aktualisierung der Vorgabe scheint mittlerweile überflüssig
97
zu sein, da sich außerhalb der Verwaltungen mit TCP/IP ja ein neuer, allseits akzeptier-
ter Standard herausgebildet hat. Die Interoperabilität zwischen den Verwaltungsnetzen
der EU-Mitgliedsstaaten wird derzeit also durch das bewußte und vorsätzliche Ignorie-
ren eines EU-Ratsbeschlusses und die Hinwendung zu Standards und Produkten, die
sich auf dem Markt durchgesetzt haben, gewährleistet. Klagen einzelner Anbieter von
OSI-Produkten auf Einhaltung des Ratsbeschlusses sind dabei kaum zu befurchten, da
sich diese ebenfalls dem TCP/IP-Markt zugewandt haben und Verwaltungen mit ihren
neuentwickelten Produkten beliefern.
Eine ähnliche Veränderung wie die technische Gestaltung der Landesverwaltungsnetze
hat EPHOS (European Procurement Handbook for Open Systems), das im Auftrag der
EU-Kommission von Vertretern Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands ent-
wickelte Beschaffungshandbuch für offene Systeme, durchlaufen. EPHOS war gedacht
als fortlaufend zu aktualisierender Ratgeber für den „OSI- Alltag“ in den Verwaltungen
der Mitgliedsstaaten; eine erste, europaweit verfügbare Version erschien Anfang 1992
(KB St 1992; Vogel 1992). Die in frühen EPHOS- Versionen verfolgte und durch den
EU-Ratsbeschluß vorgeschriebene OSI-Orientierung ist zwischenzeitlich einer prag-
matischen Vorgehens weise gewichen. Um der eigenen Bedeutungslosigkeit entgegen-
zuwirken, haben die EPHOS-Verantwortlichen sich Mitte der 90er Jahre ebenfalls über
den Ratsbeschluß hinweggesetzt und die Internet- Welt in das Regelwerk Einzug halten
lassen. Diese Kursänderung wurde begleitet von einem personellen Schnitt: Der frühe-
re Berater sowie alle Personen an der Spitze des EPHOS-Gremiums, die sich noch
stark mit OSI identifizierten, wurden ausgewechselt. Anschließend wurde in neuer Zu-
sammensetzung „mit EPHOS quasi noch einmal ganz von vorne begonnen“, wie es ein
Interviewpartner ausdrückte.
Trotz dieses Neuanfangs ist fraglich, ob die Idee eines zentral entwickelten Handbu-
ches zur Internet-Welt ebenso gut paßt wie zur OSI-Idee. Verglichen mit OSI ist TCP/
IP das Ergebnis einer gänzlich anderen Vorgehensweise in der Technikentwicklung:
„Weitgehend ohne Architekturmodell und langfristige Planung entwickelte ein kleiner,
geschlossener Kreis einfache, pragmatische Lösungen für die unmittelbaren und kurzfri-
stigen Bedürfnisse der Teilnehmer des Internet-Netzes. Der TCP/IP-Prozeß setzt also auf
die Evolution, wo die OSI-Gemeinde gezielte Züchtung betreibt.“ (Hartmann/Schlabschi
1994,58)
In der Rückschau stellen OSI-Ratsbeschluß und EPHOS den anspruchsvollsten, aber
vermutlich letzten Versuch dar, den Einsatz der IuK-Technik in der öffentlichen Ver-
waltung von zentraler Seite aus (in diesem Fall: europaweit) zu standardisieren und zu
normieren. Der Ansatz, mit einer dauerhaften Festlegung auf OSI nicht nur die Kom-
patibilität der diversen Systeme zu gewährleisten, sondern zugleich die Nachffage-
98
macht der Verwaltungen zu stärken, ist gescheitert. Es hat sich gezeigt, daß derartig
detaillierte und bürokratischen Abstimmungsprozeduren unterworfene Regelwerke mit
dem Tempo der technischen Entwicklung nicht länger Schritt halten können. Ohne ein
koordiniertes und einheitliches Vorgehen der europäischen Verwaltungen aber fehlt
der Hebel, um auf irgendeine Weise die technische Entwicklung und das Marktgesche-
hen im eigenen Sinne beeinflussen zu können. Die öffentliche Verwaltung wird sich
zukünftig - wie alle anderen Nutzer der IuK-Technik auch - am Marktgeschehen ori-
entieren müssen.
Solange es einen eindeutigen Standard wie TCP/IP mitsamt einer breiten Produktpalet-
te gibt, ist dies nicht weiter problematisch. Schwierig dürfte es hingegen werden, wenn
sich bei neuen Hardware- oder Software-Linien kein Standard herauskristallisieren
sollte oder wenn die Marktentwicklung einer wechselseitigen Kompatibilität entgegen-
läuft. Letzteres ist für zukünftige Versionen der Internet-Produkte großer Software-
Schmieden leider nicht auszuschließen. In diesen Fällen würde die Festlegung von
Standards und Normen abermals an Bedeutung gewinnen, wobei die Gefahr besteht,
daß diese zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung schon wieder veraltet sind.
Dennoch war die zurückliegende Arbeit rund um OSI und EPHOS keineswegs nutzlos:
Auf diese Weise sind nämlich grundsätzliche Anforderungen präzisiert worden, die
von den angebotenen Produkten erfüllt werden müssen, wenn sie in der Verwaltung
Anwendung finden wollen. Der OSI-basierte X.400-Standard für E-Mail sieht z.B. für
die Verwaltungsarbeit vielfach unverzichtbare Leistungsmerkmale wie Zustell- und
Empfangsbestätigungen vor, die von konkurrierenden Produkten aus der Internet- Welt
(noch) nicht erfüllt werden. In NRW wurde daraus der Schluß gezogen, X.400 weiter-
hin den Vorzug zu geben, aber mittels eigens dafür entwickelter Software einen Über-
gang in die Internet- Welt bereitzustellen.
Dies lenkt den Blick auf den Aufwand, den die Anpassung eines Verwaltungsnetzes an
veränderte technische Standards bereitet. Neben der Umstellung der netztechnischen
Infrastruktur selbst (Rechneradressierung, Installation von Netzwerk-Software, wo-
möglich Modernisierung der Übertragungswege usw.) müssen früher oder später die
über das Netz abgewickelten Fachanwendungen modifiziert und bei Bedarf auch Lö-
sungen für die Übergangszeit entwickelt werden. 8 Deutlicher als je zuvor zeigt der Fall
der Netzumstellungen von OSI auf TCP/IP: Der Betrieb eines Landesverwaltungsnet-
zes ist längst zu einem eigenständigen Sachproblem geworden.
8 Dies kann zu kuriosen Resultaten fuhren: So hat das LDS in NRW einen eigenen Browser pro-
grammiert, um während der Umstellungsphase über die bestehenden OSI- Verbindungen WWW-
Angebote abrufen zu können. Die gebräuchlichen TCP/IP-basierten Browser waren zum damali-
gen Zeitpunkt kostenlos aus dem Internet zu beziehen.
99
5.2 Der lange Weg zum Online-Arbeitsamt
Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) gehört zu den behördlichen Computerpionieren der
ersten Stunde, so daß sich an ihrem Beispiel die Geschichte des Computereinsatzes im
öffentlichen Sektor mit all ihren Erfolgen und Fehlschlägen ideal typisch nachvollzie-
hen läßt. Neben der Unterstützung interner Geschäftsabläufe war in der BA auch der
Technikeinsatz an der Schnittstelle zur Verwaltungsumwelt schon frühzeitig ein The-
ma. 9 Mit der Verbreitung des Internet ist hier abermals eine neue Qualität zu verzeich-
nen, denn seit 1997 bietet die BA im World Wide Web Informationen und Recher-
chemöglichkeiten für Stellensuchende und Arbeitgeber an. 10
Die folgende Darstellung beginnt mit einem historisch angelegten Überblick über die
netztechnische Infrastruktur und die darauf basierenden Computeranwendungen im
Bereich der BA. Danach wird näher auf die Nutzung der Internet-Technik sowohl für
interne Zwecke als auch für die Interaktion mit Klienten und Arbeitgebern eingegan-
gen, bevor der Technikeinsatz bei der BA abschließend unter den Gesichtspunkten
Legitimationsförderung und Rationalisierung diskutiert wird.
5.2.1 IBAN, COSIMA & Co. - netztechnische Infrastruktur und Anwendungen
Die netztechnische Infrastruktur der BA erstreckt sich über die Nürnberger Hauptstel-
le, die Landesarbeitsämter und die ca. 180 bundesweit verteilten Arbeitsämter, die
wiederum über eine Vielzahl von Nebenstellen verfugen.
Bis zur Inbetriebnahme des Integrierten BA-Netzes (IBAN) im März 1997 existierten
hier mehrere Stand- und Wählleitungsnetze parallel und ohne Verbindung zueinander.
Unterschiedliche Verfahren (Arbeitsvermittlung, Leistungsgewährung, Beratung usw.)
bedienten sich jeweils eigener Wege zur Datenübertragung. Kam eine neue Aufgabe
und mit ihr eine neue Technikanwendung hinzu, mußte eine weitere, zusätzliche Ver-
bindung zwischen den involvierten Stellen aufgebaut werden. Diese verfahrensspezifi-
schen Lösungen waren erstens teuer und unwirtschaftlich, da sie nie voll ausgelastet
worden sind, und zweitens in höchstem Maße umständlich - insbesondere für jene Mit-
arbeiter, die auf mehrere Verfahren zugreifen mußten. Mit IBAN steht nun eine verfah-
9 Dies drückte sich z.B. in der unbaren Zahlung von Arbeitslosenunterstützung ab 1968 aus, mit
der die BA auf den (damals noch vorübergehenden) Anstieg der Arbeitslosenzahlen reagierte
(Kuhlmann 1986a, 257). Ab 1972 wurden auch die Krankenversicherungsbeiträge maschinell
zahlbar gemacht, weitere Maßnahmen (z.B. die Ablösung von Computerausdrucken durch Daten-
transport über Magnetbänder) scheiterten aber bis Ende der 70er Jahre an mangelnder technischer
Ausstattung der Krankenkassen (ebd., 264).
10 http://www.arbeitsamt.de
100
rensübergreifende Infrastruktur zur Verfügung, die von der Deutschen Telekom als
Provider auf der Basis von Datex-M 11 realisiert worden ist. Das neue Netz ist lei-
stungsfähiger und komfortabler, wobei die Kosten nicht über der Gebührensumme für
die vormaligen Einzelnetze liegen. Mit einem weiteren Projekt namens „Route 96“
wurden die hausintemen Kabelinfrastrukturen innerhalb der BA-Dienststellen wie auch
in der Nürnberger Zentrale erneuert. Die von der BA genutzten Wege zur Datenüber-
tragung sind in den letzten Jahren also einer Generalüberholung unterzogen worden. 12
Ein weiterer Schritt auf der Infrastruktur-Ebene wird in der geplanten Ablösung der
Unix-Terminals durch vernetzte PCs ab 1998/99 bestehen. Voraussetzung dafür ist al-
lerdings, daß eine praktikable Lösung für den Support der insgesamt etwa 50.000 End-
nutzer in den Arbeitsämtern gefunden wird.
Während das unwirtschaftliche und unpraktikable Nebeneinander unterschiedlicher
Verfahren auf der Infrastruktur- Ebene mit IBAN beseitigt werden konnte, bestehen bei
den Fachanwendungen noch erhebliche Schwierigkeiten: Verfahren und Datenbasen
sind nicht einheitlich aufgebaut, Medienbrüche behindern den Arbeitsfluß über Abtei-
lungsgrenzen hinweg, Daten werden mehrfach erfaßt und redundant gespeichert usw.
Dies ist letztlich das Ergebnis eines sich seit Anfang der 60er Jahre schrittweise aus-
weitenden Computereinsatzes, dem es lange Zeit an einer integrativen Vorgehens weise
gemangelt hat.
Werfen wir an dieser Stelle einen kurzen Blick zurück: Die Computerisierung der BA
startete mit der maschinellen Berechnung von Unterstützungsleistungen, also in einem
Arbeitsbereich mit massenhaft anfallenden, kaum interpretationsbedürftigen („harten“)
Daten. 13 Ergänzend zur Rationalisierung der mit quantitativen Daten operierenden Tä-
tigkeitsbereiche wurde der Technikeinsatz in den 70er Jahren auf die Arbeitsvermitt-
lung ausgedehnt, für die wenig formalisierte Tätigkeiten und der Umgang mit ergän-
zungs- und interpretationsbedürftigen („weichen“) Daten charakteristisch sind. 14 Mit
1 1 Datex-M ist ein Service der Deutschen Telekom an Betreiber von Weitverkehrsnetzen, die insbe-
sondere bestehende lokale Netze über weite Strecken miteinander verbinden wollen (zu Einzel-
heiten vgl. Niederreiter 1995).
12 Im Unterschied zu den Betreibern von Landesnetzen blieb der BA übrigens der Umstieg von
ISO-OSI auf TCP/IP erspart. Aufgrund der zahlreichen Unix-Systeme wurden hier seit jeher
TCP/IP-Produkte eingesetzt. Die zwischenzeitlich gestarteten Versuche zur Migration in die OSI-
Welt waren - aus heutiger Sicht: zum Glück - allesamt erfolglos.
13 Zum Überblick über die Historie des Technikeinsatzes in der BA vgl. Bahnmüller/Faust (1992,
43 ff.) und Kuhlmann (1986a).
14 Der Computereinsatz in der Arbeitsvermittlung als einem zuvor von der IuK-Technik unberühr-
ten Arbeitsbereich ist auf besonders große wissenschaftliche Aufmerksamkeit gestoßen; vgl. dazu
101
dem computerunterstützen Arbeitsvermittlungsverfahren (coArb) sollten Vermittler
von Routinearbeiten entlastet und die Transparenz des Stellen- und Bewerbermarktes
erhöht werden. Die Arbeitsvermittler mußten dabei die ihnen vorliegenden Stellen-
bzw. Bewerberangebote nach einem vorgegebenen Schlüssel vercoden und zum Nürn-
berger BA-Rechenzentrum übertragen. Dort wurden Stellen- und Bewerberdaten ab-
geglichen, Übereinstimmungen als Vermittlungs Vorschlag ausgedruckt und an das zu-
ständige Arbeitsamt weitergeleitet. Auf Kritik stieß coArb vor allem wegen der starken
Formalisierung der zuvor individuellen Beratungsarbeit der Vermittler und der zusätz-
lichen Belastungen durch Angebotsverschlüsselung und das Abarbeiten maschinell
erstellter Vermittlungsvorschläge.
Einen weiteren Meilenstein stellte das Anfang der 80er Jahre gestartete Projekt Com-
putersysteme im Arbeitsamt (COSIMA) dar. Mit ihm sollte erstens die Zahl der Bild-
schirmarbeitsplätze bis zum Ende des Jahrzehnts kontinuierlich erhöht werden, zwei-
tens galt es, in allen Arbeitsämtern eine einheitliche Infrastruktur ftir Arbeitsvermitt-
lung, Berufsberatung und Leistungsabteilung zu realisieren. Drittens waren eine Reihe
weiterer Systeme zur Erledigung verschiedener Fach- und Verwaltungsaufgaben ge-
plant (Bahnmüller/Faust 1992, 69f.). Mit COSIMA stand nun erstmals die Integration
existierender Anwendungen auf dem Programm, was in der Praxis aber wenig erfolg-
reich war: Die Spezifika der unterschiedlichen Fachsysteme erwiesen sich als kaum zu
überwindende Integrationshemmnisse, hinzu kamen Kompatibilitätsprobleme bei
Hardware und Betriebssystemen (ebd., 95).
In dieser Situation fielen Anfang der 90er Jahre zwei Entscheidungen (Grauel/Schulz
1993, 346): Erstens sollte zukünftig nur noch ein einziger Rechnertyp mit Unix als
einheitlichem Betriebssystem zum Einsatz kommen. Zweitens wurde beschlossen, eine
zweite „Anwendungsplattform“ in Form separierter (vom Typ her aber identischer)
Hardware einzurichten, um neue Verfahren schnell und kostengünstig entwickeln und
einsetzen zu können. Alte Verfahren wurden auf der Plattform COSIMA 1, neue An-
wendungen auf einer zweiten Plattform, COSIMA 2, angesiedelt. 15 COSIMA 1 gilt
ausführlich die Beiträge in Grimmer (1986a) sowie Bahnmüller/Faust (1992, 122ff.); Gräßle/
Kumbruck (1984); Höhmann (1991); Kuhlmann (1986b, 129ff.) und Schäfer (1989).
15 Zu den alten Verfahren auf COSIMA 1 zählen die Verfahren computerunterstützte Arbeitsver-
mittlung (coArb), computerunterstützte Leistungsgewährung (coLei), computerunterstützte Aus-
bildungsstellenvermittlung (COMP AS) sowie Textverarbeitung, Bürokommunikation und Daten-
erfassung. Auf COSIMA 2 laufen unter anderem das computergestützte Statistik-Informationssy-
stem (coStat), das System zur Berufsausbildungsbeihilfe und Rehabilitation (BAB/Reha) und die
computerunterstützte Arbeitsberatung (coBer). Daneben wurden auf der Basis von COSIMA 2
Anwendungen für die interne Verwaltung der BA wie das Personalabrechnungssystem dezentral
(PAS-D), das System zur Haushaltsmittelbewirtschaftung (FINAS-HB) und DV-Verfahren für
die Schreibdienste der Arbeitsämter realisiert.
102
inzwischen als Auslaufmodell, Teile der darauf befindlichen Anwendungen sollen per-
spektivisch durch PC-Lösungen ersetzt werden.
Mit dem 1997 fertiggestellten Integrierten BA-Netz und der Vereinheitlichung von
Hardware und Betriebssystemen im Zuge des COSIMA- Projektes können die Sachbe-
arbeiter in den Arbeitsämtern nun mehrere Anwendungen gleichzeitig nutzen. Doch
nach wie vor stehen diese Anwendungen unverbunden nebeneinander, so daß es z.B.
nicht möglich ist, Daten aus dem einen problemlos in ein anderes Verfahren zu über-
nehmen.
Verbesserungen bei Datenerfassung und -haltung sowie die Vermeidung von Redun-
danzen und Verfahrensbrüchen genießen daher seit 1995 Priorität, als die noch immer
aktuelle IT-Konzeption 2000 (IT2000) verabschiedet wurde. Zu deren Zielen heißt es
in einem Konzeptpapier:
„Mit der IT-Konzeption 2000 sollen langfristige Zukunftsprojekte realisiert werden. Basis
dieser Zukunftslösungen sind insbesondere fachübergreifend gestaltete Anwendungen, die
• auf eine gemeinsame Datenbasis zugreifen,
• gemeinsame Büroservices, wie z.B. Text- und Grafikverarbeitung, Druckservices und
elektronische Archivverwaltung nutzen,
• modular gestaltet sind und damit organisatorisch flexibel angepaßt werden können,
• über einheitliche Software- und Kommunikationsstrukturen verfügen,
• einheitliche Benutzeroberflächen haben und
• soweit notwendig an jedem Arbeitsplatz mit entsprechender Zugriffsberechtigung ab-
rufbar sind.
Sie sollen insbesondere
• eine objektorientierte Bearbeitung der Kundenvorgänge,
• eine ortsnahe Dezentralisierung des Dienstleistungsangebots,
• den Ausbau der Selbstinformation,
• die Verlagerung von Kompetenzen,
• den Ausbau von Führungsinformationssystemen sowie
• die Kostentransparenz und ein Projektcontrolling
ermöglichen.“ (BA 1995)
Der Aufbau einer gemeinsam nutzbaren Datenbasis begann mit der Vereinheitlichung
des Betriebsdatenbestandes. 16 Dabei bereitete die eindeutige Klärung des Begriffs „Be-
trieb“ unerwartete Schwierigkeiten. Zuvor hatten die einzelnen BA-Abteilungen ihre
Anwendungen und Datenbestände auf die jeweils spezifische Interaktion mit Betrieben
(als Partner für Ausbildung oder Beschäftigung, als Antragsteller für Lohnzuschüsse
16 Wie bei der BA üblich, hat auch dieses Projekt einen überaus klangvollen Namen erhalten:
„COSIMA-Restrukturierung der Daten im Arbeitsamt/Einheitliche BA-Datenbasis“ (CORA/
EBD).
103
oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen usw.) zuschneiden können. Nun aber galt es,
einen übergreifenden, allgemein verbindlichen, gemeinsamen Nenner zu finden, wie
ein „Betrieb“ zu definieren und datentechnisch abzubilden ist. Analog wird beim Per-
sonendatenbestand vorzugehen sein, um die Stammdaten von Antragstellern, Bezüge-
empfängem, Fortbildungsteilnehmem usw. nur noch einmal erfassen zu müssen und
anwendungsübergreifend verfügbar zu machen. 17
Erforderlich sind diese Maßnahmen auch, um neue Organisationsformen und Arbeits-
abläufe, wie sie im Zusammenhang mit dem im Sommer 1994 erstmals vorgestellten
Konzept Arbeitsamt 2000 angestrebt werden, realisieren und technisch angemessen
unterstützen zu können. Ziel von Arbeitsamt 2000 ist es, gleichermaßen die Kunden-
orientierung, die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen und die
Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen (Jagoda 1995). Ähnlich wie in den Bürgerbüros
der Kommunen (Kap. 3.2.2) sollen die BA-Klienten ihre diversen Anliegen möglichst
weitgehend an einer Stelle bearbeiten lassen können. Kundenorientierte Teamarbeit
soll die bisherige Spartenorganisation ablösen, die dazu fuhrt, daß Arbeitssuchende
von Abteilung zu Abteilung geschickt werden, wenn sie z.B. Unterstützungsleistungen
beantragen, sich aber gleichzeitig um eine Fortbildungsmaßnahme bemühen wollen
(BA 1997a, 2f. ). Seit Juli 1997 wird der Übergang zu solch einem „ganzheitlichen Un-
terstützungsansatz“ (Jagoda 1997, 66) in den vier Modell-Arbeitsämtern Dortmund,
Halberstadt, Heilbronn und Saarbrücken erprobt.
Dabei wurde allerdings ausdrücklich darauf verzichtet, parallel zu veränderten Organi-
sationsformen auch neue Verfahren der Computerunterstützung zu erproben. Aus den
Erfahrungen der Vergangenheit wurde die Konsequenz gezogen, „die beiden Stell-
schrauben Organisation und Technik nicht gleichzeitig zu verändern“, wie es ein In-
terviewpartner ausdrückte. Vielmehr soll sich der zukünftige Technikeinsatz an den in
Modellprojekten erarbeiteten Organisationslösungen ausrichten. Noch vor dem Tech-
nikeinsatz gelten mittlerweile also organisatorische Maßnahmen als Schlüssel zur Ver-
besserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung. Die IuK-Tech-
nik soll neue Arbeitsweisen und Organisationsformen unterstützen, diese aber nicht be-
stimmen.
Mit Blick auf die Technik bleibt es fraglich, ob das Mitte der 90er Jahre postulierte
Ziel, bis zur Jahrtausendwende für alle Fachanwendungen eine gemeinsame, bediener-
17 Die Initiative IT2000 bedient sich einer aufwendigen Projektorganisation, mit der mittelfristig
auch die (vom Bundesrechnungshof gerügten) zersplitterten Zuständigkeiten für den Technikein-
satz beseitigt werden sollen (BA 1997b, 13ff.). Bis heute verfugen alle Abteilungen und Unterab-
teilungen in der BA-Hauptstelle in Nürnberg über eigene Referate für Organisation und Informa-
tionsverarbeitung. Daneben gibt es eine Stelle für Querschnittsaufgaben wie Infrastruktur-Pla-
nung, Standardisierung, Datensicherheit oder fachübergreifende Anwendungsentwicklungen.
104
freundliche Oberfläche und eine integrierte Datenbasis zu realisieren, tatsächlich ein-
gehalten werden kann. Deutlich zu erkennen ist aber, daß sich die Anwendungsent-
wicklung in Richtung Vereinheitlichung und Integration bewegt. Den Anfang macht
hier ein prozeßorientiertes Verfahren, das die vorherigen Anwendungen zur Arbeits-
vermittlung (coArb) und zur Leistungsgewährung (coLei) miteinander verbindet und
dessen Konzept bereits von PCs als Endgeräten ausgeht.
5.2.2 Neue Wege mit Intranet und Internet
Zur Verbesserung der internen Informationsversorgung hat die BA in der zweiten
Hälfte der 90er Jahre relativ zügig ein bundesweites Arbeitsamtsinformationssystem
aufgebaut. Realisiert wurde dieses System in Form eines Intranet, auf das alle an IBAN
angeschlossenen Arbeitsplätze in den Ämtern zugreifen können.
Die ersten über Intranet abrufbaren Daten waren die Beitragssätze der verschiedenen
Krankenkassen, die sich in den letzten Jahren immer häufiger geändert hatten. Da die
Fachanwendungen maximal drei oder vier zurückliegende Sätze pro Krankenkasse
speichern können, für manche Berechnungen aber noch ältere Daten erforderlich sind,
gab es hier dringenden Handlungsbedarf. Über das neue Informationssystem können
nun wesentlich mehr historische Beitragssätze der diversen Krankenkassen abgerufen
und manuell in die Fachanwendung übertragen werden. Damit stellt das Intranet für
die BA ein Instrument dar, um auf vergleichsweise einfache Weise mit vorhandener
Technik die Arbeitsfähigkeit trotz zunehmend häufigerer Veränderungen in ihrer Um-
welt zu gewährleisten.
Ein weiteres zentrales Anwendungsfeld für das Intranet ist die Dokumentation von
Rechtsquellen. Bereits Mitte 1997 war das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) inklusive
sämtlicher Ausführungsverordnungen, Änderungsgesetze, Anordnungen und Richtlini-
en im Intranet dokumentiert. Damit könnte in absehbarer Zeit, wenn sich die Arbeit
mit dem neuen Informationssystem eingespielt hat, die bisherige kostenintensive Pa-
pierflut (Rechtsquellen, Informationen, Formulare usw.) durch Angebote und Dienste
im Intranet ersetzt werden. Die jetzige Praxis des „print and distribute“ würde ersetzt
durch das Verfahren des „distribute and print“: Informationen werden über das Netz
verteilt und nur noch bei Bedarf ausgedruckt. 18 Neben der Kostenersparnis verbinden
sich damit weitere Vorteile: Aktuelle Änderungen oder Zusatzinformationen können
18 Den damit verbundenen Effekt verdeutlicht das Beispiel des Arbeitsförderungsgesetzes, von dem
jeder Mitarbeiter der BA jährlich eine aktualisierte Ausgabe erhält. Dieses Werk hat nicht nur
den Umfang eines großstädtischen Telefonbuches, die Vorjahres- Ausgaben werden auch ebenso
entsorgt: im eigens dafür aufgestellten Papiercontainer.
105
einfacher und schneller verbreitet werden, außerdem wird es - anders als bei gedruck-
ten Quellen - möglich, Bezüge zwischen einzelnen Rechtsquellen herzustellen und re-
levante Vorschriften mit einem einfachen Mausklick aufzurufen. Zu klären bleibt, un-
ter welchen Voraussetzungen den im Intranet befindlichen Informationen Erlaßcharak-
ter zugesprochen werden kann. Bis dahin, soviel ist klar, wird noch einige Zeit verge-
hen, da das Intranet noch nicht zu den alltäglichen Arbeitsmitteln jedes BA-Bedienste-
ten gehört.
Neben diesen Verbesserungen bei der Verbreitung allgemeiner Informationen könnte
das Intranet einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Informationsversorgung der
Führungskräfte zu verbessern. Seit den 70er Jahren gab es immer wieder Versuche,
ergänzend zur Unterstützung administrativer Verfahren und Tätigkeiten ein Informati-
onssystem für die Führungskräfte in den Arbeitsämtern aufzubauen. Die im Zuge der
automatisierten Massenarbeiten anfallenden Daten sollten zu diesem Zweck über ver-
schiedene Zwischenstufen zu aggregierten Informationen weiterverarbeitet und zur
Verfügung gestellt werden. Diese Planungen verschwanden später in den Schubladen,
wurden Mitte der 80er Jahre auf der Basis dezentraler Techniksysteme wieder hervor-
geholt und stehen aktuell im Rahmen von Arbeitsamt 2000 erneut auf der Tagesord-
nung (Jagoda 1995, 99). Doch auch in den späten 90er Jahren war den diesbezüglichen
Bemühungen kein Erfolg beschieden; berichtet wurde von BA-intemen Konflikten und
technischen Schwierigkeiten bei der Versorgung mit aktuellen Daten. Abhilfe ver-
spricht nun ein gänzlich neuer Ansatz: Über das BA-Intranet könnten Amts- und Abtei-
lungsleitungen Zugang zu zentral vorgehaltenen, „führungsgerecht“ aufbereiteten Da-
tenbeständen erhalten, um auf diese Weise z.B. die Arbeit des eigenen Amtes mit der
anderer Ämter vergleichen zu können.
Noch nicht realisiert ist ein BA-intemes E-Mail- System, das aber auf der Prioritätenli-
ste der Technikplaner einen vorderen Rang einnimmt, zumal es aus technischer Sicht
problemlos zu realisieren wäre. Ähnlich stellt sich die BA im Internet dar: Auch Ende
1997 gab es noch keine Poststelle, die analog der Verfahrensweise bei herkömmlicher
Post für die Entgegennahme und Weiterleitung digitaler Post von Externen zuständig
wäre.
Das heißt aber nicht, daß die BA dem Internet keine Aufmerksamkeit schenken würde.
Das Gegenteil ist der Fall: Über einen externen Provider bietet die BA Arbeitssuchen-
den Zugang zum Stelleninformationssystem , in dem rund 200.000 Stellen angeboten
werden ( arbeit und beruf 9/97, 273f.). Die bekannten Terminals für Stellensuchende in
den einzelnen Arbeitsämtern werden parallel dazu weiterbetrieben. Aufgebaut wurde
zudem ein Arbeitgeberinformationssystem. Über dieses System können anonymisierte
Bewerberprofile abgerufen, über entsprechende Formulare Stellen gemeldet oder Ter-
mine mit dem örtlichen Arbeitsamt vereinbart werden. Ergänzend zu den Systemen für
106
Arbeitssuchende und Arbeitgeber ist über das Internet ein breites Spektrum an Infor-
mationen allgemeiner Art abrufbar (Geschäftsberichte, Pressemitteilungen, Arbeits-
marktstatistiken, Informationen über Geldleistungen der BA u.ä.). Dieses Angebot soll
ebenso weiter ausgebaut werden wie die elektronische Kommunikation mit den Ar-
beitgebern, die zukünftig z.B. Arbeits- oder Verdienstbescheinigungen über das Netz
übermitteln sollen.
Das Internet- Angebot der BA ist in seiner jetzigen Form nicht darauf ausgerichtet, den
persönlichen Kontakt zu ersetzen. Dies gilt insbesondere für die persönliche Antrags-
abgabe und das regelmäßige Vorsprechen von Stellensuchenden und Arbeitslosen. Die
Frage, wieviel Prozent der Dienstleistungen der BA auf Selbstbedienung umgestellt
werden könnten, ist in der Anfangsphase der Internet-Nutzung durch die BA kaum
thematisiert worden. Die technischen Voraussetzungen für eine Ausweitung solcher
Angebote sind erfüllt, allerdings existieren neben gesetzlichen Barrieren in manchen
Bereichen auch massive fachliche Bedenken. So gab es z.B. Überlegungen, für die
Vermittlung von Ausbildungsstellen ein System analog zum Stelleninformationssy-
stem aufzubauen. Dies wurde jedoch als sehr problematisch eingeschätzt, da gerade
kleinere Unternehmen darauf vertrauen, daß vom Arbeitsamt in ihrem Sinne eine Vor-
auswahl unter den Bewerbern getroffen wird.
5.2.3 Legitimation und Rationalisierung als Ziele des Technikeinsatzes
Die Tätigkeit der BA war sowohl im politischen Raum als auch in der Öffentlichkeit
nie unumstritten. Gerstlberger u.a. fassen die Chronologie dieser Mammutbehörde
überspitzt als „von unfähig über überflüssig zurück zu unfähig“ (1997, 26) zusammen -
unbeliebt jedenfalls, dies wäre noch zu ergänzen, war die BA zu jedem dieser Zeit-
punkte. Stets war ihre Tätigkeit deutlichster Beleg für Unzulänglichkeiten unseres
Wirtschaftssystems, an ihre Adresse richtete sich jedwede Kritik an der Arbeitsmarkt-
politik der jeweiligen Bundesregierung und für Vertreter einer marktliberalen Politik
war es noch nie eine Frage, daß die Vermittlungstätigkeit besser von privaten Anbie-
tern übernommen werden sollte. Unter diesen Vorzeichen ist der Technikeinsatz der
BA stets auch als Versuch gewertet worden, sich einen „Anstrich von Modernität“
(Kuhlmann 1986a, 306) zu geben und damit die eigene Legitimation zu erhöhen
(Bahnmüller/Faust 1992, 89ff.; Kuhlmann 1986a, 303ff.). Kosten-Nutzen-Überlegun-
gen blieben da schon einmal auf der Strecke, zumal bei den BA-Planem der Glaube an
die technischen Heilsbotschaften bis in die 80er Jahre hinein ausgesprochen stark aus-
geprägt war (Faust/Bahnmüller 1996). 19
19 Zur Kritik an der Wirtschaftlichkeit des BA-Technikemsatzes für die Phasen bis Ende der 80er
Jahre vgl. Bahnmüller/Faust (1992, 279ff.) sowie zuvor bereits Grimmer (1986b, 7ff.).
107
Diese legitimationsfördemden Aspekte sind auch heute noch aktuell. Insbesondere die
Internet- Angebote sind geeignet, die BA gegenüber einer technikinteressierten Öffent-
lichkeit als moderne Behörde zu präsentieren. Stolz wird in hauseigenen Publikationen
verkündet, daß die BA mit dem Stelleninformationssystem das größte Internet-
Angebot für Arbeitssuchende im deutschsprachigen Bereich anbiete und ein Spitzen-
wert von 17.000 Zugriffen innerhalb von 24 Stunden zu verzeichnen gewesen sei {ar-
beit und beruf 9/97, 273f.). Mit dem Arbeitgeberinformationssystem ist sogar ein völ-
lig neues Angebot entwickelt worden, um via Internet das etwas angestaubte Image
aufzupolieren.
Generell müssen bei der BA, wie auch bei anderen Bundesbehörden, Investitionen in
IuK-Technik durch Einsparungen bei Personal- oder Sachmitteln gegengerechnet wer-
den. Eine Ausnahme wird nach Informationen aus einem Interview nur dann gemacht,
wenn ein Projekt als strategisch bedeutsam gilt oder explizit von der Politik gefordert
wurde. Die Internet- Angebote können ebenso wie die Projekte zur Verbesserung der
technischen Infrastruktur sicherlich mit dem Etikett „strategisch bedeutsam“ versehen
werden. Gleiches gilt für den Aufbau des Intranet, das zudem vergleichsweise geringe
Finanzmittel verschlingt und bei dem begründete Hoffnung besteht, durch eine Redu-
zierung des Papieraufkommens nachhaltige Einsparungen zu erzielen. Schwierig wird
es jedoch bei komplexen Neuentwicklungen wie den verfahrensübergreifenden An-
wendungen mit einheitlicher Datenbasis. Inwieweit die Pflicht zur Gegenrechnung mit
Einsparungen an anderer Stelle tatsächlich praktiziert wird bzw. überhaupt praktikabel
ist, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Festzuhalten ist: Wie schon in früheren
Phasen der Verwaltungsinformatisierung gilt IuK-Technik heute wieder als Rationali-
sierungsinstrument - und das heißt auch: als Mittel zum Personalabbau. 20
Zwar dürften die Möglichkeiten zur Automatisierung routinisierter, standardisierter
und formalisierter Verwaltungsarbeiten 21 weitgehend ausgeschöpft sein, dies bedeutet
aber mitnichten, daß auch die Substitution von Personal durch Technik ihre Grenzen
erreicht hätte. Zum Beispiel kann durch eine beschleunigte Vorgangsbearbeitung auch
in f einzelfallorientierten Tätigkeitsbereichen der Personalbedarf gesenkt werden. E-
Mail und elektronische Datenhaltung ersetzen heutige Hilfstätigkeiten wie Botendien-
20 Der Druck zu Einsparungen bei den Personalmitteln prägt nicht nur den Technikeinsatz, sondern
auch die Organisationsveränderungen im Zusammenhang mit dem Konzept Arbeitsamt 2000. So
soll z.B. die Verlagerung von Budget- und Organisationskompetenzen auf Landesarbeitsämter
und lokale Dienststellen in der Nürnberger Hauptstelle eine Kürzung des Stellenansatzes um 10%
ermöglichen (BA 1997a, 4).
21 Vgl. dazu auch die Darstellung zur Verwaltungsautomation im Masse- und Routmebereich am
Beispiel der Finanzverwaltung bei Brinckmann (1995, 79ff).
108
ste und Poststellen. Weitere Einsparpotentiale werden sich eröffnen, wenn bestimmte
Tätigkeiten über Terminals und Internet auf Antragsteller und Bezügeempfänger ver-
lagert werden. Zwar ist für die nächsten Jahre nicht zu erwarten, daß ganze Interakti-
onsprozesse (z.B. Beantragung von Geldmitteln) technisch abgewickelt werden kön-
nen, der Ausbau von Selbstinformationseinrichtungen aber ist erklärtes Ziel (BA
1997a, Anlage 1).
In seinem Überblick über die bis Mitte der 80er Jahre verfolgten Technisierungsprojek-
te der BA kommt Kuhlmann zu dem Urteil, daß mit der Rationalisierung in formali-
sierten Aufgabenbereichen durchaus beachtliche Erfolge erzielt worden sind, eine Ef-
fektivierung des qualitativen Vollzugs aber nicht festzustellen sei. Seine Schlußfolge-
rung:
„Wenn diese Überlegungen zutreffen, dann könnten wir DV-Projekte, die im Gefolge des
... ‘Perspektivenwechsels zur DV als qualitativer Ressource’ um 1970 erdacht und begon-
nen wurden, als politischen und ‘DV-philosophischen’ Überbau beschreiben, als lärmende
Kapriolen einer Entwicklung, die bei nüchterner Betrachtung auf dem stabilen Phänomen
der Rationalisierung durch Maschinisierung des Maschinisierbaren aufruht.“ (Kuhlmann
1986a, 286f.)
Die von Kuhlmann beschriebene „Maschinisierung des Maschinisierbaren“ entspricht
einem Einsatz der IuK-Technik, der dem Leitbild vom Computer als Automaten (Kap.
4) folgt: Die Maschine soll immer weitere Tätigkeitsbereiche übernehmen, Ziel ist
letztlich eine Vollautomatisierung, der Mensch wird zur Restgröße degradiert. Selbst
die erste Phase des Technikeinsatzes in einem an Interaktionen reichen Bereich wie der
Arbeitsvermittlung war noch stark diesem Leitbild geschuldet. Vermittlungs Vorschläge
wurden durch Abgleich von Stellen- und Bewerberdaten „automatisch“ ermittelt, die
Berufsberater verloren an Autonomie.
Mit Anwendungen wie dem Stelleninformationssystem wurde ein Richtungswechsel
eingeschlagen. Die Technik soll die Arbeitsvermittlung nun nicht mehr (ganz oder teil-
weise) automatisieren, statt dessen können Berufsberater und Arbeitssuchende vor Ort
das aktuelle Angebot sichten und in ihrer Interaktion darauf Bezug nehmen (Werk-
zeug-Charakter des Computers). Damit werden Teile der zuvor vom Berufsberater
vorgenommenen Tätigkeiten auf die Klienten verlagert, was für letztere einen Zuge-
winn an Selbständigkeit und Transparenz über den Stellenmarkt mit sich bringt. 22 Auf
seiten der Berufsberater bedeutet dies, daß ihr informationeller Vorsprung gegenüber
22 Dies gilt insbesondere dann, wenn überregional nach Stellenangeboten gesucht wird. Diese sind
nicht am Arbeitsplatz der Berufsberater, wohl aber über das öffentliche Stelleninformationssy-
stem abrufbar.
109
den Arbeitssuchenden sinkt. 23 Je qualifizierter die Klienten und je versierter diese im
Umgang mit der IuK-Technik sind, desto weniger unterscheiden sich die Kenntnisse
über den Arbeitsmarkt zwischen Arbeitssuchenden und Vermittlern. Für letztere ergibt
sich der verbleibende Vorsprung vor allem aus einer detaillierten Kenntnis der kom-
plexen und sich fortlaufend verändernden Rechtslage. Selbst dies könnte sich ändern,
wenn den Klienten zukünftig auch Teile der im BA-Intranet befindlichen Informatio-
nen zugänglich gemacht würden, wofür es derzeit allerdings keinerlei Anzeichen gibt.
Mit dem Selbstbedienungsangebot zur Stellensuche verkleinert sich zugleich das Tä-
tigkeitsspektrum der Berater - die theoretisch denkbaren Personaleinsparungen dürften
allerdings durch die kontinuierlich steigende Arbeitslosigkeit wieder zunichte gemacht
worden sein. Umgekehrt bedeutet dies, daß erst der Einsatz der IuK-Technik die BA in
die Lage versetzt, ihre Leistungen ohne immense Personalsteigerungen erbringen zu
können. 24
Die Beispiele aus der Arbeitsvermittlung zeigen, daß sich der Einsatz der IuK-Technik
bei der BA schrittweise auf jene Arbeitsfelder ausgedehnt hat, in denen ein Umgang
mit „weichen“ Daten vorherrscht. Dabei ist der Technikeinsatz in der Berufsberatung,
also an der Schnittstelle zu den Klienten, ein besonders augenfälliges Beispiel, über
das die BA-intem verwendeten Werkzeuge wie Textverarbeitung, Datenbanken etc.
nicht vergessen werden sollten. Ein weiterer qualitativer Sprung ist mit der Ende der
90er Jahre verstärkt einsetzenden Nutzung der IuK-Technik als Medium zu erwarten.
Diese berührt sowohl die Schnittstelle zur Umwelt als auch die internen Abläufe und
Arbeitsweisen.
5.3 Integrativer Technikeinsatz in Landesumweltverwaltungen
Die Umweltverwaltungen der Bundesländer haben in den vergangenen Jahren wieder-
holt durch anspruchsvolle Projekte zur Realisierung netzbasierter, integrativ angelegter
Informationssysteme auf sich aufmerksam gemacht. Sie gelten unter Verwaltungsprak-
tikem und -Wissenschaftlern als Vorreiter bei innovativen Anwendungen der IuK-
Technik. An ihrem Beispiel lassen sich Entwicklungen analysieren, die in anderen
Ressorts noch „Zukunftsmusik“ sind. Diese Vorreiterrolle wurde durch einige Spezifi-
23 Vgl. grundsätzlich zur Veränderung der Arbeit von Verwaltungssachbearbeitem mit Bürgerkon-
takt („street-level bureaucrat“) im Zuge des fortschreitenden Technikeinsatzes Snellen (1998).
24 Dazu die Kritik aus der Praxis der Berufsberatung: „Um die Notversorgung in Sachen Berufs-
und Arbeitsberatung mit reduziertem Personalbestand leisten zu können, ist es geradezu unum-
gänglich, daß die BA die elektronische Datenverarbeitung ausbauen muß. (...) So dient denn auch
der von den BA-Reformem an visierte ‘Ausbau der Informationsverarbeitung’ in erster Linie der
Abwicklung quantitativ wachsender Zahlungsverpflichtungen gegenüber Leistungsempfängem
und der Überwachung derselben.“ (Wöllersheim 1996, 5)
110
ka der Umweltverwaltungen begünstigt: So sicherte die hohe politische Aufmerksam-
keit, die dem Umweltschutz bis Anfang der 90er Jahre zukam, die für Technikanschaf-
füngen und -entwicklungen erforderlichen Mittel. Gleichzeitig fördert eine vergleichs-
weise „technische“ Aufgabenstellung sowie die starke Präsenz ingenieur- und natur-
wissenschaftlicher Berufsgruppen den Einsatz und die Akzeptanz technischer Hilfsmit-
tel wie dem Computer.
Nach einem Überblick zur Entwicklung der Umweltverwaltungen und zum dortigen
Technikeinsatz stehen Umweltinformationssysteme der Länder Nordrhein- Westfalen,
Niedersachsen und Baden- Württemberg im Blickpunkt, anschließend werden Erfolge
und Fehlschläge, konzeptionelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie die Mo-
dalitäten der praktischen Realisierung behördenübergreifender Informationssysteme
diskutiert.
5.3.1 Mit Bits und Bytes gegen Umweltsünden
Die Bildung eigenständiger Umweltressorts in den Bundesländern und beim Bund ab
Mitte der 80er Jahre war im wesentlichen eine Reaktion auf dieselben Ereignisse, die
in Deutschland zu einer gewissen Technikskepsis innerhalb der Bevölkerung geführt
hatten (Kap. 2.2). Insbesondere die Katastrophe von Tschernobyl im Frühjahr 1986
konnte nicht ohne Konsequenzen in Bund und Ländern bleiben, zumal Verwaltungen
und Politik bei der Bewältigung des Reaktorunfalls in der vermeintlich fernen Ukraine
keine allzu gute Figur abgegeben hatten (Czada 1992). Insofern kann die nachfolgende
Einrichtung von Umweltministerien als Versuch gewertet werden, gegenüber einer
sowieso für Umweltfragen inzwischen sensibilisierten Öffentlichkeit Problembewußt-
sein und Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Die dortige Nutzung der IuK-Technik
besitzt damit auch legitimatorische Funktion (Kuhlmann 1988, 288). Sie ist weiterhin
Ausdruck des Versuchs, den Einsatz komplexer Technik mit Hilfe anderer technischer
Systeme beherrschbar zu machen und Risiken zu verringern - die den Landesumwelt-
ministerien unterliegende Fernüberwachung der Kernkraftwerke ist das beste Beispiel
dafür.
Etwa zeitgleich mit der Gründung der ersten Umweltministerien etablierte sich die
Umweltinformatik als neues Teilgebiet der Angewandten Informatik. 25 In einem 1986
erschienenen Sammelband zur „Informatik im Umweltschutz“ heißt es einleitend zu
den Beweggründen der in diesem Feld aktiven Wissenschaftler:
25 Emen guten Überblick über Inhalte und Methoden der Umweltinformatik liefert der von Page
und Hilty (1994) herausgegebene Sammelband; zum Verhältnis zwischen Verwaltungs- und Um-
weltinformatik vgl. Engel (1994a).
111
„Es gibt kaum ein Gebiet wie den Umweltschutz, in dem die Betroffenheit jedes Bürgers
unserer hochindustrialisierten und dicht besiedelten Bundesrepublik mit der Forderung
nach brauchbaren Forschungsergebnissen für die drängendsten Probleme und mit dem
Ruf nach verläßlichen Daten so eng miteinander verkoppelt sind. Gleichzeitig ist jedem
klar, daß diese Aufgaben nur mit den leistungsfähigsten Instrumenten der Elektronischen
Datenverarbeitung, der Softwaretechnologie und anwendbarer mathematischer Umwelt-
modelle sowie mit einem Höchstmaß an Durchsichtigkeit und Benutzerffeundlichkeit der
Methoden gelöst werden können. So ist es nicht überraschend, daß die Herausforderung
der Angewandten Informatik durch den Umweltschutz vor allem an den Hochschulen be-
sonders junge Menschen in ihren Bann zieht.“ (Seggelke 1986, 7)
Das war fast schon so etwas wie ein Programm für die weitere Nutzung der IuK-
Technik durch Umweltbehörden, der Einsatz leistungsfähiger Computersysteme galt
fortan vielen als unverzichtbare Voraussetzung für wirkungsvollen Umweltschutz (Ar-
nold 1992, 85). Bei soviel Enthusiasmus geriet gelegentlich in Vergessenheit, daß Er-
folge in Umwelt- und Naturschutz nur bestenfalls indirekt von der verfügbaren „Rech-
nerpower“ und dem Aufbau umfangreicher Datensammlungen abhängen.
Zwischen Umweltverwaltung und Umweltinformatik gibt es bis heute eine enge Zu-
sammenarbeit, die sich z.B. in der Vergabe von Entwicklungs- und Forschungsaufträ-
gen an wissenschaftliche Institute oder der Präsenz von Behörden Vertretern auf Fach-
veranstaltungen 26 niederschlägt. Allerdings ist Mitte der 90er Jahre von Umweltinfor-
matikem eine perspektivische Neuorientierung ihrer Disziplin angemahnt worden. So
fordert Rolf (1994, 78), daß nach einer ersten Phase, in der die „Zustandserfassung für
die öffentliche Hand“ im Vordergrund gestanden habe, sich die Umweltinformatik in
einer zweiten Phase verstärkt um die „Entstehungsorte der Umweltprobleme“ küm-
mern solle. Um nicht auf die Funktion einer „Katasterdisziplin“ reduziert zu werden,
müsse die Umweltinformatik über die Zustandserfassung hinaus einen stärkeren Bei-
trag zur Analyse und Lösung ökologischer Probleme leisten (Rolf/Hilty 1994, 267f.).
Solche Forderungen aus den Reihen der Umweltinformatik weisen zugleich auf Defizi-
te bei den Umweltverwaltungen hin: Daten werden gesammelt, bisweilen auch ausge-
wertet, ein qualitativer Sprung im Umweltschutz aber ist nicht zu verzeichnen. Diese
Feststellung wird ergänzt durch einige Kritikpunkte aus politik- und verwaltungs wis-
senschaftlicher Sicht: Neben offenkundigen Vollzugsdefiziten (Mayntz u.a. 1978; Zie-
schank 1992, 176ff.) und einem zu stark auf informelle Regularien ausgerichteten Ver-
waltungshandeln (Bohne 1984; Schulze-Fielitz 1992) wird die untergeordnete Rolle
des Umweltschutzes in Raum-, Stadt- und Verkehrsplanung (Marten 1997, 187ff.) be-
mängelt. Vor diesem Hintergrund sind moderne Computersysteme sicherlich eine not-
wendige, nicht aber ausreichende Maßnahme, um den Belangen von Umwelt- und Na-
26 Zur Bedeutung solcher Tagungen und Kongresse vgl. auch Gschaftler (1993).
112
turschutz stärkere Geltung zu verschaffen. Ein Hinweis des Informatikers Bossel läßt
sich ohne weiteres auf die computerunterstützte Arbeit der Umweltbehörden übertra-
gen:
„Was wir als ‘Umweltproblematik’ verstehen, ist nicht auf den Umweltbereich be-
schränkt, sondern durch anthropogene Prozesse erst hervorgerufen und entstanden. Besse-
re Informationsverarbeitung soll wiederum gezielte anthropogene Eingriffe ermöglichen,
die die Umweltproblematik entschärfen. (...) Umweltinformatik steht damit aber auch im
Spannungsfeld gesellschaftlicher Interessen und darf sich nicht wundem, wenn ihre Ar-
beit von der Gesellschaft im besten Falle kritisch, im Normalfalle mit Obstruktion und
Behindemng begleitet wird. Aber das ist ein Kapitel für sich.“ (Bossel 1994, 27f.)
Kommen wir also zurück zum konkreten Technikeinsatz in den Umweltbehörden der
Bundesländer, der sich von dem anderer Verwaltungszweige vor allem durch seine
stark integrative Ausrichtung unterscheidet. Dies hat sowohl technische als auch fach-
liche Gründe:
• Mit der Bildung eigenständiger Umweltressorts wurden Behörden unter einem ge-
meinsamen Dach zusammengefaßt, die in den Jahren zuvor häufig ohne jeglichen
Kontakt zueinander gearbeitet hatten. In den einzelnen Bereichen sind zudem höchst
unterschiedliche Technikkonzepte verfolgt worden, so daß die Technikplaner im
neu entstandenen Umweltressort vor der Aufgabe standen, Inkompatibilitäten zwi-
schen den versammelten Computersystemen und Datensammlungen zu überwinden.
• Aus fachlicher Sicht wurde gefordert, die isolierte Beschäftigung mit einzelnen
Umweltmedien (Luft, Wasser, Boden) oder Fragestellungen (Abfallwirtschaft, Na-
turschutz etc.) durch eine medienübergreifende („ganzheitliche“) Herangehensweise
abzulösen (von Weizsäcker 1987, 3f.). In der Aufbauorganisation der Umweltres-
sorts wurde dieser Forderung später durch Zusammenlegung der vormals nach Um-
weltmedien getrennten Behörden zu größeren Einheiten entsprochen. 27 Aus techni-
scher Sicht entstand die Notwendigkeit, die Daten der einzelnen Fachgebiete für die
jeweils anderen Bereiche zugänglich zu machen.
In dieser Situation wurden integrativ angelegte Umweltinformationssysteme (UIS)
aufgebaut, um Daten fach- und behördenübergreifend nutzen zu können. Anläßlich der
UlS-Planungen wurde vielfach zum ersten Mal eine komplette Bestandsaufnahme über
die im Geschäftsbereich vorhandenen Datensammlungen durchgeführt, gleichzeitig
diente die UIS-Entwicklung der Vorgabe verbindlicher Standards für den zukünftigen
Einsatz der IuK-Technik im Umweltressort.
27 In Nordrhein-Westfalen sind beispielsweise die Landesanstalt für Immissionsschutz und die Lan-
desanstalt für Wasser und Abfall zum Landesumweltamt sowie auf unterer Ebene die Gewerbe-
aufsichtsämter und die Staatlichen Ämter für Wasser und Abfall zu Staatlichen Umweltämtem
zusammengefaßt worden.
113
Ergänzend zu aufgabenspezifischen Fachanwendungen und in Kombination mit Funk-
tionalitäten zur raumbezogenen Datenauswertung und -darstellung sollen UIS 28
• die innerhalb und außerhalb eines Umweltressorts vorhandenen Daten für weiterge-
hende Auswertungen zum Schutz der Umwelt verfügbar machen,
• bessere Informationen über Zustand, Veränderungen und Gefährdungen der Umwelt
bereitstellen,
• die integrative Betrachtung der Umwelt unter Einbeziehung aller Umweltmedien
und -einflüsse fördern,
• die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden erleichtern,
• mit aggregierten Informationen für die Verwaltungsführung die Entscheidungs-
grundlagen verbessern und
• die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Informationsbereitstellung und -Verarbei-
tung erhöhen.
Zwischen Planung und Realisierung klafft auch bei den UIS der Länder eine große
Lücke, wobei die Entwicklungsarbeiten mit unterschiedlicher Intensität vorangetrieben
worden sind. Manche Länder sind bis Mitte der 90er Jahre kaum vorangekommen, an-
dere haben durchaus beachtliche Teile ihrer Systemkonzeption realisieren können. Er-
schwerend wirkte sich aus, daß mancherorts erst neue Fachsysteme für die einzelnen
Bereiche wie Gewerbeaufsicht, Wasserwirtschaft, Immissionsschutz usw. entwickelt
werden mußten, um Daten aus veralteten oder inkompatiblen Systemen oder sogar
noch aus den Karteikästen einzelner Sachbearbeiter integrieren zu können.
Die hier behandelten Systeme aus Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Baden-
Württemberg gehören zu den fortgeschrittenen Systemen, denen rückblickend rich-
tungsweisende Bedeutung für die übrigen Länder und die Umweltinformatik zugespro-
chen werden kann. 29 Alle drei Systeme wurden mit dem Ziel aufgebaut, schnelle, lan-
desweite Auskünfte und Auswertungen aggregierter Datenbestände zu ermöglichen,
um die Informationslage des Ministeriums in Entscheidungssituationen oder bei An-
fragen von Politikern zu verbessern. Ausgangspunkt war also die Optimierung der ver-
waltungsintemen Informationsstrukturen, Zugangsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit
sind demgegenüber erst im Zuge des Internet-Booms relevant geworden.
28 Zum Überblick vgl. Fürst u.a. (1996); Lehmann- Waffenschmidt/Schulz (1995) und Mack/Page
(1996).
29 Vgl. ausführlich zu den Konzepten Niedersachsens und Baden-Württembergs Killian/Wind
(1997, Kap. 5 und 6); ferner zu Baden- Württemberg IM Baden- Württemberg (1997, 19ff.) sowie
Mayer-Föll u.a. (1996); zu Niedersachsen Jensen (1996) und UM Niedersachsen (1995); zu
Nordrhein-Westfalen MURL (1991) und Schumacher (1994).
114
5.3.2 Die Systemkonzeptionen der Vorreiter
Nordrhein- Westfalen
Das UIS des Ministeriums ftir Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft (MURL) in
Nordrhein- Westfalen gehört zu den frühen Systemen dieser Art. Kurz nachdem 1985
die umweltpolitischen Kompetenzen durch Bildung des MURL gebündelt worden wa-
ren, wurde mit den Planungen für das Daten- und Informationssystem im MURL (DIM)
begonnen. Ein erster Prototyp lag in der ersten Jahreshälfte 1988 vor, 1989 stand eine
erweiterte Version zur Verfügung. Seit der 1990 erfolgten Installation eines flächen-
deckenden Glasfasemetzes in den Räumlichkeiten des Ministeriums kann von jedem
Arbeitsplatz aus auf DIM zugegriffen werden.
Im Gmndsatz sieht das DIM-Konzept vor, daß nachgeordnete Behörden in regelmäßi-
gen Abständen ausgewählte Datenbestände in eine spezielle Datenbank beim Landes-
amt für Datenverarbeitung und Statistik (LDS) überführen. In organisatorischer Hin-
sicht werden drei „Beteiligungsebenen“ unterschieden:
• die datenführenden Stellen wie das Landesumweltamt oder die Staatlichen Ämter
für Umweltschutz, die weiterhin die volle Verantwortung für die Datenbestände in
ihrem Bereich tragen und zusätzlich für die regelmäßige Übermittlung ins DIM zu
sorgen haben,
• das LDS, dem die technische Realisierung unterliegt und das mit dem Verwaltungs-
netz des Landes die für Datenübertragung und -abruf unverzichtbare Infrastruktur
unterhält sowie drittens
• das MURL, in dem die Hauptnutzer des Systems sitzen.
Zwar war es auch vor Einführung des DIM möglich, vom MURL aus auf einige Fach-
systeme zuzugreifen, allerdings erforderte dies technischen Sachverstand und die Ein-
arbeitung in die spezielle Logik der einzelnen Anwendungen. Mit dem DIM wurden
nun fachübergreifend Daten unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche zur Verfü-
gung gestellt, wobei besonderer Wert auf eine möglichst unkomplizierte Handhabung
des Systems gelegt wurde (MURL- Sprachgebrauch: „Ministerialratsoberfläche“). Die
Mitarbeiter des MURL „... erhalten damit auf Knopfdruck Informationen, die früher
nur durch langwierige Abfragen bei den nachgeordneten Behörden möglich waren.“
(Schumacher 1994, 55)
Die Konzeption des DIM ist in der Folgezeit mehrfach modifiziert worden: Der Nut-
zerkreis wurde über das Ministerium hinaus auf den nachgeordneten Bereich und in
sehr geringem Maße auch darüber hinaus (Staatskanzlei, Wirtschaftsministerium) aus-
geweitet. Die Beschränkung, ausschließlich auf Plausibilität überprüfte Daten ins DIM
115
zu übernehmen, wurde zugunsten der Bereitstellung aktueller Meßdaten aufgegeben
(z.B. werden sechsmal täglich Luftwerte automatisch übermittelt). Da einige Fachver-
waltungen „DIM-kompatible“ Anwendungen entwickelt haben, deren Daten ebenfalls
auf Rechnern des LDS liegen, wurde auch die strikte Trennung zwischen DIM und den
Datensammlungen des nachgeordneten Bereichs aufgehoben. In diesen Fällen werden
die Daten nicht durch Übermittlung in die DIM-Datenbank dupliziert (redundante Da-
tenhaltung), statt dessen greift das Informationssystem des MURL bei entsprechenden
Anfragen direkt auf den Bestand des Fachsystems selbst zu.
Der umfassendste und aufwendigste Einschnitt verbindet sich mit der Umstellung der
alten, zunehmend unter Akzeptanzproblemen leidenden Großrechner-basierten An-
wendung auf das „neue DIM“, wie es MURL-intem genannt wird. Dieses geht von
PCs als Endgeräten innerhalb einer Client- Server- Architektur aus und stellt ergänzend
zu den bisherigen Datenbeständen und Auswertungsmöglichkeiten umfangreiche
Funktionen zum raumbezogenen Arbeiten bereit. Ferner ist das neue System in die Bü-
rokommunikation des MURL eingebunden, so daß es auf Knopfdruck möglich ist, Ar-
beitsergebnisse aus dem DIM in herkömmliche Büroanwendungen wie Tabellenkalku-
lation oder Textverarbeitung zu übernehmen. Diese Weiterentwicklung des DIM hatte
mehr Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich geplant und stand Ende 1997 vor
dem Abschluß. Damit ist der vorläufige Endpunkt einer Entwicklung erreicht, in deren
Verlauf das UIS Nordrhein- Westfalens immer anspruchsvoller und komplexer gewor-
den ist. Die Möglichkeiten für selbstdefinierte Analysen sind erheblich erweitert wor-
den, die nach wie vor bereitgestellten Abffagemöglichkeiten für den Gelegenheitsnut-
zer spielen nur noch eine Nebenrolle.
Das Land NRW hat über das Jahr 1997 hinaus bei seinem Verwaltungsnetz bis zur
Klärung offener Fragen zur Datensicherheit auf einen direkten Übergang zum Internet
verzichtet (Breil 1997). Statt dessen wurde im LDS ein physisch von den übrigen
Rechnern getrennter WWW- Server der Landes Verwaltung eingerichtet, über den auch
Angebote der Umweltverwaltung abrufbar sind. 30 Parallel zum Aufbau des WWW-
Angebots der Landesverwaltungen und zu den Entwicklungsarbeiten am „neuen DIM“
begannen die ersten Arbeiten für ein Intranet des Umweltressorts, über das mittelfristig
auch das UIS des Landes verfügbar gemacht werden könnte. Dabei ist vor allem die
Perspektive attraktiv, aus dem DIM heraus per Knopfdruck Informationen für die Öf-
fentlichkeit generieren und via Landesverwaltungsnetz ins Internet überführen zu kön-
nen.
30 http://www.murl.nrw.de/
116
Niedersachsen
Das Niedersächsische Umweltinformationssystem (NUMIS) wird seit 1991 aufgebaut.
NUMIS steht dabei nicht für ein abgrenzbares Techniksystem, sondern bezeichnet ein
technisch-organisatorisches Gesamtkonzept zur Bereitstellung qualitätsgesicherter Da-
ten für Verwaltung und Öffentlichkeit sowie zur Koordinierung der diversen Fachsy-
steme im Umweltressort. Die infrastrukturellen Voraussetzungen für NUMIS sind das
Glasfaser-Netz im Umweltministerium, das Telekommunikationsnetz der Landesver-
waltung (IZN-net) und das Kommunikationsnetz der Landesregierung (IZN-net Han-
nover). 31 Die technischen Entwicklungsarbeiten werden von einem Referat im Um-
weltministerium und dem Niedersächsischen Landesamt für Ökologie (NLÖ) 32 betreut.
Aus technischer Sicht umfaßt NUMIS drei zentrale Systemkomponenten:
• Als Metainformationssystem stellt der Umwelt-Datenkatalog (UDK) - vergleichbar
dem Katalog einer Bibliothek - „Daten über Daten“ (Metadaten) bereit. Der UDK
soll die Transparenz über umweltrelevante Datenbestände innerhalb des Umweltres-
sorts (langfristig aber auch darüber hinaus) gewährleisten, um diese einem größeren
Nutzerkreis zugänglich zu machen. Umweltbehörden, die für die Erhebung bzw.
Speicherung von Daten verantwortlich sind („UDK-Instanzen“), müssen ihre Be-
stände nach einer komplizierten Systematik beschreiben, die den Fachbezug der Da-
ten ebenso erfaßt wie die mit ihnen verbundenen organisatorischen Zuständigkeiten.
Die Ursprungsidee für den UDK datiert aus dem Jahr 1990, seit Anfang 1996 wird
er in einer Bund-Länder-Kooperation (beteiligt sind auch Nordrhein- Westfalen und
Baden-Württemberg) unter Einbeziehung ausländischer Kooperationspartner weiter-
entwickelt.
• Das Geoinformations System Umwelt (GEOSUM) dient der Integration, Analyse,
Abfrage und Darstellung raumbezogener Daten. Mit dem „GEOSUM-Kemsystem“
werden Geodäten aus verschiedenen Fachsystemen der niedersächsischen Umwelt-
verwaltung gesammelt und aufbereitet, darüber hinaus stellt GEOSUM die tech-
nische Basis zum Aufbau eigenständiger Fachsysteme (realisiert z.B. für den Natur-
schutz oder die Wasserwirtschaft) bereit.
31 Die Kürzel für die Netze von Landesregierung und -Verwaltung weisen daraufhin, daß beide seit
dem 1. Mai 1997 durch einen selbständigen Landesbetrieb, das Informatikzentrum Niedersachsen
(IZN), unterhalten und betreut werden. Vorher waren diese Netze als TELENET (Telekommuni-
kationsnetz der Landesverwaltung) und KOMNET (Kommunikationsnetz der Landesregierung)
bekannt.
32 Das NLÖ wurde am 1.10.1992 durch Zusammenlegung des Niedersächsischen Landesamtes für
Wasser und Abfall (NLWA), des Niedersächsischen Landesamtes für Immissionsschutz (NLIS)
und des zuvor beim Landwirtschaftsressort angesiedelten Referates Naturschutz gegründet. Auch
in Niedersachsen verband sich mit dieser Neustrukturierung das Ziel, Umwelt- und Naturschutz
stärker integrativ auszurichten (NLÖ 1992, 8).
117
• Das Führungsinformationssystem VISION-Umwelt (VISION: „Verwaltungs-Infor-
mations- System In Organisationen“) sollte, ähnlich wie das DIM in NRW, durch
Import selektierter und aggregierter Daten aus den technisch heterogenen Fachsyste-
men in eine eigenständige, auf die Belange des Ministeriums ausgerichtete Daten-
bank interdisziplinäre Betrachtungen und Auswertungen ermöglichen. Nach mehr-
maliger konzeptioneller Überarbeitung ist die Entwicklung von VISION 1996 ein-
gestellt worden. Es hatte sich gezeigt, daß die Vereinheitlichung und Zusammenfüh-
rung von Fachsystemen ebenso mit Geographischen Informationssystemen wie
GEOSUM bewerkstelligt werden kann, die zudem im Vergleich mit Führungsinfor-
mationssystemen wie VISION-Umwelt wesentlich vielseitiger einsetzbar sind. Die
Nutzung von VISION beschränkte sich daher lange Zeit auf die Bereitstellung aktu-
eller Luftdaten, die inzwischen vom NLÖ stundenaktuell über das WWW verbreitet
werden.
Der WWW-Technik wird in Niedersachsen aufgrund ihrer Optionen zur Integration
unterschiedlicher Systemwelten (PCs, Unix, Großrechneranwendungen usw.) überaus
große Relevanz für die Technikplanungen der nächsten Jahre zugeschrieben. So wird
beispielsweise der UDK zukünftig als WWW- Applikation weiterentwickelt. „Mit dem
WWW“, so hieß es in einem Interview, „werden nun viele Probleme, die wir früher
mit unserer Technik hatten, relativ leicht zu lösen sein.“
Umweltministerium und NLÖ verfügen inzwischen über jeweils eigene Intranet-Lö-
sungen mit Übergängen zueinander, so daß der gegenseitige Datenzugriff wesentlich
vereinfacht worden ist. Eine redundante Datenhaltung, wie bei VISION geplant, ist da-
her verzichtbar geworden. Neben der Ausweitung der Intranet-Realisierungen (unter
anderem in den Gewerbeaufsichtsämtem) wurde als klares Ziel formuliert, die bereits
bestehenden WWW- Angebote für die Öffentlichkeit 33 auszubauen. Das Umweltmini-
sterium war als erste niedersächsische Landesbehörde und sogar noch vor der Landes-
regierung im WWW präsent (seit Mai 1996), womit es seine Vorreiterrolle in Sachen
Techniknutzung einmal mehr bestätigt hat. Um den Aufwand gering zu halten, sollen
Intra- und Internet-Lösungen möglichst ähnlich gestaltet werden, damit die internen
Bestände unkompliziert und ohne größere Zeitverzögerung auf den Internet- Server ko-
piert und öffentlich gemacht werden können.
Die Ausrichtung auf die Internet-Technik wird zusätzlich durch die Einbindung in eu-
ropäische Projekte gefördert. Die Europäische Umweltagentur (EEA) unterhält in je-
dem Mitgliedsstaat der EU einen „National Focal Point“ (in Deutschland ist dies das
Umweltbundesamt), daneben existiert eine Reihe von Themenzentren für inhaltliche
Schwerpunkte. Eines davon ist das seit Oktober 1996 beim niedersächsischen Umwelt-
3 3 http : //www . mu .niedersachsen . de/NUMI S . html
118
ministerium angesiedelte „European Topic Center for Catalogue of Data Sources“
(ETC/CDS). Aufgrund der Erfahrungen mit dem UDK wurde Niedersachsen damit die
Leitung der Entwicklungsarbeiten zum Metainformationssystem für das geplante Netz
der europäischen Umweltbehörden (EIONET) übertragen. Die damit verbundenen Ko-
ordinationsarbeiten werden nach Angaben in einem Interview „zu 95%“ über Intemet-
E-Mail abgewickelt, obwohl in Niedersachsen noch überwiegend das ISO-OSI-Pro-
dukt X.400 eingesetzt wird, das - eigentlich - auch für die Europäische Umweltagentur
verbindlich wäre, dort aber kaum genutzt wird. Mit dieser Kooperation auf europäi-
scher Ebene verbindet sich am Rande eine weitere interessante Entwicklung: Innerhalb
des niedersächsischen Umweltministeriums wird, isoliert vom Netz der Fachnutzer, ein
eigenständiges Entwicklemetz für die Arbeit an den NUMIS-Systemkomponenten be-
trieben. Wenn nun, wie geplant, für die ETC in den verschiedenen Ländern ein europa-
weites Intranet aufgebaut wird, soll darin auch besagtes Entwicklungsnetz integriert
werden. Dies zeigt: Die Isolation der einzelnen Verwaltungsnetze verschwindet mehr
und mehr - manchmal auch durch die Hintertür.
Baden- Württemberg
Das Umweltinformationssystem Baden-Württemberg stellt ein „Einzelszenarium“ im
Landessystemkonzept des Landes dar. Zuständig für die UI S- Entwicklung war zu-
nächst das Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt und Forsten, dann ab
1987 das neugebildete Umweltministerium, das 1996 mit dem Verkehrsressort zum
Ministerium für Umwelt und Verkehr verschmolzen wurde. Seit 1991 ist das Informa-
tionstechnische Zentrum (ITZ) bei der Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) für die
technische Realisierung und die Bereitstellung der erforderlichen Entwicklungs- und
Infrastrukturleistungen verantwortlich. Für die Realisierung des UIS wurde eine kom-
plexe Projektorganisation mit prototypischer Bedeutung für ähnliche Vorhaben inner-
halb der Landesverwaltung ins Leben gerufen.
Die Zielsetzung des UIS in Baden- Württemberg unterscheidet sich nur unwesentlich
von der anderer Länder. Früher als anderswo wurde der soziotechnische Charakter sol-
cher Systeme sowie deren ressortübergreifender Anspruch betont. Zudem sind die
Fachsysteme der einzelnen Verwaltungsbereiche integraler Bestandteil der Gesamt-
konzeption. Beim UIS Baden- Württemberg sind drei Systemebenen zu unterscheiden:
• Auf unterster Ebene bilden die Basissysteme die infrastrukturellen Voraussetzungen
des UIS. Zu diesen Systemen, die unabhängig vom UIS entwickelt worden sind, ge-
hört neben kartographischen Informationssystemen der Vermessungsverwaltung
auch das Landes verwaltungsnetz Baden- Württembergs.
• Die mittlere Ebene beinhaltet die Grundkomponenten des UIS, die im wesentlichen
der Unterstützung einzelner Fachaufgaben dienen. Dies sind z.B. die Meßnetze für
119
Boden, Wasser, Luft und Radioaktivität sowie Anwendungen in den Fachbereichen
Gewerbeaufsicht, Wasserwirtschaft, Abfall Wirtschaft, Lebensmittelüberwachung,
Veterinärwesen, Naturschutz und Landschaftspflege. Manche dieser Systeme sind
historisch gewachsen, andere, wie z.B. das Informationssystem der Gewerbeauf-
sicht, sind erst im Zusammenhang mit den UlS-Planungen neu entwickelt worden.
• Die oberste Ebene bilden schließlich die übergreifenden UIS-Komponenten, mit
denen fachspezifische Informationsbestände für übergeordnete Zwecke zusammen-
geführt werden. Dazu zählen erstens Berichts- und Managementsysteme zur Ent-
scheidungsunterstützung auf der mittleren und oberen Führungsebene wie das Um-
welt-Führungs-Informationssystem (UFIS), das Technosphäre- und Luft-Informa-
tionssystem (TULIS) und das Arten-, Landschafts- und Biotop-Informationssystem
(ALBIS). Zweitens gehören in diese Kategorie die Regelwerke zur Organisation
von Datenerfassung, Datenhaltung, Datenweitergabe und zur Kommunikation zwi-
schen den verschiedenen Datennutzem. Ein Beispiel dafür ist das Räumliche In-
formations- und Planungssystem (RIPS), das die fachübergreifende Nutzung raum-
bezogener Informationen ermöglichen soll.
Das Zusammenspiel dieser drei Ebenen läßt sich anhand des Datenaustausches mit der
Gewerbeaufsicht illustrieren: Das Anfang der 90er Jahre entwickelte Informationssy-
stem der Gewerbeaufsicht (IS-GAA) beinhaltet unter anderem Vollzugsdaten wie In-
formationen über zu überwachende Betriebe oder die Ergebnisse der Anlagenüberwa-
chung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (mittlere Ebene der UIS-Konzep-
tion). In aggregierter Form gehen Daten aus dem IS-GAA in das Berichtssystem TU-
LIS ein, das seit 1994 im Einsatz ist (obere Ebene). Über TULIS werden die landes-
weit gesammelten Daten der Gewerbeaufsicht dem Umweltministerium, der Landesan-
stalt für Umweltschutz, den Regierungspräsidien und den Leitern der Gewerbeauf-
sichtsämter zugänglich gemacht. Perspektivisch soll dies über das Landesverwaltungs-
netz (untere Ebene) geschehen. Solange dies dafür noch nicht leistungsfähig genug ist,
wird auf den altbekannten Weg des Austausches von Datenträgern (Disketten, CD-
ROM usw.) zurückgegriffen.
Es ist sicherlich auch ein Erfolg der aufwendigen Projektorganisation, daß die Zusam-
menarbeit zwischen den unterschiedlichen Behörden des Umweltressorts in Baden-
Württemberg lange Zeit vergleichsweise unproblematisch verlief. Verständigungspro-
bleme existieren allerdings zwischen den vormals getrennten Bereichen Verkehr und
Umwelt. In einem Interview in der Umweltverwaltung wurde dies darauf zurückge-
führt, daß beide Bereiche zuvor unterschiedliche Technisierungspfade verfolgt haben
und der integrative Gedanke im Verkehrsressort weniger stark ausgeprägt sei. Original-
ton: „In den Köpfen ist das noch nicht so weit. Es menschelt sehr!“ Ebenso blieb der
Anspruch, andere Ressorts in den UIS- Verbund einzubeziehen und damit alle umwelt-
relevanten Daten zusammenzuführen, bis heute uneingelöst.
120
Das UIS ist lange Zeit ausschließlich als System für die Verwaltungsarbeit konzipiert
worden, die Information der Öffentlichkeit sollte ausschließlich über das Landesinfor-
mationssystem des Statistischen Landesamtes erfolgen (vgl. dazu die Kritik von Binder
1992, 51f.). Auch in Baden-Württemberg änderte sich dies mit dem Internet: Seit 1996
umfaßt das UIS eine WWW-Komponente, die kontinuierlich ausgebaut werden soll. 34
Inzwischen dient die Information Externer sogar als Argument, um die Notwendigkeit
der UlS-Weiterentwicklung zu begründen. 35
5.3.3 Erfolge und Mißerfolge nach über 10 Jahren UIS-Entwicklung
Die UIS-Entwicklungen in Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Baden- Württem-
berg weisen auf technisch-konzeptioneller Ebene eine Reihe von Gemeinsamkeiten
auf. Generell ist zu beobachten, daß die Systeme der Umweltverwaltungen im Ver-
gleich zu den Anfangsjahren ihres Aufbaus nicht mehr primär aus einer technischen
Perspektive heraus geplant und realisiert werden. Statt dessen werden UIS heute als
sozio-technische Konzepte verstanden, wobei der nachfrageorientierten Betreuung der
Fachnutzer durch die Technikstellen zentraler Stellenwert zukommt. Unter den techni-
schen Komponenten haben geographische Funktionalitäten ebenso an Bedeutung ge-
wonnen wie Metainformationssysteme, deren Nutzen in den drei Ländern allerdings
unterschiedlich bewertet wird. In Niedersachsen, wo die Idee zum Umwelt-Datenkata-
log entwickelt wurde, verbinden sich nach wie vor hohe Erwartungen mit dem System.
In Baden- Württemberg sind Metainformationen ebenfalls seit jeher fester Bestandteil
der UIS-Konzeption 36 , wobei die Eigenentwicklung INFORMS (Informationsmanage-
ment-System) zugunsten der UDK- Kooperation aufgegeben wurde. In Nordrhein-
Westfalen trifft die UDK-Idee zwar auf Unterstützung, eine eher abwartend-skeptische
Haltung ist dennoch unverkennbar. Einigkeit besteht in allen drei Ländern darin, daß
sich die Bund-Länder-Kooperation zum UDK bewährt hat und nicht in jedem Land
„das Rad neu erfunden“ werden muß. Der UDK ist dabei nur ein Beispiel unter vielen
für länderübergreifende Entwicklungen, die in den Umweltverwaltungen über das in
anderen Verwaltungsbereichen übliche Maß hinaus angestrebt werden. Solche Koope-
rationen werden zusätzlich durch gemeinsame Aktivitäten in der Fachöffentlichkeit der
Umweltinformatiker gefördert.
34 http://www.uis-extem.um.bwl.de/lfu/uis/uis-home.html
35 So heißt es bei Mayer-Föll u.a.: „Im UIS kann dem Anspruch des Bürgers auf freien Zugang zu
Informationen über die Umwelt besser als bisher entsprochen werden. Durch die Entwicklung
verteilter UIS -Komponenten auf der Basis des WWW und aufgrund der starken Verbreitung, die
dieses Medium in den weltweiten Netzwerken findet, wird sich der Informationsbedarf der Öf-
fentlichkeit in Zukunft effizienter decken lassen.“ (Mayer-Föll u.a. 1996, 177)
36 Vgl. ausführlich dazu Keitel/Müller (1995).
121
Allen drei vorgestellten Systemen ist weiterhin gemein, daß eines der Ursprungsziele,
nämlich die direkte technische Unterstützung der administrativen und der politischen
Führung, bis heute nicht verwirklicht worden ist. Es scheint sogar so, daß der Begriff
der „Führungsinformation“ im Laufe der Zeit immer unklarer geworden ist. Anfangs
wurden damit in erster Linie aggregierte Datenbestände assoziiert, wobei sich aber ge-
zeigt hat, daß von Fall zu Fall - gerade beim Krisenmanagement - Einzeldaten unver-
zichtbar sind. Folglich reicht es zur wirkungsvollen Unterstützung von Planungen und
Entscheidungen nicht aus, einfach zu bedienende Abfragemöglichkeiten für aggregier-
te Datenbestände anzubieten. Erforderlich sind vielmehr Abfrage- und Auswertungs-
werkzeuge für umfangreiche Datenbestände, wodurch wiederum diejenigen überfor-
dert werden, die nur zeitweise mit einem UIS arbeiten. In der Praxis hat sich gezeigt,
daß sich technisch ambitionierte Führungskräfte in die Funktionalitäten von UIS oder
Geographischen Informationssystemen einzuarbeiten wissen, andere wiederum sind,
wie ein Interviewpartner es ausdrückte, „schon von den simplen Mausklick- Anwen-
dungen im Intranet überfordert“.
In allen drei Ländern steht daher nicht mehr die Techniknutzung durch die oberste
Führungsebene im Mittelpunkt der Systemplanungen, sondern die aktuelle und umfas-
sende Bereitstellung von Informationen för die Führungskräfte - sei es durch deren
Mitarbeiter oder durch eine damit beauftragte Servicestelle. In Niedersachsen wurde
mit dem Verzicht auf VISION-Umwelt gleichzeitig Abstand von der Idee des mächti-
gen, ressortweiten Informationssystems genommen. Zusätzlich zu den verbliebenen
Technik-Komponenten UDK und GEOSUM fungieren die Technikstellen in Ministe-
rium oder NLÖ als Dienstleister, die auf entsprechende Anfragen hin Umweltdaten
zusammenstellen und visualisieren. In Nordrhein- Westfalen und Baden-Württemberg
ist im Unterschied dazu an der Idee des übergeordneten Techniksystems, das Datenbe-
stände im Ressort zusammenfuhrt und als Angebot am Arbeitsplatz zur Verfügung
stellt, festgehalten worden. Gleichwohl herrscht Einigkeit darüber, daß die Führungs-
kraft, die sich gelegentlich an ein Terminal setzt, um selbst Auswertungen durchzu füh-
ren, offensichtlich eine Fiktion ist. Dementsprechend ist die Entscheidung zwischen
umfangreichen Datenbeständen und erweiterten Auswertungsmöglichkeiten auf der ei-
nen und einfacher Bedienbarkeit auf der anderen Seite meist zugunsten der erweiterten
Funktionalität ausgefallen.
Nach über zehn Jahren Planung und Einsatz von UIS fällt deren Bilanz gemischt aus.
Unzweifelhaft haben UIS innerhalb der Landesumweltbehörden die Voraussetzungen
zur Zusammenführung und kombinierten Auswertung vormals isolierter Datenbestän-
de verbessert und zur Vereinheitlichung und Kompatibilität der eingesetzten Technik-
systeme maßgeblich beigetragen. Skepsis ist hingegen im Hinblick auf die angestrebte
Förderung des integrativen Umweltschutzes und die Verbesserung behördenüber-
122
greifender Zusammenarbeit im Verwaltungsalltag angebracht. Beides hängt weniger
von der Verfügbarkeit moderner IuK-Technik, als von der Verwaltungs- und Arbeits-
organisation sowie den Kooperationserfordemissen der einzelnen Aufgabe ab. Dort,
wo seit jeher bereichsübergreifend gearbeitet wird, entfalten UIS nur geringen Zusatz-
nutzen, da längst Mittel und Wege zur Kooperation und für den gegenseitigen Aus-
tausch von Daten etabliert worden sind. Dort aber, wo dies noch nicht der Fall ist, sind
die erforderlichen Reorganisationsmaßnahmen bestenfalls in ersten Ansätzen erkenn-
bar . 37 Medienübergreifendes Arbeiten gehört noch immer nicht zur Routine der Um-
weltbehörden, sondern erfolgt anhand konkreter Anlässe (Nutzungskonflikte in einem
bestimmten Gebiet, Gutachtenerstellung etc.).
Eindeutig fehlgeschlagen sind die ressortübergreifenden Ambitionen der UlS-Planer.
Weder ist es gelungen, im erwünschten Umfang umweltrelevante Datenbestände ande-
rer Ressorts in die UIS einzustellen, noch nutzen andere Verwaltungsbereiche die Sy-
steme, um in ihrer Arbeit umweit- und naturschützerische Aspekte von vornherein zu
berücksichtigen. Schwierig gestaltet sich auch das Verhältnis zu den Kommunen, die
als untere Umweltbehörden fungieren, auf deren Organisation und Techniknutzung
eine Landesbehörde wie das Umweltministerium aber keinen Einfluß hat. Die Erfah-
rungen zeigen, daß hier gegenseitige Tauschgeschäfte nach dem Motto „Lieferst Du
uns die Daten, verbessern wir Deine technische Ausstattung“ am ehesten zum Erfolg
fuhren . 38
Zweifelhaft ist weiterhin, ob UIS angesichts der flir sie aufgewendeten Ressourcen
bislang einen nennenswerten Beitrag zur Verbesserung von Effizienz und Wirtschaft-
lichkeit der Informationsbereitstellung und -Verarbeitung im Umweltressort leisten
konnten. Festzustellen ist aber, daß sich die Umweltverwaltungen mit ihrem zurücklie-
genden UIS-Engagement einen Trumpf für die Zukunft gesichert haben. In allen drei
Ländern wurde berichtet, daß die Investitionen für IuK-Technik tendenziell rückläufig
sind und verstärkt durch Einsparungen beim Personal gegengerechnet werden müssen.
Dies würde die UIS stark treffen, da sie auf Erleichterungen und Verbesserungen der
Verwaltungsarbeit (vor allem in den Ministerien), nicht aber auf die Einsparung von
Personal zielen. In den vergangenen zehn Jahren ist in den Umweltbehörden jedoch ein
vergleichsweise hoher Technisierungsgrad realisiert worden, so daß die geforderten
37 Wie in Kommunen und Arbeitsämtern könnte sich auch in der Umweltverwaltung die Ablösung
der funktionalen Organisationsgliederung (Bodenschutz, Wasserwirtschaft usw.) durch Teams
mit objekt- oder gebietsorientierten Zuständigkeiten anbieten. Diese Gruppen müßten sich aus
Fachleuten unterschiedlicher Herkunft zusammensetzen, um in einem bestimmten Gebiet me-
dienübergreifenden Umweltschutz praktizieren zu können.
38 Wir haben dies für Baden- Württemberg und Niedersachsen an anderer Stelle ausführlich darge-
stellt und diskutiert (Killian/Wmd 1997, 126ff., 173ff. und 213ff.).
123
Einsparungen auf der Basis einer guten technischen Ausstattung vorgenommen werden
können. Sollten in Zukunft also Datenaustausch und Kommunikation über’s Netz in-
nerhalb der Verwaltung und in der Interaktion mit Externen tatsächlich zunehmen, sind
die Umweltverwaltungen aufgrund ihrer bisherigen Aktivitäten gut darauf vorbereitet.
Daran anknüpfend könnte vermutet werden, daß die Umweltministerien der Öffent-
lichkeitsinformation vor allem deshalb gesteigerten Stellenwert zubilligen, weil sich
dieses Ziel hervorragend zur Begründung getätigter und erwünschter Technikinvesti-
tionen instrumentalisieren läßt. Dies würde dem dort gezeigten Engagement aber nicht
gerecht: Tatsächlich waren die UlS-Planungen lange Zeit binnenorientiert, was aber im
wesentlichen darauf zurückzuführen ist, daß erst mit dem Internet die Frage nach ei-
nem adäquaten Medium zur Kopplung von UIS und Öffentlichkeitsinformation be-
friedigend beantwortet werden konnte. Zuvor waren Luftdaten und ähnliche Informa-
tionen über Bildschirmtext, Videotext oder öffentliche Terminals abrufbar. An Expe-
rimenten zur Weitergabe von Umweltinformationen hat es nicht gemangelt, allerdings
fielen diese wenig befriedigend aus. In mehreren Interviews wurde betont, daß sich
viele Beschäftigte der Umweltverwaltungen in hohem Maße mit ihrer Aufgabe identi-
fizieren 39 und daher stark daran interessiert sind, die Öffentlichkeit umfassend zu in-
formieren. In manchen Bereichen wie dem Naturschutz wird seit jeher, z.B. bei Kartie-
rungsarbeiten, eng mit Verbänden und interessierten Privatpersonen zusammengearbei-
tet. Angesichts dessen, daß die Umweltbehörden von der Öffentlichkeit eher Unterstüt-
zung in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben erwarten können, ist es überaus schlüssig,
daß gerade sie zu den ersten Behörden im WWW zählten.
5.3.4 Kontinuierliche Anpassungen und interorganisatorische Koordination
Die Umweltverwaltungen sind nicht nur ein Paradebeispiel für Erfolge und Mißerfolge
komplexer, netzbasierter Informationssysteme, an ihrem Fall wird auch deutlich, daß
erst mit Blick auf die Umstände und Besonderheiten des einzelnen Verwaltungszwei-
ges die dort verfolgten Technikkonzepte befriedigend erklärt werden können. Für die
Umweltbehörden der Bundesländer wurden diesbezüglich unter anderem angeführt:
die hohe Akzeptanz innovativer Techniknutzung in weiten Kreisen der Beschäftigten,
die legitimations fördernden Aspekte des Computereinsatzes, die durch Organisations-
maßnahmen und das Leitbild des „ganzheitlichen Umweltschutzes“ hervorgerufene
Notwendigkeit zur Realisierung integrativer Technikkonzepte und die prinzipielle Auf-
geschlossenheit der Behörden gegenüber der interessierten Öffentlichkeit. Darüber hin-
aus lassen die vorliegenden Erfahrungen mit UIS aber auch Schlußfolgerungen für die
Informatisierung der öffentlichen Verwaltung im allgemeinen zu.
39 Zitat aus einem Interview: „Uns hat die Verwaltungsreform noch nicht demotiviert.“
124
An erster Stelle ist zu nennen, daß komplexe Informationssysteme fortlaufende Anpas-
sungen an sich ständig verändernde Rahmenbedingungen erfordern. Die Veränderun-
gen in den drei hier geschilderten Fallbeispielen sind zu einem erheblichen Teil auf die
allgemeine technische Entwicklung Zurückzufuhren. Gegenüber den ersten, Mitte der
80er Jahre vorgelegten UIS-Konzepten haben sich die technischen Rahmenbedingun-
gen in der Zwischenzeit mehrfach von Grund auf verändert. Der bislang letzte
Schwenk wurde durch die rasante Ausbreitung des Internet ausgelöst. Die damit ausge-
löste Entwicklung hat nach eigenen Worten auch die Technikplaner in den Ministerien
überrascht, wobei die weiteren Folgen auf den behördlichen Technikeinsatz noch im-
mer erst in Ansätzen abschätzbar sind. Jenen Verwaltungsbereichen, die erst jetzt mit
dem Aufbau integrativ angelegter Informationssysteme beginnen, dürfte manche
Schwierigkeit der letzten Jahre erspart bleiben. Insbesondere die Plattformunabhängig-
keit der WWW-Technik läßt die Technikplaner in den Behörden hoffen, bestehende
Trennungen zwischen einzelnen Fachsystemen auf vergleichsweise einfache und für
die späteren Nutzer komfortable Weise überwinden zu können. Doch wäre es eine Il-
lusion zu glauben, den „Nachzüglern“ würden Anpassungen an veränderte technische
Bedingungen erspart bleiben. Auch in Zukunft wird die technische Entwicklung man-
che Planung bis zu ihrer Realisierung überholt haben und (bisweilen nicht ganz billige)
Anpassungen erforderlich machen. 40
Die wiederholten Korrekturen im Zuge der UIS-Entwicklungen sind aber nicht allein
auf technische Ursachen Zurückzufuhren, sondern ebenso das Resultat politischer und
organisatorischer Veränderungen. In Baden- Württemberg ist beispielsweise Mitte der
90er Jahre auf politischer Ebene entschieden worden, die Wasserwirtschaft zu kom-
munalisieren, was schlagartig die behördenübergreifenden Datenströme und damit die
Voraussetzungen zur Realisierung der wasserwirtschaflichen Komponente im UIS ver-
ändert hat. 41 In ähnlicher Weise haben auch in den anderen Bundesländern aufbauor-
ganisatorische Veränderungen, wie etwa die Zusammenlegung von Umweltbehörden,
für Anpassungsbedarf gesorgt.
Weiterhin gab es - vor allem als Reaktion auf gemachte Erfahrungen, erlittene Rück-
schläge oder veränderte Nutzerwünsche - inhaltliche Umorientierungen in den UIS-
40 In einem Interview außerhalb der Umweltverwaltung brachte ein Gesprächspartner diese Ge-
setzmäßigkeit wie folgt zum Ausdruck: „Die grüne Wiese, auf der eine Technikwelt nach dem
Stand der Dinge neu errichtet werden kann, gibt es immer nur einmal. Wir haben heute massiv
das Problem, daß uns immer irgendwas veraltet bei unserer Technik und wir deswegen fast schon
so ein bißchen zwangsgesteuert sind.“
41 Im Ergebnis hat das Land weitreichende Infrastrukturleistungen erbracht, damit die nunmehr von
den Kommunen erhobenen Daten zuverlässig und regelmäßig Eingang in die UIS-Grundkompo-
nente WAABIS (integriertes Wasser-, Abfall-, Altlasten- und Boden-Informationssystem) finden.
125
Konzepten selbst. Die bereits erwähnten Probleme mit der Führungsorientierung sind
dafür nur ein Beispiel. Ferner wurde in den drei Ländern, anders als ursprünglich ge-
plant, der online-Zugriff auf Meßsysteme ermöglicht, um die UIS attraktiver zu ma-
chen. Auch die strikte Trennung zwischen den Datenbeständen eines UIS und denen
der Fachsysteme wurde in allen Fällen im Laufe der Zeit aufgegeben.
Entwicklung und Betrieb netzbasierter Informationssysteme lassen sich somit zusam-
menfassend als fortwährende Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen verste-
hen, die zum Teil der Verwaltungsumwelt entspringen, zum Teil aber auch interner
Natur sind.
Eine zweite verallgemeinerbare Schlußfolgerung berührt die soziale Dimension behör-
denübergreifender Informationssysteme, mit denen sich ja stets Eingriffe in den Status
quo der Verwaltungsorganisation verbinden: So sind Verbesserungen auf seiten der da-
tennachfragenden Behörden gleichbedeutend mit einem Verlust von Macht bei den
Stellen, die vormals einen nahezu exklusiven Zugriff auf Daten besessen oder diese
erst auf Anfrage weitergeleitet haben. Informationswünsche der einen Stelle können
Mehrarbeit für andere bedeuten. Zudem entstehen neue Optionen für die Kontrolle ei-
ner Dienststelle durch andere.
Damit UIS nicht am Widerstand oder Unwillen einzelner Personen oder nachgeordne-
ter Behörden scheitern, ist in Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Baden-Würt-
temberg in unterschiedlichem Maße auf hierarchische Anweisungen zugunsten stärker
kooperativ angelegter Verfahren verzichtet worden. Am deutlichsten kommt dies in
der komplexen Projektorganisation Baden- Württembergs zum Ausdruck. Konfliktmi-
nimierend wirkt sich hier auch die enge Verbindung der UIS-Konzeption mit der Ent-
wicklung von Fachsystemen für den nachgeordneten Bereich aus. Ähnliches konnte in
den anderen beiden Ländern beobachtet werden: In Nordrhein- Westfalen wurden
„DIM-kompatible“ Fachsysteme entwickelt, in Niedersachsen geschah dies auf der
Basis von GEOSUM. Auf diese Weise erhalten nachgeordnete Behörden die er-
wünschte Technikunterstützung und die Ministerien den Zugriff auf Fachdaten, die
kompatibel zum eigenen System sind.
Eine dritte Schlußfolgerung schließt sich nahtlos an: Von mehreren Interviewpartnem
ist das Wirken einzelner Personen hervorgehoben worden - in positiver wie in negati-
ver Hinsicht. Insbesondere das Handeln von Personen an der Schnittstelle zwischen
den in ein Projekt involvierten Behörden ist in seinem Einfluß auf das Gelingen eines
Vorhabens nicht zu unterschätzen. Dies zeigt beispielhaft die Erhebung von Metadaten
für den UDK in Niedersachsen, die anfangs auf dem Erlaßweg angeordnet wurde. Es
liege nun einmal in der Natur der Sache, so wurde in einem Interview erklärt, daß in
einem hierarchischen System die nachgeordneten Behörden auch dann etwas tun
126
müßten, wenn sie selbst keinen Vorteil davon hätten. Demgegenüber wurde in einem
späteren Interview betont, wie wichtig es gewesen sei, daß aus einer nachgeordneten
Behörde ein Promotor mit einem „guten Draht“ zu anderen Verwaltungsteilen gewon-
nen werden konnte.
Ergänzend zur fortlaufenden Anpassung der Entwicklungsarbeiten an veränderte Rah-
menbedingungen sind Informationssysteme demnach immer auch das Ergebnis interor-
ganisatorischer Koordinationsprozesse und damit ein Resultat sozialer Prozesse, bei
denen von Fall zu Fall durchaus das geschickte Agieren einer einzelnen Person aus-
schlaggebend sein kann.
5.4 Das Strategische Informationssystem der Stadt Köln
Den Abschluß des Kapitels mit Praxisbeispielen behördlicher Techniknutzung bildet
ein mikroskopisch kleiner Ausschnitt aus der breiten Palette von Technikanwendungen
in Kommunal Verwaltungen.
Die Rede ist vom Strategischen Informationssystem (SIS) der Stadt Köln, das von
Entwicklungsstand und Anspruch her unter den kommunalen Systemen eine ähnliche
Ausnahmeerscheinung darstellt wie die im vorangegangenen Kapitel beschriebenen
UIS innerhalb der Landes Verwaltungen. Als eine der wenigen bereits einsatzfähigen
Data Warehouse-Lösungen im öffentlichen Bereich soll das SIS „... den Brückenschlag
zwischen den operativen Informationsressourcen des automatisierten Verwaltungsvoll-
zugs und der problemadäquaten Informationsbereitstellung im Planungs- und Füh-
rungsbereich der Großstadtverwaltung“ (Stadt Köln 1996, 3) hersteilen. Neuerdings
wird von der systementwickelnden und -betreuenden Stelle, dem städtischen Amt für
Statistik, Einwohnerwesen und Europaangelegenheiten, zusätzlich die Unterstützungs-
leistung für das Verwaltungscontrolling betont.
Wie es die Idee des Data Warehouse vorsieht, sollen die in der operativen Arbeit anfal-
lenden Datenbestände für übergreifende - regelmäßige oder anlaßbezogene - Auswer-
tungen und Verknüpfüngen zugänglich gemacht werden (Kap. 4.4). Die in den Kom-
munen zur Unterstützung unterschiedlicher Verwaltungsarbeiten (Meldewesen, Kfz-
Zulassungen, Baugenehmigungen, Gewerbeanmeldungen usw.) eingesetzten Fachsy-
steme sind für diesen Zweck schlicht ungeeignet. So ist es beispielsweise nicht mög-
lich, direkt aus den Daten des in Köln eingesetzten Kommunalen Einwohnerinformati-
onssystems (KEWIS) ein zuverlässiges und aussagekräftiges Bild über die Einwoh-
nerstruktur der 85 Kölner Stadtteile zu erhalten oder stadtteilbezogene Daten des Ein-
wohneramtes mit denen anderer Ämter (z.B. Kfz-Stelle oder Sozialamt) zu verknüp-
fen. Hier soll ein Data Warehouse wie das SIS Abhilfe schaffen.
127
Die Rolle von SIS in der Verwaltung
Drill D0wn-K«tten
Informations- * Analyse
Assistent * Berichtewesen
SIS
Operative
Verfahren
« Selektion
* Kennwerte
* Verknüpfung
* Beschreibung
* Standardisierung
* Aktualisierung
* Geregelter Zugriff
- heterogen
» komplex
* schlecht dokumentiert
* schwer zugänglich
($>
Berichte
Operative
Daten
Abb. 6: Aufbau des Strategischen Informationssystems der Stadt Köln
(Vortragsfolie des Amtes ftir Statistik, Einwohnerwesen und Europaangelegenhei-
ten der Stadt Köln 1 997)
Funktionalität und Leistungsfähigkeit des SIS lassen sich vereinfacht anhand einiger
Eckpunkte beschreiben (Abb. 6):
• Die Grundlage des SIS besteht in der Transformation der Rohdaten aus operativen
Anwendungen und anderen, zum Teil externen Quellen zu einem homogenen, ein-
heitlich strukturierten Datenbestand. Dies sind die sogenannten Basisdaten des Sy-
stems.
• Eine Schlüsselrolle kommt den Metadaten , also den Daten über die vorhandenen
Datenbestände, zu. Sie sind das zentrale Instrument zur Datenstandardisierung und
-erschließung, mit ihnen werden Aktualisierungszyklen ebenso festgelegt wie Zu-
griffsbeschränkungen.
• Für Planung, Entscheidungsunterstützung und Controlling sind weniger die in der
SIS-Datenbank vereinigten Einzeldaten, sondern deren Aggregation und Kombina-
tion von Interesse. 42 Die bedarfsgerechte Bereitstellung und Auswertung der Daten
erfolgt durch die Bildung sogenannter Informationspakete , die aus zusammengefaß-
ten und miteinander verknüpften Daten bestehen. Auf diese Weise können z.B. die
erwähnten KEWIS-Daten des Meldewesens zur Information über die Einwohner-
struktur der Stadt genutzt werden. Derartige Auswertungen sind ohne Programmier-
42 Aus Gründen des Datenschutzes ist die Arbeit mit Einzeldaten aus dem SIS-Bestand außerhalb
des Statistikamtes generell nur eingeschränkt möglich.
128
kenntnisse möglich und können, einmal definiert, regelmäßig in aktualisierter Form
abgerufen werden.
• Insbesondere zur Unterstützung eines regelmäßigen Berichtswesens im Rahmen des
Verwaltungscontrolling, aber auch für Aufgaben wie Sozialberichterstattung oder
Wohnungsmarktbeobachtung, ist der Informations assistent entwickelt worden. Die-
ser Assistent nimmt sozusagen eine Mittlerrolle zwischen dem SIS (mit dem Daten
abgefragt und ausgewertet werden) und gängiger PC- Standardbürosoftware ein, die
zur Weiterbearbeitung und Visualisierung der Rechercheergebnisse genutzt wird.
Damit wird es ermöglicht, auf komfortable Weise Einzel- und Standardberichte zu
erstellen, womit vor allem der Informationsbedarf der Verwaltungsleitung befriedigt
werden soll. Falls sich aus solchen Berichten neue Fragen ergeben, etwa nach den
Ursachen für Budgetüberschreitungen eines Amtes, ist - sofern Datenschutz und
Zugriffsbeschränkungen dem nicht entgegenstehen - die Weiterarbeit mit den zu-
grundeliegenden Detailinformationen möglich („Drill Down-Kette“).
Eine Entwicklung neueren Datums ist die Erweiterung des SIS um eine raumbezogene
Komponente, indem die mit dem SIS erzeugten Datenkombinationen mit einem Geo-
graphischen Informationssystem weiterverarbeitet werden. Für die SIS-Planer ist damit
„ein weiterer Qualitätssprung“ erreicht, zu dem euphorisch ausgeführt wird:
„Aus der Darstellung und kombinierten Nutzung beliebiger Datenstrukturen, Beziehun-
gen, Ableitungen, Regeln und Funktionen folgt die neue Qualität einer vom Anwender
gesteuerten Informationsbereitstellung: Damit vollzieht sich in der Entwicklung des SIS
bereits teilweise der Schritt vom DATA WAREHOUSE zur metadatengesteuerten raum-
bezogenen INFORMATION FACTORY.“ (Stadt Köln 1996, 44; vgl. auch Christmann
1996, 119)
Darüber hinaus befinden sich die Einbindung des SIS in das Intranet der Stadt Köln
sowie Informationszugriffe via Internet in der Planung.
Chancen und Bedrohungen - die Entwicklungsgeschichte des SIS
Das SIS in seiner heutigen Form ist kein Ergebnis einer forcierten Technikentwicklung
der jüngeren Zeit. Die Wurzeln des Systems reichen vielmehr bis in die frühen 70er
Jahre zurück, als nicht nur in Köln damit begonnen wurde, über die Bereitstellung und
Aufbereitung statistischer Informationen für kommunale Planung und Aufgaben der
Politikberatung nachzudenken (zum Überblick vgl. Christmann 1988a; 1996, 117f.).
Diese Überlegungen blieben anfangs ohne größere Resonanz. Im Vordergrund stand
damals die Technikunterstützung operativer Vorgänge, Fragen nach der Verfügbarkeit
der dabei anfallenden Daten für weitergehende Zwecke waren nachrangig. Dies änder-
129
te sich in den 80er Jahren mit den Ansätzen und Diskussionen zu einem integrativen
und führungsorientierten Technikeinsatz.
In der zweiten Hälfte der 80er Jahre begannen die ersten Entwicklungsarbeiten, deren
vorläufiges Endergebnis heute das SIS darstellt: Unter dem Dach des KOSIS- Verbun-
des (Kommunales Statistisches Informationssystem) innerhalb des Verbandes Deut-
scher Städtestatistiker wurde mit den Arbeiten am Statistischen Informationssystem
(STATIS) begonnen. Ehrenamtlicher Geschäftsführer dieses Verbundes und maßgebli-
cher Mitinitiator von STATIS war zu dieser Zeit der Direktor des Kölner Statistikam-
tes, Alfred Christmann, der die Grundlagen kommunalen Informationsmanagements
und die STATIS-Konzeption in einer Artikelserie ausführlich beschrieben hat (Christ-
mann 1988a-c). Die Stadt Köln hat die STATIS-Entwicklung dann auch von Anfang
an federführend geleitet.
Zur Notwendigkeit von STATIS hieß es damals mit durchaus kämpferischen Untertö-
nen:
„STATIS ist eine der Grundlagen kommunaler Selbstverwaltung und kommunaler Pla-
nungsautonomie. Es ist zugleich das Mittel der Kommune, den Bestand ‘informationeller
Selbstbestimmung der Gemeinde’ zu sichern und der Störung kommunaler Gestaltungsau-
tonomie durch die zu Lasten der kommunalen Selbstverwaltung erfolgende Verschiebung
des Informationsgleichgewichtes zwischen Staat und Kommunen entgegenzuwirken.“
(Christmann 1988a, 76)
Von Beginn an verstanden die STATIS-Entwickler unter einem Informationssystem
nicht nur die technische Apparatur, sondern ebenso den Zusammenhang zwischen
rechtlichen und organisatorischen Regelungen, leistungsfähiger DV-Technik und der
Bereitstellung personeller Ressourcen.
STATIS sollte auf diese Weise „... - beinahe als Abfallprodukt der Vollzugsautomatisie-
rung und der Einführung leistungsfähiger Informationstechnik - ein standardisiertes zen-
trales Dienstleistungsangebot in Verbindung mit einem dezentralen Zugang zu daten-
schutzrechtlich unbedenklich bereitgestellten einheitlichen Daten und Methoden für Pla-
nungsunterstützung und statistische Politikberatung“ (Christmann 1988b, 72) bieten.
In den Folgejahren wurde STATIS schrittweise zum SIS in seiner heutigen Form wei-
terentwickelt, die vorangegangenen Vorarbeiten gelten als unverzichtbare „Leminves-
titionen“ (Stadt Köln 1996, 4). Dabei wurde in Köln schon früh der Zusammenhang
zur Verwaltungsmodemisierung hergestellt, die neue Anforderungen an den behördli-
chen Einsatz der IuK-Technik mit sich bringt. Insbesondere die Unterstützungsleistung
des SIS für die Arbeit zentraler wie dezentraler Controllingstellen ist dabei mehrfach
hervorgehoben worden (Breuer/Christmann 1993; Christmann 1992).
130
Nähere Einzelheiten zur Verwaltungsreform in Köln können hier außen vor bleiben,
wichtig sind allein die Konsequenzen für die SIS-Zuständigen im Kölner Statistikamt:
Nachdem die wiederholt vorgetragenen Hinweise auf die Leistungsfähigkeit des Sy-
stems für Planungs- und Entscheidungszwecke allein nicht allzu viel bewegt hatten,
bot die Reform zweifellos Chancen, den Nutzerkreis des SIS innerhalb der Verwaltung
auszudehnen: Durch die Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung
(Kap. 3.2.1) wird der Adressatenkreis für Führungsinformationen schlagartig vergrö-
ßert, gleichzeitig ist ein übergeordnetes Informationssystem äußerst hilfreich, um die
Verwaltung als Ganzes steuern und gegenüber der Kommunalpolitik Bericht erstatten
zu können. Andererseits haben die neu gebildeten Controllingeinheiten das Quasi-Mo-
nopol des Statistikamtes bei Zusammenführung und Aufbereitung der kommunalen
„Datenschätze“ beseitigt. Daher brachte die Reform einen gewissen Druck mit sich,
das SIS stärker auf die Anforderungen von Controlling und Berichtswesen auszurich-
ten und damit die eigene Position innerhalb der Verwaltung zu stabilisieren. Dieser
Anforderung wurde mit der Entwicklung des oben beschriebenen SlS-Informations-
assistenten auch entsprochen.
Konkurrenzen und Koalitionen
Die neue Wertschätzung für Management- und Steuerungsinformationen hatte für die
SIS-Entwickler somit nicht nur erfreuliche Seiten, zumal vom kommunalen Con-
trolling neue Technikprojekte initiiert wurden, die zum Teil in Konkurrenz zum SIS
stehen. Die in dieser Situation auftretenden Konflikte sind in seltener Offenheit aus
Sicht der Statistikstelle benannt worden:
„Hierbei [gemeint ist der Test des SIS für Controllingzwecke] wurde deutlich, daß die
Akzeptanz dieses Systems nicht nur eine Frage der Benutzerergonomie ... ist. Vielmehr
werden die Nutzungsmöglichkeiten des Systems aus institutionellen Gründen eher zu-
rückhaltend wahrgenommen. Diese Zurückhaltung wird explizit mit der Frage nach den
Zuständigkeitsgrenzen ‘der Statistik’ und dem Hinweis, daß Controlling und Strukturre-
form wohl eher Aufgaben der Verwaltungsspitze beziehungsweise der Kämmerei und der
Hauptverwaltung bleiben dürften. Implizit kommt jedoch zum Ausdruck, daß über die
Einführung des SIS ‘Abhängigkeiten’ zur kommunalen Statistik geschaffen werden könn-
ten, die aus Sicht der etablierten Problemloser vielleicht nicht wünschenswert sind.“
(Christmann 1992, 59)
Im Kölner Controlling, aber auch in Finanzwesen und Personalmanagement, werden
inzwischen Produkte der deutschen Vorzeige-Softwareschmiede SAP eingesetzt (Kap-
pius 1997, 9f.; Stadt Köln o.J.), die ebenfalls Data Warehouse-Lösungen („Business
Information Warehouse“) vertreibt. In einem Vortrag des Kölner Dezernenten für all-
131
gemeine Verwaltung und öffentliche Ordnung vom Juli 1997 über „Verwaltungsmo-
demisierung und IuK-Technologien in Köln“ hieß es zum Stichwort „Data Ware-
house“ lapidar: „Die Stadt Köln prüft zur Zeit die Ausbaumöglichkeiten eines bereits
vorhandenen Ansatzes in diesem Bereich.“ (Kappius 1997, 8) Als eindeutiges und
unmißverständliches Bekenntnis zur Eigenentwicklung SIS konnte dies sicherlich nicht
gewertet werden, gleichwohl ist die SIS-Nutzung für Controllingzwecke weiterhin vor-
gesehen (Asselbom 1997).
Als Ergebnis ist festzuhalten, daß vom Amt für Statistik seit jeher die Bedeutung von
Steuerungsinformationen betont worden ist. Dies blieb aber solange ohne Resonanz,
bis durch Anstöße aus einer ganz anderen Richtung, nämlich durch die Verwaltungs-
reform, neue Formen des Verwaltungsmanagements virulent wurden. In der Folgezeit
ist der Hinweis auf die Unterstützung von Controllingaufgaben kontinuierlich stärker
in den Vordergrund der SIS-Präsentationen gerückt, was zeigt, wie sich die Begrün-
dungsmuster für den Technikeinsatz geändert haben. Dennoch ist es den SlS-Verant-
wortlichen in dieser Situation nicht gelungen, das von ihnen entwickelte System als
zentralen Bestandteil des kommunalen Controlling und Berichtswesens zu etablieren.
Von „kommunaler Planungsautonomie“ und „informationeller Selbstbestimmung der
Gemeinde“ ist heute schon gar nichts mehr zu hören.
Noch ein weiteres Detail der SIS-Geschichte verdient Beachtung, nämlich der Um-
stand, daß die SIS-Entwicklung von Beginn an vom Amt für Statistik geleitet wurde -
und nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, von der zentralen Datenverarbeitungsabtei-
lung 43 der Stadt Köln. Dies wird in Köln rückblickend nicht als besonders ungewöhn-
lich empfunden, da schon immer auch Fachämter für DV-Projekte zuständig gewesen
seien (Kappius 1997, 3). Festzuhalten ist aber, daß es den SIS-Entwicklem gelungen
ist, sich durch die Zusammenarbeit mit externen Partnern verwaltungsintem Hand-
lungsfreiräume zu schaffen. Dies betrifft die Kooperation mit einem privaten Software-
haus, der Software AG, ebenso wie die Einbindung in den KOSIS- Verbund der Deut-
schen Städtestatistiker. Weiterhin wurde eine Entwicklungs- und Anwendergemein-
schaft gegründet, der 1997 immerhin sieben Großstädte, vier Landesämter und eine
Behörde aus Österreich angehörten. Die Entwicklungsarbeiten haben bis heute mehrere
Millionen Mark verschlungen, wobei die finanzielle Belastung unter anderem durch
umfangreiche Fördermittel der Europäischen Union gemindert wurde. Die dabei ge-
sammelte Erfahrung mit der Akquisition und Durchführung von EU-Projekten hat dazu
43 Im Zuge der Verwaltungsreform wurden in Köln 1993 die Zuständigkeiten für den Einsatz der
IuK-Technik, die Festlegung von Normen und Standards und die Erprobung neuer Anwendungen
grundlegend verändert. Ergebnis war eine „gesteuerte Dezentralisierung“ der Kompetenzen, wo-
bei der zentralen Technikstelle zukünftig die Rolle eines Dienstleisters für die restliche Verwal-
tung zukommt (Kappius 1997, 3ff.). Anders als früher werden die Mittel für Beschaffung, Pflege
und Wartung von den Dezernaten im Rahmen ihrer Budgets eigenständig bewirtschaftet.
132
geführt, daß dem Statistikamt die Koordination sämtlicher EU-Projekte Kölns anver-
traut wurde.
Zusammenfassend bietet das SIS ein Reihe weiterer Belege dafür, daß komplexe Tech-
niksysteme in den Verwaltungen das Ergebnis persönlichen Engagements, wiederhol-
ter Anpassungen an sich verändernde Rahmenbedingungen und des Ergreifens sich
bietender Gelegenheiten darstellen.
133
6 Verwaltungsinformatisierung im Zeichen des Netzes -
Neue Herausforderungen für Praxis und Wissenschaft
Die vorangegangenen Kapitel haben sich mit Ansätzen zur wissenschaftlichen Analyse
des Einsatzes der IuK-Technik, mit der aktuellen technischen Entwicklung in diesem
Bereich sowie mit Praxisbeispielen zur behördlichen Techniknutzung auseinanderge-
setzt. Im folgenden wird die derzeitige Phase der Behördeninformatisierung zusam-
menfassend anhand einiger zentraler Wesensmerkmale beschrieben (6.1). Anschlie-
ßend werden Schlußfolgerungen zu Verlauf und Einflußfaktoren behördlicher Informa-
tisierungsprozesse gezogen, deren Darstellung sich an dem in Kapitel 2.5 vorgeschla-
genen erweiterten Untersuchungsansatz orientiert: Zunächst geht es um den Einfluß
der IuK-Technik auf die Organisation der Verwaltung (6.2), anschließend um Verwal-
tungen als Akteure im Informatisierungsgeschehen (6.3) und um Verwaltungen als mi-
kropolitische Arenen (6.4). Abschließend wird ein Vorschlag zur zukünftigen Ausrich-
tung der Forschung zur Verwaltungsinformatisierung unterbreitet (6.5).
6.1 Behördeninformatisierung heute: die Zeit beginnender Virtualität
Zur Darstellung jener Entwicklungen, die über einzelne Fallstudien hinaus charakteri-
stisch für die gegenwärtige Phase der Behördeninformatisierung sind, bietet sich der
Rückgriff auf die von Brinckmann und Kuhlmann (1990) unterschiedenen Phasen der
Verwaltungsinformatisierung an, die den Zeitraum von 1950 bis Mitte der 80er Jahre
abdecken (Tab. 4). Als wesentliche Merkmale der vierten und letzten Periode, genannt
„Zeit der Neuorientierung“ und einem Zeitraum ab 1982 zugeordnet, werden dort auf-
geführt: die Dezentralisierung der Datenverarbeitung, gestiegene Ansprüche an die In-
formatisierung, zunehmende Vernetzung, neue Integrationskonzepte sowie die Erpro-
bung von Expertensystemen. Einzig die Expertensysteme haben sich aufgrund anhal-
tender Fehlschläge und enttäuschter Erwartungen inzwischen erledigt, alle anderen
Merkmale sind nach wie vor aktuell.
Trotz solcher Kontinuitäten ist es angebracht, auf die „Zeit der Neuorientierung“ eine
weitere Phase der Verwaltungsinformatisierung folgen zu lassen, deren Beginn auf der
Zeitleiste gegen Mitte der 90er Jahre zu verorten ist. Konstitutiv für diese Phase ist die
Öffnung der Behördennetze in Richtung Umwelt, wie sie durch das Internet ermöglicht
und vorangetrieben wird. Die Internet-Technik ist es auch, die den technischen Inte-
135
grations versuchen innerhalb der Verwaltungen in Gestalt von Intranet-Lösungen eine
neue Qualität verleiht und die Nutzung des Computers als Medium für interne und ex-
terne Kommunikationsbeziehungen (E-Mail) fördert. Da diese Entwicklungen im Leit-
bild der „virtuellen Verwaltung“ (Kap. 3.2.4) kumulieren, dieses sich aber noch längst
nicht in der Fläche durchgesetzt hat, kann die fünfte Phase treffend als „Zeit beginnen-
der Virtualität“ bezeichnet werden.
Phase
Dauer
technisch-organisatorische Orientierungen
Pionierzeit
1950 - 1970
• Versuche und Grundlegungen bei rechenbaren
Teilaufgaben
Gründerzeit
1965 - 1975
• Durchbruch der „Automatisierung“ bei
Massenverfahren
• Aufbau von „Informationssystemen“
Konsolidierungszeit
1975 - 1985
• Ausweitung der „Automatisierung“
• Dezentralisierung des Sachbearbeiterzugriffs
auf DV-Sy steme
Zeit der
Neuorientierung
1982 - 1995
• Verselbständigung dezentraler DV
• gewachsene Ansprüche an Informatisierung
• kommunikationstechnische Vernetzung
• neue Integrationskonzepte
• Versuch der Informatisierung komplexer
Entscheidungsstrukturen (Expertensysteme)
Zeit beginnender
seit Mitte der
• Computer als Medium
Virtualität
90er
• Einbindung ins Internet
• Integration bestehender Systeme mittels Intranet
• Leitbild „virtuelle Verwaltung“
• Workflow- und Groupware-Systeme als neue
Option
Tab. 4: Informatisierungsphasen in der öffentlichen Verwaltung Deutschlands (in Fortfüh-
rung von Brinckmann/Kuhlmann 1 990, 20)
Der starke Einfluß des Internet ist in allen vier Fallstudien zum Ausdruck gekommen:
• Überaus deutlich hat sich das Internet auf die Architektur der Landesverwaltungs-
netze ausgewirkt. Obwohl umfangreiche Investitionen auf der Grundlage von ISO-
OSI getätigt worden waren und funktionierende, erprobte Verbindungen existierten,
136
hat sich die Internet-Architektur TCP/IP durchsetzen können, was erheblichen Ar-
beits- und Finanzaufwand nach sich zog.
• Bei der Bundesanstalt für Arbeit ist neben dem bundesweiten Intranet ein umfang-
reicher Internet- Service für Stellensuchende und Arbeitgeber eingerichtet worden.
Damit ist ein erster, wenn auch kleiner Schritt getan, um bei einzelnen Angeboten
die Bindung an die Räumlichkeiten der Arbeitsämter zu lösen. Gleichwohl zeigen
sich auch gegenläufige Bewegungen: So lange z.B. das regelmäßige Vorsprechen
Arbeitsloser bei ihrem Arbeitsamt explizit politisch gefordert wird, besitzen Pläne
zur Verlagerung weiterer Interaktionen auf netztechnische Verbindungen keine
Chance auf Realisierung.
• Die Umweltverwaltungen haben die Gelegenheit genutzt und das Internet frühzeitig
als neues Medium zur Präsentation gegenüber der Öffentlichkeit eingesetzt. Dies
dient der unmittelbaren Aufgabenerftillung (Sammeln und Bereitstellen von Um-
weltinformationen) und bietet zusätzlich willkommene Gelegenheit, die eigenen In-
vestitionen in kostenintensive Informationssysteme zu legitimieren und für die
nächsten Jahre abzusichem. Die Landesumweltverwaltungen würden sich nunmehr
gut als Anschauungsbeispiel für den Zusammenhang zwischen Intra- und Internet in
einem noch zu schreibenden Lehrbuch zum Informationsmanagement eignen: Wenn
verwaltungsintem die Daten der landesweit verstreuten Behörden mit einem Um-
weltinformationssystem auf Intranet-Basis zusammengeführt und verfügbar ge-
macht werden, erfordert die Überstellung ausgewählter Daten in das Internet- Ange-
bot für die Öffentlichkeit über kurz oder lang nur noch einen Knopfdruck.
• Auch in der Stadt Köln wird über die Verbindung zwischen Intranet und Strategi-
schem Informationssystem nachgedacht, selbst (eingeschränkte) Zugriffsmöglich-
keiten via Internet sind kein Tabu. Letzteres verdeutlicht, daß auch primär für ver-
waltungsinteme Zwecke konzipierte Systeme - sofern rechtlich unbedenklich und
politisch gewollt - für die Öffentlichkeit geöffnet werden können.
In Kapitel 4.5 sind vier Typen netzbasierter Anwendungen unterschieden und be-
schrieben worden. Kennzeichnend für die Zeit beginnender Virtualität in den Verwal-
tungen sind vor allem Neuentwicklungen, die den Kategorien Kommunikation und
Datenbereitstellung und -abruf zuzuordnen sind.
Für die Kommunikation gilt, daß die unstrukturierte Variante über E-Mail großen An-
klang gefünden hat. Allerdings ist die E-Mail-Nutzung sowohl verwaltungsintem als
auch in der Kommunikation mit der Umwelt längst noch nicht zur Routine geworden,
so daß hier noch erheblicher Entwicklungsbedarf besteht. Dies betrifft die Anzahl der
über E-Mail erreichbaren Verwaltungsmitarbeiter ebenso wie die überfällige Einrich-
tung „virtueller Poststellen“, deren Aufgabe es sein wird, die auf elektronischem Weg
eingegangenen Mitteilungen an die zuständigen Bearbeiter weiterzuleiten. Noch weit-
gehend am Anfang ihrer Entwicklung stehen elektronische Formulare oder Anwen-
137
düngen zur vorverlagerten Stadtverwaltung, mit denen perspektivisch mancher Gang
zur Verwaltung entfallen könnte. Gegenwärtig zeichnet sich ab, daß solche Angebote
zunächst über Stellen, die in bestimmten Angelegenheiten regelmäßig Kontakt mit der
Verwaltung haben, realisiert werden - die Beispiele des Kfz-Händlers, des Notars und
des Steuerberaters sind genannt worden. Erst anschließend und aufbauend auf den zu-
vor gesammelten Erfahrungen steht die elektronische Interaktion mit Privatpersonen
auf dem Programm. Erforderlich sind dazu noch zahlreiche Regularien, um die
Rechtssicherheit elektronisch vermittelter Interaktionen zu gewährleisten (eindeutige
Identifikation des Absenders, Schutz gegen nachträgliche Veränderungen eines Doku-
ments usw.). Da diese Voraussetzungen ebenso im privatwirtschaftlichen Geschäfts-
verkehr erforderlich sind, könnte die öffentliche Verwaltung hier wegbereitend tätig
werden.
In der Kategorie Datenbereitstellung und -abruf bieten Intranet- Anwendungen komfor-
table und zugleich einfach zu realisierende Lösungen, um interne, über Abteilungs-
oder Behördengrenzen hinweg relevante Querschnittsdaten (Rechtsvorschriften, Haus-
haltsdaten etc.) bereitzustellen. Das Arbeitsamtsinformationssystem der BA gibt einen
Eindruck vom Nutzen solcher Systeme. Auch die Sammlung und Bereitstellung von
Fachdaten ist mit der Internet-Technik tendenziell erleichtert worden. Allerdings berei-
tet die Integration von Daten aus unterschiedlichen Verwaltungsbereichen wegen der
Heterogenität der eingesetzten Fachsysteme noch immer vergleichsweise hohen Auf-
wand. Der Umwelt-Datenkatalog der Umweltbehörden und das Strategische Informati-
onssystem aus Köln zeigen, daß Metadaten ein geeignetes Instrument darstellen kön-
nen, um die Datenintegration zu steuern und den Umgang mit komplexen Informati-
onssystemen zu erleichtern. Inwieweit Bestände und Funktionalitäten von Fachsyste-
men der interessierten Öffentlichkeit über das Internet verfügbar gemacht werden, ist
in Deutschland eine noch ungeklärte - und bislang auch undiskutierte - Frage.
Die beiden anderen Typen, Ressourcenteilung und Prozeßunterstützung , stehen mo-
mentan weit weniger im Vordergrund, sind aber keinesfalls bedeutungslos geworden.
Dies zeigen insbesondere die nach wie vor zuverlässig arbeitenden Anwendungen in
Bereichen mit standardisierten Massendaten (Steuer, Rente, Kfz-Zulassung usw.). Für
die Zukunft ist aus einer rein technischen Perspektive zu erwarten, daß die IuK-Tech-
nik stärker zur Unterstützung weiterer Geschäftsprozesse (Workflow) sowie teamarti-
ger Arbeitsformen (Groupware) eingesetzt wird. Da in Verwaltungen der Würdigung
des Einzelfalls seit jeher besondere Bedeutung zukommt, sind jenseits der Automati-
sierung hochstandardisierbarer Massenverfahren hohe Ansprüche an die Flexibilität
technischer Lösungen zu stellen. Unter diesen Vorzeichen ist vor allem die Kombinati-
on von Workflow- und Groupware-Elementen von Interesse. Inwieweit solche Anwen-
dungen tatsächlich zum Einsatz kommen werden, läßt sich aber beim gegenwärtigen
138
Stand der Entwicklung und aufgrund des anhaltenden Mangels an empirischem Ma-
terial nicht zuverlässig beurteilen. 1
Fraglich bleibt auch, wie sich die Renaissance der IuK-Technik als Rationalisierungs-
instrument und der Zwang, Technikinvestitionen durch Einsparungen an anderer Stelle
zu legitimieren, auf die weiteren Planungen auswirken. Zwei Varianten sind denkbar:
Zum einen könnten Anwendungen mit qualitativer Zielsetzung, deren Nutzen sich
kaum in Zahlen ausdrücken läßt, aufgrund der neuen Dienstleistungsorientierung als
„strategisch bedeutsam“ klassifiziert und weiterhin realisiert werden. Zum anderen ist
vorstellbar, daß in Zeiten knapper Haushaltsmittel tatsächlich nur noch solche Projekte
genehmigt werden, die „sich rechnen“. Entweder setzt dann der bereits aus früheren
Phasen bekannte großzügige bis manipulative Umgang mit Zahlen ein (Holthaus 1 990)
oder es kommt tatsächlich zum Stillstand bei Technikprojekten, die vorrangig qualitati-
ven Verbesserungen dienen.
Die hier skizzierte fünfte Phase der Behördeninformatisierung baut fraglos auf den Ak-
tivitäten des vorangegangenen Zeitraums auf: Die in den 80er Jahren begonnene De-
zentralisierung der Zuständigkeiten gewährleistet, daß die Fachbehörden selbst für In-
tranet- und Internet-Lösungen ihres Bereiches verantwortlich sind und die erforderli-
che Eigeninitiative entwickeln. Weiterhin sind Maßnahmen zum Informationsmana-
gement unverzichtbar, um verwaltungsinteme Informationsflüsse zu optimieren, Red-
undanzen in der Datenhaltung zu vermeiden und Medienbrüche zu beseitigen.
Verändert haben sich aber die mit integrativ angelegten Technikkonzepten verbunde-
nen Ziele. Die Idee, mit IuK-Technik die Planungs- und Steuerungsfähigkeit des Staa-
tes zu erhöhen, hat sich inzwischen ebenso erledigt wie die Hoffnung, über Computer-
netze so etwas wie eine Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns hersteilen zu können
(Killian/Wind 1997, 15ff). Heute dominiert eine pragmatische Orientierung, die -
mehr implizit als explizit - vernetzte IuK-Technik als erforderliches Gegenstück zur
Dezentralisierung von Zuständigkeiten und Kompetenzen begreift. Die Stärkung oder
Verselbständigung von Fachämtem gilt als Schlüssel zur Verbesserung von Qualität
und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. Gleichzeitig sind die mit der Dezen-
tralisierung verbundenen Nachteile (z.B. neue Abschottungstendenzen oder fehlende
Synergieeffekte) zu vermeiden und die Einzelbereiche auf Ziele des Gesamtsystems
1 Außer einigen Vorzeigeprojekten ist in diesem Bereich jedenfalls nicht allzu viel bekannt gewor-
den, was sicherlich auch auf den Aufwand bei der Entwicklung brauchbarer Workflow-Lösungen
zurückzuführen ist. Nigbur und Scharfenberger (1996) verdeutlichen dies am Beispiel der „ganz-
heitlichen Bearbeitung von Schriftgut“ mittels IuK-Technik beim Ministerium für Schule und
Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen.
139
auszurichten. 2 In diesem Sinne unterstützt vernetzte IuK-Technik die Arbeit der neu
eingerichteten Controllingstellen und ermöglicht über integrative Informationssysteme
bereichsübergreifende Datenzugriffe.
Die fortschreitende Fragmentierung des Verwaltungssystems wird mit IuK-Technik
handhabbar gemacht. Dies beinhaltet auch, daß die Verwaltung trotz räumlicher Ver-
teilung und organisatorischer Zersplitterung für die Bürger transparent und zugänglich
bleibt. Das Leitbild der virtuellen Verwaltung zeigt dazu neue Wege auf.
6.2 Unverbundenheit zwischen Verwaltungsorganisation und Technik
Wie in Abschnitt 3.3.1 erwähnt, interessieren sich Verwaltungs Wissenschaftler vor al-
lem dann für die IuK-Technik, wenn es um (mehr oder weniger weitreichende) Refor-
men im administrativen System geht. Am deutlichsten ist diese Orientierung über die
Jahre hinweg in der Katalysatorthese Reinermanns zum Ausdruck gekommen, nach
der die IuK-Technik bestimmten, in ihrem Umfeld angelegten Veränderungstendenzen
zum Durchbruch verhelfen könne. Empirische Belege für die reformforderliche Kraft
moderner IuK-Technik aber sind rar. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Be-
griff der „Reform“ auf einschneidende Veränderungen in der Art und Weise der Auf-
gabenerledigung und Leistungserbringung und damit auf aufbau- oder ablauforganisa-
torische Regelungen bezieht.
Brinckmann und Kuhlmann haben in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, „min-
destens zwei Arenen“ zu unterscheiden, „... nämlich die, in der die informationstechni-
schen Anstöße ausgelöst und wo angesichts der breiten Gestaltungsoptionen Selekti-
onsentscheidungen über informationstechnische Nutzungen getroffen werden, und die-
jenige, die für die Gestaltung der Verwaltung maßgeblich ist, in der also verwaltungs -
politische Konzepte entworfen und verfolgt werden sollen.“ (1990, 168; Hervorh.
M.W.) Die vier Fallstudien aus dem vorangegangenen Kapitel legen den Schluß nahe,
daß Technikplaner und Organisationsgestalter weitgehend unverbunden nebeneinander
her arbeiten. Auch in Fachzeitschriften oder auf Kongressen wird nur selten von Pro-
jekten berichtet, die Organisations- und Technikfragen gleichermaßen behandeln und
einen systematischen Bezug zwischen beiden Arenen herstellen. Wo neue IuK-Technik
eingeführt wird, bleiben die bestehenden aufbau- und ablauforganisatorischen Re-
2 Vgl. dazu auch die Darstellung von Reichwald/Koller (1996) zur Dezentralisierung in Unterneh-
men, die sich in weiten Teilen (z.B. beim Problem der Koordination verselbständigter Organisati-
onseinheiten) auf die Situation der öffentlichen Verwaltung übertragen läßt.
140
gelungen meist unangetastet. Umgekehrt verlaufen organisatorische Veränderungen
weitgehend ohne Berücksichtigung technischer Optionen. 3
Nun war die Zusammenarbeit zwischen den Fachverwaltungen, also den eigentlichen
Nutzem der IuK-Technik, und den für Technikfragen zuständigen Einheiten (z.B.
EDV- Abteilungen) seit jeher durch Konflikte und Verständnisprobleme geprägt
(Brinckmann 1981). Doch auch in den letzten zehn Jahren hat sich an der mangelnden
Verbindung zwischen Organisationsffagen und Technikeinsatz nichts geändert, obwohl
in den Fachbehörden die Kompetenzen zur Techniknutzung ebenso gestiegen sind wie
die eigenen Handlungsspielräume. Verantwortlich für die mangelnde Verbindung zwi-
schen Organisation und Technik sind demnach nicht so sehr eingefahrene Rivalitäten
und Konkurrenzen. Die Hauptursache ist vielmehr in der überaus hohen Komplexität
des behördlichen Technikeinsatzes zu suchen, die organisatorische Innovationen auf
der Grundlage neuer technischer Lösungen zu einem schlecht kalkulierbaren Wagnis
werden läßt. Genau solche Unwägbarkeiten werden in einem an Stabilität und Fehler-
vermeidung orientierten System wie den Verwaltungen (Grimmer 1997, 13ff.) mög-
lichst vermieden, was die Bereitschaft und Fähigkeit zu einschneidenden Veränderun-
gen deutlich mindert.
Die Darstellung zu Verwaltungsnetzen auf Landesebene hat exemplarisch gezeigt, daß
der Betrieb netztechnischer Infrastrukturen als fortwährende Anpassung an veränderte
technische Rahmenbedingungen zu verstehen ist. Das heißt: Einsatz und Nutzung der
IuK-Technik haben stets etwas Unkalkulierbares, da sich technische Standards und
Normen verändern, neue Produkte auf den Markt kommen usw. Nicht viel anders sieht
es auf der Ebene konkreter Anwendungen aus, wie die Beispiele aus den Umweltver-
waltungen und der Bundesanstalt für Arbeit zeigen. Bei letzterer wurde, wie die Pro-
jekte IT2000 und Arbeitsamt 2000 verdeutlichen, die Trennung zwischen Organisati-
ons- und Technikfragen sogar zum Prinzip erhoben.
Die Betrachtung zum Strategischen Informationssystem in Köln hat einen weiteren As-
pekt des schwierigen Verhältnisses zwischen organisatorischen Veränderungen und
dem Einsatz der IuK-Technik verdeutlicht: Die aktuell zu beobachtende Entwicklung
3 Diese Trennung zwischen Organisation und Technik bringt auch zum Ausdruck, daß sich die Ma-
xime „Organisation vor Technik“ inzwischen weitreichend Geltung verschaffen konnte (so auch
Beyer 1998, 259). Dies war nicht immer so. Insbesondere in den Anfangsjahren der Behördenin-
formatisierung waren Formen technikgetriebener Organisationsgestaltung keine Seltenheit, bei
der sich die Gestaltung der Arbeitsabläufe nach den Möglichkeiten und Restriktionen der Compu-
tertechnik zu richten hatte. Momentan wird von manchen Beobachtern ein Comeback technikfi-
xierter Vorgehensweisen befurchtet. Anlaß dazu gibt die auch im behördlichen Bereich zuneh-
mende Verbreitung der integrierten Standardsoftware R/3 der Firma SAP (vgl. ausführlich zur or-
ganisatorischen Dimension der SAP-Produkte AFOS 1996, 5 5 ff. ) .
141
neuer Steuerungsmechanismen in den Verwaltungen ist (zumindest in der Theorie)
gleichbedeutend mit einer grundlegenden Erneuerung des Informationswesens. Wenn
die Kosten- und Leistungsrechnung Einzug in die Behördenwelt hält, Controllingstel-
len eingerichtet und Berichtssysteme für die politische und administrative Führung
aufgebaut werden, verändern sich Informationsbedarf und Datenflüsse - kurz: Die Kar-
ten in Sachen Technikplanung werden neu gemischt. Selbst wenn also doch einmal
IuK-Technik und Reform aufeinander bezogen werden, wie dies bei Veränderungen im
Haushalts wesen ebenso ausnahmsweise wie unvermeidlich der Fall ist, gestaltet sich
diese Beziehung problematisch und konfliktreich. In Köln etwa wurden die bestehen-
den Ansätze zum Informationsmanagement nicht einfach übernommen und angepaßt,
sondern es kam zu einer neuartigen Konkurrenzsituation mit einem externen Anbieter,
der mit Teilen seiner Produktpalette bereits im Controlling präsent war.
Halten wir an dieser Stelle zunächst einmal fest, daß auch beim inzwischen erreichten
Leistungsstand der IuK-Technik wenig dafür spricht, daß diese tatsächlich die ihr zu-
gesprochene Funktion als Katalysator für Reformmaßnahmen erfüllen kann. Erst recht
mangelt es an Konzepten, die ausgehend von den Leistungsmerkmalen moderner IuK-
Technik die Grundprinzipien der bekannten Verwaltungsarbeit und -Organisation zur
Disposition stellen. Im Zuge der gegenwärtigen Verwaltungsreform unterstützt die
IuK-Technik die Umsetzung des Neuen Steuerungsmodells, das eine bestimmte techni-
sche Infrastruktur stillschweigend voraussetzt - mehr ist derzeit nicht zu beobachten.
Stärkere Beachtung verdient ein anderer Zusammenhang, der mit dem oben beschrie-
benen Übergang von der vierten zur fünften Informatisierungsphase offen zu Tage tritt
und den die dominierende Perspektive der verwaltungswissenschaftlichen Auseinan-
dersetzung mit IuK-Technik bislang eher verdeckt als erhellt hat: Bei aller Suche nach
reformforderlichen Potentialen der Computertechnik ging der Blick dafür verloren, daß
manche Formen der Techniknutzung selbst äußerst voraussetzungsvoll sind. Maßnah-
men zur Verwaltungsreform sind dann nicht ein Resultat innovativer Formen des
Technikeinsatzes, sondern deren Voraussetzung.
Exemplarisch sei an dieser Stelle nochmals auf einen zentralen Baustein der virtuellen
Verwaltung, das Konzept des „electronic one-stop-shop“, verwiesen. In einem Kon-
zeptpapier der britischen Initiative „Government Direct“ heißt es dazu:
„A key component in achieving the aims of the Govemment’s strategy is to provide the
public (both businesses and citizens) with the opportunity to send and receive, over
electronic terminals, the information that currently passes between them and govemment
on paper. (...) Whichever means is used, businesses and citizens will progressively have
access to a wide ränge of govemment Services. The terminal in the home or in the place of
work could, in due course, provide an electronic ‘one-stop-shop’ for govemment Services,
142
available 24 hours a day, seven days a week where appropriate, and offering as near to
instant response as practicable.“ (Office of Public Service 1996, 15f.)
Eine Realisierung dieser anspruchsvollen Idee ohne vorherige oder zumindest beglei-
tende Reorganisation der administrativen Arbeitsprozesse ist kaum vorstellbar. Es er-
scheint schlicht unpraktikabel, daß sich hinter einem umfassenden, über Computemet-
ze und -terminals zugänglichen Verwaltungsangebot das bekannte System hochgradig
ausdifferenzierter Arbeitsteilung und Zuständigkeiten verbirgt. Erforderlich ist viel-
mehr ein qualitativer Sprung in Sachen interner Kooperation, damit die Bürger über ei-
nen Zugang möglichst viele Verwaltungsdienste abrufen können.
Obwohl das Konzept des electronic one-stop-shop somit an weitreichende Vorausset-
zungen gebunden ist, hat es gute Chancen auf Umsetzung. Dies hängt in erster Linie
damit zusammen, daß die durch das Internet ausgelöste Bewegung in der Technikarena
in einen Zeitraum fällt, in dem die Diffusion der Bürgerbüro-Idee (Kap. 3.2.2) ihren
Höhepunkt erreicht hat. Es handelt sich hier um einen der seltenen Fälle, in denen
Konzepte, die weitgehend unabhängig voneinander zum einen in der Arena der Tech-
nikplaner und zum anderen in der Arena der Organisationsgestalter entwickelt und
vorangetrieben worden sind, zeitlich und sachlich miteinander korrespondieren und
sich ergänzen - schließlich ist ein electronic one-stop-shop nichts anderes als die Wei-
terentwicklung des Bürgerbüro-Konzepts in der Informatisierungsphase beginnender
Virtualität.
Der Hinweis auf die Bedeutung des „Umfelds“ der IuK-Technik, wie ihn die Katalysa-
torthese trifft, ist also durchaus von zentraler Bedeutung - nur in umgekehrter Lesart:
Nicht die IuK-Technik verhilft schlummernden Reformideen zum Durchbruch, son-
dern es bestehen genau dann gute Realisierungschancen für technische Konzepte,
wenn die Entwicklungen in besagtem Umfeld der IuK-Technik dies zulassen. Ideen für
ein „virtuelles Arbeitsamt“ werden z.B. erst dann Aufmerksamkeit finden, wenn der
Gesetzgeber - generell oder fallspezifisch - auf restriktive Meldepflichten für die Ar-
beitslosen verzichtet. In dieser Lesart warten nicht so sehr die Organisatoren auf tech-
nische Unterstützung, sondern die Technikplaner nutzen Impulse aus der Arena der Or-
ganisationsgestalter zur Umsetzung ihrer Ideen. Erst dann setzt das Wechselspiel zwi-
schen IuK-Technik und Organisations Veränderungen ein. 4
4 Im Einklang damit ist anzunehmen, daß die IuK-Technik erst dann einen Beitrag zum Übergang
„von der Zuschauer- zur Beteiligungsdemokratie“ (Leggewie/Maar 1998) leisten kann, wenn im
Zuge der gegenwärtigen Verwaltungsreform die Partizipation der Bürger an Planungs- und Ent-
scheidungsprozessen stärkere Beachtung findet. Der äußerst geringe Stellenwert dieses Themas
bei Technikplanungen und Reformmaßnahmen stellt eine weitere Parallele zwischen Organisati-
ons- und Technikarena dar, die im Ergebnis diesmal nicht zu Bewegung, sondern zu Stillstand
führt.
143
Die Fallstudie zu Umweltinformationssystemen der Bundesländer untermauert diese
Annahme ebenfalls. In den vergangenen zehn Jahren sind in den Umweltressorts der
Bundesländer zwar zahlreiche Reorganisationsmaßnahmen (z.B. die Zusammenfuh-
rung vormals getrennter Landesämter) durchgeflihrt worden, die IuK-Technik hat da-
bei aber nach übereinstimmender Auskunft unserer Interviewpartner nie eine besonde-
re Rolle gespielt. Es bereitete sogar stets erheblichen Aufwand, die Systemplanungen
an veränderte organisatorische Grundlagen anzupassen. Umgekehrt aber ebneten orga-
nisatorische Innovationen, hier insbesondere die Gründung der Umweltministerien,
den Weg zur Realisierung anspruchsvoller Technikkonzepte. Der zum damaligen Zeit-
punkt hohe gesellschaftliche Stellenwert ökologischer Themen und der daraus resultie-
rende Handlungsdruck auf die Politik sicherten die erforderlichen Gelder. Forderungen
nach einem integrativ angelegten Umweltschutz sowie nach Wegen und Verfahren
zum ressortübergreifenden Datenaustausch taten ein übriges. Tatsächlich sind diese
Ziele aber auch mit UIS nicht im gewünschten Umfang erreicht worden - hierzu sind
wohl abermals bestimmte Reorganisationsmaßnahmen erforderlich.
Aussagen zum Einfluß der IuK-Technik auf die Organisation der Verwaltung haben
bis heute mit einer gewissen Widersprüchlichkeit zu kämpfen: Einerseits ist Zurückhal-
tung geboten, wenn es um die Annahme reformunterstützender oder gar -anstoßender
Effekte der Technik geht. Andererseits sorgt die fortschreitende technische Entwick-
lung auch im administrativen System immer wieder für Bewegung, wie insbesondere
die jüngeren, durch das Internet hervorgerufenen Öffnungstendenzen gegenüber der
Verwaltungsumwelt zeigen. Dieser Widerspruch löst sich auf, wenn das für eine tech-
nische Innovation erforderliche Klima in den Mittelpunkt gerückt wird. Stimmt der
„link“ zwischen Organisations- und Technikarena, kann die IuK-Technik für Bewe-
gung im Geschehen sorgen. Dies ist gegenwärtig z.B. dann der Fall, wenn integrative
Techniksysteme als Pendant zur organisatorischen Dezentralisierung begriffen werden.
Um die wechselseitigen Einflüsse darstellen zu können, sind simple Schlußfolgerung
von der einen auf die andere Arena folglich ungeeignet. Erforderlich ist vielmehr die
Betrachtung der Technik im Lichte aktueller Organisationstendenzen und vice versa.
6.3 Verwaltungen als Akteure im Informatisierungsgeschehen
Angesichts der gerade im Bereich der IuK-Technik beeindruckenden Dynamik der
technischen Entwicklung ist es verständlich, wenn der außenstehende Beobachter die-
ser eine gewisse Eigenlogik zuspricht. Dies steht allerdings in unmittelbarem Wider-
spruch zu zentralen Ergebnissen sozialwissenschaftlicher Technikforschung.
Vor allem in techniksoziologischen Studien wurde gezeigt, daß zu bestimmten Zeit-
punkten unterschiedliche Entwicklungspfade zur Wahl stehen, wobei die abgelehnten
144
Alternativen in der Regel bedeutungslos werden und schnell in Vergessenheit geraten -
im nachhinein erscheint das Geschehen dann als zwingend und altemativlos. Die Be-
einflußbarkeit der technologischen Entwicklung gehört ferner zu den Grundannahmen
der Technikfolgenabschätzung und der Auseinandersetzung mit Varianten der politi-
schen Techniksteuerung : Während die Technikfolgenabschätzung unter anderem das
Ziel verfolgt, die sich in einem bestimmten Feld bietenden Alternativen darzustellen
und hinsichtlich ihrer möglichen Folgen zu bewerten, suchen Ansätze der politischen
Techniksteuerung nach geeigneten Wegen der Einflußnahme auf die Technikentwick-
lung auf gesellschaftlicher Ebene. Die Organisationsforschung wiederum hat sich da-
von verabschiedet, Organisationen allein als umweltabhängige Gebilde zu beschreiben.
Statt dessen wird davon ausgegangen, daß Organisationen ebenso Einfluß auf ihre
Umwelt nehmen können, aus der „Einbahnstraße“ ist also eine Wechselbeziehung ge-
worden.
Die verwaltungs wissenschaftliche Forschung zur behördlichen Nutzung der IuK-Tech-
nik hat seit jeher Sachzwang- Argumentationen eine klare Absage erteilt. Dies hat al-
lerdings nichts daran geändert, daß die Aufmerksamkeit stets irgendwelchen Einflüs-
sen von seiten der Technik auf die öffentliche Verwaltung galt. Wie sich diese Bezie-
hung zwischen einer Verwaltung als Organisation und der IuK-Technik als Element
ihrer Umwelt konkret gestaltet, blieb jedoch diffus. Wenig Beachtung fand zudem die
Art und Weise, wie einzelne Verwaltungen als korporative Akteure im Informatisie-
rungsgeschehen auftreten.
Auf der Grundlage der in dieser Arbeit referierten Forschungsansätze und des vorge-
legten empirischen Materials lassen sich im wesentlichen vier Konstellationen zur Be-
ziehung zwischen Verwaltungen und ihrer Umwelt im Informatisierungsprozeß aufzei-
gen. Die ersten beiden Konstellationen sehen Verwaltungen als beeinflußte , die beiden
anderen als Einfluß ausübende Organisationen.
Die erste Variante, wie Verwaltungen durch die IuK-Technik beeinflußt werden, ist im
vorangegangenen Abschnitt bereits dargestellt worden: Angestoßen durch Entwicklun-
gen in der verwaltungsorganisatorischen Arena bieten sich zu einem bestimmten Zeit-
punkt neue Nutzungsvarianten der IuK-Technik an, was nachfolgend unter Umständen
weitere Veränderungen auslöst. Manchmal können den Organisations Veränderungen
auch Anstöße aus der politischen Arena vorangegangen sein, die Gründung der Um-
weltministerien war ein Beispiel dafür.
Von dieser ersten ist eine zweite Variante zu unterscheiden, bei der die IuK-Technik
bestimmte Veränderungen in der übrigen Verwaltungsumwelt in Gang setzt, die sich
mit Zeitverzug in den Behörden bemerkbar machen.
145
Ein gutes Beispiel dafür stellt die Nutzung der IuK-Technik in der Bundesanstalt für
Arbeit dar, die bis heute geprägt wird durch das Bemühen, mittels Computereinsatz
den Eindruck von Modernität zu vermitteln und so die eigene Legitimität zu stärken.
Nicht viel anders sieht es in den Umweltverwaltungen aus: Auch ihnen dürfte ohne
IuK-Technik der Nachweis schwerfallen, Schutz und Überwachung von Natur und
Umwelt tatsächlich „im Griff 4 zu haben. Digitalanzeigen, die an öffentlichen Plätzen
Auskunft über die Luftverschmutzung angeben, zeugen ebenso wie umfangreiche In-
ternet-Angebote vom Bemühen der Behörden. Zahlreiche weitere aktuelle Beispiele zu
dieser Konstellation liefern die in den letzten Jahren entwickelten Bürgerinformations-
systeme und Internet- Angebote der Kommunen. Über den Einzelfall hinaus lautet die
Maxime zum Auftakt der Phase beginnender Virtualität: Wenn alle Welt über Compu-
temetze erreichbar ist, muß dies erst recht für die steuerfinanzierte Verwaltung gelten. 5
Die technische Entwicklung auf gesellschaftlicher Ebene macht sich hier also vermit-
telt über veränderte Erwartungen bei den Adressaten und Ansprechpartnem der Ver-
waltungen bemerkbar. Eventuell wird zusätzlich die Politik vermittelnd tätig, indem
bestimmte Wünsche aus der Verwaltungsumwelt aufgegriffen und an die Verwaltung
weitergegeben werden. Diese Konstellation zieht sich wie ein roter Faden durch die
Geschichte der Verwaltungsinformatisierung hindurch: In dem Maße, wie sich Compu-
ter in der Verwaltungsumwelt den Ruf als Instrument zur effektiven und effizienten
Aufgabenerledigung erworben haben (ob zurecht oder nicht sei hier dahingestellt),
veränderten sich Ansprüche und Anforderungen an die Verwaltungsarbeit.
Der dritte Fall sieht Verwaltungen in einer aktiven, Einfluß nehmenden Rolle im Auf-
trag der Politik. Ausgangspunkt ist das politische Bemühen, die technische Entwick-
lung zu steuern, wozu sich von Fall zu Fall der Rückgriff auf die eigene Verwaltung
als Experimentierfeld anbietet. Simonis hat dies als „selbstreferentiellen Ansatz“ der
politischen Techniksteuerung bezeichnet (Kap. 2.2).
Diese Form der Techniksteuerung ist gerade jetzt, mit dem Vordringen der Computer-
netze, hochaktuell. Wenn die von politischer Seite erhofften Segnungen der Informati-
onsgesellschaft tatsächlich Realität werden sollen, kann die eigene Verwaltung als
„kritische Masse“ dienen, um durch die von dort ausgehende Nachfrage politisch er-
wünschte Entwicklungen in Gang zu setzen oder der heimischen Industrie mit einem
Referenzmarkt Anreize für Investitionen zu bieten. Ein Resultat solcher Überlegungen
sind die zahlreichen Projekte auf Bundes- und Landesebene, mit denen die Entwick-
lung zur Informationsgesellschaft unterstützt werden soll. Im Rahmen solcher Initiati-
5 Diese Argumentation hatte sich die Kommunale Gemeinschaftsstelle ja bereits Anfang der 80er
Jahre zu eigen gemacht, als private Dienstleistungsuntemehmen begannen, ihre Angebote über
Bildschirmtext zu verbreiten (Kap. 3.2.3).
146
ven besitzen Projekte zur Erprobung netzbasierter Interaktionen zwischen Behörden
und ihrer Umwelt einen hohen Stellenwert. 6 Neben verwaltungspolitischen Leitbildern
spielen dabei wirtschaftspolitische Ziel Vorstellungen eine maßgebliche Rolle. In den
USA nutzt die Bundesregierung ihre Behörden beispielsweise, um über eine von dort
ausgehende Nachfrage die Einrichtung einer national einheitlichen Infrastruktur für
elektronische Handelstransaktionen anzustoßen (Kubicek/Hagen 1998, 210). In
Deutschland ist vom Bundesforschungsministerium kürzlich der „Städte Wettbewerb
Multimedia“ („MEDIA@Komm“) gestartet worden, der unter anderem der Erprobung
und Verbreitung der digitalen Signatur, also dem „virtuellen“ Äquivalent zur persönli-
chen Unterschrift auf einem Schriftstück, dienen soll.
Der Übergang von der dritten zur vierten Variante ist fließend: Hier wird die Verwal-
tung von sich aus aktiv, um Einfluß auf die Technikentwicklung auszuüben. Die Rolle
der Politik reicht in diesen Fällen nur selten darüber hinaus, den Verwaltungsaktivitä-
ten die erforderliche rechtliche Basis zu verschaffen. Die erzielten Resultate spiegeln
in erster Linie den Bedarf der Verwaltungen wider, können im Einzelfall aber auch für
die übrige Verwaltungsumwelt relevant sein. Das einschlägige Beispiel für eine solche
Konstellation liefert das Ringen um ISO-OSI als Standardarchitektur für offene Syste-
me (nicht nur) im öffentlichen Sektor. Vor allem mit der zentralen Festlegung verbind-
licher Leistungsmerkmale für verwaltungsgerechte Produkte im EPHOS-Handbuch
versuchten die Verwaltungen der EU-Mitgliedsstaaten, ihre Position als Nachfrager
nachhaltig zu stärken, sprich: Einfluß auf das Marktgeschehen auszuüben. Dies ist be-
kanntlich gescheitert, gleichwohl stellen Verwaltungen nach wie vor einen lukrativen
Markt für jeden Hard- und Softwareanbieter dar. Den behördlicherseits formulierten
Anforderungen an Technikprodukte kommt also weiterhin einiges Gewicht zu. 7
Angesichts dessen, daß die hier vorgestellten Konstellationen gelegentlich gleichzeitig
zu beobachten sind und sich darüber hinaus auch noch wechselseitig beeinflussen kön-
nen, müssen einfache Ursache-Wirkungs-Beziehungen nochmals rundum abgelehnt
werden. Technik „wirkt“ eben nicht als unabhängiger, externer Umweltfaktor, der al-
lenfalls durch Maßnahmen der politischen Techniksteuerung beeinflußt, den Verwal-
6 Beispiele dafür sind etwa die Förderprogramme einzelner Bundesländer (Bayern Online, media
NRW usw.) oder die auf Bundesebene angesiedelte Initiative Informationsgesellschaft Deutsch-
land (HD). In allen Vorhaben dieser Art werden auch zukünftige Formen der Techniknutzung
durch öffentliche Verwaltungen diskutiert und erprobt.
7 Ein weiteres Beispiel für den Einfluß von Verwaltungen sind die mit Hinweis auf die „organisier-
te Kriminalität“ vorgetragenen Forderungen der Sicherheitsbehörden, den Einsatz von Verschlüs-
selungstechniken bei netzbasierter Kommunikation auf politischem Wege einzuschränken und zu
reglementieren (zum Überblick über diese „Kryptoregulierung“ vgl. Wicke u.a. 1997). Solche In-
terventionen haben zwar die IuK-Technik zum Gegenstand, berühren jedoch nicht die Informati-
sierung der öffentlichen Verwaltung selbst und sind daher hier nur eine Randbemerkung wert.
147
tungen als Sachzwang gegenübertritt und ihre interne Organisation wie auch die Inter-
aktionen mit ihrer Umwelt in eine vorab bestimmbare Richtung verändert. 8
Statt dessen gilt: IuK-Technik beeinflußt die Verwaltung in Abhängigkeit vom dorti-
gen Organisationsgeschehen (1) und vermittelt über Veränderungen in der Verwal-
tungsumwelt (2). Verwaltungen treten im Auftrag der Politik als korporative Akteure
in Technikprojekten auf (3) und versuchen außerdem, selbständig Einfluß auf die
technische Entwicklung auszuüben (4). Der letztgenannte Fall hat mit ISO-OSI und
EPHOS seine Blütezeit vermutlich hinter sich, während dem selbstreferentiellen An-
satz der Techniksteuerung angesichts der absehbaren Verlagerung weiterer Teile der
gesellschaftlichen Interaktionen auf Computemetze steigende Bedeutung zugesprochen
werden darf.
6.4 Verwaltungen als mikropolitische Arenen
Während in der verwaltungs wissenschaftlichen Forschung Behörden nur selten als Or-
te sozialen Geschehens untersucht worden sind, hat in der sozialwissenschaftlichen
Technikforschung das Handeln individueller Akteure tendenziell steigende Beachtung
gefunden.
Industriesoziologische Studien haben gezeigt, daß beim Einsatz der IuK-Technik in der
Regel mehrere Nutzungs Varianten zur Wahl stehen, mit denen sich jeweils unter-
schiedliche Interessen verbinden. Die letztlich gewählte Variante spiegelt folglich die
Durchsetzungschancen relevanter Interessenkonstellationen in innerbetrieblichen Aus-
handlungs- und Entscheidungsprozessen wider. Ebenso haben techniksoziologische Ar-
beiten den Einfluß einzelner Personen(gruppen) im Prozeß der Genese einer neuen
Technik nachgewiesen. Obwohl bei der Analyse makrostruktureller Entwicklungen das
Handeln korporativer Akteure im Mittelpunkt steht, kommen Ansätze wie der hier nä-
her vorgestellte akteurzentrierte Institutionalismus ebenfalls nicht ohne Hinweis auf
den Einfluß einzelner Personen aus. Dieser zeigt sich insbesondere dann, wenn eine
Organisation in einer bestimmten Situation über keine festgelegte Strategie verfugt und
8 Zu konstatieren ist allenfalls, daß der Einsatz der IuK-Technik für sämtliche Anwenderorganisa-
tionen, also auch für öffentliche Verwaltungen, mit einem gewissen Zwang verbunden ist, das
technische Equipment von Zeit zu Zeit zu erneuern. Diese Notwendigkeit ergibt sich aber bei na-
hezu allen in einer Verwaltung eingesetzten Arbeitsmitteln - allerdings ist der technische Fort-
schritt im Sektor der IuK-Technik zugegebenermaßen durch besondere Turbulenzen gekenn-
zeichnet. Doch auch Investitionen zur Erneuerung der vorhandenen Techniksysteme verlaufen
nicht eigengesetzlich und werden nur in den seltensten Fällen weitergehende Entwicklungen au-
ßerhalb der Technikarena einleiten.
148
die in ihrem Namen agierenden Individuen somit beachtliche Handlungsfreiräume be-
sitzen.
Am deutlichsten kommt die (neue) Wertschätzung der Sozial Wissenschaften für indi-
viduelle Orientierungen und Handlungen dadurch zum Ausdruck, daß einige Ansätze
deren Analyse explizit in den Mittelpunkt stellen. Orlikowskis Structurational Model
of Technology betont dabei mit Rückgriff auf Giddens den Doppelcharakter von
Strukturen in sozialen Systemen: Strukturelemente restringieren und ermöglichen
menschliches Handeln, wobei sie durch eben jenes Akteurshandeln reproduziert oder
verändert werden. In dieser Sichtweise ist Technik zum einen Produkt menschlichen
Handelns, das als solches bestimmte Ziele und Interessen widerspiegelt. Zum anderen
kommt Technik die Funktion eines Mediums zu, das bestimmte individuelle Handlun-
gen erst ermöglicht, ihnen aber auch Grenzen setzt. Ferner wird die Art und Weise der
Techniknutzung nach diesem Modell durch Strukturmerkmale des relevanten sozialen
Systems beeinflußt, die aber - intendiert oder unintendiert - durch die Techniknutzung
wiederum verändert werden können.
Auch in den an Vorschriften und Normen so reichen öffentlichen Verwaltungen ist die
Nutzung der IuK-Technik stets Produkt menschlichen Handelns und wirkt auf dieses
zurück. Genau diese Interdependenz macht Technikprojekte zu einer „mikropoliti-
schen“ Angelegenheit: In Entwicklungs- und Einführungsprozessen wird es den betrof-
fenen Akteuren immer auch darum gehen, einer Form der Techniknutzung zum Einsatz
zu verhelfen, die den eigenen Interessen möglichst weitgehend entspricht, die eigene
Machtposition nicht einschränkt, bestehende Handlungsspielräume erhält usw. Belege
und Hinweise für die Relevanz individuellen Handelns und die Existenz mikropoliti-
scher Auseinandersetzungen finden sich auch in den vier Fallstudien der vorliegenden
Arbeit.
Im Zusammenhang mit den Landesverwaltungsnetzen ist der Richtungswechsel im
EPHOS-Gremium erwähnt worden. Nachdem sich TCP/IP gegenüber OSI als Standard
für offene Systeme hatte durchsetzen können, war nicht mehr ein „Handbuch für den
OSI-Alltag“, sondern eines für den „TCP/IP-Alltag“ gefragt. Offensichtlich wurde in
dieser Situation angenommen, daß sich der zuvor mit EPHOS befaßte Kreis nach jah-
relanger Gremienarbeit besonders stark mit Standards und Produkten aus der OSI- Welt
identifizieren und die Umorientierung auf TCP/IP als Entwertung der zuvor geleisteten
Arbeit empfinden würde. Um den gewünschten Neuanfang nicht mit Widerständen
und „altem Denken“ zu belasten, wurden schlicht die handelnden Personen ausge-
tauscht. Die entmachteten Akteure besaßen somit keine Möglichkeit mehr, ihren An-
sichten Geltung zu verschaffen. Solch ein Vorgehen zeugt davon, daß in der Verwal-
tungspraxis die Relevanz personeller Faktoren für den Erfolg eines Projektes längst
erkannt worden ist.
149
In der Fallstudie zur Bundesanstalt für Arbeit treten die handelnden Personen zwar
weniger deutlich zu Tage, doch lassen sich auch hier Teile des zurückliegenden Ge-
schehens mikropolitisch interpretieren. Die abteilungsbezogenen, unverbundenen An-
wendungen entsprechen zwar (noch) der funktionalen Arbeitsteilung in den einzelnen
Arbeitsämtern, werden den Erfordernissen der praktischen Verwaltungsarbeit aber
nicht gerecht: Daten müssen mehrfach erfaßt werden, bei abteilungsübergreifenden
Angelegenheiten kommt es zu Medienbrüchen, Ressourcen werden nicht optimal aus-
genutzt usw. Diese Mängel sind seit langem bekannt, es wurden auch wiederholt An-
läufe zu einer stärker integrativ ausgerichteten Techniknutzung unternommen. Ein
Grund für den mäßigen Erfolg dieser Initiativen ist darin zu sehen, daß sie in Wider-
spruch zu dominanten Strukturmerkmalen der BA-Organisation stehen, an denen die
Akteure ihr Handeln ausrichten: Bis heute sind weite Teile der Anwendungsentwick-
lung abteilungsbezogen organisiert, da jede Fachabteilung in der BA-Hauptstelle über
eine eigene Technikstelle verfügt. Somit gab es lange Zeit niemanden, der ein originä-
res Interesse daran entwickelt hätte, integrative, abteilungsübergreifende Formen der
Techniknutzung voranzubringen. Um dies zu ändern, wurden mit immensem Aufwand
die Projekte IT2000 und Arbeitsamt 2000 ins Leben gerufen. Maßnahmen zur Verein-
heitlichung der technischen Infrastruktur und der darauf basierenden Anwendungen
erhielten auf diese Weise Priorität, außerdem wurde mit einer aufwendigen Projektor-
ganisation ein neuer Orientierungsrahmen etabliert, um das alte, abteilungsbezogene
Denken zu überwinden.
Die Umweltinformationssysteme der Landesverwaltungen sind von Anfang an stark
durch das Engagement einzelner Personen in den Technikabteilungen der Ministerien
oder der zuständigen Landesämter geprägt worden. Obwohl die Bilanz der UIS nach
über einem Jahrzehnt der Planungen, Experimente und Nutzung durchaus Fehlschläge
aufweist und manche Ziele nicht erreicht wurden, sind diese Systeme verwaltungsin-
tem kaum umstritten. Dies ist zu einem wesentlichen Teil darauf zurückzuführen, daß
es den UIS-Machem gelungen ist, ihre Projekte über länderübergreifende Formen der
Zusammenarbeit zu legitimieren und abzusichem. Das Paradebeispiel dafür ist die Ent-
wicklung des Metainformationssystems Umwelt-Datenkatalog. Dieses System hat in-
zwischen über Deutschland hinaus Verbreitung gefünden, ist damit zu einem Vorzei-
geprojekt der Landesverwaltung Niedersachsens geworden und hat dieser die Feder-
führung bei einem EU-Projekt beschert. Die „Fachbruderschaft“ der Umweltinformati-
ker spielt beim Zustandekommen solcher Kooperationen eine zentrale Rolle.
Interessant sind ferner die Tendenzen zu einer kooperativen Systementwicklung, die in
den Umweltressorts Baden- Württembergs, Niedersachsens und Nordrhein- Westfalens
gleichermaßen zu beobachten sind. Obwohl UIS primär dem Informationsbedarf der
Ministerien geschuldet sind, finden von vornherein die Belange der nachgeordneten,
datenliefemden Behörden Berücksichtigung. Damit werden zum einen der Sachver-
150
stand und die Detailkenntnisse der einzelnen Fachbehörden für die Systementwicklung
nutzbar gemacht, zum anderen empfiehlt sich ein solches Vorgehen wegen seiner kon-
fliktminimierenden Wirkung. Informationssysteme wie die der Umweltverwaltungen
verändern Datenflüsse und Zugriffsmöglichkeiten und berühren damit unmittelbar die
Interessen unterschiedlicher Personen und Verwaltungsteile. Wenn nun deren Bedarf
an Technikunterstützung in die Planungen einbezogen und nach einer Lösung gesucht
wird, die allen Beteiligten Vorteile bietet, können Widerstände von vornherein vermie-
den werden . 9 Wie in der Fallstudie erwähnt, kommt dem Handeln der Personen, die an
der Schnittstelle zwischen den einbezogenen Behörden agieren, dabei besondere Be-
deutung zu.
Auch die Planer des Strategischen Informationssystems in Köln haben sich und ihrem
Projekt durch die Einbindung in den KOSIS-Verbund der Städtestatistiker, die Akqui-
sition von EU-Fördergeldem und die Allianz mit einem großen Software-Haus eine ge-
wisse Unabhängigkeit verschafft. Entscheidend dafür war, daß sie sich frühzeitig die
alleinige Zuständigkeit für die Entwicklungsarbeiten sichern konnten, obwohl es zum
damaligen Zeitpunkt noch eine eigenständige DV- Abteilung gab. Bedrohlich wieder-
um wirkte sich die neuentstandene Konkurrenz durch das Verwaltungscontrolling aus:
Nicht nur, daß dem vormals bestehenden Quasi-Monopol der Statistiker im Umgang
mit kommunalen Daten ein Ende bereitet wurde, die neuen Akteure aus dem Control-
ling haben zusätzlich einem Unternehmen Zugang zur Kölner Verwaltung verschafft,
das mit seiner kommerziell vertriebenen Data Warehouse-Lösung der Eigenentwick-
lung SIS ungeliebte Konkurrenz bereitet.
Wie diese Beispiele zeigen, ist die Art und Weise des Einsatzes der IuK-Technik ohne
eine Betrachtung von Verwaltungen als Arenen sozialen Geschehens und Ort mikropo-
litischer Auseinandersetzungen kaum angemessen zu erklären: Ob, warum und wie et-
was gemacht - oder (wie bei der BA) nicht gemacht - wird, hängt eben vielfach von In-
teressen und Präferenzen der einbezogenen Akteure, sich bietenden Gelegenheiten zu
ihrer Verwirklichung, der Durchsetzungsfähigkeit in inter- oder intraorganisatorischen
Aushandlungsprozessen, taktischem Geschick und ähnlichen Variablen ab. Die Bedeu-
tung, die solchen Aspekten in der wissenschaftlichen Analyse zukommt, schwankt in
Abhängigkeit vom konkreten Forschungsinteresse: Wer bestimmten Trends beim be-
hördlichen Technikeinsatz nachspürt, tut zwar gut daran, sich die vorherrschenden In-
teressenkonstellationen zu vergegenwärtigen, wird sich diesen aber nicht so ausgiebig
widmen müssen wie jemand, der den Verlauf eines spezifischen Technikprojektes
nachzeichnen und erklären will.
9 Zur IuK-Technik als Gegenstand zwischenbehördlicher Kooperation vgl. ausführlich Killian/
Wind (1997, 207ff.).
151
Akteure als Bindeglied zur Verwaltungsumwelt
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die Forderung, daß in der Auseinander-
setzung mit dem behördlichen Technikeinsatz die Einflüsse gesellschaftlicher Infor-
matisierungsprozesse stärkere Berücksichtigung finden müssen. Um diesem Anspruch
gerecht zu werden, wurde vorgeschlagen, über verwaltungswissenschaftliche Ansätze
hinaus einen Bezug zu den unterschiedlichen Feldern sozialwissenschaftlicher Tech-
nikforschung herzustellen. In den vorangegangenen Abschnitten war viel zu lesen über
Organisations- und Technikarenen, Umwelteinflüsse, Verwaltungen als Instrument der
politischen Techniksteuerung usw. Mit dem Hinweis auf das Handeln individueller
Akteure gelingt nun auch der Brückenschlag zur alltäglichen praktischen Arbeit in den
Verwaltungen.
Der Blick auf den Zusammenhang zwischen IuK-Technik und Verwaltungsorganisati-
on mündete in der These, daß Technik in weit geringerem Maße als vielfach ange-
nommen eine Voraussetzung für Organisationsveränderungen darstellt. Vielmehr be-
reiten Impulse aus der Organisationsarena den Boden für innovative Technikanwen-
dungen. Ob dies aber wirklich geschieht, ob also z.B. die gegenwärtigen Bemühungen
um ganzheitliche Dienstleistungsangebote der Behörden den Bemühungen um integra-
tive Formen des Technikeinsatzes neuen Schwung verleihen, hängt auch davon ab,
inwiefern Akteure, die daran ein Interesse haben, die sich bietenden Gelegenheiten
erkennen und nutzen.
Weiterhin wurde daraufhingewiesen, daß die technische Entwicklung vermittelt über
Veränderungen in der Umwelt von Verwaltungen auf diese Einfluß nimmt. Wie sich
dies konkret äußert, ist unter anderem ein Ergebnis individueller Wahrnehmungen und
der daraus abgeleiteten Schlußfolgerungen. Zu fragen ist beispielsweise: Werden Ver-
änderungen vorrangig als Bedrohung empfunden oder erblicken relevante Verwal-
tungsakteure in ihnen Chancen zur Realisierung langgehegter Vorstellungen? Konkret
und aktuell dazu: Setzen sich verwaltungsintem in nächster Zeit jene Akteure durch,
die einer Öffnung der Behörden zur Umwelt positiv gegenüberstehen oder überwiegen
Abschottungstendenzen, die sich im Zeitalter der Computervemetzung unter anderem
mit Hinweis auf Datenschutz und -Sicherheit rechtfertigen lassen?
Auch die Art und Weise, wie Verwaltungen im Rahmen der politischen Techniksteue-
rung agieren oder wie sie eigenständig versuchen, Einfluß auf die Technikentwicklung
auszuüben, ist das Ergebnis des Agierens individueller Akteure, ihrer Strategien, Ideen
und Motive. Interessant ist dabei insbesondere, wie bestimmte Initiativen aus dem po-
litischen Raum von Verwaltungsakteuren aufgegriffen werden, um sich selbst zu pro-
filieren oder eine Gelegenheit zur Verwirklichung eigener Interessen zu erhalten. Kann
z.B. die eigene Verwaltungsleitung über den Umweg eines prestigeträchtigen und ex-
152
tem geförderten Pilotprojektes dazu gebracht werden, Initiativen aus der Technikarena
zu unterstützen, die sonst vielleicht nie eine Chance gehabt hätten?
Zur Analyse des Akteurshandelns bietet sich auch für die Verwaltungsforschung der
Rückgriff auf Orlikowskis Structurational Model of Technology an, mit dem das
Wechselspiel zwischen handlungsleitenden und -ermöglichenden Strukturen auf der
einen und strukturerhaltenden oder -verändernden Konsequenzen des Akteurshandelns
auf der anderen Seite betont wird. Gleichzeitig gilt die Maxime des akteurzentrierten
Institutionalismus, nach der individuelle Handlungen ausgeblendet bleiben, wenn
Sachverhalte institutionell erklärt werden können. Sprich: Wenn etwa Entwicklungen
in Organisations- und Technikarena miteinander harmonieren und die beobachtbaren
Wege der Behördeninformatisierung daraus stringent erklärt werden können, sind die
handelnden Akteure von nachgeordnetem Interesse. Kommt es hingegen zu Wider-
sprüchen oder treten Entwicklungen ein, die nach Abwägung der unterschiedlichen
Einflüsse nicht zu erwarten waren, wird der Blick auf die soziale Seite des Verwal-
tungsgeschehens und auf Behörden als Ort mikropolitischer Auseinandersetzungen mit
großer Wahrscheinlichkeit zur Ursachenfindung beitragen können.
6.5 Das Ende der Gewißheiten
Die Auseinandersetzung mit der Verwaltungsinformatisierung macht einmal mehr auf
die Vielzahl von Faktoren aufmerksam, die Einfluß auf die gesellschaftliche Technik-
entwicklung und die nachfolgende Nutzung technischer Artefakte innerhalb von Orga-
nisationen ausüben. Der Abschied von deterministischen Erklärungsmustem ist unwi-
derruflich - vorbei ist damit auch die Zeit vermeintlicher Gewißheiten.
„Lächerlich macht sich ... heute jeder Experte, der behauptet, er wisse, ‘wo es lang-
geht’!“ Diese Feststellung des Industriesoziologen Schmidt (1997, 576) besitzt für alle
Bereiche der Sozialwissenschaften Gültigkeit. Dies gilt insbesondere für Analysen und
Prognosen zu gesellschaftlichen Entwicklungen, wie Heine von Alemann betont:
„Es ist z.B. Bestandteil aller seriösen Theoriebildungen in der Soziologie, daß bei be-
stimmten Konfliktlagen in allen differenzierten Gesellschaften umfassende soziale Bewe-
gungen entstehen können, daß aber Orte und Daten der Entstehung dieser Bewegungen
ungewiß sind und in aller Regel nicht prognostiziert werden können. (...) Die differenzier-
te Gesellschaft der Gegenwart, in der wir leben - und die Soziologie selbst ist eben auch
ein Teil derselben - kann von keinem beliebigen Standpunkt aus mehr vollständig über-
blickt werden. Wir können uns als Soziologen daran beteiligen, Theorien der Gesellschaft
zu entwerfen, die dann im Alltags Verständnis der Menschen vielfach zu Bildern von ihr
werden, aber die Gesellschaft in ihrer Totalität ist die große Unbekannte der Gegenwart.“
(von Alemann 1996, 137)
153
Wer von sozialwissenschaftlicher Forschung den Nachweis eindeutiger Ursache-Wir-
kungs-Beziehungen oder handfeste Prognosen verlangt, wird sich unweigerlich ent-
täuscht abwenden. Dies gilt für Fragen nach gesellschaftlichen Entwicklungen ebenso
wie für solche nach organisationsintemen Prozessen. Ansätze wie der akteurzentrierte
Institutionalismus betonen statt dessen die „komplexe Interdependenz aufeinander be-
zogener Handlungen“, wie Mayntz und Scharpf dies ausgedrückt haben (Kap. 2.4.2).
Das Handeln korporativer ebenso wie individueller Akteure wird damit zu einer Art
„black box“, auf die unterschiedliche Variablen einwirken, ohne daß über die dadurch
in Gang gesetzten Prozesse oder deren Resultate im vorhinein genaueres gesagt wer-
den könnte.
Nun mag es unbefriedigend sein, auf vermeintlich einfache Fragen („Wie verändern
Computemetze die Verwaltung?“) komplizierte Antworten („Es kommt darauf an,
ob...“) zu erhalten, dies ist aber mitnichten auf wissenschaftliche Hilf- oder Sprachlo-
sigkeit zurückzuführen. Relativierungen und Differenzierungen sind - im Gegenteil -
Ausdruck der Leistungsfähigkeit einer Wissenschaft, die der Komplexität des For-
schungsgegenstandes dadurch Rechnung trägt, daß sie die Wechselbeziehungen zwi-
schen relevanten Handlungen, Entwicklungen, Einflüssen usw. in den Mittelpunkt
stellt.
Eine Frage aber bleibt: Wenn schon nicht mehr nach eindeutigen Beziehungen zwi-
schen Ursache und Wirkung gesucht wird, was steht dann im Fokus sozial- oder ver-
waltungswissenschaftlicher F orschung?
Die Antwort darauf ist im Prinzip bereits gegeben worden: In den Mittelpunkt der
Analyse gehören die Spezifika der jeweiligen Situation. In Analysen zur Verwaltungs-
informatisierung ist etwa nach den zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksamen Einflüs-
sen auf die öffentliche Verwaltung und den innerbehördlichen Konstellationen von
Akteuren, Leitbildern, Problemen usw. zu fragen. Zentraler Bezugspunkt wird also die
zeitliche Dimension des Geschehens. Dazu existieren abermals Anknüpfungspunkte zu
anderen Bereichen der Sozialwissenschaften, einer davon ist das aus der Entschei-
dungstheorie stammende „Mülleimer-Modell“ (Garbage Can Model).
Garbage Can Model
Das Anfang der 70er Jahre erstmals vorgestellte „Garbage Can Model of Organizatio-
nal Choice“ (Cohen u.a. 1972; 1976; March/Olsen 1986) bricht radikal mit der Traditi-
on, Entscheidungen als Ergebnis einer rationalen, d.h. ziel- und regelgeleiteten Abwä-
gung vorhandener Alternativen zu konzipieren. Statt dessen weisen die Autoren darauf
hin, daß Entscheidungssituationen meist mit Mehrdeutigkeiten („ambiguity“) behaftet
154
sind, innerhalb einer Organisation konkurrierende Ziele existieren und die Verbindung
zwischen Problemen, Lösungen, Entscheiden! und Entscheidungsgelegenheiten häufig
nur schwach ausgeprägt ist („loose coupling“). Das „Mülleimer-Modell“ beschreibt
Entscheidungsprozesse in solchen „organisierten Anarchien“ wie folgt:
„To understand processes within organizations, one can view a choice opportunity as a
garbage can into which various kinds of problems and Solutions are dumped by partici-
pants as they are generated. The mix of garbage in a single can depends on the mix of
cans available, on the labels attached to the alternative cans, on what garbage is currently
being produced, and on the speed with which garbage is collected and removed ffom the
scene. Such a theory of organizational decision making must concem itself with a relati-
vely complicated interplay among the generation of problems in an Organization, the de-
ployment of personnel, the production of Solutions, and the opportunities for choice.“
(Cohen u.a. 1972, 1)
Das Garbage Can Model ist im hier diskutierten Zusammenhang von Interesse, weil es
die Bedeutung sachbezogener Entscheidungselemente relativiert und statt dessen zeit-
liche Zusammenhänge betont:
„The central idea of garbage can models is the Substitution of a temporal order for a con-
sequential order. (...) In pure form, the garbage can model assumes that problems, Soluti-
ons, decision makers and choice opportunities are independent, exogenous streams flo-
wing through a System. They are linked in a manner determined by their arrival and depar-
ture times and any structural constraints on the access of problems, Solutions and decision
makers to choice opportunities. In the absence of structural constraints within a garbage
can process, Solutions are linked to problems, and decision makers to choices, primarily
by their simultaneity“ (March/Olsen 1986, 17; Hervorh. M.W.)
Das Mülleimer-Modell gehört sicherlich zu den originellsten Ansätzen der Organisati-
onstheorie. March und Olsen (1986, 20ff) selbst weisen auf zwei Weiterentwicklun-
gen ihres Modells hin, die auch für die Analyse von Informatisierungsprozessen rele-
vant erscheinen. Erstens wurde darauf hingewiesen, daß die individuellen Lebensum-
stände und -erfahrungen der einzelnen Individuen darauf Einfluß nehmen, mit welcher
Einstellung jemand in einen Entscheidungsprozeß eintritt und welche Bedeutung er
diesem für sich persönlich beimißt. Diese Einflüsse aus dem außerorganisatorischen
Bereich sind in den vorangegangenen Kapiteln mehrfach im Zusammenhang mit dem
Handeln individueller Akteure erwähnt worden. Die zweite Erweiterung des Modells
bezieht sich auf die symbolische Dimension und den oftmals ritualisierten Ablauf von
Entscheidungsprozessen 10 , was nochmals eine Ergänzung der bisher in dieser Arbeit
referierten Ansätze darstellt:
10 Die symbolische Seite des Organisationsgeschehens ist insbesondere von den „Institutionallsten“
unter den Organisationstheoretikem, betont worden. Demnach dienen Mythen, Rituale und Ideo-
155
„Organizations establish that they are good decision makers by making decisions in a way
that symbolizes the qualities that are valued. They consult relevant people, consider alter-
natives, gather information and act decisively but prudently. Decision making is, in part, a
performance designed to reassure decision makers and others that things are being done
appropriately. Good decision makers are those who do what good decision makers do, and
as organizations and decision makers compete for legitimacy and reputations, decision
processes are ways in which they attempt to signal competence at decision making.“
(March/Olsen 1986, 22)
Perrow (1986, 136) feiert das Garbage Can Model als einen für die Organisationstheo-
rie überaus wichtigen und einflußreichen Ansatz. In Theorien wie dieser sieht er ein
wirksames Mittel gegen die Versuchung, Entscheidungs- oder Veränderungsprozesse
im Rückblick kausal auf objektiv bestehende Ziele oder Zwänge zurückzuführen oder
ihren Verlauf nach streng rationalistischen Denkmustem zu rekonstruieren:
„It [Garbage Can Theory] greatly illuminates the micro organizational processes of group
dynamics, intergroup relations, and the dilemmas of leadership, adding a significant ‘hu-
man’ dimension to the static skeleton of more rational and more structural models. (...)
For those doing case studies of organizations it is also indispensable, checking the ten-
dency of social scientists to find reason, cause, and function in all behavior, and emphasi-
zing instead the accidental, temporary, shifting, and fluid nature of all social life.“ (Per-
row 1986, 136)
Diese Suche nach Gründen, Ursachen und funktionalen Zusammenhängen ist bis heute
sowohl in der sozialwissenschaftlichen Technikforschung als auch in der verwaltungs-
wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der IuK-Technik präsent. Im Fall der Be-
hördeninformatisierung kommt dies vor allem in den Diskussionen um die Nutzung
der IuK-Technik zum Zweck einer weitergehenden Verwaltungsreform zum Ausdruck.
Mülleimer-Modell und Verwaltungsinformatisierung
Welche Schlußfolgerungen sind aus dem Mülleimer-Modell der Entscheidungstheorie
nun für unseren Gegenstand, die Verwaltungsinformatisierung im Zeitalter der Compu-
logien der Legitimation individuellen und kollektiven Handelns. Faust und Bahnmüller (1996)
haben den Computereinsatz der Bundesanstalt für Arbeit mit Rückgriff auf die institutioneile Or-
ganisationstheorie diskutiert, Deutschmann (1997) hat sich auf ähnliche Weise mit der Genese
und Durchsetzung von Leitbildern industrieller Rationalisierung auseinandergesetzt. Ausführli-
che Darstellungen und weitere Nachweise zur institutionellen Theorie der Organisation liefern
unter anderem Kneissler (1996, Kap. VI), Scott (1998, Kap. 5); Türk (1997, 126ff.) und Walgen-
bach (1995).
156
temetze, zu ziehen? Zwei Punkte sind im hier diskutierten Zusammenhang 11 von be-
sonderer Bedeutung:
• Nach dem Grundgedanken des Garbage Can Model werden Lösungen (Solutions)
nicht nur auf bestehende Probleme hin entwickelt, sondern treten ebenso als Ange-
bote auf, die nach entsprechender Nachfrage suchen. In einer deutschsprachigen
Darstellung des Modells wird als Beispiel dafür passenderweise der Computer be-
müht: „So sind z.B. Computer in manchen Fällen nicht Lösungen für ein die Orga-
nisation bedrängendes Problem, sondern vorhandene Angebote, für die ein passen-
des Problem erst gesucht werden muß.“ (Berger/Bemhard-Mehlich 1995, 141) Der
Zusammenhang zwischen Problemen und ihrer Lösung gestaltet sich eher lose, ent-
scheidend ist ihr zeitliches Zusammentreffen bei passender Gelegenheit (choice op-
portunities) und geneigten Entscheidungsträgem (participants). Dies erinnert an die
Feststellung, daß Impulse aus der Organisationsarena für die Realisierung innovati-
ver Technikprojekte in Verwaltungen von maßgeblicher Bedeutung sind (Kap. 6.2).
• Wie Entscheidungen ausfallen, hängt nach dem Garbage Can Model unter anderem
von den Einstellungen und Bedürfnissen der beteiligten Personen ab und unterliegt
damit auch organisationsextemen Einflüssen. Weiterhin nehmen Entscheidungsträ-
ger Bezug auf vorherrschende Denkmuster und Leitbilder, die sowohl zur Orientie-
rung als auch zur Legitimation des Handelns dienen. Die Entscheidung, irgendwo
dauerhaft auf den Einsatz von Computern zu verzichten oder vorhandene Systeme
wieder abzubauen, wäre somit momentan kaum in die Tat umzusetzen. Ungeachtet
aller mit einer solchen Maßnahme unter Umständen verbundenen Vorteile stünde
dies in fundamentalem Widerspruch zu den gängigen Mustern, die eine Entschei-
dung legitimieren können. Computer gelten nach wie vor als Ausdmck von Mo-
dernität und Instrument zur effizienten und effektiven Aufgabenerledigung. Solche
Auffassungen werden nicht nur durch die Umwelt, sondern auch durch die lebens-
weltlichen Bezüge der Entscheidungsträger in eine Organisation hineingetragen.
Verwaltungen bilden da, die vorangegangenen Kapitel haben dies gezeigt, keine
Ausnahme.
Wenn nun die Analyse zeitlicher Zusammenhänge die Suche nach Ursache- Wirkungs-
Beziehungen ersetzt, bedeutet dies angesichts der Vielzahl der zu berücksichtigenden
Variablen einen tendenziell steigenden Aufwand für jenen kleinen Teil der Verwal-
tungsforschung, der sich mit dem behördlichen Einsatz der IuK-Technik beschäftigt.
Dies wird leider nicht mit einer verbesserten Prognosefähigkeit versüßt, schließlich
1 1 Für den Einsatz der IuK-Technik in der Verwaltung ist das Garbage Can Model noch in anderer
Hinsicht relevant, worauf Beyer (1992, 175ff.) hingewiesen hat: Angesichts dessen, daß Ent-
scheidungsprozesse offensichtlich nicht so zielgerichtet und regelgeleitet ablaufen, wie dies viel-
fach angenommen wird, und gute Entscheidungen folglich nicht „automatisch“ das Ergebnis gu-
ter Informationen sind, ist der Nutzen der auch in dieser Arbeit mehrfach thematisierten Füh-
rungsinformationssysteme einmal mehr zu hinterffagen.
157
sind solche zeitlichen Konstellationen von äußerster Vergänglichkeit geprägt. Gleich-
wohl soll - ausgehend von der aktuellen und im vorangegangenen ausführlich darge-
stellten Situation öffentlicher Verwaltungen - abschließend ein kurzer Blick in die Zu-
kunft gewagt werden.
Zu erwarten ist, daß mit fortschreitender Reform der Verwaltungen auch die Nachteile
und unbeabsichtigten Folgen der organisatorischen Dezentralisierung zu Tage treten
(z.B. Egoismen der verselbständigten Bereiche). Wie erwähnt, können netzbasierte
Anwendungen hier sinnvolle Abhilfe schaffen, so daß im Zuge der Zusammenführung
von Fach- und Ressourcen Verantwortung mit einer verstärkten Nachfrage nach IuK-
Technik zu rechnen sein wird. Hier stimmt der „link“ zwischen Organisations- und
Technikarena.
Fraglich ist aber, ob die Informatisierung auf gesellschaftlicher Ebene tatsächlich dazu
fuhrt, die „Dominanz der Binnenorientierung“ (Brinckmann 1997, 6) beim behördli-
chen Technikeinsatz zu durchbrechen. Anders als bei der Umstellung des Haushalts-
wesens und ähnlichen verwaltungsintemen Reformmaßnahmen bleiben die techni-
schen Möglichkeiten hier ohne Pendant in der Organisationsarena, wo die verwal-
tungspolitischen Konzepte entworfen werden. Zwar sind - siehe Bürgerbüros - zweifel-
los Fortschritte in Sachen Kundenorientierung erzielt worden, darüber hinaus aber ist
wenig zu beobachten. An dieser Stelle macht sich die Verengung des deutschen Re-
formansatzes auf das Finanzmanagement besonders bemerkbar. Vieles von dem, was
über Verwaltungen als moderne Dienstleister gesagt und geschrieben worden ist,
scheint über das Stadium gut gemeinter Unverbindlichkeiten kaum hinauszureichen.
Für Bewegung könnten hier die im Zuge des weiteren Vordringens von Computer-
netzen veränderten Erwartungen aus der Verwaltungsumwelt sorgen, denen sich eine
Verwaltung dauerhaft kaum entziehen kann. Hinzu kommt, daß sich mit der privaten
Nutzung von Computern die Orientierungen vieler Beschäftigter verändert haben. Die
Zahl interner Promotoren für einen behördlichen Technikeinsatz nach dem Vorbild
privater Dienstleister dürfte damit tendenziell steigen. Ob sich dies dann auf Angebote
beschränkt, die durch Einsparungen an anderer Stelle „gegengerechnet“ werden kön-
nen, oder auch die demokratieforderlichen Aspekte der Computemetze stärker in den
Vordergrund rücken, ist wieder eine ganz andere Frage. Aus Sicht eines Verwaltungs-
forschers, der ja stets auch selbst Kunde der Verwaltung ist und manche Verbesserung
für überfällig hält, scheint jedenfalls Anlaß zu vorsichtigem Optimismus zu bestehen.
Zwei Dinge aber liegen klar auf der Hand: Erstens ist unverkennbar, daß - sowohl in
Sachen Organisation als auch beim Technikeinsatz - Bewegung in die öffentliche Ver-
waltung gekommen ist. Die Folgen dieser Veränderungen bleiben nicht auf das admi-
nistrative System beschränkt, so daß die öffentliche Verwaltung über die unmittelbare
158
Verwaltungsforschung hinaus ein lohnens wertes Objekt sozialwissenschaftlicher Ana-
lysen darstellt. Zweitens ist deutlich geworden, daß organisatorischer Wandel oder
Technikinnovationen nie irgendwelchen Eigengesetzlichkeiten oder Sachzwängen fol-
gen. Um zuverlässige Aussagen treffen zu können, ist die Auseinandersetzung mit
möglichst vielen maßgeblichen (Einfluß)Faktoren - und damit der Blick über die Ver-
waltungswissenschaft hinaus - unverzichtbar. Denn merke: Gemacht wird nicht unbe-
dingt das, was vorher geplant war, aber geplant wird, was in einer spezifischen Situati-
on machbar erscheint.
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